Inhalt

VG München, Urteil v. 17.12.2024 – M 5 K 24.32032
Titel:

Asylklage Uganda, Homosexualität (lesbisch)

Normenketten:
AsylG § 3
AsylG § 4
AufenthG § 60 Abs. 5 bis 7
Schlagworte:
Asylklage Uganda, Homosexualität (lesbisch)
Fundstelle:
BeckRS 2024, 39162

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Die 2000 geborene Klägerin ist ugandische Staatsangehörige, reiste am … Mai 2024 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte hier am … Juni 2024 einen Asylantrag.
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Bei ihrer Anhörung trug sie vor, dass sie ausgereist sei, da sie lesbisch sei. Aufgrund des neuen Gesetzes könne man bei einer Anzeige wegen Homosexualität verhaftet oder umgebracht werden. Sie habe im Alter von etwa 13 Jahren bemerkt, dass sie lesbisch sei. In der Schule habe sie ihre Partnerin kennengelernt. Sie hätten einander berührt und seien angezeigt worden, hätten es aber abgestritten und seien davongekommen. Auf der Universität hätte sie ihre sexuelle Orientierung ausleben können. Ihr Onkel verfolge sie. Er habe mit ihm ein am … Januar 2023 geborenes Kind. Er habe versucht, sie zu vergewaltigen und sie dabei verletzt. Da er drohe, sie wegen ihrer Homosexualität anzuzeigen, könne sie nicht zur Polizei gehen. Sie sei zu ihrer Freundin gegangen und habe sich auch nicht im Krankenhaus behandeln lassen können. Schließlich habe sie eine Anstellung bei einer Firma bekommen und habe geschäftlich ausreisen können.
3
Mit Bescheid vom … Juni 2024 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
4
Die Klagepartei hat am 4.Juli 2024 Klage erhoben und beantragt,
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1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom … Juni 2024 wird aufgehoben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Asylberechtigung für mich anzuerkennen.
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3. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen.
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4. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.
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5. Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) bestehen.
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Die Klägerin legte einen psychologischen Kurzbericht vor, nach dem bei der Klägerin der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung wie der Verdacht auf eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode vorliege. Sie habe sexualisierte und physische Gewalt erfahren, zudem sei sie wegen ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert worden.
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Das Bundesamt hat die Akte vorgelegt und für die Beklagte und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Am 16. Dezember 2024 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie das Protokoll vom 16. Dezember 2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Asylgesetz – AsylG) als rechtmäßig dar und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 und 5 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Asylgesetz (AsylG) oder auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Nationale Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes erweist sich als rechtmäßig (§ 11 AufenthG). Die Klage war daher abzuweisen. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG). Änderungen der Sach- oder Rechtslage sind zwischen dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht eingetreten.
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Ergänzend wird ausgeführt:
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), da sie kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert hat, das diese Zuerkennung rechtfertigen würde.
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Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Die Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben, die Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG erläutert. Eine Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).
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a) Nach einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Klägerin homosexuell / lesbisch ist und aus diesem Grund bei einer Rückkehr nach Uganda eine asylerhebliche Verfolgung zu befürchten hätte.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des von der Klägerin behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Auch innere Tatsachen, wie die sexuelle Identität oder dass eine verfolgungsträchtige Glaubensbetätigung für die religiöse Identität des Betroffenen zentrale Bedeutung hat, muss zur Überzeugung des Einzelrichters (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) feststehen (vgl. BVerfG, B.v. 3.4.2020 – 2 BvR 1838/15 – juris Rn. 27). Das Gericht darf dabei vor dem Hintergrund des typischer Weise bestehenden Beweisnot keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln schweigen gebieten muss, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (vgl. BVerwG, U. v. 16.4.1985 – 9 C 109/85 – juris Rn. 16 m.w.N.). Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349).
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Damit eine Schutzberechtigung geprüft werden kann, hat ein Asylbewerber von sich aus einen stimmigen, der Wahrheit entsprechenden, vollständigen und widerspruchsfreien Sachverhalt anzugeben (vgl. stRspr. BVerwG, B.v. 20.5.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 20.10.1987 – 9 C 147.86 – juris Rn. 16; U. v. 22.3.1983 – 9 C 68.81 – juris Rn. 5). Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist – unter Berücksichtigung der Herkunft, des Bildungsstands und des Alters des Asylsuchenden sowie sprachlicher Schwierigkeiten – ein geeigneter Vortrag, der die in die eigene Sphäre des Asylsuchenden fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, lückenlos trägt (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 8.5.1984 – 9 C 141.83 – juris Rn. 11). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht, sein Vorbringen nicht überzeugend auflösbare Widersprüche enthält oder er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert (vgl. BayVGH, U.v. 19.4.2021 – 11 B 19.30575 – juris Rn. 23 m.w.N.; BVerwG, U.v. 8.2.1989 – 9 C 29.87 – juris Rn. 8). Im Falle des Vortrags einer Homosexualität kann diese angesichts des sensiblen Charakters der die persönliche Sphäre betreffenden Frage nicht alleine deshalb als unglaubhaft angesehen werden, weil die Homosexualität nicht bereits bei der Anhörung durch das Bundesamt als erste Gelegenheit zur Offenbarung geltend gemacht wurde (vgl. EuGH, U. v. 2.12.2014, – C-148/13 – Rn. 67 ff. – juris).
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Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Gericht unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zu der erforderlichen vollen Überzeugung gelangt, dass die Klägerin homosexuell / lesbisch ist. Der Vortrag der Klägerin weist nicht hinreichend viele Realkennzeichen auf, um davon auszugehen, dass der Vortrag erlebnisbasiert ist. Der Vortrag zur Homosexualität ist vielmehr detailarm und nicht plausibel, mithin als unglaubhaft zu werten. Insbesondere gelingt es der Klägerin weder, den Weg zur eigenen sexuellen Identität unter Entdeckung der eigenen Homosexualität, noch ihre individuelle Situation als Homosexuelle beziehungsweise ein Bewusstsein der hiermit einhergehenden Gefahren im Herkunftsland, noch Reaktionen des familiären Umfelds in stimmiger und nachvollziehbarer Weise darzustellen.
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Bei der Bildung und Entdeckung der eigenen sexuellen Identität handelt es sich um einen komplexen Prozess. Eine Identitätsbildung einer normabweichenden sexuellen Identität ist in Ländern, in denen diese staatlich oder gesellschaftlich geächtet wird, regelmäßig nicht geradlinig und konsequent, sondern von möglichen „Suchbewegungen“ und „inneren Konflikten“ gekennzeichnet (vgl. Berlit/Dörig/Storey, ZAR 2016, 332, 333 f.). In einer traditionell geprägten Gesellschaft wie der in Uganda, die gleichgeschlechtliche Sexualität tabuisiert, ablehnt (vgl. nur Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderreport 30 – Uganda, Stand: 10/2020, S. 5 ff.) und unter Strafe stellt (vgl. zum Anti-Homosexuality-Act Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheiderbrief 10/2023, Die Situation von LGBTIQ-Personen in Ostafrika, insbesondere Uganda, S. 3), ist das Bewusstwerden der eigenen homosexuellen Identität ein Schritt, der eine Abweichung der persönlichen sexuellen Orientierung von der gesellschaftlich erwarteten Orientierung bedingt. Der Prozess, die eigene Homosexualität anzunehmen, erschöpft sich in diesem kulturellen Kontext nicht in einem bloßen Erkennen der abweichenden Orientierung, sondern erfordert eine Distanzierung von traditionellen Werthaltungen und gesellschaftlichen Konventionen.
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Hiervon ausgehend hat die Klägerin den Weg zu ihrer sexuellen Identität unter Entdeckung der eigenen Homosexualität sowie etwaige Auswirkungen auf das eigene Leben weder in der Anhörung vor dem Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung bei Gericht glaubhaft und nachvollziehbar beschrieben.
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Wenn die Klägerin angegeben hat, dass sie zwar damit gerungen habe, lesbisch zu sein, hat sie andererseits vorgetragen, glücklich gewesen zu sein, als sie ihre Freundin getroffen habe, denn sie habe sich so akzeptieren können, wie sie sei und so leben können, wie sie sei, wirkt das oberflächlich und aufgesetzt. Vor dem Hintergrund, dass die Aufnahme einer homosexuellen Beziehung in Uganda einen strafrechtlich bewehrten Tabubruch darstellt, der schwerwiegende Folgen haben kann, wirken die Darstellungen der Klägerin nicht wie die Schilderung eines tatsächlich inneren Erlebens, sondern aufgesetzt und nichtssagend. Ein inneres Ringen, eine lesbische Beziehung einzugehen, obwohl das gesellschaftlich verpönt und staatlich verboten ist, hat die Klägerin nicht geschildert. Allein die Angabe, dass die Klägerin und ihre Freundin beschlossen hätten, ihre Beziehung geheim zu halten, genügt dem nicht.
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Auch der Vortrag im Übrigen wirkt unlogisch. Auch wenn ihr Onkel sie vergewaltigt haben soll, so ist das nach Angaben der Klägerin im Mai 2022 erfolgt. Die Klägerin hat weiter angegeben, dass sie danach von ihrem Onkel weggelaufen und zu ihrer Freundin gegangen sei. Bis Mai 2024 hat sich die Klägerin in Uganda aufgehalten, ohne dass ihr Onkel sie angezeigt hat. Die Ausreise der Klägerin zu diesem Zeitpunkt ist nicht nachvollziehbar, da mit fortschreitendem Zeitablauf die Gefahr, von ihrem Onkel aufgespürt zu werden, immer geringer wird. Das gilt insbesondere mit Blick darauf, dass sie ihr Kind und ihre Partnerin – die die Klägerin sehr liebe – zurückgelassen hat.
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Insgesamt wirkt der Vortrag zur angeblichen lesbischen Veranlagung der Klägerin und deren angeblichen Verfolgungsschicksal aufgesetzt, unlogisch und unglaubhaft.
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Auch der Umstand, dass die Klägerin in der Community bei verschiedenen Organisationen queerer Menschen eingebunden ist, kann die massiven Umstände, die gegen die Glaubhaftigkeit sprechen, nicht ins Gegenteil verkehren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anbindung an eine Organisation, die homosexuelle Menschen betreut und berät, die Klägerin nicht davon befreien kann, ihre homosexuelle Veranlagung glaubhaft darzulegen. Das hat die Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts getan.
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b) Nach § 145 des Strafgesetzbuches (Penal Code Act, 1950) sind homosexuelle Handlungen sowohl zwischen Männern als auch Frauen unter Strafe gestellt („Geschlechtsverkehr wider die Natur“). Am 24. Februar 2014 unterzeichnete der Präsident Ugandas ein Gesetz, das für gleichgeschlechtliche Handlungen Strafen bis zur Todesstrafe sowie eine Strafbarkeit für „Förderung der Homosexualität“ und die „Unterstützung und Beihilfe zur Homosexualität“ vorgesehen hat (Auskunft von amnesty international vom 30.8.2019 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof). Dieses Gesetz wurde aber vom Verfassungsgericht im August 2014 für nichtig erklärt (Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Stand 27.9.2017, S. 17). Die Diskussion um die letztlich erfolglose Gesetzesverschärfung 2014/15 sei danach abgeflacht (Auswärtiges Amt vom 2.7.2018 an das BAMF). Am 2. Mai 2023 hat das ugandische Parlament ein überarbeitetes Antihomosexuellengesetz verabschiedet, nachdem ein erster Entwurf durch den Präsidenten zurückgewiesen wurde. Der neue Gesetzentwurf sieht hohe Strafen vor. Bei einer Beteiligung an homosexuellen Handlungen sieht der Entwurf vor, dass dies mit lebenslanger Haft und in manchen Fällen mit der Todesstrafe geahndet werden kann. Dieses Gesetz ist inzwischen vom Präsidenten unterzeichnet worden und somit in Kraft getreten (zum Ganzen: BAMF, Entscheiderbrief 10/2023; BAMF, Briefing Notes 5.6.2023).
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Die in Bezug auf Homosexuelle in Uganda vertretene Ansicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 4.9.2017 – RN 1 K 17.32818 – juris S. 12 m.w.N.; VG München, U.v. 20.6.2022 – M 5 K 17.46131; U.v. 13.7.2022 – M 5 K 18.33311; U.v. 31.10.2022 – M 5 K 17.42264), dass insoweit die Voraussetzungen der § 3 ff. AsylG erfüllt wären, kommt für den vorliegenden Fall von vornherein nicht zum Tragen. Denn die Klägerin hat nicht glaubhaft vortragen können, homosexuell zu sein.
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2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen in Frage stellen könnten. Insoweit wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid verwiesen, denen das Gericht folgt (§ 77 Abs. 3 AsylG). Änderungen der Sach- oder Rechtslage sind zwischen dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht eingetreten.
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Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Die Gefahr muss zudem konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland eintreten würde (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 1 C 3.11 – BVerwGE 142, 179, juris Rn. 34 m.w.N.; U.v. 25.11.1997 – 9 C 58/96 – juris). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt nicht schon dann vor, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist (OVG NRW, B.v. 15.9.2003 – 13 A 3253/03.A – juris). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat gleichwertig ist mit derjenigen in der Bundesrepublik Deutschland (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
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Rechtlich ausschlaggebend ist, ob eine Behandlungsmöglichkeit im Grundsatz besteht. Das ist für psychische Erkrankungen in Uganda grundsätzlich gegeben. In Uganda wird ein großer Teil der psychiatrischen Versorgung durch die beiden Referenzkliniken in Kampala gewährleistet. Im Universitätskrankenhaus M. (50 Betten) und im psychiatrischen Krankenhaus Butabika (550 Betten) werden Patienten ambulant und stationär versorgt. Des Weiteren gibt es 13 regionale Referenzkrankenhäuser mit einer Kapazität von 337 Betten für die psychiatrische Versorgung. Daneben gibt es eine Reihe ambulanter Behandlungseinrichtungen. Die Abgabe von Medikamenten ist seit 2001 im staatlichen Gesundheitssystem kostenfrei. Allerdings werden Medikamente häufig im Krankenhaus „unter der Hand“ an Patienten verkauft. In kirchlichen Einrichtungen sind Medikamente weiterhin kostenpflichtig. Patienten kaufen Medikamente auch privat in Apotheken (vgl. zum Ganzen: Rukat, Diagnostische Praxis und Verschreibungsmuster in psychiatrischen Kliniken in Uganda, Dissertation, Berlin 2015, S. 6 – 11, im Internet allgemein verfügbar unter: https. …d-nb.info/1075493366/34).
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Nach dem psychologischen Kurzbericht vom … Juni 2024 liegt bei der Klägerin der bloße Verdacht auf eine posttraumatische Behandlungsstörung (F 43.1) und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (F 33.1) vor. Das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung durch ein fachärztliches Attest ist gerade nicht belegt.
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Psychische Erkrankungen können in Uganda grundsätzlich behandelt werden. Im Raum K. bestehen die beiden Referenzkliniken für psychische Erkrankungen. Eine erforderliche psychiatrische Behandlung ist in Uganda vorhanden und auch für den Kläger verfügbar. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin eventuelle auftretende Kosten für eine psychiatrische Behandlung in Form von Medikamenten aufbringen könnte. Die Klägerin hat angegeben, in Uganda gearbeitet zu haben und damit ihre Existenz habe absichern können, zudem konnte sie die nicht unerheblichen Kosten für ihre Ausreise nach Europa aufbringen.
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3. Gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
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4. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.