Titel:
Die Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung dieser Adoption gem. § 2 AdWirkG
Normenketten:
FamFG § 108 Abs. 1, § 108, § 109 Abs. 1 Nr. 4
AdWirkG § 1 Abs. 2, § 4
BGB § 1741 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Anerkennung der vorliegenden Adoptionsentscheidung richtet sich nach § 108 Abs. 1 FamFG. Der Maßstab des § 4 AdWirkG findet keine Anwendung, da es sich nicht um eine Adoptionsentscheidung iSv § 1 Abs. 2 AdWirkG handelt. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Anerkennungshindernisse nach § 109 Abs. 1 FamFG liegen nach Auffassung des Gerichts nicht vor. In Betracht käme allenfalls ein Verstoß nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, wenn gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts verstoßen worden wäre. Ein wesentlicher Grundsatz des deutschen Adoptionsrechts ist, dass eine Adoption dem Kindeswohl entsprechen muss (§ 1741 Abs. 1 BGB). Hierzu gehört u.a., dass die Elterneignung des Annehmenden gegeben ist, eine Eltern-Kind-Beziehung bereits entstanden oder ihre Entstehung zu erwarten ist und die Rechte der leiblichen Eltern gewahrt werden. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuständigkeit des Amtsgerichts, Adoptionsanerkennung, Kindeswohl, Elterneignung, Eltern-Kind-Beziehung, Rechte der leiblichen Eltern, Kostenentscheidung
Weiterführende Hinweise:
Der Beschluss ist rechtswirksam seit 09.07.2024.
Fundstelle:
BeckRS 2024, 38793
Tenor
1. Die durch Entscheidung des US-Bezirksgerichts für den Bezirk Montgomery in Clarksville im Bundesstaat Tennessee (USA) vom 20.08.2021 ausgesprochene Annahme des Kindes
2. Das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinem leiblichen Vater … ist durch die Annahme erloschen.
3. Das Annahmeverhältnis steht einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleich.
4. Die Kosten des Verfahrens trägt der Annehmende.
Gründe
1
Das US-Bezirksgericht für den Bezirk Montgomery in Clarksville im Bundesstaat Tennessee (USA) hat mit Entscheidung vom 20.08.2021 die Adoption des Kindes … durch … ausgesprochen und den Geburtsnamen in „…“ geändert.
2
Mit Antrag vom 03.08.2022 hat der Annehmende die Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung dieser Adoption gemäß § 2 AdWirkG beantragt.
3
Das Amtsgericht Bamberg ist sowohl international als auch örtlich für die Entscheidung zuständig (§ 6 AdWirkG i.V.m. §§ 101, 187 Abs. 5 S. 2 FamFG), da das Verfahren mit bindender Wirkung vom Amtsgericht Schöneberg an das Amtsgericht Bamberg abgegeben wurde.
4
Nach den vom Amtsgericht Bamberg durchgeführten Ermittlungen, insbesondere der Prüfung der vorgelegten Dokumente sowie der Stellungnahme des Bundesamts für Justiz – Bundeszentralstelle für Auslandsadoption vom 10.03.2023, der Stellungnahme des Stadtjugendamtes Ansbach vom 20.11.2023 und der Stellungnahme des Bayerischen Landesjugendamtes vom 18.03.2024 war die Anerkennung auszusprechen. Im Einzelnen:
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2.1 Die Anerkennung der vorliegenden Adoptionsentscheidung richtet sich nach § 108 Abs. 1 FamFG. Der Maßstab des § 4 AdWirkG findet keine Anwendung, da es sich nicht um eine Adoptionsentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 2 AdWirkG handelt.
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2.2 Von der Wirksamkeit der Adoptionsentscheidung vom 20.08.2021 ist auszugehen.
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2.3 Anerkennungshindernisse nach § 109 Abs. 1 FamFG liegen nach Auffassung des Gerichts nicht vor. In Betracht käme allenfalls ein Verstoß nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, wenn gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts verstoßen worden wäre. Ein wesentlicher Grundsatz des deutschen Adoptionsrechts ist, dass eine Adoption dem Kindeswohl entsprechen muss (§ 1741 Abs. 1 BGB). Hierzu gehört u.a., dass die Elterneignung des Annehmenden gegeben ist, eine Eltern-Kind-Beziehung bereits entstanden oder ihre Entstehung zu erwarten ist und die Rechte der leiblichen Eltern gewahrt werden.
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Aus Sicht des Gerichts liegen jedenfalls keine derart gravierende Verstöße vor, dass eine Anerkennung zu einem Ergebnis führen würde, welches mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechtes offensichtlich unvereinbar wäre. Im Einzelnen:
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2.3.1 Die vom Amtsgericht Bamberg am 22.05.2024 vorgenommene Anhörung des Annehmenden, des Anzunehmenden und dessen Mutter hat ergeben, dass das US-Gericht die Beteiligten persönlich angehört hat. Hieraus können nach hiesiger Aufassung genügend Erkenntnisse in Bezug auf die Elterneignung und das Vorliegen einer Eltern-Kind-Beziehung gewonnen werden.
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2.3.2 Auch die Rechte des leiblichen Vaters wurden ausreichend gewahrt. Zwar müsste bei einer Minderjährigenadoption nach deutschem Recht der leibliche Vater grundsätzlich zustimmen, allerdings gibt es auch hier Möglichkeiten der Ersetzung (vgl. § 1748 BGB). Zudem würde bei einer Volljährigenadoption – auch bei einer mit starken Wirkung wie bei der Minderjährigenadoption – nur noch geprüft werden, ob überwiegende Interessen der Eltern des Annehmenden entgegenstehen (vgl. § 1772 Abs. 1 S. 2 BGB). Daraus folgt, dass die Zustimmung jedenfalls nicht ein derart wesentlicher Grundsatz des deutschen Rechts ist, dass ein Verstoß dagegen als Anerkennnungshindernis anzusehen wäre.
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Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) bezüglich des leiblichen Vaters, welche zu einem Anerkennungshindernis führen könnte, liegt ebenfalls nicht vor. Nach den schriftlichen Ausführungen der Beteiligten und der Anhörung vom 22.05.2024 geht das Gericht davon aus, dass der leibliche Vater die Zustellung von Schriftstücken bezüglich der Adoption mutwillig vereitelt hat. Letztlich wurde wohl eine Art Ersatzzustellung vorgenommen (vgl. Nr. 5 des Beschlusses vom 20.08.2021). Dieser hatte also Kenntnis von dem Adoptionsverfahren. Dass er ggf. anschließend aufgrund seiner Nicht-Reaktion nicht mehr von dem weiteren Verfahrensfortgang in Kenntnis gesetzt wurde, mag nicht dem deutschen Rechtsverständnis entsprechen, stellt aber keinen so gravierenden Verstoß dar, dass die Anerkennung verweigert werden müsste.
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2.4 Die Prüfung des Rechts des US-Bundesstaates Tennessee hat ergeben, dass durch die anzuerkennende Adoption das Eltern-Kind-Verhältnis zum leiblichen Vater erloschen ist und dass die Adoption einem nach deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichsteht. Die seit der Geburt bestehenden Rechtsbeziehungen zu der leiblichen Mutter bleiben durch die Adoption dagegen unberührt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.