Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 28.05.2024 – B 1 K 23.52
Titel:

Hundehaltungsverbot, Hundezucht ohne Erlaubnis, grobe Zuwiderhandlungen, Gleichbehandlungsgebot, Leiden, Anwendung der TierSchHuV, Platzbedarf der Hunde

Normenketten:
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 3
TierSchG § 2 Nr. 1
TierSchHuV
GG Art. 3 Abs. 1
Schlagworte:
Hundehaltungsverbot, Hundezucht ohne Erlaubnis, grobe Zuwiderhandlungen, Gleichbehandlungsgebot, Leiden, Anwendung der TierSchHuV, Platzbedarf der Hunde
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39699

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Bescheides des Beklagten, in dem ihm die Haltung und Betreuung von Hunden untersagt sowie angeordnet wurde, dass er die Veräußerung seiner fortgenommenen Hunde zu dulden hat.
2
Die Hundehaltung des Klägers wurde dem Landratsamt … (im Folgenden: Landratsamt) bereits im Jahr 2019 im Rahmen eines Amtshilfeverfahrens für die Gemeinde … (im Folgenden: Gemeinde) aufgrund eines Beißvorfalls durch einen der Hunde des Klägers bekannt. Die damaligen Haltungsbedingungen entsprachen aus amtstierärztlicher Sicht in Bezug auf die mangelnden Platzverhältnisse keiner verhaltensgerechten Unterbringung. Die Gemeinde nahm daraufhin aufgrund einer mit der Ehefrau des Klägers geschlossenen Vereinbarung dreizehn Hunde vom klägerischen Grundstück fort und brachte diese in einem Tierheim unter. Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth. Letzteres stellte mit rechtskräftigem Urteil vom 2. Februar 2021 (Az.: B 1 K 19.449) fest, dass die Maßnahme der Gemeinde vom 7. Februar 2019 (Fortnahme der Hunde) rechtswidrig war, weil eine privatrechtliche Vereinbarung nicht mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden dürfe. Im Übrigen wies das Gericht die Klage, welche weiter auf eine Wiederbeschaffung des Eigentums an den weggenommenen Hunden gerichtet war, ab, weil dies der Gemeinde nicht mehr möglich sei.
3
Am 17. Juli 2022 ging beim Landratsamt eine anonyme Anzeige über die Hundehaltung des Klägers ein. Die Platzverhältnisse für die Haltung der fünf großen Hunde seien vermutlich nicht ausreichend, zumal es im Jahr bis zu drei Würfe von Welpen gebe. Hier könne Inzucht vorliegen. Es bestünden Zweifel an der Einhaltung der Gassi-Zeiten und der regelmäßigen tierärztlichen Kontrollen.
4
In einer Dokumentation des Landratsamts über eine anonyme Anzeige am 20. Juli 2022 (vgl. BA digital Teil I, Bl. 112) wird festgehalten, dass eine namentlich genannte Anruferin mitgeteilt habe, dass beim Kläger sechs bis sieben Hunde im Haus gehalten würden. Der Kläger habe auf die Hunde eingeschlagen. Die Hundehaltung sei katastrophal.
5
Am 29. Juli 2022 führte das Landratsamt im Anwesen …, … eine veterinärrechtliche Kontrolle mit Polizeibegleitung durch und nahm die sieben dort vorgefundenen Hunde mit. Es handelte sich um vier Australian-Shepherds (zwei weiblich, zwei männlich), einen Labrador-Mix und zwei Mischlinge (einmal männlich und einmal weiblich). Weiter wurde dem Kläger und seiner Ehefrau ein Bescheid des Landratsamts mit Datum vom 29. Juli 2022 im Haus zurückgelassen, da diese die Annahme verweigerten.
6
Mit diesem Bescheid verpflichtete das Landratsamt den Kläger, die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung fünf näher bezeichneter, von ihm auf dem Anwesen …, … gehaltener Hunde zu dulden (Ziff. 1). Der Kläger werde verpflichtet, die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung weiterer auf dem Anwesen …, … gehaltener Hunde zu dulden (Ziff. 2). Der Kläger habe die Kosten der anderweitigen pfleglichen Unterbringung der in Ziffn. 1 und 2 genannten Hunde zu tragen und dem Landratsamt zu erstatten (Ziff. 3 des Bescheids). Die Ehefrau des Klägers habe die durch Ziffn. 1 und 2 gegenüber dem Kläger verfügten Maßnahmen zu dulden (Ziff. 4). Die sofortige Vollziehung der durch die Ziffn. 1 bis 4 verfügten Maßnahmen werde angeordnet (Ziff. 5).
7
Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 13. Dezember 2022 abgewiesen (Az. B 1 K 22.812). Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. März 2023 wurde ein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil abgelehnt (Az. 23 ZB 23.310).
8
Mit Schreiben des Landratsamts vom 2. August 2022 wurde die Staatsanwaltschaft … über den Sachverhalt in Kenntnis gesetzt und um weitere Veranlassung gebeten (vgl. BA digital Teil I, Bl. 148). Mit Strafbefehl vom 1. Dezember 2022, rechtskräftig seit 29. Dezember 2022, wurde gegen den Kläger wegen sieben tateinheitlicher Vergehen nach § 17 Buchst. 2b TierSchG – Zufügung länger anhaltender oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden durch Unterlassen bzgl. sieben Wirbeltieren – eine Geldstrafe i. H. v. 25 Tagessätzen zu je 20,00 EUR festgesetzt (Az. …; BA digital Teil II, Bl. 380).
9
Unter dem 16. September 2022 wurde der Kläger zu einer beabsichtigten Veräußerungsanordnung sowie Haltungs- und Betreuungsuntersagung bezüglich Hunden unter Fristsetzung zur Äußerung bis zum 7. Oktober 2022 angehört.
10
Mit Schreiben vom 28. September 2022 hat der Kläger gegenüber dem Landratsamt zu den beabsichtigten tierschutzrechtlichen Anordnungen Stellung genommen und mitgeteilt, dass er mit dem Vorgehen des Landratsamts nicht einverstanden sei. Er verwies auf die verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit den Az. B 1 E 22.735 (gemeint ist wohl das Az. B 1 S 22.735) und B 1 S 22.808 (gemeint ist wohl das Az. B 1 K 22.812).
11
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2022, zugestellt am 21. Dezember 2022, ordnete das Landratsamt die Duldung der Veräußerung der am 29. Juli 2022 fortgenommenen Hunde – namentlich mit Chip-Nr. benannt – nebst später geborener Welpen an (Ziff. 1) und untersagte dem Kläger das Halten und Betreuen von Hunden (Ziff. 2). Die sofortige Vollziehung werde angeordnet (Ziff. 3). Für den Fall, dass der Kläger entgegen Ziff. 2 erneut Hunde halte oder betreue, werde ein Zwangsgeld i. H. v. 1.700 EUR je gehaltenem oder betreutem Hund zur Zahlung fällig (Ziff. 4). Der Kläger habe die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für den Bescheid werde eine Gebühr i. H. v. 350,00 EUR festgesetzt. Die Auslagen betrügen 3,45 EUR für die Zustellung dieses Bescheids (Ziff. 5).
12
Die Veräußerungsanordnung stütze sich auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 TierSchG. Es bestehe keine begründete Hoffnung, dass der Kläger zeitnah tierschutzgerechte Haltungsbedingungen sicherstellen werde. Bei der veterinärrechtlichen Kontrolle am 29. Juli 2022 seien erhebliche Tierschutzmängel und grobe Zuwiderhandlungen gegen § 2 Nr. 1 TierSchG festgestellt worden, die zu erheblichen und lang anhaltenden Leiden geführt und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu weiteren solcher Leiden geführt hätten. Außerdem habe der Kläger eine gewerbsmäßige Züchtung von Hunden ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 13. Dezember 2022 habe sich die fehlende Einsicht des Klägers gezeigt, weshalb von grundlegenden charakterlichen Mängeln auszugehen sei, die keinen anderen Schluss zuließen. Es sei deshalb ausgeschlossen, dass der Kläger in Zukunft die notwendigen Haltungsbedingungen für Hunde schaffen werde. Eine Fristsetzung sei deshalb entbehrlich. Es werde auf die Schreiben des Landratsamts vom 15. August 2022, vom 1. September 2022 und vom 23. September 2022 verwiesen. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Fortnahme der sieben Hunde sei Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter dem Az. B 1 K 22.812 gewesen. Ungeachtet des Grundrechtseingriffs in die Eigentumsgarantie aus Art. 14 GG sei die Veräußerungsanordnung rechtmäßig, da sie verhältnismäßig sei. Da sich nach Mitteilung des Tierheims und des betreuenden Tierarztes bei einigen Hundewelpen ein auffälliges Sozialverhalten gezeigt habe, werde die anderweitige pflegliche Unterbringung der Hunde in geeigneten Pflegestellen aus amtstierärztlicher Sicht für erforderlich gehalten. Es gehe auch darum, hohe Unterbringungskosten zu vermeiden. Zudem sei die Anordnung zum Wohlergehen der Hunde geeignet und erforderlich. Das Interesse des Klägers müsse hinter das öffentliche Interesse zurücktreten.
13
Die Ziff. 2 des Bescheids basiere auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 TierSchG. Es werde auf die amtstierärztliche Stellungnahme vom 12. August 2022 verwiesen. In dieser sei zusammenfassend festgehalten worden, dass die bei der veterinärrechtlichen Kontrolle am 29. Juli 2022 festgestellte Haltung der Hunde erhebliche Tierschutzmängel aufgewiesen habe und den Tieren hierdurch erhebliche und länger anhaltende Leiden zugefügt worden seien. Die fotografische Dokumentation der Feststellungen bei der Kontrolle wurde in die Begründung des Bescheids integriert. Eine angemessene Pflege der Hunde sei nicht gewährleistet gewesen. Die Reinigung und Reinhaltung des Aufenthaltsbereichs der Hunde sei erheblich vernachlässigt worden. Flächendeckend sei die Gartenfläche mit Kot und Urin übersäht gewesen. Diverse Gegenstände hätten Verletzungsmöglichkeiten für die Hunde dargestellt. Die Fellpflege sei hochgradig vernachlässigt worden. Bei einem Hund seien überlange Krallen festgestellt worden. Eine der Hündinnen habe bei der ersten Geburt noch kein zuchtfähiges Alter aufgewiesen. Die erforderliche Zeitspanne zwischen den Geburten sei nicht eingehalten worden. Auch eine angemessene Ernährung sei nicht erfolgt. Sechs der sieben Hunde seien adipös gewesen. Dies sei Ergebnis einer übermäßigen Kalorienaufnahme in Verbindung mit einer reduzierten Bewegung. Zudem sei die Unterbringung der Hunde nicht verhaltensgerecht erfolgt. Den Hunden habe nicht ausreichend Auslauf im Freien zur Verfügung gestanden. Vielmehr seien die Hunde unter massiver Einschränkung des Bewegungsbedarfs gehalten worden. Die Ehefrau des Klägers habe bei der Kontrolle am 29. Juli 2022 geäußert, dass die Hunde mehrere Wochen keinen Auslauf außerhalb des Anwesens gehabt hätten und zuletzt vor zwei Wochen ausgeführt worden seien. Der ohnehin geringe Bewegungsspielraum der Hunde sei durch diverse Gegenstände auf dem Grundstück weiter eingeschränkt gewesen. Anhaltspunkte für den Platzbedarf von Hunden biete § 6 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 Tierschutz-Hundeveordnung (TierSchHuV), wenngleich diese unmittelbar nur für die Zwingerhaltung gelte. Hiernach müsse einem einzeln gehaltenen Hund mit einer Widerristhöhe bis zu 50 cm eine uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche von mindestens 6 m2 und jedem weiteren Hund zusätzlich die Hälfte der vorgenannten Bodenfläche, also 3 m2 pro Hund, zur Verfügung stehen. Die Grundfläche des Wohnhauses des Klägers sei im Jahr 2019 gegenüber der Gemeinde mit ca. 45 m2 angegeben worden. Es werde weiter darauf hingewiesen, dass nur eine Wurfkiste für die Hündinnen verfügbar gewesen sei, allen trächtigen Hündinnen aber stets Rückzugsmöglichkeiten von den Welpen anzubieten seien, was nicht gewährleistet gewesen sei. Zudem habe die Haltung nicht den Mindesthaltungsbedingungen des Clubs für Australian Shepherd Deutschland e.V. entsprochen, wonach die Freiausläufe nicht blickdicht von der Außenwelt abgeschottet sein dürften.
14
Der Kläger habe den Pflichten eines Tierhalters grob zuwidergehandelt. Die Hunde seien über einen längeren Zeitraum unter tierschutzwidrigen Zuständen gehalten worden. Den Hunden seien aus amtstierärztlicher Sicht erhebliche Leiden zugefügt worden. Erschwerend komme die Intention des Klägers hinzu, eine illegale Hundezucht zu betreiben. Der Kläger habe vier fortpflanzungsfähige Hündinnen gehalten. Er verfüge jedoch nicht über die nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a TierSchG erforderliche Erlaubnis. Die Ehefrau des Klägers habe bei der Kontrolle am 29. Juli 2022 geäußert, dass der Kläger die Absicht habe, die Hunde zu züchten und zu verkaufen. Auf der Internetplattform „…“ sei für den Verkauf der Hündin M* … und des Rüden W* … mit Online-Inserat vom 25. Juli 2022 ein Verkaufspreis von jeweils 1.100 EUR angegeben worden. Nachweislich der tierärztlichen Dokumentationen der Tierärztin … vom 2. August 2022 und der Tierklinik … vom 5. August 2022 hätten die Hündinnen im Jahr 2020 und 2021 jeweils 3 Würfe mit insgesamt 51 Welpen gehabt. Nach Mitteilung des Tierheims … vom 21. September 2022 hätten die Hündinnen L* …, P* … und D* … insgesamt erneut 31 Welpen zur Welt gebracht. Der Kläger habe den Erlös aus dem Verkauf der Hunde über das Wohlergehen der Hunde gestellt.
15
Es bestünden keine ernsthaften Anhaltspunkte für eine Verhaltensänderung des Klägers. Aufgrund der Vielzahl der vorliegenden Verstöße und der groben Zuwiderhandlungen gegen § 2 TierSchG sei das Haltungs- und Betreuungsverbot ohne vorherige weitere Anordnungen gegen den Tierhalter auch verhältnismäßig.
16
Die Zwangsmittelandrohung entspreche pflichtgemäßer Ermessensausübung. Die Höhe des Zwangsgeldes bewege sich im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG und orientiere sich an dem geschätzten wirtschaftlichen Interesse, das der Kläger an der Haltung eines Hundes habe sowie an der hohen rechtlichen und gesellschaftlichen Bedeutung des mit dem durch Ziff. 2 angeordneten Haltungsverbot verfolgten Zwecks. Die Schätzung orientiere sich an den Verkaufspreisen für Hunde im Internet.
17
Weiterhin werden die Sofortvollzugsanordnung sowie die Kostenentscheidung begründet.
18
Mit Schriftsatz vom 17. Januar 2023, eingegangen beim Verwaltungsgericht Bayreuth am 20. Januar 2023, erhob der Kläger Klage mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2022, Aktenzeichen: …, aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine beschlagnahmten Hunde herauszugeben sowie die Verpflichtung zur Kostentragung für die Unterbringung der Hunde und das Hundehaltungsverbot aufzuheben.
19
Der Bescheid sei nicht verhältnismäßig. Der Platzbedarf sei mittels Hundeklappen und Spielwiese massiv erweitert worden. Den Hunden seien keine Schmerzen oder Leiden zugefügt worden. Der Platz im Haus mit Hundeklappe und mit Spielwiese betrage 98 m2 pro Hund bei sieben Hunden. Die Hunde M* … und W* … hätten bereits zur Vermittlung gestanden und seien angefragt gewesen. Auf kurze Sicht hätte dies eine Verbesserung der Platzverhältnisse auf 10 m2 pro Hund im Haus, 72 m2 bei Akzeptanz der Hundeklappe und 138 m2 pro Hund bei Anerkennung der Spielwiese geschafft. Das Landratsamt habe bereits in den Jahren 2016 und 2019 das Anwesen kontrolliert und keinerlei Auflagen angeordnet, da keine Mängel festgestellt worden seien. Die Anforderungen des Tierschutzes seien stets eingehalten worden. Auf dem Anwesen befänden sich eine Hundetoilette, eine Hundeklappe, ein Hundepool sowie eine Spielwiese. Er gehe mit den Hunden Gassi und fahre an Orte, wo er mit den Hunden Spaß habe. Die Würfe einiger Hündinnen seien nicht erklärbar, da die Hündinnen und die zwei Rüden regelmäßig einen Kastrationschip erhalten hätten. Bei dem Hund N* … würden die Chips nicht zuverlässig wirken. Nie habe er Aussagen dahingehend getätigt, von dem Verkauf der Welpen zu leben. Bei Problemen der Hunde würde er diese zurücknehmen und auch den vollen Kaufpreis erstatten. Er versuche, schöne und gesunde Welpen zu züchten und das in einer sehr geringen Anzahl. Für die Hündin P* … sei seine Ehefrau selbst verantwortlich. An dem Beißvorfall im Jahr 2019 sei er nicht beteiligt gewesen. Die im Bescheid dokumentierten Haltungsbedingungen seien fehlerhaft. Beigelegt ist eine Wohnflächenberechnung, die Bestandteil der Finanzierungsunterlagen für das klägerische Anwesen ist und eine Gesamtfläche von 67,16 m2 (ohne Terrasse) ergibt.
20
Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2023 beantragte das Landratsamt,
die Klage abzuweisen.
21
Die vom Kläger vorgetragenen Argumente bezüglich eines Hundepools, einer Hundetoilette, der angebrachten Hundeklappe sowie der zur Verfügung stehenden Spielwiese würden die vorrangige Beurteilungskompetenz der Amtstierärztin nicht erschüttern. Es werde zudem auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 10. Januar 2023 (gemeint ist wohl vom 13. Dezember 2022) verwiesen. Auch die übrigen Ausführungen des Klägers würden der Beurteilungskompetenz der Amtstierärztin nicht qualifiziert entgegentreten. Ein schlichtes Bestreiten reiche nicht aus. Es werde Bezug genommen auf die amtstierärztlichen Stellungnahmen vom 1. August 2022 und 12. August 2022. Es werde außerdem darauf hingewiesen, dass auch im Jahr 2019 bereits Mängel festgestellt worden seien. Schon damals habe aufgrund der mangelnden Platzverhältnisse keine verhaltensgerechte Unterbringung der Hunde vorgelegen. Ein Einschreiten des Landratsamtes sei damals jedoch entbehrlich gewesen, da die dauerhafte anderweitige Unterbringung der Hunde im Wege eines Überlassungsvertrages zwischen der Gemeinde und der Ehefrau des Klägers vereinbart worden sei. Es werde auf die bildlich dokumentierte Kontrolle Bezug genommen. Aufgrund der Schneeverhältnisse sei die Beurteilung eines Verstoßes gegen das Pflegegebot in 2019 nicht möglich gewesen. Bezüglich der intendierten Zucht sei auszuführen, dass die Umstände eindeutig für die Annahme sprächen, dass mit der Haltung der Hunde kommerzielle Zwecke verfolgt worden seien (Haltung von vier fortpflanzungsfähigen Hündinnen, keine entsprechende Erlaubnis für die Ausübung einer gewerblichen Hundezucht, Aussagen des Klägers und der Ehefrau zur Zucht, Online-Inserat vom 25. Juli 2022, insgesamt 51 Würfe im Jahr 2020 und 2021, erneute Würfe von drei Hündinnen mit 31 Welpen im Jahr 2022). In der Klagebegründung führe der Kläger außerdem selbst aus, eine Hundezucht zu betreiben. Im Hinblick auf die Fortnahme und die Kostentragungspflicht für die Unterbringung der Hunde werde auf das verwaltungsgerichtliche Urteil (Az. B 1 K 22.812) verwiesen.
22
Unter dem 15. Februar 2023 nahm der Kläger zur Klageerwiderung des Landratsamts Stellung. Wegen der verbauten Hundeklappen sei der Platzbedarf der Hunde erfüllt. Den Hunden seien keine Leiden zugefügt worden. Bei sorgfältiger Prüfung hätte dies bereits am 29. Juli 2022 festgestellt werden können. Die Anwendung der TierSchHuV sei willkürlich, da keine Zwinger- oder Anbindehaltung vorgelegen habe. Der Strafbefehl ändere nichts, da dieser mangels Unterschrift des erlassenden Richters keine Rechtswirkungen entfalte.
23
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 2. März 2023 wurde das Verfahren aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit ruhend gestellt. Nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. März 2023 (Az. 23 ZB 23.309) den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 13. Dezember 2022 (Az. B 1 K 22.812) abgelehnt hat und die Entscheidung rechtskräftig wurde, beantragte das Landratsamt die Fortführung des Verfahrens.
24
Die Gerichtsakten der Verfahren B 1 K 22.812, B 1 K 22.809 und B 1 S 22.735 werden zum Verfahren beigezogen.
25
Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26
Die Klage hat keinen Erfolg.
I.
27
Die Klage ist im wohlverstandenen Sinne des Klägers so auszulegen, dass dieser die Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 19. Dezember 2022 mit Ausnahme der Ziff. 3 (Sofortvollzugsanordnung) begehrt. Ziff. 3 des Bescheids stellt keinen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) dar, sondern ist eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Hauptverwaltungsakt, die rechtliche Aussagen zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Verwaltungsaktes trifft. Rechtsschutz gegen die erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung richtet sich daher ausschließlich nach § 80 Abs. 5 VwGO und ist nicht im Rahmen eines Klageverfahrens zu gewähren (vgl. hierzu Hoppe in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Auflage 2022, § 80 Rn. 42 m.w.N).
II.
28
Die Klage ist nur teilweise zulässig.
29
Soweit sie sich auch gegen Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 19. Dezember 2022 richtet, ist sie unzulässig, da sich die Veräußerungsanordnung durch Vollzug – das Eigentum an den fortgenommenen Hunden sowie an den Welpen wurde inzwischen auf den Tierschutzverein … übertragen – erledigt hat (vgl. auch OVG NW, B.v. 23.8.2023 – 20 A 1043/20 – juris Rn. 29).
30
Lediglich ergänzend wird insoweit ausgeführt, dass hinsichtlich der Veräußerungsanordnung auch keine Rechtmäßigkeitsbedenken bestehen. Die Anordnung basierte auf § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 Halbs. 2 Tierschutzgesetz (TierSchG). Demgemäß ist nach einer Fortnahme von Tieren auf Grundlage des § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbs. 1 TierSchG die Veräußerung dieser Tiere zulässig, wenn eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich ist oder nach Fristsetzung durch die zuständige Behörde eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung durch den Halter nicht sichergestellt werden kann.
31
Eine Fristsetzung ist insbesondere entbehrlich, wenn mit der Fortnahmeanordnung oder im zeitlichen Zusammenhang mit dieser – wie vorliegend – ein Tierhaltungsverbot gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG gegen den Tierhalter verhängt und für sofort vollziehbar erklärt wird. Im Übrigen nimmt die Kammer die ausführliche Begründung des Landratsamts im streitgegenständlichen Bescheid in Bezug (vgl. S. 13), weshalb es davon ausgeht, dass beim Kläger keine begründete Hoffnung besteht, dass er zeitnah tierschutzgerechte Haltungsbedingungen sicherstellen wird, sodass auch insofern eine Fristsetzung entbehrlich war. Das Landratsamt bezieht sich hier insbesondere auf die erheblichen Tierschutzmängel, auf die durch den Kläger verfolgte Intention einer gewerbsmäßigen Hundezucht, ohne über die erforderliche Erlaubnis zu verfügen, sowie auf die fehlende Einsicht des Klägers, was sich insbesondere in der mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht am 13. Dezember 2022 gezeigt habe. Dass die Fortnahme der Hunde am 29. Juli 2022 rechtmäßig erfolgte, steht nach Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. März 2023 (Az. 23 ZB 23.309) rechtskräftig fest.
32
Die Kammer geht zudem angesichts des hohen Wertes des Tierschutzes von der Verhältnismäßigkeit der Veräußerungsanordnung aus. Wie das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausführt, kann eine dauerhafte Unterbringung der Hunde, insbesondere der Welpen, im Tierheim langfristig einer breit gefächerten Sozialisierung nicht gerecht werden und würde zu erheblichen Leiden führen. Da der die Hunde betreuende Tierarzt Hr. … bei einigen Hundewelpen ein auffälliges Sozialverhalten festgestellt hat, war die anderweitige pflegliche Unterbringung der Hunde in geeigneten Pflegestellen aus amtstierärztlicher Sicht erforderlich (vgl. BA digital Teil II Bl. 194). Die Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheids vom 19. Dezember 2022 werden vollumfänglich in Bezug genommen (vgl. insbesondere S. 12 ff.).
III.
33
Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.
34
Der Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger damit nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dem Kläger steht außerdem kein Anspruch auf Herausgabe der am 29. Juli 2022 fortgenommenen Hunde zu.
35
1. Das in Ziff. 2 des Bescheids verfügte Verbot der Haltung und Betreuung von Hunden erweist sich als rechtmäßig. Nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG trifft die zuständige Behörde die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Nach § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG kann demjenigen, der den Vorschriften des § 2 TierSchG, einer Anordnung nach Nr. 1 oder einer Rechtsverordnung nach § 2a TierschG wiederholt oder grob zuwiderhandelt und dadurch den von ihm gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt hat, das Halten oder Betreuen von Tieren einer bestimmten oder jeden Art untersagt werden.
36
a. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der streitgegenständlichen Haltungsuntersagung ist – obwohl es sich beim Tierhaltungsverbot um einen Dauerverwaltungsakt handelt – der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.1990 – 1 B 155.90 – juris Rn. 3; U.v. 29.3.1996 – 1 C 28.94 – juris Rn. 15).
37
b. Zutreffend ist das Landratsamt im streitgegenständlichen Bescheid davon ausgegangen, dass seitens des Klägers grobe Zuwiderhandlungen gegen § 2 TierSchG erfolgten. Gemäß § 2 Nr. 1 TierSchG muss, wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen. Die Pflege eines Tieres umfasst allgemein die Fütterung, Reinhaltung, Reinigung, Gesundheitsfürsorge, Heilbehandlung, den Schutz vor Witterungseinflüssen und die Schaffung günstiger Luft- und Lichtverhältnisse (vgl. VG Bayreuth, GB v. 24.10.2012 – B 1 K 10.534 – juris Rn. 16).
38
aa. In Bezug auf die Tierschutzverstöße nimmt die Kammer vollumfänglich die Ausführungen des Landratsamts im streitgegenständlichen Bescheid in Bezug und sieht insoweit – um Wiederholungen zu vermeiden – von einer weiteren Darstellung ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). In Anlehnung an das amtsveterinärrechtliche Gutachten vom 12. August 2022, in dem die Tierschutzverstöße des Klägers umfangreich – sowohl schriftlich als auch fotografisch – dokumentiert wurden, gelangte das Landratsamt zutreffend zu der Auffassung, dass der Kläger gegen die Verpflichtungen aus § 2 Nr. 1 TierSchG verstoßen hat. Das amtsveterinärrechtliche Gutachten vom 12. August 2022 stellte fest, dass bei der klägerischen Hundehaltung grobe Zuwiderhandlungen gegen § 2 Nr. 1 TierSchG vorlagen, da bei den gehaltenen Tieren gebotene Maßnahmen in den Bereichen „Ernährung“, „Pflege“ und „Verhaltensbedürfnisse“ (Ruheverhalten, Mutter-Kind-Verhalten, Erkundung) unterlassen wurden (vgl. Gutachten der Amtsveterinärin Fr. … vom 12.8.2022, S. 21). Die Ausführungen auf S. 21 ff. werden vollumfänglich in Bezug genommen. Bezüglich der mangelnden Pflege der Hunde wurde in dem Gutachten festhalten, dass die Reinigung und Reinhaltung des Aufenthaltsbereichs der Hunde erheblich vernachlässigt wurde, da die komplette Gartenfläche im Zeitpunkt der Kontrolle am 29. Juli 2022 flächendeckend mit Urin und Kot übersäht war (vgl. insb. Bilddokumentation auf S. 8 ff. des Gutachtens vom 12.8.2022). Zudem wurde festgestellt, dass diverse Gegenstände (Sägeblatt, offen gelagerte Stromverbindungskabel) Verletzungsmöglichkeiten für die Hunde darstellten (vgl. insb. Bilddokumentation auf S. 14) und die Fellpflege der Hunde erheblich vernachlässigt wurde. In Bezug auf die vom Kläger betriebenen Hundezucht wurde ausgeführt, dass die Hündin „D* …“ bei ihrem ersten Wurf noch kein zuchtfähiges Alter erreicht hatte und aufgrund der geringen Zeitspanne zwischen den Würfen der betroffenen Hündinnen und der großen Anzahl an Würfen diesen keine Regenerationszeit gewährt wurde (vgl. insb. Ausführungen auf S. 19). Die Amtsveterinärin Frau … kommt in ihrem Gutachten weiterhin zu dem Ergebnis, dass die Hunde des Klägers nicht angemessen ernährt wurden, da sechs der sieben Hunde adipös waren, was auf eine übermäßige Kalorienaufnahme in Verbindung mit einer reduzierten Bewegung hindeutet (vgl. Ausführungen auf S. 17). Bezüglich der Mängel in der verhaltensgerechten Unterbringung wird ausgeführt, dass die Hunde unter massiver Einschränkung des Bewegungsbedarfs gehalten wurden (vgl. hierzu insb. die Bilddokumentation ab S. 4 des Gutachtens der Amtsveterinärin vom 12.8.2022).
39
Der Einwand des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2024, das Landratsamt habe bei der Kontrolle am 29. Juli 2022 Bilder über einen Zaun hinweg aufgenommen (es wird insofern auf das Lichtbild Bezug genommen, das im streitgegenständlichen Bescheid auf S. 9 – Bild 11 – abgedruckt ist), was verboten sei, verfängt nicht. Gemäß § 16 Abs. 2 und 3 TierSchG dürfen von der Behörde Grundstücke besichtigt und dort zur Dokumentation auch Bildaufzeichnungen gefertigt werden. Im Übrigen ist anzumerken, dass die mit diesem Bild veranschaulichte Problematik des geringen Bewegungsraumes für die Hunde, der zudem durch diverse Gegenstände, die Verletzungsgefahren für die Hunde begründeten, weiter eingeschränkt wurde, durch weitere Aufnahmen auf dem klägerischen Grundstück auch in anderen Räumlichkeiten des klägerischen Wohngebäudes festgestellt werden konnte.
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bb. Der Kläger hat der Vorschrift des § 2 TierSchG – wie das Landratsamt zutreffend festgehalten hat – auch grob zuwidergehandelt. Bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen eine Strafvorschrift ist dieses Tatbestandsmerkmal stets zu bejahen. Darüber hinaus kann eine grobe Zuwiderhandlung aber auch wegen des Gewichts und der eingetretenen Folgen der Pflichtverletzung gegeben sein. Dabei kommt es im Rahmen einer Gesamtbetrachtung insbesondere auf die Art, Intensität und Dauer der Verstöße, die Größe der dadurch herbeigeführten Gefahren sowie das Ausmaß und die Dauer der dadurch verursachten Schmerzen, Leiden und Schäden an (vgl. anstatt Vieler BayVGH, B.v. 18.5.2021 – 23 ZB 21.351 – juris Rn. 18). Mit Strafbefehl vom 1. Dezember 2022, rechtskräftig seit 29. Dezember 2022, wurde gegen den Kläger wegen 7 tateinheitlicher Vergehen nach § 17 Buchst. 2b TierSchG – Zufügung länger anhaltender oder sich wiederholender erheblicher Schmerzen oder Leiden durch Unterlassen bzgl. 7 Wirbeltieren – eine Geldstrafe festgesetzt (Az. …; BA digital Teil II, Bl. 380). Bei der veterinärrechtlichen Kontrolle der klägerischen Hundehaltung am 29. Juli 2022 wurden zahlreiche Missstände festgestellt, die eindrucksvoll fotografisch dokumentiert in dem Gutachten der Amtsveterinärin Fr. … vom 12. August 2022 festgehalten wurden (vgl. Bilddokumentation auf den S. 4 ff. des Gutachtens, BA digital Teil I Bl. 203 ff.; vgl. auch Bericht der Amtsveterinärin vom 1.8.2022, BA digital Teil I Bl. 128 ff.). Besonders ins Gewicht fällt für die Kammer die Tatsache, dass der Kläger – so legen es jedenfalls die bekannt gewordenen Umstände der klägerischen Hundehaltung nahe – eine gewerbsmäßige Hundezucht betrieb, im Rahmen derer der Kläger erheblich gegen seine Pflichten als Tierhalter verstoßen hat, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a TierSchG) und notwendige Sachkunde zu verfügen. Für die Kammer besteht deshalb der auf Tatsachen beruhende Eindruck, dass der Kläger sein eigenes wirtschaftliches Interesse am Verkauf der Hunde über das Wohlergehen seiner Tiere gestellt hat und diese gezielt ohne Rücksicht auf deren Wohlergehen zur Vermögensmehrung eingesetzt hat. Auch insofern schließt sich das Gericht den Ausführungen des Landratsamts im streitgegenständlichen Bescheid an und nimmt diese in Bezug (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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c. Durch dieses Verhalten des Klägers wurde den Hunden länger anhaltende Leiden zugefügt. Notwendig, aber auch ausreichend für die Annahme von Leiden ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass das Wohlbefinden der Tiere über schlichtes Unbehagen, schlichte Unlustgefühle oder einen bloßen vorübergehenden Zustand der Belastung hinaus für eine nicht ganz unwesentliche Zeitspanne beeinträchtigt ist (vgl. BGH, U.v. 18.2.1987 – 2 StR 159/86 – NJW 1987, 1833, 1834; VGH BW, B.v. 3.11.2004 – 1 S 2279/04 – RdL 2005, 55; VGH BW, B.v. 15.12.1992 – 10 S 3230/91 – juris Rn. 23 m.w.N.). Der tierschutzrechtliche Leidensbegriff setzt weiterhin nicht voraus, dass die Beeinträchtigung nachhaltig ist (BGH, U.v. 18.12.1987, a.a.O.; VGH BW, U.v. 15.12.1992 – 10 S 3230/91 – juris Rn. 23). Im streitgegenständlichen Bescheid vom 19. Dezember 2022 wurde unter Inbezugnahme der amtsveterinärrechtlichen Feststellungen ausführlich begründet, weshalb von einem Leiden der Hunde auszugehen war (vgl. S. 19 ff. des Bescheides). Das Gericht folgt dieser Begründung und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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d. Soweit der Kläger gegen die im Bescheid festgehaltenen mangelhaften Haltungsbedingungen seiner Hunde vorbringt, der Platzbedarf sei mittels Hundeklappen und Spielwiese massiv erweitert worden, sei insgesamt ausreichend gewesen und hätte sich sogar aufgrund der Abgabe zweier Hunde noch weiter verbessert, den Hunden habe eine Hundetoilette, eine Hundeklappe, ein Hundepool sowie eine Spielwiese zur Verfügung gestanden und die Anforderungen des Tierschutzes seien stets eingehalten worden, so kann er mit diesem Vorbringen nicht durchdringen.
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In dem amtsveterinärrechtlichen Bericht zur Kontrolle der klägerischen Hundehaltung am 29. Juli 2022 vom 1. August 2022 (vgl. BA digital Teil I Bl. 18 ff) wie auch in dem ausführlichen Gutachten vom 12. August 2022 (vgl. BA digital Teil I Bl. 200 ff.) wurden die Missstände der Tierhaltung ausführlich – insbesondere auch in Bezug auf den mangelnden Platz der Hunde – dokumentiert. Die Amtsveterinärin Frau … führte in ihrem Gutachten vom 12. August 2022 hierzu das Nachstehende aus:
„Der vorgefundene kleine holzverschlagene Garten in Verbindung mit den tierärztlichen Befunden zur erheblichen Fettleibigkeit von einer Vielzahl der Hunde (M* …, D* …, B* …, L* …, P* …, N* …*) ist aus amtstierärztlicher Sicht eindeutig auf eine massive Einschränkung des Bewegungsbedarfs zurückzuführen. Die erhebliche Anzahl alter und frischer Kothaufen sind ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass die Hunde keinen regelmäßigen Freilauf außerhalb der eingezäunten Areals hatten (Bild 5,6,7,8,9). Desweiteren wird der ohnehin geringe Bewegungsspielraum der Hunde durch diverse Gegenstände (Stühle, Liegen, Elektrogeräte) weiter eingeschränkt (Bild. 4, 10, 11). (…) Zusammenfassend wird festgestellt, dass die Unterbringung der sieben Hunden in dem Holzverschlagenen Garten die verschiedenen Verhaltensweisen (z.B. das Explorations-, Spiel- und Sozialverhalten) und das Bewegungsbedürfnis der Hunde erheblich einschränkt und hierdurch zu einem erheblichen und langanhaltenden Leiden führt.“
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Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt beamteten Tierärzten sowohl hinsichtlich der Frage, ob grobe oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen, als auch hinsichtlich der Frage, ob den Tieren hierdurch erhebliche und länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt wurden, eine vorrangige fachliche Beurteilungskompetenz zu (vgl. BayVGH, B.v. 25.9.2020 – 23 ZB 20.1254 – juris Rn. 37; B.v. 14.7.2020 – 23 CS 20.1087 – juris Rn. 7; B.v. 9.11.2018 – 9 CS 18.1002 – juris Rn. 7; B.v. 31.1.2017 – 9 CS 16.2021 – juris Rn. 15; Metzger in Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 15 Rn. 19 u. § 16a Rn. 41). Es ist zwar möglich, die von dem beamteten Tierarzt getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstierärzten anderer Körperschaften oder dort beschäftigten Fachtierärzten in Frage zu stellen (vgl. NdsOVG, U.v. 20.4.2016 – 11 LB 29/15 – juris Rn. 39). Schlichtes Bestreiten des Halters vermag die Aussagekraft der amtstierärztlichen Beurteilung jedoch nicht zu entkräften (vgl. OVG Berlin-Bbg., B.v. 28.6.2010 – OVG 5 S 10.10 – juris Rn. 9). Zur Entkräftung ist vielmehr ein substantiiertes Gegenvorbringen erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 23.12.2014 – 9 ZB 11.1525 – juris Rn. 9; B.v. 3.3.2016 – 9 C 16.96 – juris Rn. 7).
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Dies zugrunde gelegt, ist festzustellen, dass es dem Kläger nicht gelingt, die amtsveterinärrechtlichen Feststellungen substantiiert in Frage zu stellen. Vielmehr wird vom Kläger bloß behauptet, den Hunden hätte ausreichend Platz zur Verfügung gestanden. Bezüglich dieses Vortrages ist zudem anzumerken, dass dieser bereits Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit den Az. B 1 S 22.735 und B 1 K 22.812 war, in denen u.a. die Duldungsanordnung in Bezug auf die Fortnahme der am 29. Juli 2022 auf dem klägerischen Anwesen vorgefundenen Hunde streitgegenständlich war. Im Urteil vom 13. Dezember 2022 (Az. B 1 K 22.812) hat das Gericht zu dem klägerischen Einwand gegen die amtsveterinärrechtlichen Feststellungen wie folgt ausgeführt:
„Dem ist der Kläger nicht in ausreichendem Maße entgegengetreten, um die festgestellte erhebliche Vernachlässigung in Zweifel ziehen zu können. Soweit der Kläger selbst der Meinung ist, seine Hunde wären ordentlich versorgt und gehalten worden, kann eine solche – ohne nähere Substantiierung erfolgende und im schlichten Widerspruch zu einem amtstierärztlichen Gutachten stehende – eigene Einschätzung nicht die bereits gesetzlich in § 15 Abs. 2 TierSchG angelegte vorrangige Beurteilungskompetenz des Amtsveterinärs erschüttern. Auch das Vorhandensein von Hundeklappen, eines Pools für die Hunde und die Möglichkeit, den Hunden jederzeit zusätzlichen Auslauf auf dem Nachbargrundstück (mit dem Ferienhaus des Klägers) zu gewähren, wie es der Kläger vorträgt, ist hier unbehelflich. Denn die Feststellung der erheblichen Vernachlässigung beruht auf einer Bewertung des am 29.07.2022 vorgefundenen Ist-Zustands der Hunde, so dass jedenfalls die im Rahmen der Hundehaltung getroffenen Maßnahmen als für eine artgerechte Haltung bei Weitem nicht ausreichend qualifiziert werden müssen. Daher kann auch die Frage, ob der im Garten vorgefundene Kothaufen Resultat eines mangelnden Auslaufs oder das Ergebnis einer entsprechenden Ausrichtung der Hunde, ihr „Geschäft“ nur im eigenen Garten zu verrichten, ist, dahinstehen, was zwischen den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung streitig geblieben ist (vgl. S. 5 unten des Sitzungsprotokolls).“
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Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Beschluss vom 7. März 2023 (Az. 23 ZB 23.309) bereits mit den klägerischen Einwänden gegen die amtsveterinärrechtlichen Feststellungen befasst und wie folgt ausgeführt:
„Nach Auffassung des Klägers verfügten die Hunde über ausreichend Raum bei einer Belegung mit sieben Hunden (pro Hund im Haus 7 qm, mit Hundeklappen 52 qm, mit Spielwiese insgesamt 98 qm). Hierbei blendet die Klagepartei zum einen aus, dass drei Hündinnen im Zeitpunkt der Ortsbesichtigung bereits trächtig waren, so dass zahlreiche Welpen zu erwarten waren, die ebenfalls Raum- und Pflegekapazitäten in Anspruch nehmen. Zum anderen hat der Beklagte die Fortnahme der gehaltenen Hunde nicht allein wegen des begrenzten Raumangebots verfügt, sondern aufgrund einer Gesamtschau. Selbst bei einer unterstellten ausreichenden Fläche von 7 qm pro Hund im Haus sowie zusätzlichen Freiflächen entfallen die im Übrigen festgestellten tierschutzwidrigen Zustände im Rahmen der Tierhaltung der Klägerseite nicht. Abgesehen davon wird aus der in den Akten befindlichen Fotodokumentation deutlich, dass die überwiegende Wohnfläche von 49 qm durch Möbel, Tische, Stühle und eine Voliere vollgestellt ist (vgl. amtstierärztliche Stellungnahme v. 12.8.2022 S. 15 von 24). Insbesondere fehlt es danach an einem Rückzugsort für die drei trächtigen Hündinnen, die nach dem Gutachten der Amtsveterinäre bereits vor der Geburt eine ruhige und hygienische Umgebung benötigten, da dies essentiell für die Entwicklung der Welpen und die Fürsorge der Mutter sei. Erhöhter Stress vor und nach der Geburt der Welpen könne zu Fehlgeburten, reduzierter Milchproduktion, einer reduzierten Fürsorge und zu krankheitsanfälligen Welpen führen (vgl. amtstierärztliche Stellungnahme v. 12.8.2022 S. 16 von 24).“
„Soweit die Klägerseite rügt, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung verkannt, dass auf dem zusammenhängenden Anwesen des Klägers sich Anlagen wie eine Hundetoilette, Hundeklappen, ein Hundepool und eine Hundespielwiese befänden, stellen diese Ausführungen die Gesamtschau der vorgefundenen tierschutzwidrigen Verhältnisse im Rahmen der klägerseitigen Hundehaltung von sieben Hunden, von denen drei Hündinnen trächtig waren, nicht substantiiert in Frage. Auch wenn die Klägerseite die Auffassung vertritt, dass eine Hundetoilette im Garten vor allem Vorteile bringe, zeigt sie damit keine Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils auf, sondern lediglich ihre fehlende Einsichtsfähigkeit. Die Hunde benötigen entsprechend der amtstierärztlichen Feststellungen nicht nur eine Hundetoilette, sondern ausreichend Bewegung und Auslauf, sowie für ihre Sozialisation Kontakt nach außen. Auch das Vorbringen, das Gesamtanwesen werde weitgehend von Hundekot freigehalten, indem den Hunden ein ausgewiesener Bereich zur Verfügung gestellt werde, in dem diese sich erleichtern könnten, und dadurch das Restanwesen gesund und sicher gehalten, rechtfertigt keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Selbst wenn diese Behauptung zutreffend wäre, wogegen die vorgelegten Fotos von der Ortskontrolle vom 29. Juli 2022 sprechen, werden die Hunde, insbesondere die schutzbedürftigen Welpen, nach der amtstierärztlichen Gesamtschau nicht artgerecht gehalten. Neben dem von den zwei Amtstierärztinnen konstatierten Bewegungsmangel, der fehlenden Sozialisation der Hunde, insbesondere der Welpen an verschiedene Umweltreize, dem fehlenden hygienischen Umfeld sowie dem damit für die gehaltenen Hunde verbundenen Stress befinden sich auf dem Grundstück eine Vielzahl von verletzungsträchtigen Gegenständen wie eine Mistgabel, diverse Stromkabel, Bohrmaschinen, Sägebretter sowie Elektrogeräte (vgl. u.a. Bild 7 und 11 der amtstierärztlichen Stellungnahme vom 12.8.2022 S. 10, 14 von 24), so dass das Anwesen den Hunden und den besonders schutzbedürftigen Welpen gerade nicht sicher und uneingeschränkt zur Verfügung stehen kann.“
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Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen an. Selbst wenn der Kläger nunmehr vorträgt, den Hunden hätte tatsächlich mehr Platz – insgesamt 10 m2 pro Hund im Haus, 72 m2 bei Akzeptanz der Hundeklappe und 138 m2 pro Hund bei Anerkennung der Spielwiese – zur Verfügung gestanden, was für die Kammer auch angesichts der zahlreichen Gegenstände im Haus und Hof, die den verfügbaren Platz erheblich einschränkten, nicht nachvollziehbar ist, ist mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof darauf hinzuweisen, dass die Fortnahme der Hunde wie auch die sich anschließende streitgegenständliche Haltungs- und Betreuungsuntersagung nicht allein wegen des begrenzten Raumangebots verfügt wurde, sondern aufgrund einer Gesamtschau der Haltungsbedingungen, des Zustands der Hunde im Zeitpunkt der Fortnahme, des Umstandes des Betreibens einer Hundezucht ohne Sachkunde und ohne die erforderliche Erlaubnis sowie der fehlenden Einsichtsfähigkeit des Klägers. Hierauf hat die Amtsveterinärin des Landratsamts Fr. … in der mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2024 auch nochmals hingewiesen.
48
Nur ergänzend wird deshalb noch ausgeführt, dass auch der Vortrag des Klägers, § 6 Abs. 2 TierSchHuV sei willkürlich angewendet worden, da er seine Hunde nicht in einem Zwinger gehalten habe, kein anderes Ergebnis begründet. Die TierSchHuV gilt gemäß § 1 Abs. 2 TierSchHuV grundsätzlich für das Halten und Züchten von Hunden. Richtig ist zwar, dass der in § 6 Abs. 2 TierSchHuV geforderte Platz von mindestens 6 m2 Bodenfläche bei Hunden mit einer Widerristhöhe von bis zu 50 cm sich auf eine Zwingerhaltung bezieht, die beim Kläger nicht vorlag. Es begegnet jedoch aus Sicht der Kammer keinen Einwänden, wenn das Landratsamt – unter Anlehnung an die Vorschrift des § 6 Abs. 2 TierSchHuV (vgl. insoweit auch VG Ansbach, U.v. 19.2.2013 – AN 10 K 12.02171 – juris Rn. 30) – auch bei Wohnräumen die Angaben zur Mindestbodenfläche als Anhaltspunkt heranzieht, um zu beurteilen, ob den Hunden ausreichend Raum zur Bewegung zur Verfügung stand (vgl. so auch VG Gelsenkirchen, U.v. 21.5.2012 – 16 K 40/12 – juris Rn. 22).
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Soweit im Rahmen der Klageschrift vorgetragen wird, die Hundehaltung sei bereits in den Jahren 2016 und 2019 ohne Beanstandungen kontrolliert worden, so begründet dieser Vortrag kein anderes Ergebnis. Seitens des Landratsamts wurde im Jahr 2019, als dieses im Wege der Amtshilfe für die Gemeinde die Hundehaltung des Klägers kontrollierte, schon zum damaligen Zeitpunkt festgestellt, dass die Haltungsbedingungen aufgrund der mangelnden Platzverhältnisse keiner verhaltensgerechten Unterbringung entsprachen (vgl. insoweit die fotografische Dokumentation der Kontrolle im Jahr 2019, BA digital Teil I Bl. 3 ff.).
50
e. Die Maßnahmen dienen dazu, die bestehenden tierschutzwidrigen Zustände zu beseitigen und künftige Verstöße zu vermeiden, weshalb gegen die vom Landratsamt vorgenommene Gefahrenprognose keine rechtlichen Bedenken bestehen. Das Verbot der Tierhaltung und -betreuung setzt im Fall gravierender und zahlreicher Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen und Anordnungen die (bloße) Gefahr voraus, dass die Tiere andernfalls erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen erleiden (BayVGH, B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456, BeckRS 2017, 124750). Die Tierschutzbehörde muss nicht sehenden Auges warten, bis den Tieren, nachdem weniger belastende Einzelanordnungen keine nachhaltige Besserung der Tierhaltung erbracht haben, weiter erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt werden (VG Würzburg, B.v. 29.01.2020 – W 8 S 20.160 – juris Rn. 27). Die gravierenden Verstöße des Klägers gegen tierschutzrechtliche Vorgaben begründen die Gefahr, dass im Falle einer weiteren Haltung von Hunden diesen Leiden zugefügt würden. Denn haben sich im Verantwortungsbereich des Klägers – wie vorliegend – erhebliche Verstöße gegen tierschutzrechtliche Vorgaben ereignet, kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Wie das Landratsamt geht auch die Kammer davon aus, dass der Kläger eine Hundezucht betrieb, ohne die hierfür erforderliche Sachkunde aufzuweisen und ohne über die notwendige Erlaubnis gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 8 Buchst. a TierSchG zu verfügen. An den bei der Kontrolle der klägerischen Hundehaltung am 29. Juli 2022 vorgefundenen Gesamtumständen zeigt sich, dass für den Kläger in Bezug auf die Hundezucht die Gewinnerzielungsabsicht deutlich im Vordergrund stand, zugunsten derer das Wohl der Hunde zurücktreten musste. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Landratsamts zur negativen Zukunftsprognose in Bezug auf das tierschutzkonforme Verhalten des Klägers vollumfänglich an (vgl. S. 22 f. des Bescheids). Ergänzend wird noch angemerkt, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2024 gegenüber dem Gericht angegeben hat, derzeit im Schichtbetrieb berufstätig zu sein und insgesamt mehr als 40 Stunden in der Woche zu arbeiten. Außerdem führte er aus, dass seine Ehefrau nicht mehr bei ihm wohne. Hierdurch wird die negative Zukunftsprognose weiter bekräftigt. Da die Hundehaltung schon in der Vergangenheit – unter zusätzlicher Unterstützung durch seine Ehefrau, die die Hunde ab und zu ausführte – nicht tierschutzkonform war, weil die Hunde unter anderem keinen Auslauf erhielten, stünde unter den aktuellen Voraussetzungen zu befürchten, dass sich der Bewegungsmangel der Hunde noch weiter verschärfen würde.
51
f. Bei der Entscheidung des Landratsamts sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Im angefochtenen Bescheid wurde ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen die Behörde die konkret getroffenen Maßnahmen für geboten erachtet. Es ist – auch mit Blick auf die geschützten Rechtspositionen des Klägers, insbesondere auf das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG oder auf den Schutz des Eigentums durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht ersichtlich, dass das Landratsamt die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Sofern sich ein Tierhalter – wie hier – grob tierschutzwidrig verhält, muss er im Hinblick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Tierschutz auch erhebliche wirtschaftliche Nachteile hinnehmen. Auch der Umstand, dass ein Betroffener von der Tierhaltung lebt und infolge des Verbots bedürftig zu werden droht, begründet nicht die Unverhältnismäßigkeit eines Haltungs- und Betreuungsverbots (vgl. BayVGH, B.v. 7.1.2013 – 9 ZB 11.2455 – juris Rn. 7 ff.). Zudem geht der Bescheid ausführlich auf die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen ein. Das Landratsamt hat nachvollziehbar ausgeführt, weshalb es davon ausgeht, dass weder die Anordnung einer Beschränkung des Verbots auf eine bestimmte Höchstzahl an Tieren oder sonstiger Haltungsanordnungen noch die Forderung eines Nachweises über die Fähigkeiten und Kenntnisse bezüglich der Hundehaltung mildere und gleich geeignete Mittel zur Unterbindung der Tierschutzverstöße darstellen. Die Ausführungen des Landratsamts auf S. 23 f. des Bescheids werden in Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
52
Der klägerische Einwand, das Hundehaltungs- und Betreuungsverbot verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG, wonach Gleiches gleich zu behandeln sei, da seine Ehefrau ihre Hündin „P* …“ ohne behördliche Auflagen zurückerhalten habe, verfängt nicht. Richtig ist, dass gegenüber der Ehefrau des Klägers mit Bescheid vom 21. Dezember 2022 kein umfassendes Haltungs- und Betreuungsverbot bezüglich Hunden ergangen ist, wohl aber ein Haltungs- und Betreuungsverbot von nicht kastrierten Hunden. Danach ist es der Ehefrau – im Gegensatz zum Kläger – weiterhin gestattet, zumindest einen kastrierten Hund zu halten. Sofern hierin eine Ungleichbehandlung gesehen wird, so ist diese vorliegend jedoch durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Der Vertreter des Landratsamts hat in der mündlichen Verhandlung am 28. Mai 2024 für das Gericht nachvollziehbar ausgeführt, dass im Hinblick auf die Hundehaltung der Ehefrau des Klägers andere Erwägungsgründe ausschlaggebend gewesen seien. So habe sich die Ehefrau gegenüber dem Landratsamt einsichtig gezeigt. Deshalb sei ihr gegenüber auch lediglich eine Kastrationsauflage angeordnet worden. Da das Landratsamt davon ausgegangen sei, dass die Hündin „P* …“ nicht im klägerischen Anwesen gehalten werde und anzunehmen gewesen sei, dass es der Ehefrau des Klägers gelinge, tierschutzkonforme Haltungsbedingungen für einen kastrierten Hund sicherzustellen, sei die Anordnung in dieser Form und schließlich auch die Herausgabe der Hündin „P* …“ an die Ehefrau des Klägers möglich gewesen.
53
2. Gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziff. 4 des streitgegenständlichen Bescheids, die auf der Grundlage der Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 30, 31, 36 VwZVG erging, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das Zwangsgeld wurde insbesondere unter pflichtgemäßer Ermessensausübung festgesetzt. Dem öffentlichen Interesse an einer konsequenten Durchsetzung des verfassungsrechtlich garantierten Tierschutzes in Art. 20a GG wurde gegenüber dem Interesse des Klägers, von einer Zwangsmittelandrohung verschont zu bleiben, Vorrang eingeräumt. Der Höhe nach bewegt sich die Androhung im Bereich des Rahmens, den Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgibt (15 bis höchstens 50.000 EUR). Die Festsetzung der Höhe des Zwangsgeldes richtet sich nach dem geschätzten wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Nichtbefolgung der ihm auferlegten Verpflichtung (Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG). Insbesondere erachtet die Kammer die Zwangsgeldandrohung als hinreichend bestimmt.
54
3. Im Hinblick auf die Kostenfestsetzung in Ziff. 5 des Bescheids bestehen keine Rechtmäßigkeitsbedenken.
55
4. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Herausgabe der am 29. Juli 2022 fortgenommenen Hunde zu. Als Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Herausgabe der fortgenommenen Tiere kommt der Folgenbeseitigungsanspruch sowie der öffentlich-rechtliche Herausgabeanspruch analog § 985 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB in Betracht, deren Voraussetzungen nicht vorliegen. Einem Herausgabeanspruch des Klägers steht ein Besitzrecht des Beklagten aus dem ihm den Besitz zuweisenden Hoheitsakt, dem Bescheid vom 29. Juli 2022, mit dem die Fortnahme der Hunde angeordnet wurde, entgegen. So lange die Voraussetzungen für die Beschlagnahme nicht entfallen sind, besteht diese fort. Die Rechtmäßigkeit der Duldungsverfügung bezüglich der Fortnahme vom 29. Juli 2022 steht rechtskräftig fest. Da das Landratsamt inzwischen auch eine sofort vollziehbare Haltungs- und Betreuungsverbotsverfügung erlassen hat, die nach Ansicht des Gerichts rechtmäßig ist und damit Bestand hat, sind die Voraussetzungen der Beschlagnahme der Hunde auch nicht im Nachhinein entfallen. Im Übrigen ist dem Beklagten eine Herausgabe der Hunde auch nicht mehr möglich, da das Eigentum an den Hunden inzwischen an den Tierschutzverein … übertragen wurde.
IV.
56
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger als unterliegende Partei, § 154 Abs. 1 VwGO.
V.
57
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 Zivilprozessordnung (ZPO).