Titel:
vertragsärztliche Versorgung, Institutsermächtigung, Ermächtigung zur, Ärzte-ZV, Zulassungsausschuß, Niedergelassene Vertragsärzte, Außergerichtliche Kosten, Sonderbedarfszulassung, Beiladung, Strahlentherapeutische Behandlung, Rechtsprechung des BSG, Strahlentherapeutische Leistungen, Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung, Klageabweisung, Abhängige Beschäftigung, Kosten des Rechtsstreits, Kostenentscheidung, Überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft, Sicherstellung, BSG-Urteil
Schlagworte:
Institutsermächtigung, Vertragsärztliche Versorgung, Bedarfsprüfung, Ärztlich geleitete Einrichtung, Versorgungslücke, Kostenentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39360
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich etwaiger außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1). Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Tatbestand
1
Im Streit steht die Ermächtigung der Klägerin zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer Institutsermächtigung gemäß § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs. 1 BMV-Ä.
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Die Klägerin betreibt in C-Stadt das A. MVZ in überörtlicher Berufsausübungsgemeinschaft. Das MVZ wurde durch den Zulassungsausschuss O. mit Wirkung zum 01.10.2019 genehmigt, ebenso wie die Anstellung des Herrn Dr. G.. Dieser war seit 2003 als Vertragsarzt tätig und verzichtete gemäß § 103 Abs. 4a SGB V auf seine Zulassung, um im MVZ der Klägerin tätig zu werden. Er verfügte als Facharzt für Radiologie unter anderem über eine Abrechnungsgenehmigung Strahlentherapie.
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Am Standort C-Stadt der Klägerin sind zwei Fachärzte für Radiologie tätig. Herr Dr. G. beendete seine Tätigkeit in C-Stadt zum 30.09.2022. Die Arztstelle wurde von Frau Dr. W., Fachärztin für Radiologie, zum 01.04.2023 mit 20 Wochenstunden nachbesetzt. Im Rahmen der Migrationsmöglichkeit durch die überörtliche BAG können zwei Nuklearmediziner aus dem Standort D-Stadt ebenfalls am Standort C-Stadt tätig werden.
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Mit Formantrag vom 23.05.2022 beantragte die Klägerin beim Zulassungsausschuss eine Ermächtigung zur Teilnahme an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer Institutsermächtigung gemäß § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs. 1 BMV-Ä, um Röntgenschmerzbestrahlungen bei verschiedenen (näher genannten) schmerzhaften Erkrankungen durchführen zu können. Der Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass das A. MVZ C-Stadt derzeit (noch) durch den genehmigten angestellten Radiologen, Herrn Dr. G., strahlentherapeutische Leistungen erbringe. Herr Dr. G. sei Facharzt für Radiologie und erbringe diese Leistungen im Rahmen des geltenden Bestandsschutzes seines Weiterbildungsumfanges. Nach einer Änderung der Weiterbildungsordnung seien strahlentherapeutische Leistungen nicht mehr Bestandteil der radiologischen Weiterbildung und somit für Fachärzte für Radiologie als fachfremd anzusehen. Herr Dr. G. werde Ende September 2022 aus dem MVZ ausscheiden (was auch tatsächlich so geschehen ist). Die Fachärzte für Radiologie, die in der Nachfolge von Herrn Dr. G. auf der dem MVZ genehmigten Arztstelle tätig würden, könnten somit keine strahlentherapeutischen Leistungen mehr erbringen. Diese Leistungen gehörten jedoch bereits seit Jahren zum Versorgungsumfang von Herrn Dr. G. bzw. des A. MVZ. So seien zuletzt im Quartal 4/2021 insgesamt 341 Patienten und im Quartal 1/2022 insgesamt 387 Patienten strahlentherapeutisch behandelt worden. Zur Sicherstellung der strahlentherapeutischen Versorgung nach der Beendigung der Tätigkeit von Herrn Dr. G. habe die Klägerin bereits eine Sonderbedarfszulassung beantragt. Für die Leistungserbringung sei die Genehmigung der Anstellung von Herrn Dr. Dr. P., Facharzt für Strahlentherapie, beantragt worden. Der Antrag auf Sonderbedarfsanstellung für Herrn Dr. Dr. P. sei sowohl vom Zulassungsausschuss als auch vom Berufungsausschuss/Beklagten abgelehnt worden. (Anmerkung: Die diesbezügliche Klage S 13 KA 5/22 hat das Sozialgericht mit Urteil vom 01.08.2024 abgewiesen.) Dabei habe der Berufungsausschuss in seiner Entscheidung vom 21.12.2021 erklärt, dass für die Sicherstellung von einzelnen Leistungen und nicht des gesamten Fachgebiets eine Ermächtigung in Betracht käme. Deshalb erfolge der vorliegende Antrag auf Erteilung einer Institutsermächtigung. Das MVZ der Klägerin sei eine ärztlich geleitete Einrichtung iSd § 5 BMV-Ä. Ein Vorrang der persönlichen Ermächtigung sei nicht gegeben, da die beantragten Leistungen bereits jetzt Teil des Leistungsumfangs des MVZ seien. Auch sei im Rahmen der beantragten Sonderbedarfszulassung von den Zuweisern die Fortsetzung der Entzündungsbehandlungen am Standort der Klägerin in C-Stadt für erforderlich gehalten worden.
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Die Beigeladene zu 1) tätigte im Juni 2022 eine Umfrage unter den niedergelassenen Fachärzten für Strahlentherapie im Umkreis von 60 km um die Praxis der Klägerin in C-Stadt, wegen deren Ergebnis auf die Verwaltungsakte des Zulassungsausschusses verwiesen wird.
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Mit Beschluss vom 07.09.2022 (den Klägerbevollmächtigten zugestellt am 11.10.2022) lehnte der Zulassungsantrag den Antrag der Klägerin auf Institutsermächtigung ab.
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Den dagegen am 10.11.2022 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Beschluss vom 15.06.2023 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Nach § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs. 1 BMV-Ä könnten die Zulassungsausschüsse über die Ermächtigungstatbestände des § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV hinaus geeignete Ärzte und in Ausnahmefällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung bestimmter, in einem Leistungskatalog definierter Leistungen auf der Grundlage des EBM ermächtigen, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich sei. Eine Institutsermächtigung sei gegenüber der Ermächtigung von Krankenhausärzten nach §§ 116 SGB V, 31a Ärzte-ZV und von anderen Ärzten nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV nachrangig. Eine Ausnahme vom Vorrang persönlicher Ermächtigungen (z.B. §§ 116a, 118a, 119a, 119b SGB V) liege hier nicht vor.
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Der Antrag der Kläger auf Ermächtigung eines MVZ scheitere aber auch schon deshalb, weil es rechtlich nicht möglich sei, ein MVZ zu ermächtigen. Das Institut der Ermächtigung betreffe Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen, vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Hierzu zähle aber nicht das MVZ. Ein MVZ könne lediglich im Rahmen einer eigenen MVZ-Zulassung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, vgl. § 95 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 2 SGB V.
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Die Klägerin sei als MVZ selbst bereits seit dem 01.07.2020 zugelassen. Eine Ermächtigung neben dieser Zulassung sei nicht zulässig. Die beiden Teilnahmestatus an der vertragsärztlichen Versorgung schlössen sich aus (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1994, 6 RKa 32/93).
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Dem Antrag stehe zudem der Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte entgegen, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.06.2001, B 6 KA 39/00 R; Urteil vom 12.09.2001, B 6 KA 86/00 R).
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Eine Institutsermächtigung sei darüber hinaus nach ständiger Rechtsprechung nachrangig gegenüber einer persönlichen Ermächtigung zu behandeln (vgl. BSG, Urteil vom 06.01.2000, B 6 KA 51/98 R; Urteil vom 25.01.2017, B 6 KA 11/16 R). Die ambulante vertragsärztliche Versorgung sei grundsätzlich durch niedergelassene Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten bzw. MVZ durchzuführen. Verbleibende Lücken seien durch Ermächtigung eines Krankenhausarztes bzw. weiterer Ärzte zu schließen.
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Bei den beantragten Leistungen handele es sich um Röntgenschmerzbestrahlungen bei verschiedenen schmerzhaften Erkrankungen. Diese Leistungen könnten auch im Rahmen einer persönlichen Ermächtigung erbracht werden, sodass diese vorrangig vor einer Institutsermächtigung zu behandeln sei. Der Ausnahme einer Institutsermächtigung iSv § 5 BMV-Ä bedürfe es daher nicht.
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Im Übrigen wäre auch ein entsprechender Bedarf nach § 5 Abs. 1 BMV-Ä nicht zu begründen – nicht nur, weil ein Bedarf in dem vorangegangenen Verfahren (vgl. S 13 KA 5/22) bereits aufgrund der freien Plätze der umliegenden Niedergelassenen verneint worden sei, sondern auch, weil eine aktuelle Umfrage der KVB 6/2022 erneut freie und zumutbar erreichbare Plätze, z.T. vor Ort in C-Stadt, ausweise. Damit scheitere der Antrag der Klägerin auch mangels Bedarfs. Es liege keine Versorgungslücke vor, die sich nur durch die Ermächtigung eines Arztes oder einer ärztlich geleiteten Einrichtung schließen ließe.
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Die Klägerin hat gegen den Beschluss vom 15.06.2023, ausgefertigt am 25.07.2023, am 28.08.2023 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben und diese wie folgt begründet (Schriftsätze vom 05.03.2024, 21.05.2024 und 30.07.2024):
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§ 5 Abs. 1 BMV-Ä enthalte grundsätzlich einen Vorrang der persönlichen Ermächtigung gegenüber einer Institutsermächtigung, die „in Ausnahmefällen“ erteilt werden könne. Für die Erteilung einer Institutsermächtigung müssten Gründe vorliegen, die eine Ausnahme von diesem Grundsatz rechtfertigten.
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Die beantragten Leistungen seien Teil des Leistungsgeschehens des klägerischen MVZ gewesen. Mit der Institutsermächtigung werde der Bestand des MVZ und die Fortführungsfähigkeit des etablierten Leistungsgeschehens im MVZ bewahrt. Es gehe somit um den Erhalt des Praxissubstrates. Die unveränderte Fortführung von etablierten Versorgungsstrukturen sei ein wesentliches Element im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens und sei auch im Rahmen des § 5 Abs. 1 BMV-Ä ein Gesichtspunkt, der eine Ausnahme von Grundsatz des Vorrangs von persönlichen Ermächtigungen rechtfertige.
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Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass bereits das BSG in seiner Entscheidung vom 25.01.2017 (B 6 KA 11/16 R) festgestellt habe, dass bei der Zulassung von Institutsermächtigungen die seit den 1990er Jahren festzustellende Entwicklung und die „intensivierte Einbeziehung ärztlich geleiteter Einrichtungen in die ambulante Versorgung“ zu berücksichtigen seien. Das BSG habe ausgeführt, dass der Gesetzgeber selbst den Vorrang der Institution gegenüber persönlichen Ermächtigungen „nicht nur nicht blockiert, sondern … selbst fördert.“ Das BSG ziehe daraus den Schluss, dass sich auch die Rechtsprechung der Entwicklung nicht verschließen könne.
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In der Kommentierung der Entscheidung durch A. Schneider (NZS 2018, Seite 410, 413) werde dazu treffend festgestellt:
„Der letzte Aspekt fügt sich nahtlos in die Gesamtkonzeption des Urteils des BSG ein, die geleitet ist von dem Ziel, die Ermächtigung von Instituten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in größerem Umfang zu ermöglichen. Konsequenz dessen ist eine Abkehr jedenfalls vom strengen Grundsatz des Vorrangs der persönlichen Ermächtigung von Ärzten.“
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Der Bedarf für die Erteilung der Ermächtigung sei im Rahmen des Verfahrens zur beantragten Sonderbedarfszulassung nachgewiesen worden (Anmerkung: vgl. Verfahren S 13 KA 5/22). Dieser zeige sich insbesondere in den bis zur Beendigung der Tätigkeit von Herrn Dr. G. abgerechneten Leistungsziffern sowie in den Aussagen der Zuweiser der Klägerin.
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Insgesamt lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Institutsermächtigung vor. Der Bedarf sei weiterhin gegeben und nach der Rechtsprechung des BSG sei der früher vorherrschende strenge Grundsatz des Vorrangs der persönlichen Ermächtigung aufgrund einer allgemeinen Entwicklung zur Etablierung von Institutsermächtigungen nicht mehr aufrecht zu erhalten.
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Auf die Frage des Gerichts, warum (angesichts des grundsätzlichen Vorrangs der persönlichen Ermächtigung vor der Ermächtigung einer Einrichtung bei lokalem Bedarf) eine Ermächtigung des MVZ und nicht des Herrn Dr. Dr. P. begehrt werde, hat die Klägerin mit Schreiben vom 21.05.2024 geantwortet, sowohl die Klägerin als auch Herr Dr. Dr. P. wollten ein Anstellungsverhältnis. Insbesondere für Herrn Dr. Dr. P. sei die abhängige Beschäftigung im Hinblick auf den organisatorischen Aufwand, der bei einer freiberuflichen Tätigkeit bestehe, von erheblichem Vorteil. Für die Zusammenarbeit in dieser Form wäre die Vereinbarung einer Praxisgemeinschaft mit den entsprechend vorzunehmenden Kostenabgrenzungen und -kalkulationen notwendig, die einen zusätzlichen Aufwand für beide Parteien z.B. auch im Rahmen des Jahresabschlusses mit sich brächte. Im Hinblick darauf hätten sich die Klägerin und Herr Dr. Dr. P. für die Beantragung einer Institutsermächtigung entschlossen.
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Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.05.2024 erwidert, verregistrierter Geschäftsgegenstand der Klägerin als Trägerin des MVZ seien „Gründung und Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren“. Der Beklagte könne deshalb nicht zu einer Ermächtigung des MVZ verpflichtet werden. Das SGB V spreche von zugelassenen MVZ, die Statusformen der Zulassung und Ermächtigung schlössen sich aber gegenseitig aus. Überlegungen der Klägerin zu wirtschaftlich vorteilhaften Gestaltungen auf der Ebene der Betriebsdurchführung änderten hieran nichts.
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Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Berufungsausschusses vom 07.09.2022 (gemeint wohl: 15.06.2023) (Bescheid vom 25.07.2023) aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsansicht des Gerichts den Antrag auf Ermächtigung der Klägerin neu zu bescheiden.
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Der Beklagte beantragt,
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Die Beigeladene zu 1) beantragt,
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Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in den Verfahren S 13 KA 7/23 und S 13 KA 5/22 sowie der beigezogenen Verwaltungsakten in beiden Verfahren verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 15.06.2023 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr eine Institutsermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung erteilt wird, um Röntgenschmerzbestrahlungen bei verschiedenen schmerzhaften Erkrankungen durchführen und abrechnen zu können.
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Als Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Ermächtigung käme § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm § 5 Abs. 1 BMV-Ä iVm § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V in Betracht; allerdings sind die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt.
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Nach § 98 Abs. 2 Nr. 11 SGB V muss die Zulassungsverordnung Vorschriften enthalten über die Voraussetzungen, unter denen Ärzte, insbesondere in Krankenhäusern und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, oder in besonderen Fällen Einrichtungen durch die Zulassungsausschüsse zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt werden können, die Rechte und Pflichten der ermächtigten Ärzte und Einrichtungen sowie die Zulässigkeit einer Vertretung von ermächtigten Krankenhausärzten durch Ärzte mit derselben Gebietsbezeichnung.
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Von dieser Ermächtigung hat der Verordnungsgeber u.a. in § 31 Ärzte-ZV Gebrauch gemacht. Nach § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV können die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Bundesmantelvertrag Regelungen treffen, die über die Voraussetzungen des Absatzes 1 hinaus Ermächtigungen zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorsehen.
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Von der ihnen durch § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV erteilten Ermächtigung haben die genannten Vertragspartner durch § 5 BMV-Ä Gebrauch gemacht. § 5 Abs. 1 BMV-Ä ermöglicht es den Zulassungsausschüssen, über die Ermächtigungstatbestände des § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV hinaus geeignete Ärzte und in Ausnahmefällen ärztlich geleitete Einrichtungen zur Durchführung bestimmter, in einem Leistungskatalog definierter Leistungen auf der Grundlage des EBM zu ermächtigen, wenn dies zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erforderlich ist. Demgegenüber bestimmt § 5 Abs. 2 BMV-Ä, dass die Zulassungsausschüsse ohne Prüfung eines Bedarfs auf Antrag für bestimmte in Nr. 1 und 2 genannte Leistungsbereiche (zytologische Diagnostik von Krebserkrankungen, ambulante Untersuchungen/Beratungen zum Planung der Geburtsleitung im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge) Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigen können.
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§ 5 Abs. 2 BMV-Ä ist vorliegend nicht relevant, weil die Institutsermächtigung für keine der dort genannten Leistungen beantragt wurde.
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Auch die Voraussetzungen einer Institutsermächtigung nach § 5 Abs. 1 BMV-Ä sind hier nicht erfüllt.
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Dabei lässt es das Gericht offen, ob der klägerische Antrag auf Ermächtigung eines MVZ schon deshalb scheitern muss, weil es rechtlich nicht möglich ist, ein MVZ zu ermächtigen (so der Beklagte) oder ob es sich auch bei einem MVZ um eine ärztlich geleitete Einrichtung iSd § 5 BMV-Ä handelt (vgl. den Wortlaut des § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V; so SG Köln, Urteil vom 23.11.2020).
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Ebensowenig bedarf es einer Entscheidung, ob eine Institutsermächtigung nach § 5 Abs. 1 BMV-Ä bereits daran scheitert, dass die Zulassung als Vertragsarzt bzw. eines MVZ zur vertragsärztlichen Versorgung einerseits und die Ermächtigung nicht zugelassener Ärzte bzw. ärztlich geleiteter Einrichtungen andererseits sich – grundsätzlich – gegenseitig ausschließen. Das BSG führt insoweit aus, dass die beiden Formen der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in Bezug auf denselben Arzt oder eine von ihm geleitete Gesundheitseinrichtung nicht nebeneinander bestehen können, „jedenfalls soweit sie das gleiche Tätigkeitsfeld betreffen“ (BSG, Urteil vom 30.11.1994, 6 RKa 32/93). Das wäre vorliegend aber nicht der Fall. Die Klägerin begehrt für ihr radiologisches MVZ eine zusätzliche Ermächtigung im Bereich der Strahlentherapie.
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Eine Ermächtigung des klägerischen MVZ (als ärztlich geleitete Einrichtung) scheitert jedenfalls am Vorrang persönlicher Ermächtigungen gegenüber Institutsermächtigungen.
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Nach der Rechtsprechung des BSG gibt es eine Rangfolge der verschiedenen Formen der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, da die ambulante vertragsärztliche Versorgung in erster Linie durch niedergelassene Vertragsärzte zu gewährleisten ist. Verbleibende Versorgungslücken, die die Heranziehung weiterer Ärzte erfordern, sind auf der Grundlage des § 116 SGB V iVm § 31a Ärzte-ZV vorrangig durch Ermächtigung von Krankenhausärzten zu schließen. In zweiter Linie sind sie gemäß § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV durch Ermächtigung weiterer Ärzte zu beseitigen. Erst danach können nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Ärzte-ZV Einrichtungen im Wege sog. Institutsermächtigungen an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt werden (vgl. BSG, Urteil vom 26.01.2000, B 6 KA 51/98 R; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.11.2021, L 11 KA 2/20), ebenso wie unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 Ärzte-ZV iVm § 5 BMV-Ä.
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Das BSG geht also davon aus, dass der persönlichen Ermächtigung von Ärzten grundsätzlich der Vorrang vor der Ermächtigung einer „Institution“, also einer ärztlich geleiteten Einrichtung, gebührt (st. Rspr.,z.B. BSG; Urteil vom 25.01.2017, B 6 KA 11/16 R, mwN). Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 BMV-Ä, wonach ärztlich geleitete Einrichtungen – anders als Ärzte – nur „in Ausnahmefällen“ zur Durchführung bestimmter Leistungen ermächtigt werden können (vgl. auch § 31 Abs. 1 ZV-Ärzte: „oder in besonderen Fällen Einrichtungen“).
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Die streitgegenständlichen strahlentherapeutischen Behandlungen könnten auch im Rahmen einer persönlichen Ermächtigung erbracht werden. Eine rechtliche Begründung, warum man nicht dem in § 5 Abs. 1 BMV-Ä niedergelegten Vorrang der persönlichen Ermächtigung durch Beantragung einer Ermächtigung für Herrn Dr. Dr. P. (oder für einen anderen Arzt) zu entsprechen versucht, konnte die Klägerin nicht geben. Der in ihrem Schreiben vom 21.05.2024 erwähnte höhere organisatorische Aufwand bei einer persönlichen Ermächtigung reicht dabei nicht aus, um das vorgegebene Vorrang-/Nachrangverhältnis zwischen persönlicher und Institutsermächtigung ausschalten zu können.
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Warum, wie die Klägerseite vorträgt, ein Vorrang der persönlichen Ermächtigung deshalb nicht gegeben sein soll, weil die beantragten Leistungen bereits Teil des Leistungsumfangs des MVZ waren, erschließt sich nicht. Die bisherigen strahlentherapeutischen Behandlungen konnten im MVZ nur durch Dr. G. aufgrund einer nur diesen persönlich betreffenden Bestandsschutzregelung für „Alt-Radiologen“ durchgeführt und abgerechnet werden. Für das MVZ als solches lässt sich nach dem Ausscheiden von Dr. G. daraus nichts ableiten. Da für Dr. G. bereits ein radiologischer Nachfolger im MVZ der Klägerin tätig ist, würde durch eine (zusätzliche) Ermächtigung im Übrigen das von der Klägerseite in der Klagebegründung erwähnte Praxissubstrat nicht nur erhalten, sondern vergrößert werden. Dies kann nicht Begründung für eine Institutsermächtigung sein.
42
Die Klägerseite kann auch nichts aus dem Urteil des BSG vom 25.01.2017, B 6 KA 11/16 R, für sich herleiten. Dort führt das BSG zwar aus, dass bei bedarfsunabhängigen Ermächtigungen nach § 5 Abs. 2 BMV-Ä der Grundsatz des Vorrangs der persönlichen Ermächtigung von Ärzten gegenüber ärztlich geleiteten Einrichtungen keine Anwendung findet. Das BSG begründet dies aber gerade mit der Abgrenzung zu § 5 Abs. 1 BMV-Ä, wo, anders als in Abs. 2 der Regelung, ausdrücklich bestimmt wird, dass ärztlich geleitete Einrichtungen nur „in Ausnahmefällen“ ermächtigt werden können (vgl. BSG, aaO, Rn. 19, zit. nach juris). Das von der Klägerseite angeführte Zitat aus der Entscheidungsbesprechung von A. Schneider, NZS 2018, Seite 410, 413) ist insoweit aus dem Kontext gerissen. Dort geht es zum einen nicht um § 5 Abs. 1 BMV-Ä, sondern, wie in der BSG-Entscheidung, um Abs. 2 der Vorschrift. Zum anderen bezieht sich der dortige Hinweis, das BSG lasse sich leiten von dem Ziel, die Ermächtigung von Institutionen zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zu fördern, (lediglich) auf die vorausgehende Feststellung, dass den Zulassungsgremien über § 5 Abs. 2 BMV-Ä kein Ermessen zukomme, zwischen der Ermächtigung von Ärzten oder ärztlich geleiteten Einrichtungen zu entscheiden.
43
Schließlich scheidet vorliegend eine Ermächtigung nach § 5 Abs. 1 BMV-Ä auch deshalb aus, weil eine solche zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht erforderlich ist. Es gilt daher der Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.2001, B 6 KA 39/00 R). Dass eine hinreichende Deckung des Bedarfs an strahlentherapeutischer Behandlung im Einzugsbereich des MVZ der Klägerin in C-Stadt besteht, hat das Gericht ausführlich im zwischen der Klägerin und dem Beklagten ergangenen Urteil vom 01.08.2024 im Verfahren S 13 KA 5/22 dargelegt; auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/Keller, 14. Aufl. 2023, SGG § 136 Rn. 6a, 7c).
44
Insgesamt war deshalb der Klage der Erfolg zu versagen.
45
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Danach trägt die unterliegende Klägerin die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1), die sich mit eigenen Argumenten und eigener Antragstellung am Rechtsstreit und damit auch Kostenrisiko beteiligt hat. Etwaige außergerichtlichen Kosten weiterer Beigeladener sind nicht zu erstatten.