Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 26.11.2024 – W 4 K 23.1629
Titel:

Nachbarklage gegen Baugenehmigung für Neubau einer Wohnanlage

Normenketten:
BauGB § 34
BayDSchG Art. 6
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind, sodass es nicht genügt, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht, auch nicht teilweise dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein "Gebietsprägungserhaltungsanspruch" aus § 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO (iVm § 34 Abs. 2 BauGB) – sei es als eigenständiger Anspruch, sei es als Bestandteil des Rücksichtnahmegebots (mit dann zu fordernder "fühlbarer" Beeinträchtigung des Nachbarn) – kann von vornherein nur einschlägig sein, wenn das den Vorgaben gem. §§ 2–14 BauNVO (hier iVm § 34 Abs. 2 BauGB) an sich entsprechende Bauvorhaben bei typisierender Betrachtung gleichwohl als gebietsunverträglich zu bewerten ist, weil es der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebiets widerspricht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude "eingemauert" oder "erdrückt" wird. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
5. Dem Denkmaleigentümer kann im Rahmen des sogenannten Umgebungsschutzes nach Art. 6 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 BayDSchG ein Abwehrrecht gegen eine Baumaßnahme in der Nähe des Baudenkmals zukommen, wenn sich diese auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals auswirkt; der Denkmaleigentümer ist jedoch in seinen Rechten nur dann verletzt, wenn das genehmigte Vorhaben die Denkmalwürdigkeit des benachbarten Anwesens erheblich beeinträchtigt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rücksichtnahmegebot, Eingeschränkter Drittschutz denkmalschutzrechtlicher Vorschriften, Nachbarklage, Baugenehmigung, Drittschutz, Nachbarschutz, bauaufsichtliches Einschreiten, maßgeblicher Zeitpunkt, Gebietserhaltungsanspruch, Gebietsprägungserhaltungsanspruch, Baudenkmal, Denkmalschutz, Denkmalwürdigkeit, Zweckbestimmung, nachbarschützende Normen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 37731

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Baugenehmigung für den Neubau einer Wohnanlage mit zehn Wohneinheiten, welche der Beklagte dem Beigeladenen erteilt hat.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …9 der Gemarkung W. Auf diesem Grundstück befindet sich eine ehemalige S. , die unter Denkmalschutz steht.
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Unter dem 17. Februar 2022 beantragte der Beigeladene beim Beklagten eine Baugenehmigung für den Neubau einer Wohnanlage mit zehn Wohneinheiten auf dem Nachbargrundstück Fl.Nr. …1 der Gemarkung W. (K. S....).
4
Das Bauvorhaben befindet sich im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB und im Geltungsbereich einer Gestaltungssatzung. Ferner liegt das Grundstück im Einzugsbereich eines integrierten Stadtentwicklungskonzepts.
5
Mit Bescheid vom 3. November 2023 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen die streitgegenständliche Baugenehmigung sowie die beantragten Abweichungen von den Festsetzungen der Gestaltungssatzung der Gemeinde W. Unter dem 29. November 2023 ließ der Kläger Klage erheben mit dem Antrag, die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Beklagten vom 3. November 2023 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde in mehreren Schriftsätzen vorgetragen, dass das Vorhaben ohne Not das Baudenkmal erdrücke und verdränge, obwohl das vom Beigeladenen angestrebte Raumprogramm durch eine denkmalschonende Bauweise zu erzielen sei. Zudem werde das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, da das Bauvorhaben wesentliche Teile der Fassade der ehemaligen S. verdecke.
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Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen und verwies zur Begründung auf die Ausführungen in der streitgegenständlichen Baugenehmigung.
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Das Gericht hat am 12. November 2024 einen Augenschein durchgeführt, um sich einen Überblick über die örtlichen und baulichen Verhältnisse im Bereich des Grundstücks Fl.Nr. …1 der Gemarkung W. zu verschaffen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Behördenakten sowie auf das Protokoll über den Augenschein Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten hierauf im Rahmen des durchgeführten Augenscheintermins verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Zwar hat der Klägervertreter mit Schreiben vom 15. November 2024 erneut eine mündliche Verhandlung beantragt, er hat dabei allerdings verkannt, dass nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung der Verzicht auf die mündliche Verhandlung weder anfechtbar noch widerruflich ist (vgl. Schübel/Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 101 Rn. 7 m.w.N.). Der Klägervertreter hat im Augenscheintermin ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, was er auch in seinem Schriftsatz vom 15. November 2024 nicht bestreitet. Damit war das Verfahren kraft Einverständnisses der Beteiligten im schriftlichen Verfahren fortzuführen (Dolderer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 101 Rn. 17). Einer besonderen Anordnung durch Beschluss, wie im Zivilprozess nach § 128 Abs. 2 Satz 2 ZPO üblich (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 45. Aufl. 2024, § 128 Rn. 32), bedurfte es nicht. Das Verfahren der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung hat für den Verwaltungsprozess in § 101 Abs. 2 VwGO eine eigenständige Regelung erfahren, die für eine ergänzende Anwendung des § 128 Abs. 2 ZPO keinen Raum lässt (BVerwG, B.v. 15.5.2014 – 9 B 57/13 – juris). Der Verzicht auf mündliche Verhandlung ist danach eine auf die nächste Entscheidung des Gerichts bezogene, grundsätzlich unwiderrufliche Prozesshandlung (BVerwG, B.v. 8.7.2008 – 8 B 29.08 – juris m.w.N.). Zwar steht es auch nach einem Verzicht im Ermessen des Gerichts, ob es ohne mündliche Verhandlung entscheidet (BVerwG, B.v. 1.3.2006 – 7 B 90.05 – juris). Der Klägervertreter hat indes keinerlei substantiierten Vortrag dargetan, der einen solchen Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung rechtfertigen könnte. Insbesondere stellen seine Behauptungen, die frühere Sachbearbeiterin hätte den angefochtenen Bescheid so sicher nicht erlassen, lediglich Behauptungen ins Blaue hinein dar, die schon deshalb in keinster Weise „dringend erörterungsbedürftig“ sind. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung des Landratsamts K. vom 3. November 2023 und nicht die Frage, ob ein anderer Sachbearbeiter beziehungsweise eine andere Sachbearbeiterin den streitgegenständlichen Bescheid ebenso mit diesem Inhalt erlassen hätte.
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Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang indes auch die Behauptung des Klägervertreters, falls das Gericht nicht wieder in die mündliche Verhandlung eintrete, wäre das rechtliche Gehör verletzt.
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Der nach Artikel 103 Abs. 1 GG grundsätzlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör, der in § 108 Abs. 2 VwGO nochmals speziell für Tatsachenfeststellungen wiederholt wird, garantiert den Prozessbeteiligten, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung äußern zu können. Die Ablehnung eines Antrags auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kann unter Berücksichtigung dessen daher einen Gehörsverstoß begründen. Die Wiedereröffnung ist allerdings dann nicht geboten, wenn das Gericht nachgelassenen Schriftsätzen kein wesentlich neues Vorbringen entnehmen kann (BVerwG, B.v. 5.11.2001 – 9 B 50/01 – juris) und deshalb seine Entscheidung nicht darauf stützt. Dies ist vorliegend der Fall, zumal der Vortrag des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 15. November 2024 lediglich aus Spekulationen und Vermutungen besteht, die für das vorliegende Verfahren, wie gezeigt, in keinster Weise relevant sind.
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2. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Der Kläger wird durch die dem Beigeladenen vom Landratsamt K. erteilte Baugenehmigung vom 3. November 2023 nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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3. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht, auch nicht teilweise dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt sind.
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Weiter ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96, NVwZ 1998, 58 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3; VG Würzburg, U.v. 8.11.2016 – W 4 K 16.418 – juris Rn. 17).
18
Schließlich gilt es zu berücksichtigen, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung maßgeblicher Zeitpunkt bei baurechtlichen Nachbarklagen grundsätzlich der der Genehmigungserteilung ist (vgl. hierzu etwa BVerwG, B.v. 23.4.1998 – 4 B 40.98 – NVwZ 1998, 1179; BVerwG, U.v. 20.8.2008 – 4 C 11.07 – BVerwGE 131, 352; BayVGH, B.v. 6.11.2008 – 14 ZB 08.2326 – juris Rn. 4).
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4. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben und der im Rahmen des Augenscheintermins vor Ort festgestellten örtlichen und baulichen Verhältnisse, liegt eine Rechtsverletzung des Klägers durch die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung nicht vor. Die Baugenehmigung verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften, die im vorliegend einschlägigen Genehmigungsverfahren zu prüfen waren.
20
Im einstweiligen Rechtschutzverfahren (Az.: W 4 S 23.1630) hat die Kammer in ihrem Beschluss vom 24. Januar 2024 Folgendes ausgeführt:
„Der Antragsteller kann sich zunächst nicht auf eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs berufen.
Der Gebietserhaltungsanspruch, auch Gebietsbewahrungsanspruch genannt, gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen (vgl. BayVGH, B.v. 27.12.2017 – 15 CS 17.2061 – juris Rn. 16). Dieser Anspruch gilt auch im faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 9 CS 17.2482 – juris Rn. 15).
Der Gebietserhaltungsanspruch ist vorliegend nicht verletzt. Das Vorhabengrundstück sowie das Grundstück des Antragstellers sind im unbeplanten Innenbereich gelegen, im Ortskern von W. Laut Vortrag des Antragsgegners, der vom Antragsteller nicht bestritten wird, befinden sich in der Umgebung neben Wohngebäuden, landwirtschaftliche Hofstellen, ein Lebensmittelgeschäft, eine Gaststätte, das Rathaus der Gemeinde W. und diverse Nebengebäude. Zu Recht geht der Antragsgegner daher bauplanungsrechtlich von einem faktischen Dorfgebiet i.S. von § 5 BauNVO aus, in dem die Wohnnutzung allgemein zulässig ist. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs durch das streitgegenständliche Vorhaben scheidet damit aus.
Auch von einer Verletzung des Gebietsprägungserhaltungsanspruchs ist nicht auszugehen.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Aus den Ausführungen im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2002 (4 B 86.01 – NVwZ 2002, 1384 f.) zu § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist teilweise der Schluss gezogen worden, das Bauplanungsrecht beinhalte neben dem Gebietserhaltungsanspruch, dem Abwehranspruch wegen Verletzung einer (sonstigen) drittschützenden Festsetzung des Bebauungsplans und dem Abwehranspruch wegen Verletzung des Rücksichtnahmegebots auch einen hiervon unabhängigen „Gebietsprägungserhaltungsanspruch“, wonach ein Vorhaben, das im konkreten Baugebiet hinsichtlich der Nutzungsart an sich entweder allgemein oder ausnahmsweise zulässig ist, gleichwohl als gebietsunverträglich vom Nachbarn im (auch faktischen) Plangebiet abgewehrt werden können soll, wenn es der allgemeinen Zweckbestimmung des maßgeblichen Baugebietstyps widerspreche, wenn es also – bezogen auf den Gebietscharakter des Baugebietes, in dem es verwirklicht werden soll – aufgrund seiner typischen Nutzungsweise störend wirke und deswegen gebietsunverträglich sei (BayVGH, B.v. 4.11.2009 – 9 CS 09.2422 – juris Rn. 11 ff.; VG Neustadt a.d.W., U.v. 26.3.2019 – 5 K 1482/18.NW – juris Rn. 39, unter Verweis u.a. auf die Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz; Decker, JA 2007, 55 ff.; Stühler, BauR 2011, 1576/1579 f.; Kremer, jurisPR-ÖffBauR 8/2019 Anm. 5). Von anderer Seite wird demgegenüber die rechtliche Existenz eines eigenständigen bauplanungsrechtlichen „Gebietsprägungserhaltungsanspruch“ angezweifelt und die vom Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2002 entwickelten Grundsätze als Maßgaben für die Anwendung des (nachbarschützenden) Rücksichtnahmegebots – etwa im Anwendungsbereich von § 31 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB (vgl. z.B. VG Ansbach B.v. 4.5.2015 – AN 9 S 15.00693 – juris Rn. 98) – verstanden (vgl. OVG SH., B.v. 8.1.2018 – 1 MB 23/17 – juris Rn. 6 f.; Hofmann, BauR 2010, 1859 ff.; ebenso zweifelnd, i.E. offenlassend BayVGH, B.v. 9.10.2012 – 2 ZB 11.2653 – juris Rn. 7 ff.; B.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1916 – juris Rn. 13; B.v. 8.1.2019 – 9 CS 17.2482 – BayVBl 2019, 349 – juris Rn. 16).
Unabhängig von dieser Streitfrage kann ein „Gebietsprägungserhaltungsanspruch“ aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO (i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB) – sei es als eigenständiger Anspruch, sei es als Bestandteil des Rücksichtnahmegebots (mit dann zu fordernder „fühlbarer“ Beeinträchtigung des Nachbarn) – von vornherein nur einschlägig sein, wenn das den Vorgaben gemäß §§ 2 bis 14 BauNVO (hier i.V.m. § 34 Abs. 2 BauGB) an sich entsprechende Bauvorhaben bei typisierender Betrachtung gleichwohl als gebietsunverträglich zu bewerten ist, weil es der allgemeinen Zweckbestimmung des Baugebiets widerspricht. Für ein vom Antragsteller behauptetes (nachbar-) rechtswidriges Umschlagen von Quantität in Qualität in diesem Sinne müsste das Bauvorhaben die Art der baulichen Nutzung derart erfassen oder berühren, dass bei typisierender Betrachtung im Ergebnis ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets angenommen werden müsste (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3.94 – NVwZ 1995, 899 = juris Rn. 17). Da es sich bei § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO um eine Ausnahmevorschrift zur Art der baulichen Nutzung handelt, ist ein solcher Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets aber nur unter strengen Voraussetzungen anzunehmen. Der Widerspruch der hinzukommenden baulichen Anlage oder deren Nutzung muss sich daher bei objektiver Betrachtungsweise offensichtlich aufdrängen; dass das Neubauvorhaben oder die neue Nutzung nicht in jeder Hinsicht mit der vorhandenen Bebauung im Einklang steht, genügt dafür nicht (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10; Kremer, jurisPR-ÖffBauR 8/2019 Anm. 5; am Beispiel eines Asylbewerberheims vgl. auch OVG Rh-Pf, B.v. 8.12.2016 – 8 A 10680/16 – juris Rn. 11 f.).
Selbst wenn man die Existenz eines Gebietsprägungserhaltungsanspruchs grundsätzlich bejahen würde, ist vorliegend nicht von einer Verletzung desselben auszugehen.
So ist bereits nicht erkennbar, wie eine Wohnnutzung aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise im Dorfgebiet störend wirken könnte. Die Zahl der Wohnungen ist jedenfalls im Anwendungsbereich des § 34 BauGB kein Kriterium, das die Art der baulichen Nutzung prägt (siehe BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 13). Das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung kennen auch keine Unterscheidung zwischen Wohnen in Einfamilienhäusern und Wohnen in Mehrfamilienhäusern. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum das Wohnen in Mehrfamilienhäusern gegenüber einem Wohnen in Einfamilienhäusern negativ zu beurteilen sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2021 – 15 ZB 20.3151).
Von einem Umschlagen „Quantität in Qualität“ kann angesichts der Dimensionierung von zehn Wohneinheiten nicht ausgegangen werden; das streitgegenständliche Vorhaben weist keine Merkmale auf, die es rechtfertigen würden, allein aufgrund der Anzahl der Wohneinheiten und der hiermit verbundenen Folgebelastungen gegenüber Einfamilienhäusern von einer qualitativ anderen Nutzungsart auszugehen. Die Ausmaße des Gebäudes sind hierbei von vornherein nicht zu berücksichtigten, da § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO gerade nicht das Maß der baulichen Nutzung betrifft (siehe hierzu BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 9 CS 17.2483 – BayVBl. 2019, 349 – juris m.w.N.; B.v. 22.6.2021 – 9 ZB 21.466 – juris Rn. 8 m.w.N.). Ein Widerspruch zur Zweckbestimmung ist somit nicht erkennbar; das streitgegenständliche Vorhaben, das in einem faktischen Dorfgebiet allgemein zulässig ist, wahrt vielmehr gerade die Zweckbestimmung des Baugebietes, womit ein Gebietsprägungserhaltungsanspruch zwangsläufig ausscheidet (siehe BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 13).
Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 3. November 2023 verstößt schließlich auch nicht gegen sonstige drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
Das Maß der baulichen Nutzung, die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, und die Bauweise (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) sind nicht drittschützend (BayVGH, B.v.12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – BeckRS 2013, 56189 Rn. 3; BayVGH, B.v. 20.5.2020 – 9 ZB 18.2585 – BeckRS 2020, 14735 Rn. 5), weshalb sich der Antragsteller auf eine subjektive Rechtsverletzung diesbezüglich nicht berufen kann. Es kann daher dahinstehen, ob sich das Bauvorhaben im Hinblick auf die Zahl der Vollgeschosse, die Grundflächen und die Höhenentwicklung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.
Der Antragsteller ist damit auf das drittschützende bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verwiesen. Dieses ist aller Voraussicht nach nicht verletzt.
Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zumutbar ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – juris, Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4). Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215.96 – juris Rn. 9). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn aber nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2011 – 15 CS 11.1101 – juris Rn. 17). Eine Veränderung der Verhältnisse durch ein Vorhaben, das den Rahmen der Umgebungsbebauung wahrt und städtebaulich vorgegeben ist, ist regelmäßig als zumutbar hinzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 6).
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1981 – 4 C 1.78 – juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 – 4 C 34.85 – juris Rn. 15: Drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2015 – 9 CS 14.2441 – juris Rn. 31; B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12 m.w.N.). Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist somit grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris Rn. 5).
Unter Anwendung dieser Grundsätze geht vom streitgegenständlichen Vorhaben weder eine rücksichtslose erdrückende Wirkung aus, noch stellt es sich als rücksichtslos dar, weil es eine abriegelnde Wirkung erzeugen würde. Die Ausführungen des Antragsgegners, das beantragte Bauvorhaben befinde sich an seiner nordöstlichen Gebäudeecke ca. 9,50 m von der ehemaligen S. entfernt, die gesetzlichen Abstandsflächen nach der Bayerischen Bauordnung würden eingehalten und in Anbetracht der Höhe des beantragten Bauvorhabens und der Entfernung könne nicht von einer abriegelnden oder erdrückenden Wirkung in Bezug auf die ehemalige S. ausgegangen werden, sind seitens der Kammer nicht zu beanstanden. Zu Recht weist der Antragsgegner auch darauf hin, dass durch die Anordnung des beantragten Bauvorhabens und der beschriebenen Entfernung auch eine ausreichende Belichtung und Belüftung des Baudenkmals sichergestellt ist.
Anhaltspunkte für eine Verletzung in drittschützenden Rechten aufgrund eines Verstoßes gegen den Denkmalschutz liegen ebenfalls nicht vor (Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 BayDSchG).
Mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. U.v. 21.4.2009 – 4 C 3.08 – BVerwGE 133, 347; B.v. 16.11.2010 – 4 B 28.10 – BauR 2011, 657) wird zwar davon ausgegangen, dass dem Denkmaleigentümer im Rahmen des sogenannten Umgebungsschutzes nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG ein Abwehrrecht gegen eine Baumaßnahme in der Nähe des Baudenkmals zukommen kann, wenn sich diese auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals auswirkt. Dies ergibt sich einerseits aus seinen gesetzlichen Pflichten, das Denkmal zu erhalten und zu pflegen (Art. 4 BayDSchG), die Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen, und im Hinblick auf die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG andererseits, die verlangt, dass Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers vermeiden sowie die Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich erhalten (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris). Der Denkmaleigentümer ist jedoch in seinen Rechten nur dann verletzt, wenn das genehmigte Vorhaben die Denkmalwürdigkeit des benachbarten Anwesens erheblich beeinträchtigt (vgl. BayVGH, B.v. 22.6.2020 – 2 ZB 18.1193 – juris Rn. 15). Es wäre mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar, dem Eigentümer eines Baudenkmals einerseits Pflichten für dessen Erhaltung und Pflege aufzuerlegen, die mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden sein können, ohne ihm andererseits die Möglichkeit zu geben, rechtswidrige Beeinträchtigungen durch Vorhaben in seiner Umgebung, die seine Erhaltungsinvestitionen möglicherweise entwerten, abzuwehren. Darüber hinaus lässt sich dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz jedoch kein allgemeiner Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers entnehmen (vgl. BayVGH, U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – juris Rn. 21f).
Unter Beachtung dieser allgemeinen Ausführungen kann vorliegend nicht von einer Rechtsverletzung des Antragstellers ausgegangen werden, da durch die weise Verdeckung der Westfassade, die durch das beabsichtigte Bauvorhaben entsteht, das Baudenkmal nicht in seinem kunsthistorischen Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigt wird.
Dabei stützt sich die Kammer insbesondere auf die sachkundigen Ausführungen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, die im vorliegenden Verfahren vom Antragsgegner eingeholt wurden. Insbesondere die Stellungnahme des Oberkonservators, Dipl.-Ing. H. -C. H. , vom 6. Februar 2023 verdeutlicht dies nach Überzeugung der Kammer. Danach wurde die S. 1792/93 auf dem Grundstück eines Vorgängerbaus inmitten einer Siedlungsinsel errichtet, d.h. sie wirkte nicht unmittelbar in den öffentlichen Raum. Die repräsentative Hauptfassade sei die verputzte Südansicht, die eine klassizistische Fassadengliederung mit rahmenden Pilastern, einer horizontalen Gliederung mit Sockel, Gurt- und Dachgesims sowie Fensterschürzen im Obergeschoss aufweist. Die Südfassade sei zu dem eng eingebauten Hof orientiert und somit vom öffentlichen Raum nur sehr begrenzt einsehbar. Sie offenbare sich somit nur den S. -Besuchern. Die bauzeitliche Nord- und insbesondere auch die Westansicht zum Grundstück des Beigeladenen hin seien als einfache Sandsteinquaderfassungen mit relativ unregelmäßigen Steinlagen- und -formaten errichtet, die keine Schmuckelemente zeigten. Die bauzeitliche Westfassade sei wohl analog errichtet worden. Bei der durch einen Blitzeinschlag erforderlichen Erneuerung 1887/88 sei die Westfassade in derselben einfachen Gestaltung erbaut worden, das unverputzte Sandsteinmauerwerk sei nun in regelmäßigen horizontalen Lagen aufgeführt. Die Fenstergewände besäßen einen umlaufenden Falz für die Fensterläden, auf eine Architekturgliederung durch Lisenen und Gesimse oder ähnliches sei vollständig verzichtet worden. Somit habe die repräsentative Südfassade keine Konkurrenz erhalten und bleibe die Hauptansicht der S. Diese schlüssigen und für die Kammer gut nachvollziehbaren Ausführungen lassen zweifellos nicht den Schluss zu, dass die teilweise Verdeckung der Westfassade zu einer erheblichen Beeinträchtigung im obengenannten Sinn führen werde.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schriftsatz des Antragstellervertreters vom 22. Dezember 2023, denn dort wird verkannt, dass das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege als berufene Fachbehörde, die über ausreichenden und geschulten Sachverstand verfügt, gerade nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung ausgegangen ist. Die Einwendung des Antragstellervertreters, der Synagoge werde durch den Neubau jeder Achtungsanspruch genommen, stellt somit eine laienhafte, bloß andere Beurteilung dar, die nicht ausreichend berücksichtigt, dass lediglich die Westfassade des Baudenkmals durch das beantragte Bauvorhaben aus der orthogonalen Sicht der K. S. teilweise verdeckt wird. Angesichts der einfachen Sandsteinquader-Fassade und der relativ unregelmäßigen Steinlagen- und -formaten wiegt die Beeinträchtigung jedenfalls nicht so schwer, dass insgesamt von einer Erheblichkeit derselben ausgegangen werden kann“.
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Insbesondere unter Berücksichtigung des Eindrucks, den die Kammer im Rahmen des Augenscheins gewonnen hat, wird an diesen Ausführungen festgehalten. Von einer erheblichen Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des klägerischen Anwesens kann danach keine Rede sein.
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Bestätigt sieht sich die Kammer in ihrer Auffassung auch durch die Stellungnahme des Generalkonservators Prof. Dipl.-Ing. Architekt M. P. vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege vom 13. Februar 2023. Er führt aus, dass die jüdische Gemeinde die S. 1792/93 an Stelle eines Vorgängerbaus errichtet habe. Sie stand daher, wie viele Lands. des 18. Jahrhunderts, nicht in einer prominenten städtebaulichen Situation, sondern in einem Hinterhof in Mitten einer historischen Siedlungsinsel. Somit wirkte die S. eben nicht in den öffentlichen Raum, sondern offenbarte ihre nach Süden gerichtete klassizistische Schaufassade mit aufwendiger Pflastergliederung nur den Angehörigen der Kultusgemeinde, die den S. hof über einen schmalen Weg erreichten. Die vom Klägervertreter als Schaufassade bezeichnete Westwand sei nach einem Blitzeinschlag als einfache Sandsteinquader-Fassade 1888 neu aufgeführt worden und entsprechend der Nord- und Ostfassade. Sie weise weder eine repräsentative Gestaltung auf, noch zeuge sie von einem neuen Verständnis der jüdischen Gemeinschaft. Der Generalkonservator kommt daher zu dem Ergebnis, dass eine Bebauung des Grundstücks „K. S. *“ aus denkmalfachlicher Sicht grundsätzlich zu begrüßen sei.
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Von einem „Zubauen“, wie vom Klägervertreter mehrfach behauptet, kann daher keine Rede sein. Zwar mag eine neue Bebauung von einem gewissen Standpunkt aus eine Sichtbeeinträchtigung auf das Baudenkmal darstellen, dies allein genügt jedoch nicht, die Schwelle der Erheblichkeit zu überschreiten. Dass das Bauvorhaben des Beigeladenen das denkmalgeschützte Anwesen des Klägers optisch marginalisieren würde, ist nach dem von der Kammer durchgeführten Augenschein ebenso nicht ersichtlich.
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5. Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Stellungnahme des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 15. November 2024, lässt er doch dabei die Stellungahme des Oberkonservators Dipl.-Ing. H. -C. H. vom 6. Februar 2023, wie auch die Stellungnahme des Generalkonservators Prof. Dipl.-Ing. Architekt M. P. vom 13. Februar 2023 völlig außer Acht. Diese beiden Stellungahmen gehen, hierauf sei nochmals hingewiesen, übereinstimmend davon aus, dass die ehemalige S. niemals unmittelbar in den öffentlichen Raum wirkte. Eine beabsichtigte Sichtbeziehung zur K. S. , wie sie vom Klägervertreter behauptet wird, kann nicht belegt werden und wird auch bis heute nicht belegt.
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6. Eine Verletzung sonstiger nachbarschützender Vorschriften, die vorliegend im Genehmigungsverfahren zu prüfen waren, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
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Die Klage war demnach abzuweisen.
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7. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da der Beigeladene einen eigenen Sachantrag gestellt hat und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass der Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).
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8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.