Titel:
Eigenerwerb einer "Schrotteinheit" durch die GdWE
Normenketten:
WEG § 18, § 19
ZPO § 416
Leitsätze:
1. Es besteht eine Beschlusskompetenz der GdWE eine Sondereigentumseinheit für die Gemeinschaft zu erwerben. (Rn. 21 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mit einem Anspruch auf Protokollberichtigung kann nicht eine Änderung eines gefassten Beschlusses erreicht werden. (Rn. 38 – 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschlusskompetenz, gemeinschaftlichen Eigentum, Gemeinschaftseigentum, Protokollberichtigung, Rechtsschutzinteresse
Fundstellen:
ZMR 2025, 80
BeckRS 2024, 38723
LSK 2024, 38723
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 4.698 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Klägerin ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ... und macht im Wege der Beschlussanfechtungsklage die Ungültigkeitserklärung des Beschlusses, 4/2024 der Eigentümerversammlung vom 16.04.2024 sowie alternativ Protokollberichtigung geltend.
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Die Wohnunseigentümergemeinschaft ... setzt sich aus 6 Sondereigentumseinheiten zusammen. Die Klägerin ist Eigentümerin der Sondereigentumseinheit im 1. Obergeschoss links mit einem Miteigentumsanteil von 108,75/1.000. Bei der Eigentümerversammlung vom 16.04.2024 war die Klägerin nicht anwesend.
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Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Ungültigerklärung des Beschlusses Nr. 4/2024 der Eigentümergemeinschaft aus der Eigentümerversammlung vom 16.04.2024 mit folgendem Wortlaut:
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beschließt, die Teileigentumseinheit im Erdgeschoss/Kellergeschoss von der derzeitigen Eigentümerin, der Firma ... für einen symbolischen Preis von 1 € zu kaufen.
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beauftragt und bevollmächtigt die Hausverwaltung den Kaufvertrag im Namen und auf Rechnung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beim Notar zu unterschreiben.
Soweit Notarkosten und Grunderwerbsteuer anfallen, werden diese wie der Kaufpreis durch Entnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert.
Es ist angedacht, den Gastraum einschließlich Nebenzimmer in eine Gewerbeeinheit umzuwandeln und zu vermieten.
Das laufende Hausgeld für diese Eigentumseinheit tragen ab Umschreibung der Eigentümerstellung im Grundbauch die übrigen Eigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile untereinander ohne den Miteigentumsanteil dieser Einheit.(also 540,365tel MEA).
Die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, einen Architekten mit der Ermittlung der Kosten für den Umbau des Gastraums einschließlich Nebenzimmer in eine Gewerbeeinheit zu beauftragen. Hierfür wird ein Betrag in Höhe von maximal 5.000 € freigegeben. Die Finanzierung erfolgt durch Entnahme aus der Erhaltungsrücklage.
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Alternativ begehrt die Klägerin Protokollberichtigung dahingehend, dass im Beschluss die Klägerin von dem beabsichtigten Kauf sowie den damit einhergehend unmittelbaren und mittelbaren Kosten ausgenommen wird.
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Bei dem zu erwerbenden Sondereigentum handelt es sich um eine Gewerbeeinheit, welcher ein Gewölbekeller zugehörig ist, der komplett feucht und nicht zu benutzen ist. Diesen Keller trocken zu legen, wäre mit einem Kostenaufwand von ca. 300.000 € verbunden. Um diese Kosten zu sparen, hat sich die Gemeinschaft entschlossen, das Sondereigentum an der entsprechenden Einheit selbst zu erwerben für einen symbolischen Preis von 1 €, damit der Gemeinschaft die Entscheidung über die Trockenlegung des Kellers selbst obliegt und somit die Kosten für die Sanierung des Kellers nicht aufgebracht werden müssen. Das Haus selbst ist mit einer neuen Bodenplatte auf das alte Kellergewölbe aufgebaut, weshalb die Feuchtigkeit darin für die Gebäudesubstanz ohne Bedeutung ist.
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Die zu erwerbende Teileigentumseinheit stellt den einzigen Zugang zum Hinterhof dar, in dem sich auch die Garagengebäude und der Heizraum befinden. Daher sollen Teile des zu erwerbenden Eigentums für den ungehinderten Zugang zum Heizraum oder eventuell auch zur Errichtung eines Fahrradkellers genutzt werden. Durch die Vermietung der Teileigentumseinheit durch die Eigentümergemeinschaft sollen Mieteinnahmen generiert werden, welche dann das Hausgeld dieser Sondereigentumseinheit für die Gemeinschaft finanzieren.
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Die Klägerin trägt vor es gäbe ein Gutachten, laut dem die Gewerbeeinheit als „nicht veräußerlich“ begutachtet wurde. Aus Sicht der Klägerin gäbe es keine überzeugenden Argumente warum die Gemeinschaft diese Schrott-Gewerbeeinheit unbedingt erwerben sollte. Weiter trägt die Klägerin vor, die Gemeinschaft könne die Gewerbeeinheit natürlich kaufen, sie jedoch wolle sich daran nicht beteiligen.
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Mit der Klage hatte die Klägerin zunächst einen weiteren Antrag gestellt, nämlich den Hausverwalter ... zur Übergabe der Anwesenheitsliste als Teil des Protokolls der ordentlichen Eigentümerversammlung 2024 zu verpflichten. Dieser Antrag wurde zurück genommen.
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Die Klägerin beantragt daher zuletzt:
Der Eigentümerversammlung vom 16.04.2024 gefasste Beschluss Nummer 4 über den Erwerb der Teileigentumseinheit im Erdgeschoss sowie im Kellergeschoss wird hiermit für ungültig erklärt.
Alternativ wird eine Berichtigung des Protokolls gefordert, welche gewährleistet, dass in dem Beschluss ausdrücklich festgehalten wird, dass ... von dem beabsichtigten Kauf sowie den damit einhergehend mittelbaren und unmittelbaren Kosten ausgenommen wird.
Die Beklagtenvertreterin stellt den Antrag auf Klageabweisung.
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Die Beklagte trägt vor, der Beschluss 4/2024 entspräche ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Wohnungseigentümer können nach herrschender Meinung eine Teileigentumseinheit erwerben. Auch entspräche es ordnungsgemäßer Verwaltung, die Hausverwaltung zu beauftragen und zu bevollmächtigen, einen Kaufvertrag im Namen und auf Rechnung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beim Notar zu unterschreiben. Auch die festgelegte Finanzierung des Kaufpreises durch Entnahme aus der Erhaltungsrücklage einschließlich etwaiger Notarkosten und Grunderwerbsteuer sei wohnungseigentumsrechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gelte für die angedachte Umwandlung des Gastraums einschließlich Nebenzimmer dieser Einheit, um diese dann zu vermieten.
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Außerdem sei es wohnungseigentumsrechtlich auch nicht zu beanstanden, dass das laufende Hausgeld für die Eigentumseinheit von den übrigen Wohnungseigentümern aufgebracht werde. Eine Protokollberichtigung, wie von der Klägerin gefordert, sei bereits deshalb nicht möglich, da dies nicht dem tatsächlichen Beschlussgegenstand entspräche.
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Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen verwiesen.
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Das Gericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26.09.2024 die Klägerin informatorisch angehört. Zum Inhalt der Verhandlung wird verwiesen auf das diesbezügliche Protokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klage ist zulässig.
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Insbesondere ist das Amtsgericht Würzburg gemäß §§ 1 ZPO i.V.m. 23 Nr. 2c) GVG i.V.m. § 43 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 WEG sachlich und örtlich zuständig.
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Die Klage ist unbegründet.
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Der angefochtene Beschluss 4/2024 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung. Der „alternativ“ geltdend gemachte Anspruch auf Protokollberichtigung besteht nicht.
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1. Der Beschluss 4/2024 der Eigentümerversammlung vom 16.04.2024 entspricht ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.v. § 18 Abs. 2 Nr. 1, 19 Abs. 1 WEG.
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a) Insbesondere ist die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft für den Beschluss 4/2024 gegeben.
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Voraussetzung für die Beschlusskompetenz zum Eigentumserwerb von Immobiliareigentum ist, dass es sich um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums i.S.d. § 19 WEG handelt.
Der Begriff der Verwaltung wird dabei weit verstanden, nämlich als jede Entscheidung oder Maßnahme, die eine Regelung der Sachlage oder eine Geschäftsführung in rechtlicher oder tatsächlicher Beziehung zum Gemeinschaftseigentum enthält und im Interesse der Gesamtheit der Eigentümer erforderlich ist. Erfasst wird auch das Auftreten nach außen bei der Durchführung einer solchen Maßnahme.
Zur Verwaltung im Sinne des § 19 Abs. 1 WEG gehören nicht nur die in § 19 Abs. 2 der Vorschrift aufgeführten, sondern alle Maßnahmen, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf eine Änderung des bestehenden Zustandes abzielen oder sich als Geschäftsführung zugunsten der Eigentümer in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum darstellen. Selbst Verfügungen über Grundstücksteile werden als Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung dann in Betracht gezogen, wenn sie der gemeinschaftlichen Nutzung dienen.
Die Frage lautet daher, welchen Bezug zum gemeinschaftlichen Eigentum der Erwerb einer Sondereigentumseinheit durch den Verband hat. Unmittelbar besteht ein solcher eher nicht, geht es doch gerade nicht um das Gemeinschaftseigentum, sondern um den Erwerb von Sondereigentum. Mittelbar wird man ihn jedoch zu bejahen haben; denn zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums in diesem weit verstandenen Sinn gehören auch Maßnahmen, die zur Erhaltung, Sicherung, Verbesserung und gewöhnlichen Nutzung des Gemeinschaftseigentums und des Verwaltungsvermögens erforderlich und geeignet sind. Eingeschränkt zählt ferner der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums dazu. Sofern die Eigentümer also eine Maßnahme wünschen, die die Gebrauchsmöglichkeit der gemeinschaftlichen Immobilie bzw. des Sondereigentums verbessert (z.B. Einrichtung eines Fahrradabstell- oder Müllstandplatzes), ist dies eine Verwaltungsmaßnahme in diesem weit verstandenen Sinn (ZWE 2007,474; 477) und begründet somit die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümergemeinschaft.
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Nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten handelt es sich bei der durch den Beschluss 4/2024 zu erwerbenden Sondereigentumseinheit eine ehemalige Gewerbeeinheit, welcher ein Gewölbekeller zugehörig ist. Der Gewölbekeller ist komplett feucht und nicht zu benutzen. Diesen Keller trocken zu legen, wäre mit einem Kostenaufwand von ca. 300.000 € verbunden. Um diese Kosten zu sparen, hat sich die Gemeinschaft entschlossen, das Sondereigentum an der entsprechenden Einheit selbst zu erwerben für einen symbolischen Preis von 1 €, damit der Gemeinschaft die Entscheidung über die Trockenlegung des Kellers selbst obliegt und somit die Kosten für die Sanierung des Kellers nicht aufgebracht werden müssen. Das Haus selbst ist mit einer neuen Bodenplatte auf das alte Kellergewölbe aufgebaut, weshalb die Feuchtigkeit darin für die Gebäudesubstanz ohne Bedeutung ist. In diesen dem Beschluss zugrundeliegenden Überlegungen ist ein Bezug zur Verwaltung zu erkennen, in dem die Beschlussfassung auf die Verbesserung der Position der Wohnungseigentümergemeinschaft abzielt. Durch den Erwerb der Immobilie soll die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kontrolle über den weiteren Umgang mit dem feuchten Kellerraum erlangen.
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Überdies stellt – nach ebenso unbestrittenen Vortrag der Beklagten – die zu erwerbende Teileigentumseinheit den einzigen Zugang zum Hinterhof dar, in dem sich auch die Garagengebäude und der Heizraum befinden. Daher sollen Teile des zu erwerbenden Eigentums für den ungehinderten Zugang zum Heizraum oder eventuell auch zur Errichtung eines Fahrradkellers genutzt werden.
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Ferner sollen durch die Vermietung der Teileigentumseinheit durch die Eigentümergemeinschaft Mieteinnahmen generiert werden, welche dann das Hausgeld dieser Sondereigentumseinheit für die Gemeinschaft finanzieren, sodass mit einer Kostenlast für die Eigentümer nicht zu rechnen ist.
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Nach zutreffender Ansicht hängt die Einordnung als Verwaltungsmaßnahme nicht davon ab, inwiefern der Erwerb tatsächlich dem Interesse aller Wohnungseigentümer dient.
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Für die Beschlussfassung ist auch ein Mehrheitsbeschluss ausreichend. Einstimmigkeit ist nicht erforderlich. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich und sie können vorbehaltlich einer Vereinbarung eine ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen.
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b) Erwirbt die Gemeinschaft ein Grundstück oder Wohnungseigentum, so berührt dies ihre sachenrechtlichen Grundlagen nicht, weil an dem Erwerbsgegenstand kein Gemeinschaftseigentum entsteht. Vielmehr geht es, um den Erwerb von Verwaltungsvermögen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen gibt es insoweit nicht, so dass auch Immobilien ohne Weiteres zum Verwaltungsvermögen zählen können.
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Die Beauftragung und Bevollmächtigung der Hausverwaltung zur Unterschrift im Namen und auf Rechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft beim Notar, ist aufgrund des rechtmäßig zustande gekommenen Beschlussteils über den Eigentumserwerb als Teil der Umsetzung selbigen ohne weiteres durch Mehrheitsbeschluss im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung möglich.
29
c) Soweit durch den Beschluss ferner festgelegt wird, dass soweit Notarkosten und Grunderwerbssteuer anfallen diese durch Entnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden und es angedacht ist den Gastraum einschließlich Nebenzimmer in eine Gewerbeeinheit umzuwandeln und zu vermieten, ist auch dies aufgrund des rechtmäßig zustande gekommenen Beschlussteils über den Eigentumserwerb als Teil der Umsetzung selbigen ohne weiteres durch Mehrheitsbeschluss im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung möglich. Hierzu wurde seitens der Parteien auch nicht die Teilungserklärung vorgelegt. Weshalb die Rechtmäßigkeit der Entnahme aus der Erhaltungsrücklage nicht bestritten wird und der Beschluss insoweit nicht beanstandet wurde.
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d) Die Beschlussweise Regelung über die Pflicht zum Tragen der Kosten für das laufende Hausgeld im Verhältnis der Miteigentumsanteile untereinander entspricht der gesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 S. 1 WEG, wonach die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen hat und enthält somit lediglich eine deklaratorische Regelung welche nicht vom üblichen Kostenverteilungsschlüssel abweicht.
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e) Soweit der Beschluss weiterhin regelt, die Verwaltung wird beauftragt und bevollmächtigt, einen Architekten mit der Ermittlung der Kosten für den Umbau des Gastraums einschließlich Nebenzimmer in eine Gewerbeeinheit zu beauftragen und hierfür ein Betrag in Höhe von maximal 5.000 € freigegeben wird, deren Finanzierung durch Entnahme aus der Erhaltungsrücklage erfolgen soll, ist auch dieser Teil des Beschlusses im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung durch Mehrheitsentscheid möglich. Eine Regelung ist ordnungsgemäß, wenn sie die Interessen sämtlicher Wohnungseigentümer angemessen berücksichtigt und einzelne Wohnungseigentümer nicht unbillig benachteiligt. Für das Vorliegen einer unbilligen Benachteiligung ist vorliegend nichts entscheidungserhebliches vorgetragen.
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Soweit die Beklagte geltend macht, es handele sich um eine Schrottimmobilie und ein entsprechendes Gutachten der Firma ... vorlegt, ist dies ebenso nicht entscheidungserheblich und begründet keine unbillige Benachteiligung der Klägerin. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob es als Beweismittel wegen der Verspätungsrüge der Beklagtenvertreterin (Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 26.09.2024) zurückzuweisen wäre. Zusammenfassend kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass für den Fall einer Trennung der Gesamteinheit in UG und EG eine Veräußerung des EGs möglich erscheint. Für den Fall der Veräußerung erachtet der Gutachter unter Berücksichtigung des Sanierungs- und Renovierungsaufwandes und dem Umstand das keine Kfz-Stellplätze vorhanden sind, einen Wert im unteren 5-stelligen Bereich für angemessen. Damit liegt er weit über dem symbolischen Kaufpreis von 1 €.
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Das Gutachten war den übrigen Wohnungseigtentümern bei der Beschlussfassung bekannt.
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2. Ein Anspruch auf Protokollberichtigung seitens der Klägerin besteht nicht.
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Zunächst ist festzustellen, dass die Bedingung für die Prüfung des Hilfsantrages, nämlich die Erfolglosigkeit des Hauptantrages eingetreten ist.
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a) Ein für die Zulässigkeit der Klage auf Protokollberichtigung erforderliches Rechtsschutzbedürfnis ist nur dann gegeben, wenn sich die Rechtsposition der Klägerin durch die begehrte Änderung verbessern oder zumindest rechtlich erheblich verändern würde.
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Vorliegend begehrt die Klägerin eine Protokollberichtigung dergestalt, dass in dem Beschluss ausdrücklich festgehalten wird, dass ... von dem beabsichtigten Kauf sowie den damit einhergehend mittelbaren und unmittelbaren Kosten ausgenommen wird.
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Ein die Zulässigkeit dieses Hilfsantrages begründendes Rechtschutzinteresse ist somit schon fraglich, da eine objektive Verbesserung ihrer Rechtsposition durch die Protokollberichtigung nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann.
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b) Es kann jedoch dahinstehen, ob ein Rechtschutzinteresse besteht, da jedenfalls kein Anspruch auf die begehrte Protokollberichtigung besteht. Das Protokoll gibt als Privaturkunde i.S.d. § 416 ZPO den tatsächlichen Ablauf und Inhalt der Beschlussfassung wieder. Eine Änderung des Protokolls, wie von der Klägerin begehrt würde einer Änderung des Beschlusses im Wege einer Beschlussersetzungsklage gleich kommen.
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Das Protokoll an sich kann daher aufgrund der inhaltlichen Richtigkeit nicht geändert werden.
41
c) Eine Auslegung des Hilfsantrages der Beklagten dahingehend, dass es sich um einen Antrag auf Beschlussersetzung handelt ist zu weitreichend und wäre auch in sich widersprüchlich, da über den Hilfsantrag nur zu entscheiden war, für den Fall, dass der Hauptantrag auf Beschlussanfechtung nicht erfolgreich sein würde „alternativ“ und für diesen Fall kommt eine Beschlussersetzung gerade nicht in Betracht.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, 269 III 2 ZPO Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
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Die Streitwertentscheidung beruht auf § 49 Satz 1 GKG.
„Der Streitwert in Verfahren nach § 44 Absatz 1 des Wohnungseigentumsgesetzes ist auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen.“
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Der Preis für den Immobilienerwerb ist mit einem symbolischen Wert von 1 € bemessen, ferner enthält der Beschluss eine Regelung zur Kostentragung hinsichtlich des laufenden Hausgeldes für die zur erwerbende Einheit und gibt einen Betrag in Höhe von 5.000 € für die Beauftragung eines Architekten frei. Ein Betrag in Höhe von 5.001 € entfällt somit grundsätzlich auf die Wohnungseigentümer der Wohnungen zuzüglich des zu erwartenden Hausgeldes welches ausweislich des Versammlungsprotokolles derzeit 759 € betrage. Da es Ziel der Gemeinschaft ist das Hausgeld über die Vermietung der Gewerbeeinheit zu refinanzieren und dies nach Einschätzung des Gerichts auch realistisch erscheint, wird der Hausgeldbetrag bei der Ermittlung des Streitwertes nur einmalig berücksichtigt. Die Klägerin hält Miteigentumsanteile in Höhe von 108,75/1.000, sodass ihr Interesse sich auf (5.001 € +759 €* Miteigentumsanteil= 626,40 €) 626,40 € bemisst. Da es sich bei dem Hilfsantrag um einen im Streitgegenstand dem Hauptantrag an sich gleichgelagerten Antrag handelt, erhöht dieser den Streitwert nicht.
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Der 7,5 fache Wert dieses klägerischen Interesses limitiert den Streitwert. Somit war der Streitwert auf 4.698,00 € festzulegen.