Titel:
Erfolgreicher Eilantrag gegen Einstellung der Belieferung einer Wohnanlage mit Heizwärme und Gebrauchswarmwasser
Normenketten:
BGB § 242
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 922 Abs. 3, § 936
Leitsätze:
1. Bei einer langen Vertragspartnerschaft, die mit der Wärmeversorgung einen besonders sensiblen Bereich der Daseinsvorsorge für die Bewohner betrifft, dürften erhöhte Treuepflichten für beide Vertragspartner gelten. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die fristlose Kündigung eines seit über 50 Jahren bestehenden Wärmelieferungsvertrags für eine Wohnanlage mit über 240 Wohneinheiten zum letzten Tag vor Beginn der Heizsaison ohne erhebliche Vertragsverletzung ist treuwidrig. (Rn. 22 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung gegen die Einstellung der Versorgung ergibt sich in einem solchen Fall bereits aus den gesundheitlichen Gefahren für die Bewohner. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
einstweilige Verfügung, Wärmeversorgung, Wärmelieferungsvertrag, Kündigung, Treuwidrigkeit, Dringlichkeit
Vorinstanz:
LG München I, Beschluss vom 25.09.2024 – 37 O 12138/24
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Berichtigungsbeschluss vom 22.10.2024 – 31 W 1583/24 e
Fundstellen:
BeckRS 2024, 38724
ZMR 2025, 85
LSK 2024, 38724
Tenor
1. Der Beschluss des Landgerichts München I vom 25.09.2024, Aktenzeichen 37 O 12138/24, und der Nichtabhilfebeschluss vom 30.09.2024 werden aufgehoben.
2. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, die Belieferung der Wohnanlagen …-…-Str. 6, …-…-Str. 12 und 14 sowie …-…-Straße 3, jeweils … …, mit Heizwärme und Gebrauchswarmwasser einzustellen, zu unterbrechen oder anderweitig zu beeinträchtigen.
3. Der Antragsgegnerin wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziff. 2 ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.
4. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
1
Die Antragsteller sind Wohnungseigentümergemeinschaften in … …, welche insgesamt aus 240 Wohneinheiten in 4 Mehrparteiengebäuden bestehen.
2
Die Antragsgegnerin ist unter anderem als Wärmeversorger tätig. Sie ist Eigentümerin des Grundstücks …-…-Straße 10 (Flurstücksnummer …/…, Blatt … im Grundbuch des Amtsgerichts … für den Stadtteil …), von wo aus sie mit einer eingerichteten Heizzentrale die von den Antragstellern verwalteten Wohnungseigentumsgemeinschaften mit Wärme versorgt.
3
Der zugrunde liegende Vertrag datiert vom 03. und 31.12.1965 und wurde mit einem Nachtrag vom 29.11.1966 modifiziert. Der Vertrag verpflichtet die Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der … mbH, die Anwesen der Antragsteller mit Wärme (Heizwasser) für Raumheizung und mit Gebrauchswarmwasser zu versorgen. Im Grundbuch für das Grundstück im Eigentum der Antragsgegnerin ist unter der laufenden Nummer 4 eine Heizwärme- und Warmwasserlieferungsverpflichtung zugunsten der Grundstücke der Antragsteller eingetragen.
4
Die Vertragslaufzeit ist unbegrenzt, erstmals ab dem 01.01.1976 kann der Wärmelieferer abweichende Konditionen von den vereinbarten Preisen verlangen. Der Vertrag enthält ausschließlich Regelungen zur fristlosen Kündigung beider Seiten für den Fall wiederholter Verletzungen des Wärmevertrags (Kündigung des Wärmelieferers) bzw. schwerwiegender Vertragsverletzungen (Kündigung des Abnehmers). Die Einstellung der Wärmeversorgung ist ausschließlich für den Fall vorgesehen, dass der Abnehmer dem Vertrag in erheblichem Maße zuwiderhandelt, hierzu sind fünf Regelbeispiele aufgezählt. Eine ordentliche Kündigung ist im Vertrag nicht geregelt.
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Mit Schreiben vom 21.12.2023 (Einwurf-Einschreiben) unterbreitete die Antragsgegnerin den Antragstellern ein Angebot betreffend die Energielieferung mittels einer modernisierten Heizungsanlage. Weiterhin erklärte die Antragsgegnerin in vorgenanntem Schreiben:
„Vor diesem Hintergrund sehen wir uns leider gezwungen, vorsorglich bezeichneten Wärmelieferungsvertrag fristgerecht zum 30.09.2024 zu kündigen und behalten uns zudem vor, die Löschung der zugrunde liegenden Grunddienstbarkeit zu fordern. Des weiteren behalten wir uns das Recht auf Vertrags- bzw. Preisanpassung gemäß Ziffer VII 1. des Vertrages vor.
Es ist uns wichtig zu betonen, dass wir Ihnen gerne auch zukünftig als zuverlässiger Wärmedienstleister zur Verfügung stehen möchten…“
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Mit Schreiben vom 25.01.2024 widersprach die … Grundbesitzverwaltung GmbH für das Objekt …-…-Straße 6 der Kündigung des Wärmelieferungsvertrags. Mit Mail vom 25.01.2024 widersprach die … GmbH der Kündigung des Wärmelieferungsvertrags für das Anwesen …-…-Straße 3. Mit Schreiben vom 01.02.2024 widersprach die … Immobilienverwaltung… GmbH für die Objekte …-…-Straße 12-14 der Kündigung des Wärmelieferungsvertrags.
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Mit Einwurfeinschreiben vom 27.08.2024 teilte die Antragsgegnerin den vorgenannten Verwaltern der Objekte der Antragsteller mit, dass die zum 30.09.2024 erklärte Kündigung weiterhin Bestand habe. Im Schreiben wurde zudem mitgeteilt, dass ein neues Angebot für die Lieferung von Wärme ab 01.10.2024 im Februar 2024 unterbreitet worden sei. Weiterhin sind in dem Schreiben bestimmte Konditionen für eine mögliche weitere Versorgung enthalten. Es wurde um Mitteilung hinsichtlich einer Entscheidung bis spätestens 12.09.2024 gebeten. Sodann wurde die Einstellung der Versorgung mit Heizung und Warmwasser ab 01.10.2024 angedroht, falls bis dann kein Nachtrag zum Vertrag vereinbart sei.
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Mit Schreiben vom 05.09.2024 wurde die Antragsgegnerin durch die anwaltlichen Vertreter der Antragsteller aufgefordert, bis 13.09.2024 zu erklären, den Vertrag weiter zu erfüllen. Weiterhin wurde Verhandlungsbereitschaft mitgeteilt, aber auch darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der im Schreiben vom 27.08.2024 der Antragsgegnerin genannten Konditionen die Eigentümerversammlungen der Antragsteller noch nicht befasst werden konnten. Es wurde angedroht, einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
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Unter dem 12.09.2024 wurde durch die anwaltlichen Vertreter der Antragsgegnerin eine Schutzschrift bei dem Oberlandesgericht Frankfurt hinterlegt. Darin wurde beantragt, einen etwaigen Antrag auf Anordnung der Weiterversorgung zurückzuweisen.
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Die anwaltlichen Vertreter der Antragsteller beantragten sodann mit Schriftsatz vom 23.09.2024 den Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Aufrechterhaltung der Versorgung der Anwesen der Antragsteller mit Heizwärme und Warmwasser.
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Das Landgericht München I wies den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 24.09.2024 zurück. Die wesentliche Begründung war, dass ein Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht sei. Die Dringlichkeit sei dadurch widerlegt, dass die Antragsteller zu lange mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung abgewartet hätten.
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Mit Schriftsatz vom 26.09.2024 wurde gegen den Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt. Es wird geltend gemacht, das Schreiben der Antragsgegnerin vom 27.08.2024 sei den Antragstellern erst am 30. August bzw. 2. September zugegangen. Erst hieraus hätte die Absicht der Antragsgegnerin zur Einstellung der Versorgung erkannt werden können. Zudem sei danach versucht worden, die Einstellung durch Kontaktaufnahme abzuwenden. Es bestünde in den betroffenen 240 Wohneinheiten schon aus gesundheitlichen Gründen der Bewohner ein Verfügungsgrund auch zur Abwendung wesentlicher Nachteile für Leib und Leben.
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Mit Schriftsatz vom 30. September beantragten die anwaltlichen Vertreter der Antragsgegnerin die sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Hierin wurde ausgeführt, die Antragsteller hätten nicht erstmalig mit Schreiben vom 27.08.2024 von der Einstellung der Belieferung erfahren. Bei dem Schreiben habe es sich um eine Erinnerung gehandelt. Die Einstellung der Belieferung sei nicht „absolut unverhältnismäßig“. Es werde bestritten, dass „eine ununterbrochene und störungsfreie Weiterbelieferung der Liegenschaften aus gesundheitlichen Gründen und zur Abwendung wesentlicher Nachteile für Leib und Leben der Bewohner dringend geboten ist.“ Eine Glaubhaftmachung sei seitens der Antragstellerin nicht erfolgt.
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Mit Beschluss vom 30.09.2024 half das Landgericht München I der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte mit Verfügung vom selben Tag die Beschwerde dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wo die Akten am 01.10.2024 eingingen.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die gerichtlichen Beschlüsse Bezug genommen.
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1. Zur Entscheidung über die eingelegte sofortige Beschwerde ist gem. § 568 S.1 ZPO der Einzelrichter und nicht der Senat berufen, da erstinstanzlich der Einzelrichter und nicht die Kammer entschieden hat.
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2. Aufgrund besonderer Dringlichkeit war der Erlass der Verfügung ohne mündliche Verhandlung und ohne erneute Anhörung der Antragsgegnerin geboten. Die anwaltlichen Vertreter der Antragsgegnerin hatten insoweit bereits unter dem 12.09.2024 eine Schutzschrift gegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung hinterlegt. Sie äußerten sich weiterhin mit Schriftsatz vom 30.09.2024 zu der vorliegenden sofortigen Beschwerde, so dass die Gewährung des rechtlichen Gehörs gewahrt ist.
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3. Die gemäß §§ 936, 922 III, 567 I Nr. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie zum Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung.
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a) Es besteht ein Verfügungsanspruch, da die Antragsgegnerin auf Grundlage des auch grundbuchlich abgesicherten Anspruchs aus dem Wärmelieferungsvertrag vom 03. und 31.12.1965, verpflichtet ist, die Antragsteller mit Heizwasser und Warmwasser zu versorgen. Zwischen den Parteien ist gerade strittig, ob eine wirksame Kündigung vorgenannter Verpflichtung vorliegt. Die Kündigung wurde zurückgewiesen. Ein Hauptsacheverfahren ist derzeit noch nicht anhängig. Bis zur endgültigen Klärung dieser Frage im Hauptsacheverfahren streitet jedoch die vertragliche Verpflichtung für die Antragsteller.
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aa) Der vorliegende Vertrag ist grundsätzlich auf unbestimmte Zeit geschlossen. Ein Recht zur ordentlichen Kündigung enthält der Vertragstext nicht; vielmehr statuiert der Vertrag ein Recht des Wärmelieferers, Vertragsanpassungen (erstmals ab 01.01.1976) zu angemessenen Konditionen verlangen zu können. Lediglich für den Fall schwerer Vertragsstörungen ist dem Vertrag ein fristloses Kündigungsrecht zu entnehmen.
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Daher wird in einem Hauptsacheverfahren zunächst zu klären sein, ob eine Kündigung und gegebenenfalls mit welchen Fristen möglich war. Es kann jedenfalls nicht ohne Weiteres von einer wirksamen Kündigung ausgegangen werden, sodass weiterhin eine Lieferpflicht grundsätzlich besteht.
22
bb) Unter der Überschrift „VII. Vertragsänderung und Kündigung“ ist in dem Wärmelieferungsvertrag vom 03. und 31.12.1965 unter Ziffer 3. geregelt, wann der Wärmelieferant die Versorgung einstellen kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Abnehmer dem Vertrag in erheblichem Maße zuwiderhandelt. Ausdrückliche Regelungen sind zudem dahingehend getroffen, dass Änderungen der Anlagen des Abnehmers ohne Zustimmung des Wärmelieferers, die Beschädigung der Anlagen die Beeinträchtigung von Messeinrichtungen, die unbefugte Entnahme oder Verwendung von Wärme oder des Heizwassers und die Nichtzahlung fälliger Beträge trotz Mahnung Gründe für die Einstellung sein können. Die Parteien normierten im geschlossenen Vertrag daher eine unbedingte Lieferverpflichtung, welche nur in besonders schweren Fällen einer Vertragsstörung vom Wärmelieferer ausgesetzt werden kann. Zur Aussetzung der Verpflichtung zur Lieferung ist von der Antragsgegnerin nichts vorgetragen, sodass sich auch hieraus keine Berechtigung zur Einstellung der Wärmelieferung ergibt.
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cc) Ob sich – wie die anwaltlichen Vertreter der Antragsteller argumentieren – aus der dinglichen Absicherung im Grundbuch, in der eine Heizwärme- und Warmwasserlieferungsverpflichtung zulasten der Antragsgegnerin eingetragen ist, eine eigenständige Verpflichtung ergibt, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist zu berücksichtigen, dass über die schuldrechtliche Verpflichtung aus dem Wärmelieferungsvertrag hinaus eine sogar grundbuchlich gesicherte Parteivereinbarung besteht. Die abschließende Klärung, wie sich die Ansprüche zueinander verhalten und ob gegebenenfalls Wechselwirkungen hinsichtlich der Grundbucheintragung der vertraglichen Vereinbarung bestehen, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
24
dd) Selbst wenn man annähme, dass eine (ordentliche) Kündigung grundsätzlich möglich ist, können sich sowohl der Zeitpunkt der Kündigung, als auch die konkrete Einstellung der Wärmeversorgung gegebenenfalls als treuwidrig im Sinne von § 242 BGB darstellen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Kündigung – ohne dass eine Kündigungsfrist im Vertrag vorgesehen ist – auf den Tag vor Beginn der üblichen Heizsaison erfolgte. Weiterhin bestand der zugrunde liegende Vertrag zunächst zwischen den Rechtsvorgängern und sodann mit der Antragsgegnerin seit 1965 bis zum heutigen Tage. Bei einer dergestalt langen Vertragspartnerschaft, die einen besonders sensiblen Bereich der Daseinsvorsorge für die Bewohner betrifft, dürften erhöhte Treuepflichten für beide Vertragspartner gelten. Die letztgültige Entscheidung über die Frage, auch der Modalitäten einer etwaigen Kündigung, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Jedoch kann im Rahmen der einstweiligen Verfügung das Bestehen einer Pflicht zur weiteren Lieferung aus Treu und Glauben nicht ohne Weiteres als nicht bestehend angesehen werden.
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ee) Die Antragsgegnerin hat die Möglichkeit, die Versorgung aufrechtzuerhalten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie in der Schutzschrift vom 12.09.2024 (dort Seite 6, vorletzter Absatz) die Aufrechterhaltung der Wärmeversorgung für den Fall zusichert, dass sich die Antragsteller mit dem Angebot zum Aufbau einer dezentralen Versorgung einverstanden erklären.
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b) Ein Verfügungsgrund besteht aufgrund der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit einer Entscheidung zur Sicherstellung der Wärmeversorgung der Bewohner der Wohnanlagen der Antragsteller.
27
aa) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin bedarf es keiner Glaubhaftmachung durch die Antragsteller dahingehend, dass den Bewohnern der gegenständlichen Anwesen durch die Einstellung der Wärmeversorgung Gefahr für Leib und Leben droht. Die Kündigung exakt auf den 30. September und damit genau einen Tag vor der üblicherweise beginnenden Heizsaison (01.10.2024) bewirkt, dass aufgrund der derzeit stark absinkenden Temperaturen, insbesondere nachts, ohne Weiteres davon ausgegangen werden muss, dass gesundheitliche Gefahren für Bewohner von Wohnungen ohne reguläre Heizung und insbesondere auch Warmwasserversorgung bestehen. Nach den aktuellen Vorhersagen für München sinken die Nachttemperaturen bis zum Beginn der nächsten Woche auf einstellige Werte. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung ist beispielsweise für Sonntag, den 05.10.2024 eine Nachttemperatur von 4 Grad Celsius prognostiziert.
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Bei einer Anzahl von 240 Wohneinheiten ist auch davon auszugehen, dass gegebenenfalls vulnerable Personen von einer Einstellung der Wärmeversorgung besonders betroffen sein werden.
29
bb) Die Dringlichkeit ist nicht dadurch entfallen, dass die Antragsteller nicht umgehend nach dem Erhalt des Schreibens vom 21.12.2023 gerichtliche Hilfe in Anspruch nahmen. Wie die Antragsgegnerin selbst einräumen lässt, unterbreitete sie – nachdem die Antragsteller der Kündigung widersprochen hatten – wenigstens im Februar 2024 ein weiteres Angebot zur Fortführung der Wärmeversorgung.
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Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsteller, welche naturgemäß ihre jeweiligen Eigentümerversammlungen einberufen und befassen müssen, was insbesondere für die von der Antragsgegnerin vorgeschlagene umfangreiche Modernisierung der Heizungsanlage gelten wird, erklärt hätten, keinesfalls eine Übereinkunft mit der Antragsgegnerin treffen zu wollen. Den Schreiben aus Januar und Februar 2024, mit denen der Kündigung widersprochen wurde, lässt sich gerade keine (endgültige) Ablehnung eines Abschlusses einer neuen Vereinbarung bzw. zur Anpassung der Konditionen gemäß dem Wärmelieferungsvertrag entnehmen.
31
Hinzutritt, dass das Schreiben vom 21.12.2023 ausdrücklich von einer vorsorglichen Kündigung spricht. Lediglich vorbehalten wurde insoweit das Verlangen zur Löschung der im Grundbuch eingetragenen Lieferungspflicht. Sodann wurde ausdrücklich das Recht auf Vertrags- bzw. Preisanpassung vorbehalten. Im nächsten Abschnitt wird im Schreiben der Antragsgegnerin betont, dass angestrebt sei, auf Basis einer Vereinbarung auch zukünftig als Wärmedienstleister für die Antragsteller zur Verfügung zu stehen. Eine Gesamtschau des Schreibens lässt den Eindruck überwiegen, dass jedenfalls seitens der Antragsgegnerin eine Fortsetzung der Vertragsbeziehung beabsichtigt ist, und die Kündigung dahinter als vorsorgliche Maßnahme zurücktritt.
32
Unmissverständlich brachte die Antragsgegnerin erst im Schreiben vom 27.08.2024, welches am 30. August bzw. 2. September den Hausverwaltungen der Antragsteller zuging, zum Ausdruck, dass ab dem 01.10.2024 die Versorgung mit Wärme, sei es für Heizung oder Warmwasser, eingestellt wird. Auch in diesem Schreiben wird auf ein von der Antragsgegnerin übersandtes Angebot Bezug genommen und es werden insoweit Modifikationen (Kostenteilung im Falle einer Havarie) angeboten. Sodann wird Frist zur Antwort bis 12.09.2024 gesetzt.
33
Auf das Schreiben hin wandten sich die anwaltlichen Vertreter der Antragsteller bereits mit Schriftsatz vom 05.09.2024 an die Antragsgegnerin und teilten mit, dass aus ihrer Sicht keine wirksame Kündigung vorläge und zudem weiterhin eine Lieferverpflichtung (auch aus der grundbuchlich verbrieften Lieferungspflicht) bestünde. Die Antragsgegnerin wurde darin aufgefordert, bis 13.09.2024 zu erklären, der Lieferungsverpflichtung weiterhin nachzukommen. Weiterhin wurde (vergleiche den letzten Absatz des Schriftsatzes) ausdrücklich betont, dass Verhandlungsbereitschaft hinsichtlich der Vertragsbedingungen bei den Antragstellern besteht.
34
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde mit Schriftsatz vom 23.09.2024 gestellt. Selbst wenn man daher, wie das Landgericht, von einer Regelfrist von einem Monat ausgehen sollte, wäre diese jedenfalls im Hinblick auf das Schreiben von 27.08.2024 eingehalten. Insbesondere erschließt sich nicht, weswegen der Versuch, die Notwendigkeit einer einstweiligen Verfügung durch außergerichtliche Beilegung abzuwenden, den Antragstellern zum Nachteil gereichen sollte. Die Versuche, innerhalb der laufenden Vertragsbeziehung eine Lösung zu erreichen, sind nachvollziehbar. Die anwaltlichen Vertreter der Antragsteller versuchten insoweit zuletzt mit Schreiben vom 5. September eine Einstellung der Wärmeversorgung zu verhindern und die (Wieder-)Aufnahme von Verhandlungen über die Vertragskonditionen zu erreichen.
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5. Auch unter nochmaliger Abwägung der Positionen der Beteiligten ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung dringend geboten.
36
Die Nachteile für die Bewohner der von den Antragstellern verwalteten Wohneinheiten stellen sich gravierend dar. Demgegenüber ist der Antragsgegnerin die vorübergehende weitere Belieferung mit Wärme zuzumuten. Dies folgt bereits daraus, dass sie selbst im Rahmen der Vertragsverhandlungen angeboten hatte, für den Fall einer Einigung hinsichtlich einer Modernisierung, die alte Anlage zunächst weiter zu betreiben. Der Antragsgegnerin ist es daher zuzumuten, dass die Frage der Wirksamkeit der Kündigung, wie auch der Löschung der im Grundbuch gesicherten Lieferungspflicht, in einem Hauptsacheverfahren einer Klärung zugeführt wird.
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Die Kostentragungspflicht folgt aus § 91 ZPO.