Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 09.12.2024 – W 8 X 24.32482
Titel:

Wohnungsdurchsuchung einer dritten Person, geplante Abschiebung, keine Vollstreckungshindernisse, Eheschließung, Antrag auf Aufenthaltserlaubnis, Zustellung in Amtshilfe

Normenketten:
GG Art. 13 Abs. 2
AufenthG § 58 Abs. 6
AufenthG § 81
VwGO § 14
GG Art. 6
EMRK Art. 8
Schlagworte:
Wohnungsdurchsuchung einer dritten Person, geplante Abschiebung, keine Vollstreckungshindernisse, Eheschließung, Antrag auf Aufenthaltserlaubnis, Zustellung in Amtshilfe
Fundstelle:
BeckRS 2024, 37735

Tenor

I. Die Durchsuchung der Wohnung der Antragsgegnerin in der … einschließlich Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderem befriedeten Besitztum, zum Zwecke der Ergreifung und Abschiebung des am … … 1993 geborenen t. … Staatsangehörigen A. … K. …, am 17. Dezember 2024 zur Tagzeit wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin und weitere Personen, welche die zu durchsuchenden Räume gegebenenfalls benutzen, werden verpflichtet, die Durchsuchung zu dulden.
III. Der Antragsteller wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an die Antragsgegnerin unmittelbar bei Beginn der Durchsuchung im Wege der Amtshilfe beauftragt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt im Wege der Verwaltungsvollstreckung eine Durchsuchungsanordnung zwecks Ergreifung und anschließend geplanter Abschiebung des abzuschiebenden Ausländers A.… K. … Herr A. … K. …, t. … Staatsangehöriger, reiste am 8. Juni 2023 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 18. Januar 2024 (Az. ...) wurde sein Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen und Herr A. … K. … (im Folgenden: Betroffener) wurde unter Fristsetzung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen, andernfalls wurde ihm die Abschiebung in die T. … angedroht. Der Bescheid ist seit 30. Januar 2024 bestandskräftig; die Abschiebungsandrohung ist seit 1. März 2024 vollziehbar.
2
Am 4. Mai 2024 heiratete der Betroffene die Antragsgegnerin, d. … Staatsangehörige, und stellte am 22. Mai 2024 bei der Ausländerbehörde der Stadt D. … einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 AufenthG.
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Am 5. September 2024 erhob der Betroffene eine Untätigkeitsklage gegen die Ausländerbehörde der Stadt D. … beim Verwaltungsgericht D. … (Az. …) und stellte einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO (Az. …). Das Verwaltungsgericht D. … lehnte mit Beschluss vom 11. November 2024 den Antrag des Betroffenen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.
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Die Abschiebung des Ausländers ist für den 17. Dezember 2024 geplant.
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Am 4. Dezember 2024 beantragte das Regierungspräsidium H. … für den Antragsteller, zwecks Ergreifung und anschließend geplanter Abschiebung nachstehender Person
Name: K. …
Vorname: A. …
Geburtsdatum: …1993
Geburtsort: Ad. … …
Staatsangehörigkeit: T. …
Derzeitiger Aufenthaltsort: O. …-R. …-Straße …, … D. …
die Anordnung zum Durchsuchen nachstehender Wohnung unter der Adresse … … …, … … … … sowie der Wohnungsinhaberin gehörenden Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum. Inhaberin der Wohnung ist Frau … … … (geboren am …1980, d. … Staatsangehörige). Die Durchsuchung soll am 17.12.2024 zur Tagzeit stattfinden.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig sei. Dieser sei am 9. August 2024 durch das Regierungspräsidium D. … nach § 50 Abs. 4 AufenthG darüber belehrt worden, dass er einen Wohnungswechsel sowie eine Abwesenheit von mehr als drei Tagen gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde vorher anzuzeigen habe. Der Ablauf der ihm gewährten Bedenkzeit bis zum 11. September 2024, um zu entscheiden, ob er auf eigene Kosten freiwillig ausreisen und anschließend in der T. … einen Visumantrag stellen möchte, ohne Rückmeldung lasse auf einen fehlenden freiwilligen Ausreisewillen der betroffenen Person schließen. Es sei zunächst beabsichtigt, den Betroffenen zum Zwecke der Rücküberstellung an der Adresse der ihm zugewiesenen Gemeinschaftsunterkunft festzunehmen. Nur für den Fall, dass sich der Betroffene nicht unter der gemeldeten Adresse aufhalte, sei beabsichtigt, die Wohnung der Antragsgegnerin unter der genannten Adresse zu betreten und gegebenenfalls nach ihm zu durchsuchen. Die Durchsuchung solle am 17. Dezember 2024 zur Tagzeit stattfinden. Da die betroffene Person nicht alleiniger Wohnungsinhaber sei, sei der Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses notwendig. Die Voraussetzungen für die Abschiebung der betroffenen Person, zu deren Ergreifung die Durchsuchung dienen solle, lägen vor. Sollte der Betroffene sich nicht in der ihm zugewiesenen Gemeinschaftsunterkunft aufhalten, bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er sich bei seiner Ehefrau aufhalte. Aus der Ausländerakte gehe hervor, dass der Betroffene mehrfach bei der Ausländerbehörde D. … den Wunsch geäußert habe, zu seiner Ehefrau ziehen zu wollen. Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz werde auch dadurch Rechnung getragen, dass zunächst die Festnahme an der Wohnanschrift des Betroffenen beabsichtigt sei und ein Festnahmeversuch in der Wohnung der Antragsgegnerin nur stattfinde, sollte er in seiner eigenen Unterkunft nicht angetroffen werden. Eine Durchsuchung der genannten Räumlichkeiten werde nicht stattfinden, sollte der Betroffene vorab festgenommen werden. Dafür, dass in der zu betretenden und durchsuchenden Wohnung der Antragsgegnerin andere vulnerable Personen anzutreffen wären, lägen in der Ausländerakte keine Nachweise vor. Die Durchsuchung der genannten Räumlichkeiten sei zur Ergreifung der ausreisepflichtigen Person zwecks Abschiebung erforderlich, weil diese ihrer Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen sei (§ 58 Abs. 3 Nr. 2 AufenthG). Ein milderes, gleich effektives Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks sei nicht erkennbar. Von einer Anhörung der Antragsgegnerin sowie der Bekanntgabe der richterlichen Entscheidung an diese müsse ferner abgesehen werden, weil dies erforderlich sei, um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden. Weiterhin sei auf die neu eingeführte Vorschrift des § 97a AufenthG verwiesen.
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Mit Beschluss vom 4. Dezember 2024 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.
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Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
9
Der Antrag ist zulässig und begründet.
10
Nach Art. 13 Abs. 2 GG bedarf die Durchsuchung einer Wohnung zum Zwecke der Verwaltungsvollstreckung – außer bei Gefahr im Verzug – der gerichtlichen Anordnung (vgl. BVerfG, B.v. 3.4.1979 – 1 BvR 994/76 – BVerfGE 51, 97). Für den Antrag auf richterliche Durchsuchungsanordnung ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (vgl. hierzu nunmehr BVerwG, B.v. 19.10.2022 – 1 B 65.22 – juris).
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Der zulässige Antrag ist auch begründet.
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Der Antragsgegner ist hier antragsberechtigt, auch wenn die zu durchsuchende Wohnung in Bayern liegt und die Durchsuchung in Amtshilfe zu erfolgen haben wird. Nach § 58 Abs. 6 AufenthG liegt die Verantwortung für die Durchsuchung der Wohnung bei der die Abschiebung durchführende Behörde (vgl. VG Gießen, B.v.26.11.2019 – 6 N 4595/19 – juris Rn. 5)
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Der Antrag auf richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Abschiebung ist statthaft. Im Hinblick auf Art. 13 Abs. 2 GG dürfen Wohnungsdurchsuchungen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet werden (vgl. BVerfG, B.v. 17.3.2009 – 2 BvR 1940/05 – juris Rn. 21 f.). Dieser Richtervorbehalt ist für die vorliegend begehrte Durchsuchungsanordnung ausdrücklich in § 58 Abs. 8 Satz 1 AufenthG gesetzlich normiert.
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Die Wohnungsdurchsuchung findet ihre Rechtsgrundlage in § 58 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 8 AufenthG.
15
Nach § 58 Abs. 6 Satz 1 AufenthG kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen, soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen gemäß § 58 Abs. 6 Satz 2 AufenthG nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum, § 58 Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 5 Satz 3 AufenthG.
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Die Voraussetzungen des § 58 Abs. 6 Satz 2 AufenthG liegen hier vor.
17
Die Antragsgegnerin ist eine andere Person im Sinne der Vorschrift und die beantragte Durchsuchung dient nur zur Ergreifung eines abzuschiebenden Ausländers.
18
Der Asylantrag des betroffenen Ausländers wurde mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. Januar 2024 als offensichtlich unbegründet abgelehnt und die Abschiebung in sein Herkunftsland angedroht.
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Die Rechtsmäßigkeit des zugrundeliegenden vollstreckbaren Titels, nämlich der Bescheid des Bundesamtes vom 18. Januar 2024 ist nicht zu prüfen im vorliegenden Verfahren (vgl. BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 40 ff.). Denn Grundlage einer rechtmäßigen Verwaltungsvollstreckung ist allein die Wirksamkeit, nicht aber die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Verfügung (vgl. BVerwG, U.v. 25.9.2008 – 7 C 5.08 – juris Rn. 12).
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Der betroffene Ausländer ist vollziehbar ausreisepflichtig nach § 58 Abs. 2 AufenthG. Zwar hat der Betroffene am 22. Mai 2024 einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 AufenthG gestellt hat. Das Verwaltungsgericht D. … hat in seinem Beschluss vom 11. November 2024 – ... . … ausgeführt, dass für den Betroffenen kein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG besteht und infolge Ungültigwerdens seiner Aufenthaltsgestattung zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis diese ihm auch nicht die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts im Sinne des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vermitteln konnte. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts D. … im genannten Beschluss wird Bezug genommen.
21
Nach Aktenlage ist nicht davon auszugehen, dass der Betroffene freiwillig ausreist bzw. sich der Abschiebung stellt. Das ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem bisherigen Verlauf des Verfahrens. Der abzuschiebende Ausländer ist seit 1. März 2024 vollziehbar ausreisepflichtig. Er hat gegenüber dem Antragsteller bislang nicht signalisiert, der Abschiebungsandrohung in die T. … freiwillig Folge leisten zu wollen, sondern hat vielmehr nach Ablauf der Bedenkzeit hinsichtlich einer freiwilligen Ausreise auf eigene Kosten keine Rückmeldung gegeben. Dies lässt auf einen fehlenden Willen zur freiwilligen Ausreise schließen. In der vom Betroffenen unterschriebenen „Dokumentation Ausreiseplanungsgespräch“ hat er im Zusammenhang mit der erbetenen Bedenkzeit erklärt, dass für den Fall, dass bis zum Ablauf der Bedenkzeit kein Termin zur weiteren Planung der Ausreise vereinbart werde, die Behörde davon ausgehe, dass er nicht zur freiwilligen Ausreise bereit sei (Bl. 205 der Behördenakte).
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Duldungsgründe sind derzeit nicht ersichtlich, ein der Abschiebung des Betroffenen entgegenstehendes Abschiebungshindernis im Sinn von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor.
23
Ein solche ergibt sich insbesondere nicht im Hinblick darauf, dass der Betroffene seit 4. Mai 2024 mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist. Allein der Umstand, dass der Betroffene möglicherweise eine vorübergehende Trennung von seiner Ehefrau für die Dauer des Visumverfahrens hinnehmen muss, steht auch bei Berücksichtigung des Schutzes der Ehe durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK einer Abschiebung nicht entgegen (vgl. BVerwG, U.v. 11.1.2011 – 1 C 23.09 – juris Rn. 34), Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass eine Ausreise des Betroffenen für die Durchführung des Visumsverfahrens zu einer unzumutbar langen Trennung führen würde. Ergänzend wird auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts D. … in seinem Beschluss vom 11. November 2024 – ... . … Bezug genommen. Eine Glaubhaftmachung, dass die Antragsgegnerin aus gesundheitlichen Gründen auf den Beistand ihres Ehemannes im Bundesgebiet angewiesen ist, ist weiterhin nicht erfolgt. Hinsichtlich des mit Bescheid des Bundesamts vom 18. Januar 2024 festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbot in Höhe von 42 Monaten wird darauf hingewiesen, dass der betroffene Ausländer es selbst in der Hand hat, freiwillig auszureisen, um das Visumverfahren nachzuholen und dem Einreise- und Abschiebungsverbot aufgrund einer Abschiebung zu entgehen.
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Im Hinblick auf das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 GG) erfordert der Zweck der Ergreifung und Durchführung der Abschiebung des Betroffenen die Durchsuchung der Wohnung der Antragsgegnerin. Das Recht der Antragsgegnerin auf Unverletzlichkeit ihrer Wohnung (Art. 13 GG) muss unter den genannten Voraussetzungen angesichts der vom Antragsteller hier im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzenden öffentlichen Interessen zurücktreten. An der Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer besteht ein dringendes öffentliches Interesse. Dieses öffentliche Interesse wird durch § 58 Abs. 5 ff. AufenthG als bundesgesetzliche Rechtsgrundlage für das Betreten und die Durchsuchung von Wohnungen zum Zweck der Ergreifung abzuschiebender Ausländer bekräftigt.
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Umstände, aufgrund derer eine Wohnungsdurchsuchung vorliegend als nicht verhältnismäßig erscheinen würde, sind nicht erkennbar. Die Durchsuchung der Wohnung der Antragsgegnerin ist zur Ergreifung des Betroffenen geeignet, da Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass er sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Bei dem Abzuschiebenden handelt es sich um den Ehemann der Antragsgegnerin. Auch wenn der Betroffene einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen ist, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass er sich bei seiner Ehefrau aufhält. Aus der Behördenakte geht hervor, dass der Betroffene mehrfach bei der Ausländerbehörde den Wunsch äußerte, zu seiner Ehefrau, der Antragsgegnerin, zu ziehen. Es bestehen damit konkrete Anhaltspunkte, dass man dem Betroffenen ohne eine Durchsuchung der Wohnung der Antragsgegnerin nicht habhaft würde. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird dadurch Rechnung getragen, dass ein Festnahmeversuch laut Antragsbegründung nur stattfindet, falls der Betroffene in der eigenen Unterkunft nicht angetroffen wird.
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Etwaige Mitbewohner der Antragsgegnerin (vgl. Meldebescheinigung, Bl. 305 der Behördenakte) können sich der Anordnung der Durchsuchung gegenüber der Antragsgegnerin unter Berufung auf Art. 13 GG nicht widersetzen (BayVGH, B.v. 29.3.1994 – 4 C 94.1274 – juris; VG Bremen, B.v. 18.6.2024 – 2 E 1439/24 – juris Rn. 19). Anhaltspunkte für das Antreffen vulnerabler Personen in der Wohnung der Antragsgegnerin bestehen nicht.
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Eine Durchsuchung zur Nachtzeit wurde vom Antragsteller nicht beantragt und wird vom vorliegenden Beschluss nicht umfasst, § 58 Abs. 7 AufenthG.
28
Von einer Zustellung des Antrags an die Antragsgegner, von deren Anhörung und von der unverzüglichen Zustellung des Beschlusses durch das Gericht kann vorliegend ausnahmsweise abgesehen werden. Zwar gebietet Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich die vorherige Anhörung des Vollstreckungsschuldners. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann jedoch in besonderen Verfahrenslagen einen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt (BVerfG, B.v. 16.6.1982 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 54 mit Verweis auf die eigene Rspr.). In diesen Fällen ist der Betroffene auf nachträglichen Rechtsschutz zu verweisen (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2015 – 1 BvR 625/15 – juris Rn. 19). Gerade bei einer vom Vollstreckungsgläubiger beantragten richterlichen Anordnung der Durchsuchung wird eine vorherige Anhörung des Vollstreckungsschuldners in vielen Fällen den Vollstreckungserfolg gefährden (vgl. VG Augsburg, B.v. 12.1.2009 – Au 7 V 09.8 – juris Rn. 16). Die Gefährdung des Vollstreckungserfolgs, die Durchsuchung der betreffenden Wohnung zwecks Ergreifung des Betroffenen, durch eine vorherige Anhörung der Antragsgegnerin, steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Es ist davon auszugehen, dass sich der Abzuschiebende der Abschiebung entziehen würde, wenn er Kenntnis von der geplanten Maßnahme erhielte. Somit kann ohne Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG von einer Anhörung vor Erlass der Durchsuchungsgestattung abgesehen werden.
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Um den Erfolg der Durchsuchung nicht zu gefährden, wird der Antragsteller im Wege der Amtshilfe gemäß § 14 VwGO beauftragt, der Antragsgegnerin diesen Beschluss im Wege der Amtshilfe gemäß § 14 VwGO unmittelbar bei Beginn der Durchsuchung durch Übergabe zuzustellen bzw. zustellen zu lassen (§ 173 VwGO i.V.m. § 168 Abs. 2 ZPO analog).
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Da die richterliche Prüfung der Rechtmäßigkeit der Wohnungsdurchsuchung die Einhaltung der (verfassungs-)rechtlichen Grundlagen nicht für unabsehbare Zeit gewährleisten kann, war die Durchsuchungsanordnung – wie tenoriert – zu befristen (vgl. BVerfG, B.v. 27.5.1997 – 2 BvR 1992/92 – juris Rn. 25 ff.).
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Einer Kostenentscheidung und damit auch einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da mangels eines Gebührentatbestandes im Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz für Verfahren nach § 58 Abs. 6 AufenthG keine Gebühren anfallen. Außergerichtliche Kosten sind angesichts der fehlenden Beteiligung der Antragsgegnerin an dem Verfahren und dem deshalb fehlenden kontradiktorischen Charakter des Verfahrens nicht zu erstatten.