Titel:
Kein Schadensersatz gegen den Hersteller wegen Verwendung einer Abschaltvorrichtung
Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2, § 826
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
Leitsatz:
Auf den Differenzschaden sind die aus der vorgenommenen, uneingeschränkten Nutzung des Fahrzeugs entstandenen Vorteile anzurechnen, wie sie auch im Rahmen der Bestimmung des kleinen Schadensersatzes nach § 826 BGB gelten. Danach sind die Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Lenkwinkelerkennung, Thermofenster, Aufheizstrategie, Vorteilsausgleichung, Differenzschaden
Vorinstanz:
LG Aschaffenburg, Urteil vom 07.10.2021 – 13 O 155/20
Fundstelle:
BeckRS 2024, 3900
Tenor
1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 07.10.2021, Aktenzeichen 13 O 155/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 31.582,74 € festgesetzt.
Gründe
1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 07.10.2021 Bezug genommen. Ergänzend wird, insbesondere auch wegen der im Berufungsverfahren gestellten Anträge, auf die Hinweisbeschlüsse des Senats vom 12.05.2022 und vom 02.01.2024 verwiesen.
2
Mit Schriftsatz vom 25.01.2024 beantragt die Klagepartei hilfsweise:
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von 5.751,90 (15% des Kaufpreises) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Klagepartei stützt die geltend gemachten Ansprüche ergänzend auch auf § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV i. V. m. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 715/2007.
4
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 07.10.2021, Aktenzeichen 13 O 155/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
5
Zur Begründung wird auf die vorausgegangenen Hinweisbeschlüsse des Senats vom 12.05.2022 und vom 02.01.2024 Bezug genommen. Auch die Ausführungen im Schriftsatz der Klägervertreter vom 25.01.2024 geben zu einer Änderung keinen Anlass. Die Berufung erweist sich weiterhin als aussichtslos. Lediglich ergänzend sind folgende Ausführungen veranlasst:
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1.) Entgegen den Ausführungen im Schriftsatz vom 25.01.2014 steht vorliegend kein Wohnmobil im Streit, sondern ein Pkw, Audi A6 Avant 3.0 TDI (vgl. Hinweisbeschluss vom 12.05.2022, Ziffer I.).
7
2.) Der Senat hat bei seinen Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 12.05.2022 bereits unterstellt, dass es sich bei dem behaupteten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt (vgl. Ziffer 1. d) bb)).
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3.) Soweit der Senat im Beschluss vom 12.05.2022 offen gelassen hat, ob sich dem klägerischen Sachvortrag greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein der behaupteten vier Strategien zur Abgasmanipulation (Strategie A – D), klägerseits als „Aufheizstrategie“ bezeichnet, entnehmen lassen (vgl. Teil 1. b), wurde dies im weiteren Hinweisbeschluss vom 02.01.2024 zugunsten der Klagepartei unterstellt (vgl. Teil 1.).
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4.) Auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum der Beklagten hat der Senat seine in den Hinweisbeschlüssen mitgeteilte Rechtsauffassung nicht gestützt.
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5.) Die Höhe des Differenzschadens hat der Senat bereits mit 15% des Fahrzeugkaufpreises bemessen (vgl. Hinweisbeschluss vom 02.01.2014, Ziffer 2. c). Einen darüber hinausgehenden Erstattungsbetrag rechtfertigen auch die in der Gegenerklärung vorgebrachten Gesichtspunkte zur Bemessung der Schadenshöhe nicht.
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Auch angesichts der Ausführungen in der Gegenerklärung verbleibt es bei der vom Senat auf 250.000 km geschätzten Gesamtlaufleistung als Grundlage für die Berechnung des Nutzungsersatzes.
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Die Gefahr des Drohens künftiger Maßnahmen hat der Senat bereits als in die Kaufpreise, die sich aus den im Hinweisbeschluss vom 02.01.2014 genannten Verkaufsportalen ergeben, eingepreist angesehen (vgl. Teil 2. c)). Für eine Korrektur nach unten besteht auch angesichts der Ausführungen im Schriftsatz vom 25.01.2024 kein Anlass. Zudem wäre selbst bei einer Minderung des vom Senat auf mindestens 21.800,00 € geschätzten Restwertes um 10% (Gegenklärung Seite 16) der Differenzschaden vollständig aufgezehrt.
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6.) Nachdem ein Anspruch der Klagepartei auf Ersatz des Differenzschadens durch den verbleibenden Restwert und den anzurechnenden Nutzungsersatz vollständig aufgezehrt ist, kommt es auf die in der Gegenerklärung behaupteten behördlichen Maßnahmenvorbereitungen nicht entscheidungserheblich an.
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7.) Angesichts der vom Senat in den Hinweisbeschlüssen vom 12.05.2022 und vom 02.01.2024 mitgeteilten Rechtsauffassung und vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen führt auch der auf eine neue Berechnung gestützte Hilfsantrag nicht zum Erfolg, weil auch ein auf Ersatz des Differenzschadens gerichteter Anspruch gegen die Beklagte aus den dargelegten Gründen nicht besteht.
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1.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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2.) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 Satz 1, 2, 709 Satz 2 ZPO.
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Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren erfolgt gemäß §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1 Sätze 2 und 3, 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO.
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Dem mit der Gegenerklärung erstmals gestellten Hilfsantrag kommt im Rahmen der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise keine streitwerterhöhende Bedeutung zu.