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VG München, Urteil v. 29.05.2024 – M 31 K 24.135
Titel:

Zuwendungsrecht, Münchner Förderprogramm, Klimaneutrale Gebäude, Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
BayHO Art. 23, 44
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Münchner Förderprogramm, Klimaneutrale Gebäude, Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns
Fundstelle:
BeckRS 2024, 37776

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt unter Aufhebung eines Ablehnungsbescheids der Beklagten, den diese im Vollzug des Münchner Förderprogramms Klimaneutrale Gebäude erlassen hat, deren Verpflichtung zur Zuwendungsgewährung.
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Am 25. November 2023 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Förderung eines Stecker-Solar-Geräts nach dem Münchner Förderprogramm Klimaneutrale Gebäude. Im Rahmen des Verwendungsnachweises wurde von der Klägerin dazu eine Rechnung vom 29. Juni 2023 eingereicht.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 7. Dezember 2023 lehnte die Beklagte den Antrag ab.
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Die Klägerin hat am 10. Januar 2024 Klage erhoben. Sie beantragt sinngemäß
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die Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 7. Dezember 2023 zu verpflichten, die beantragte Zuwendung zu gewähren und auszuzahlen.
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Sie begründet ihre Klage in der Klageschrift und mit weiterem Schreiben vom 2. April 2024.
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Die Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Sie verteidigt den streitbefangenen Bescheid mit Schreiben vom 12. März 2024 und vertieft dazu ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren.
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Mit Beschluss vom 29. April 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. Mai 2024 trotz Abwesenheit der Klägerin entschieden werden. Diese wurde mit gerichtlicher Verfügung vom 2. Mai 2024, die ihr ausweislich der Zustellungsurkunde (§ 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 182 ZPO) am 4. Mai 2024 wirksam im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten zugegangen ist (§ 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 180 ZPO), fristgerecht zum Termin geladen (§ 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO). In der Ladung wurde auf die Möglichkeit der Verhandlung und Entscheidung auch bei Ausbleiben eines Beteiligten hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte den von ihr geltend gemachten Anspruch, sinngemäß gerichtet auf Verpflichtung zur Bewilligung und Auszahlung der am 25. November 2023 bei der Beklagten beantragten Förderung eines Stecker-Solar-Geräts nach dem Münchner Förderprogramm Klimaneutrale Gebäude, nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Die Klägerin hat wegen einer Missachtung des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns keinen Anspruch auf Gewährung der Zuwendung. Die entsprechende Vollzugspraxis der Beklagten ist, gemessen am hier einschlägigen Maßstab von Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV (vgl. statt vieler aktuell z.B. VG München, U.v. 11.4.2024 – M 31 K 22.2926 – juris Rn. 16 f.), nicht zu beanstanden.
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Bei der streitigen Zuwendung handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Beklagten. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch auf Bewilligung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendungsgewährung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. Art. 23, 44 BayHO). Dies ergibt sich ausdrücklich aus den Förderbedingungen der Beklagten zum vorliegenden Programm. Dabei gilt nach den Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Haushaltsordnung, die auch die Beklagte in ihrem kommunalen Zuwendungsvollzug der Sache nach zur Anwendung bringt, das Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns, das der Vorgabe des Art. 23 BayHO entspricht und einen allgemeinen förderrechtlichen Grundsatz darstellt, der zudem auch in den Förderbedingungen zum vorliegenden Programm expliziten Niederschlag gefunden hat (vgl. Nr. 1.3 Satz 1 VV zu Art. 44 BayHO). Danach sind solche Vorhaben nicht zuwendungsfähig, mit denen vor der Antragstellung bereits begonnen wurde. Als Beginn gilt dabei die Auftragsvergabe (vgl. Nr. 1.3.1 VV zu Art. 44 BayHO), wobei die Beklagte den Begriff des Auftrags insoweit einheitlich als Bezeichnung dafür verwendet, dass die zu fördernde Maßnahme angestoßen wird. Eine Maßnahme darf nach der ständigen, allein maßgeblichen Vollzugspraxis der Beklagten erst angestoßen werden, wenn ein entsprechender Zuwendungsantrag vorher gestellt wurde. Eine Förderung ist sonach nur möglich, wenn der Zuwendungsantrag spätestens am Tag der Auftragsvergabe bei dem zuständigen Referat der Beklagten als eingegangen registriert ist. Die Beklagte spricht insoweit sinnfällig vom Grundsatz „(Förder-)Antrag vor Auftrag“, der in ihrer ständigen zuwendungsrechtlichen Vollzugspraxis allgemein und insbesondere auch im vorliegenden Förderprogramm angewandt wird.
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Sinn und Zweck des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns ist zum einen der Schutz des Antragstellers vor finanziellen Nachteilen sowie zum anderen insbesondere die Sicherung einer ausreichenden Einwirkungsmöglichkeit der Bewilligungsstelle. Sie soll nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Eine Zuwendung soll nur für den Fall gewährt werden, dass der Antragsteller das geplante Vorhaben mangels ausreichender eigener finanzieller Mittel ohne die beantragte Zuwendung nicht durchführen kann. Ein Antragsteller, der vor Erlass des Förderbescheides bzw. vor der ausdrücklichen Zustimmung der Bewilligungsstelle zum vorzeitigen Maßnahmebeginn mit der Realisierung der zur Förderung beantragten Maßnahme beginnt, gibt zu erkennen, dass er das Projekt ungeachtet einer möglichen öffentlichen Förderung realisieren will und kann (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 39; U.v. 6.12.2016 – 22 ZB 16.2037 – juris Rn. 18; VG München, U.v. 7.4.2021 – M 31 K 20.4046 – juris Rn. 19). Die Bewilligung der Zuwendung trotz vorzeitigen Maßnahmebeginns würde einen zuwendungsrechtlich nicht gewollten Mitnahmeeffekt bewirken, den die Beklagte gerade vermeiden will.
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Die Klägerin hat ausweislich der vorgelegten Rechnung vom 29. Juni 2023 die zuwendungsgegenständliche Maßnahme bereits fast vier Monate vor Eingang des Zuwendungsantrags bei der Beklagten am 25. November 2023 beauftragt. Dies stellt einen offenkundigen Verstoß gegen die Förderbedingungen und das dabei geltende Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns dar. Auch hat die Klägerin in ihrem Zuwendungsantrag im Übrigen ausdrücklich erklärt, die Förderbedingungen und die Hinweise zu subventionserheblichen Tatsachen zur Kenntnis genommen zu haben und mit den dortigen Bestimmungen einverstanden zu sein.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.