Titel:
Verfahrensverbindung, Wohngeld, Ablehnungsbescheide, Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung
Normenketten:
VwGO § 93
WoGG § 7
WoGG § 8
WoGG § 21 Nr. 2
SGB I § 66 Abs. 1 S. 1
Schlagworte:
Verfahrensverbindung, Wohngeld, Ablehnungsbescheide, Versagungsbescheid wegen fehlender Mitwirkung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 3853
Tenor
I. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Klagen werden abgewiesen.
III. Die Kläger haben in allen Verfahren die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klagen sind auf die Zahlung von Wohngeld in Form des Mietzuschusses für den Zeitraum … 2018 bis … 2021 gerichtet.
2
Die am ... 1971 geborene Klägerin und ihr am ... 2004 geborener Sohn bewohnten seit … 2015 eine 57 m² große Wohnung in der ... in … (Miete 800 €, Nebenkosten 250 €, damit insgesamt 1050 € monatlich). Die Klägerin bezog im fraglichen Zeitraum eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ( …2019 bis …2020 1307,66 €, ab …2020 1352,77 €) und Kindergeld (204 €). Der Kläger erhielt regelmäßigen Unterhalt von seinem Vater (bis Ende 2019 446 €, ab 2020 470 € monatlich). Zusätzlich erhielt der Kläger bis ... 2019 – dem Tag vor Vollendung des 15. Lebensjahres – Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII in Höhe von 67,65 €, bei deren Ermittlung die Unterkunftskosten Berücksichtigung fanden (Bescheide der Beklagten – Sozialreferat – vom …, … und …2019). Dem Kläger zunächst mit Bescheid vom ... 2019 für den Zeitraum ab ... 2019 vorläufig gewährte Leistungen nach SGB II wurden mit Bescheid des Jobcenters vom ... 2020 zurückgefordert, da die für die endgültige Berechnung angeforderten Unterlagen nicht vorgelegt wurden.
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Am ... 2018 stellte die Klägerin einen formlosen Wohngeldantrag. Mit bestandskräftigem Bescheid vom ... 2018 versagte die Beklagte zu diesem Antrag nach § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I die Bewilligung von Wohngeld, da die Klägerin trotz wiederholter Aufforderung aus Sicht der Beklagten für die Prüfung des Antrags erforderliche Unterlagen nicht beigebracht hatte.
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Am ... 2019 stellte die Klägerin erneut einen Wohngeldantrag.
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Mit zwei Bescheiden vom ... 2020 – für die Zeit ab ... 2019 und ab ... 2020 – lehnte die Beklagte die Bewilligung von Wohngeld aus rechnerischen Gründen ab, dies unter der Annahme, dass der Kläger als Transferleistungsempfänger vom Wohngeldbezug ausgeschlossen sei und sich für die Klägerin als 1-Personen-Haushalt kein Wohngeld ergebe.
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Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin am ... 2020 im Namen ihres Sohnes Klage (M 22 K 20.1433) und erweiterte diese am ... 2020 auch auf sich selbst.
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Im Rahmen eines weiteren Verfahrens legte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom ... 2020 den Bescheid des Jobcenters vom ... 2020 vor, mit dem dieses mit Wirkung ab ... 2019 die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts an den Kläger aufhob und eine Rückforderung festsetzte. Die Beklagte wertete das Schreiben der Klägerin vom ... 2020 als formlosen Antrag auf Bewilligung von Wohngeld ab … 2019.
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Mit Schreiben vom ... 2020 teilte die Klägerin mit, sie beabsichtige nunmehr, nachträglich Steuererklärungen für die Veranlagungszeiträume ab 2017 einzureichen.
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Mit Beschluss vom ... 2020 (...) lehnte das Verwaltungsgericht München einen Antrag der Kläger, die Beklagte im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig Wohngeldleistungen zu erbringen, ab.
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Am ... 2020 übermittelte die Klägerin einen Formularantrag auf Weiterleistung von Wohngeld.
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Mit Schreiben vom ... 2020 forderte die Beklagte die Klägerin auf, diverse für die Prüfung erforderliche Unterlagen (vollständiger ungeschwärzter Mietvertrag, Mietbescheinigung und Belege über die tatsächlich erfolgten Mietzahlungen) vorzulegen. Ferner teilte sie mit, der Formblattantrag vom ... 2020 werde im Rahmen des Antrags vom ... 2020 verwendet.
12
Mit Schreiben vom ... 2020 übermittelte die Klägerin jeweils die erste Seite der Einkommensteuerbescheide vom ... 2020 für die Jahre 2018 und 2019.
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Da die Klägerin nicht bereit war, die von der Beklagten geforderten Unterlagen in der gewünschten Form vorzulegen, lehnte diese den Wohngeldantrag vom ... 2020 mit Bescheid vom ... 2020 nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast ab.
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Die Kläger erhoben hiergegen am ... 2020 Klage (M 22 K 20.4175). Sie führten unter Hinweis auf den Wohngeldantrag vom ... 2018 weiter aus, dass die Bewilligung von Wohngeld ab 2018 begehrt werde.
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Nachdem die Klägerin am ... 2020 eine aktuelle Vermieterbescheinigung nachreichte und sich der ungeschwärzte Mietvertrag in der Behördenakte eines weiteren Verfahrens der Klägerin fand, hob die Beklagte mit Bescheid vom ... 2020 den Ablehnungsbescheid vom ... 2020 auf und lehnte die Bewilligung von Wohngeld für … 2020 nunmehr aus rechnerischen Gründen ab. Mit weiterem Bescheid ebenfalls vom ... 2020 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die Zeit von … bis … 2020 Wohngeld in Höhe von 46 € monatlich. Nach der beiliegenden Berechnung erfolgte kein 10-prozentiger Pauschalabzug von Steuern.
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Am ... 2020 erweiterten die Kläger ihre bereits anhängige Klage M 22 K 20.1433 auf die zwei Bescheide vom ... 2020. Nach ihrer Auffassung habe ein pauschaler Abzug in Höhe von 30% und damit auch für Steuern zu erfolgen.
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In dem Schreiben vom ... 2020, das auch an die Beklagte übermittelt wurde, ist auch ein formloser Weiterbewilligungsantrag enthalten. Weiter stellten die Kläger mit Schreiben vom ... 2020 einen Weiterbewilligungsantrag und legten die erste Seite eines Versäumnisurteils des Amtsgerichts … vom ... 2020 (...) zur Räumung der Wohnung in der ... vor.
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Mit Schreiben vom ... 2020 (Frist bis …2021) und ... 2021 (Frist bis …2021) forderte die Beklagte die Klägerin zur Vorlage verschiedener Unterlagen, unter anderem aktueller Mietzahlungsbelege und des vollständigen gegen sie ergangenen Räumungsurteils, auf. Das Schreiben enthielt den Hinweis auf die Möglichkeit einer Versagung im Falle der Nichtvorlage der geforderten Unterlagen. Die Klägerin teilte hierzu mit Schreiben vom ... und ... 2021 mit, dass die abermaligen Forderungen nach Unterlagen unzulässig seien.
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Mit Bescheid vom ... 2021 versagte die Beklagte daraufhin nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I unter ordnungsgemäßer Ermessensausübung die Bewilligung von Wohngeld für die Zeit ab ... 2020.
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Hiergegen erhoben die Kläger am ... 2021 Klage (M 22 K 21.417).
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Mit Beschluss vom ... 2021 (...) lehnte das Verwaltungsgericht München einen Antrag der Kläger auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf die vorläufige Gewährung von Wohngeldleistungen ab. In dem Beschluss ist ausführlich dargelegt, dass bei der Ermittlung des Jahreseinkommens der Klägerin ein (weiterer) pauschaler Abzug für Steuern vom Einkommen in Höhe von 10% nicht vorzunehmen gewesen sei (Rn. 52 bis 58).
22
Die Kläger haben in den von ihnen angestrengten Klageverfahren keine expliziten Klageanträge gestellt. Zur mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2024 sind sie nicht erschienen.
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Die Beklagte beantragte in allen Verfahren
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Im Verfahren M 22 K 20.1433 führte sie aus, sie habe die Bescheide vom ... 2020 nachträglich nochmals überprüft und sei – anders als in der dortigen Begründung – inzwischen der Auffassung, dass keine Wohngeldberechtigung bestanden habe, weil auch die Klägerin als mittelbare Transferleistungsbezieherin vom Wohngeldbezug ausgeschlossen gewesen sei (vgl. § 21 Nr. 2 WoGG). Hilfebedürftigkeit könne auch nicht durch Wohngeldgewährung vermieden oder beseitigt werden, da sich für 2019 kein Wohngeldanspruch errechne und das für 2020 ermittelte Wohngeld in Höhe von 46 € unter der gewährten Hilfe zum Lebensunterhalt liege.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten in allen drei von diesem Urteil erfassten Klageverfahren sowie auf den Beschluss vom ... 2021 (...) verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Kläger über die Klage verhandeln und entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden waren (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
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Wegen des im Wesentlichen gleichen Streitgegenstandes wurden die Verfahren nach § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
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Die Klagen haben keinen Erfolg. Im Hinblick auf den Kläger sind sie bereits unzulässig (A.). Im Hinblick auf die Klägerin sind sie, soweit sie zulässig sind, unbegründet (B. bis D.).
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Die Klagen des Klägers sind bereits unzulässig, da dieser nicht wohngeldberechtigt und damit auch nicht klagebefugt ist. In Wohngeldsachen ist allein der Mieter der betreffenden Wohnung als wohngeldberechtigte Person antragsbefugt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 WoGG (in der zum jeweiligen Zeitpunkt maßgeblichen Fassung) und damit klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. auch VG München, B.v. 5.2.2021 – M 22 E 20.4930 – n.v. Rn. 40; B.v. 30.6.2020 – M 22 E 20.1434 – n.v. Rn. 2). Vorliegend ist Partei des Mietvertrags über die Zweizimmerwohnung in der ... allein die Klägerin, der Kläger ist nicht in den Mietvertrag aufgenommen.
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Die Klage M 22 K 20.1433 bleibt für die Klägerin ohne Erfolg.
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1. Streitgegenständlich sind die zwei Ablehnungsbescheide der Beklagten vom ... 2020, mit denen Wohngeld für die Zeit ab ... 2019 und ab ... 2020 abgelehnt wurde, sowie die beiden weiteren Bescheide der Beklagten vom ... 2020, mit denen die Zahlung von Wohngeld für … 2019 abgelehnt und der Klägerin für die Monate … bis … 2020 Wohngeld in Höhe von 46 € bewilligt wurde. Die zugehörigen Wohngeldanträge datieren vom ... 2019 und ... 2020. Streitgegenstand der Klage ist damit der Wohngeldbezug im Zeitraum von … 2019 bis … 2020. Für die Zeit ab ... 2020 begehrt die Klägerin eine Erhöhung des bewilligten Wohngelds.
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2. Die Klage ist zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Die Klägerin hat die ursprünglich nur für ihren Sohn erhobene Klage gegen die Bescheide vom ... 2020 am ... 2020 und damit innerhalb der offenen einmonatigen Klagefrist (vgl. § 74 Abs. 2 VwGO) auf sich selbst erweitert. Die Klageänderung (§ 91 Abs. 1 VwGO) in Form der Klageerweiterung auf die beiden Bescheide vom ... 2020 ist wegen der rügelosen Einlassung der Beklagten zulässig (vgl. § 91 Abs. 2 VwGO).
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3. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die vier Bescheide der Beklagten vom ... und ... 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung von Wohngeld in Form eines Mietzuschusses für den Zeitraum von … 2019 bis einschließlich … 2020, wobei die Klage für den Zeitraum ab … 2020 auf eine Erhöhung des bewilligten Wohngelds in Höhe von 46 € gerichtet ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Weil der Kläger als Haushaltsmitglied anfangs noch Transferleistungen erhielt und sich im weiteren Verlauf das Gesamteinkommen beider Kläger und die Höchstbeträge für Miete und Belastung (§ 12 WoGG) geändert haben, ist bei der Betrachtung des Wohngeldanspruchs zwischen den im Folgenden getrennt dargestellten vier Zeiträumen zu unterscheiden.
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Der Kläger erhielt noch bis einschließlich ... 2019 – dem Tag vor Vollendung des 15. Lebensjahres – Leistungen nach SGB XII. Dies hat zur Folge, dass er nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WoGG vom Wohngeld ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift sind nicht wohngeldberechtigt Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII, wenn bei deren Berechnung Kosten der Unterkunft berücksichtigt wurden. Die Berücksichtigung der Unterkunftskosten ergibt sich hier aus der den Bewilligungsbescheiden beigefügten Berechnung. Es greift auch nicht zu Gunsten des Klägers ein „Ausschluss vom Ausschluss“ nach § 7 Abs. 1 Satz 3 WoGG. Danach besteht der Ausschluss trotz eines Bezugs einer der in § 7 Abs. 1 Satz 1 WoGG genannten Leistungen nicht, wenn 1. die Leistungen nach den Sätzen 1 und 2 ausschließlich als Darlehen gewährt werden oder 2. durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit im Sinne von § 9 SGB II, § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII oder § 27a Bundesversorgungsgesetz vermieden oder beseitigt werden kann und a) die Leistungen nach Satz 1 Nr. 1 bis 7 während der Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung von Grund und Höhe dieser Leistungen noch nicht erbracht worden sind oder b) der zuständige Träger eine der in Satz 1 Nr. 1 bis 7 genannten Leistungen als nachrangig verpflichteter Leistungsträger nach § 104 des SGB X erbringt. Für eine darlehensweise Gewährung der Leistungen nach SGB XII ist nichts vorgetragen oder ersichtlich (Satz 3 Nr. 1). Weiter kann durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit nicht vermieden oder beseitigt werden (Nr. 2), weil sich für 2019 kein Wohngeld ergibt (vgl. die Berechnung auf S. 64 der im Klageverfahren M 22 K 20.1433 vorgelegten Wohngeldakte), wohingegen die Hilfe zum Lebensunterhalt 67,65 € betrug.
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Da die Klägerin ausweislich der den Bewilligungsbescheiden beigefügten Berechnung bei der Bedarfsermittlung im Rahmen der SGB XII-Leistungen berücksichtigt wurde, ergibt sich für sie ein mittelbarer Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WoGG i.V.m. einem Gegenschluss aus § 19 Abs. 4 SGB XII. Die Voraussetzungen für einen „Ausschluss vom Ausschluss“ nach § 7 Abs. 2 Satz 2 WoGG liegen für sie ebenso wenig vor wie für den Kläger.
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Der Ausschluss vom Wohngeld nach § 7 WoGG besteht zeitlich nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. b WoGG bis Ende … 2019; angesichts des Transferleistungsbezugs bis ... 2019 – und damit nicht bis zum letzten eines Monats – endet der Ausschluss am Letzten des Vormonats.
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3.2. Für die Monate … und … 2019 ergibt sich rein rechnerisch kein Wohngeld für die Klägerin.
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Die Höhe des zu leistenden Wohngelds richtet sich nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder (§§ 5 bis 8 WoGG), der zu berücksichtigenden Miete oder Belastung (§§ 9 bis 12 WoGG) und dem Gesamteinkommen der Haushaltsmitglieder (§§ 13 bis 18 WoGG) und ist nach der in § 19 WoGG normierten Berechnungsformel zu ermitteln (§ 4 WoGG).
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Im vorstehenden Zeitraum ergibt sich bei einem Jahreseinkommen der Klägerin von 14.030,93 € (12 x Erwerbsminderungsrente i.H.v. 1307,66 € minus Werbungskosten 102 € minus 10% pauschaler Abzug von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 16 Satz 1 Nr. 2 WoGG) und des Klägers von 5352 € (12 x Unterhalt i.H.v. 446 €) unter Abzug des Freibetrags für Alleinerziehende nach § 17 Nr. 3 WoGG in Höhe von 1320 € (§ 17 Nr. 3 WoGG) ein jährliches Gesamteinkommen in Höhe von 18.062,93 €, monatlich von 1505,24 €. Bei der Ermittlung des Einkommens der Klägerin war ein (weiterer) pauschaler Abzug für Steuern vom Einkommen in Höhe von 10% nicht nach § 16 Satz 1 Nr. 1 WoGG vorzunehmen; insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen im Beschluss des Gerichts vom ... 2021 (... dort Rn. 52 bis 58). Im Hinblick auf die Mietkosten in Höhe von 800 € ohne Nebenkosten findet im maßgeblichen Zeitraum eine Kappung nach § 12 WoGG auf 633 € statt (§ 12 Abs. 1 WoGG). Bei diesen Zahlen errechnet sich nach der Formel des § 19 WoGG kein Wohngeld.
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3.3. Für die Monate … bis … 2020 hat die Beklagte das Wohngeld in Höhe von 46 € richtig berechnet. Bei ansonsten unveränderten Positionen ergibt sich unter Ansatz eines erhöhten Jahreseinkommens des Klägers in Höhe von 5640 € (12 x Unterhalt i.H.v. 470 € ab 1.1.2020) und eines Höchstbetrags für Miete und Belastung in Höhe von 767 € bei Mietenstufe VII (§ 12 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum WoGG in der ab 1.1.2020 geltenden Fassung) das gewährte Wohngeld in Höhe von 46 €. Ein Anspruch der Klägerin auf eine erhöhte Wohngeldzahlung besteht daher nicht.
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3.4. Auch für den Zeitraum … bis … 2020 hat die Klägerin keinen Anspruch auf eine Erhöhung des Wohngelds. Im Hinblick auf ihre seit ... 2020 auf 1352,77 € gestiegene Erwerbsminderungsrente ergibt sich für diesen Zeitraum erst recht kein das gewährte Wohngeld in Höhe von 46 € übersteigender Anspruch. Die Änderung der Verhältnisse bleibt jedoch wegen Nichterreichens der 15%-Grenze nach § 27 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 WoGG außer Betracht.
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Die Klage M 22 K 20.4175 ist bereits unzulässig. Die Klage richtet sich einerseits gegen den Bescheid vom ... 2020, mit dem der Wohngeldantrag vom ... 2020 abgelehnt wurde, und andererseits – nach Auslegung (vgl. § 88 VwGO) – auf Wohngeldzahlung für den Zeitraum von … 2018 bis … 2019 aufgrund des Wohngeldantrags vom ... 2018. Für beide Klagegegenstände fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
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1. Im Hinblick auf den Ablehnungsbescheid vom ... 2020 kann die Klägerin eine Verbesserung ihrer Rechtsstellung nicht mehr erreichen (vgl. BVerwG, U.v. 8.7.2009 – 8 C 4.09 – juris Rn. 24; OVG Bremen, B.v. 12.12.2023 – 1 B 313/23 – juris Rn. 9). Die Beklagte hat den streitgegenständlichen Bescheid bereits mit Bescheid(en) vom ... 2020 aufgehoben und in der Sache über den Wohngeldantrag vom ... 2020 entschieden. Der Klagegegenstand ist damit entfallen. Die Klägerin hat hieraus keine prozessualen Konsequenzen gezogen und die Hauptsache nicht für erledigt erklärt.
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2. Der weiter begehrten Bewilligung von Wohngeld für den Zeitraum von … 2018 bis … 2019 aufgrund des Antrags vom ... 2018 steht der bestandskräftige Versagungsbescheid vom ... 2018 entgegen. Hierauf wurde die Klägerin mehrfach hingewiesen (u.a. in der Klageerwiderung und im Beschluss des Gerichts vom …2021, ... Rn. 49).
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Die Klage M 22 K 21.417 ist zwar zulässig, aber unbegründet.
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1. Sie richtet sich gegen den Versagungsbescheid der Beklagten vom ... 2021 betreffend den potentiellen Bewilligungszeitraum von … 2020 bis … 2021.
49
2. In der Hauptsache ist die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Wird ein Wohngeldantrag unter Hinweis auf § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I abgelehnt, ist statthafte Klageart allein die auf die Aufhebung des Bescheids gerichtete Anfechtungsklage (BayVGH, B.v. 29.5.2001 – 12 ZE 01.290 – juris Rn. 5; VG Würzburg, U.v. 12.12.2019 – W 3 K 18.311 – juris Rn. 45).
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3. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der streitgegenständliche Versagungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Beklagte durfte den Wohngeldantrag vom ... 2020 vorliegend auf der Grundlage von § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ablehnen. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen, wenn der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird. Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind und nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen.
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Hier hat die Klägerin die von der Beklagten berechtigterweise mit Schreiben vom ... 2020 und ... 2021 mit Frist bis … bzw. ... 2021 und unter Hinweis auf die Rechtsfolge der Versagungsmöglichkeit bei Nichtvorlage angeforderten Unterlagen und Nachweise nicht vorgelegt. Im Hinblick auf Seite 1 des von der Klägerin vorgelegten Versäumnisurteils des Amtsgerichts … vom ... 2020, mit dem die Räumung der Wohnung verfügt wird, hatte die Beklagte die Frage zu prüfen, ob der Wohnraum, für den Wohngeld beantragt wird, möglicherweise von keinem zu berücksichtigenden Haushaltsmitglied mehr genutzt wird (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 WoGG) oder die Klägerin tatsächlich keinen Mietaufwand trägt und damit bereits deshalb kein Wohngeldanspruch mehr bestand. Insoweit hat sie in berechtigter Weise von der Klägerin die Vorlage des vollständigen Versäumnisurteils, aktueller Mietzahlungsbelege und einer Auskunft, ob die Kläger noch in der Wohnung leben, angefordert.
53
Auch hinsichtlich der Ermessensausübung in dem streitgegenständlichen Bescheid bestehen keine Bedenken.
54
Damit bleiben die drei Klagen in der Sache ohne Erfolg.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO.