Inhalt

OLG München, Beschluss v. 07.10.2024 – 21 U 454/23 e
Titel:

Wesentliche Beeinträchtigung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kostenentscheidung, Änderung der Rechtsauffassung, Landgerichte, Streitwert, Kosten des Berufungsverfahrens, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Entscheidungsgründe, Landgerichtsurteil, Rechtsmittel, Aussicht auf Erfolg, Sicherheitsleistung, Grundstück, Entscheidung des Landgerichts, Entscheidung des Berufungsgerichts, Ordnungsgeld, Beurteilungsmaßstab, Hinweisbeschluss, Gegenerklärung

Schlagworte:
Berufungszurückweisung, Landgericht Ingolstadt, Störerhaftung, Hühnerzucht, Lärmbelästigung, Wesentliche Beeinträchtigung, Vorläufige Vollstreckbarkeit
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Urteil vom 23.12.2022 – 81 O 2243/21
Fundstelle:
BeckRS 2024, 37584

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 23.12.2022, Aktenzeichen 81 O 2243/21, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1
Abgekürzt nach § 522 Abs. 2 S. 4, Abs. 3, § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
I.
2
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 23.12.2022, Aktenzeichen 81 O 2243/21, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
3
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 12.08.2024 Bezug genommen, an dem auch im Hinblick auf die Ausführungen des Beklagten in der Gegenerklärung vom 30.09.2024 festgehalten wird. Zu einer Änderung der Rechtsauffassung des Senats besteht kein Anlass.
4
Im Hinblick auf den Schriftsatz des Beklagten vom 30.09.2024 sind noch folgende Anmerkungen veranlasst:
5
1. Es ist nicht zutreffend, dass weder das landgerichtliche Urteil noch der Beschluss des Senats dem Beklagten keine Kriterien nennen würde, an denen er sich zur Vermeidung eines Ordnungsgeldes orientieren könne. Richtig ist vielmehr, dass dem Beklagten als Störer die Art der Beseitigung selbst überlassen wird und ihm z.B. aufgezeigt wird, dass er die Hühnerzucht vor allem in Bezug auf die Anzahl der Hähne beschränken, das Gehege verlegen oder schalldämmende Maßnahmen vornehmen kann. Dass zur Erfüllung des Urteils nur die Beseitigung aller Hähne vom Grundstück des Beklagten und damit ein Komplettverbot seines Hobbys in Betracht komme, ist weder den Entscheidungsgründen des Landgerichts noch den Ausführungen des Senats zu entnehmen.
6
2. Eine Grenze nach Dezibel oder Anzahl der Hahnenschreie enthält das landgerichtliche Urteil nicht. Das Erstgericht hat aber insoweit nachvollziehbar und zutreffend ausgeführt, dass sich die wesentliche Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks nicht allein aus der Lautstärke des Krähens ergibt, so dass die Angabe dieser Parameter nicht veranlasst war. Maßgeblich für die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung war insbesondere das vom Landgericht anlässlich des Augenscheins festgestellte Konkurrenzkrähen der vorhandenen drei Hähne untereinander, die sich jeweils gegenseitig zu einem nahezu ununterbrochenen „Antwortkrähen“ animiert haben. Der Senat ist überzeugt davon, dass wenn der Kläger nur noch einen einzigen Hahn halten würde, keine wesentliche Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks mehr vorliegen würde. Die latente Gefahr, dass ein Hahn aus irgendeinem Anlass aus eigener Initiative kräht oder durch einen Hahnenschrei in größerer Entfernung provoziert wird, dürfte zu vernachlässigen sein.
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3. Dass jede Lärmquelle gesondert zu betrachten ist und die Wesentlichkeit der hier vorliegenden Geräuschbeeinträchtigung nicht durch Lärmquellen vollkommen anderer Art verneint werden kann, hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss unter Bezugnahme auf die landgerichtlichen Entscheidungsgründe bereits erörtert. Im Übrigen erwartet der Kläger auch nicht, dass sein Grundstück frei von jeglichen Schallimmissionen ist.
8
4. Das Landgericht hat keinen allein vom subjektiven Empfinden des entscheidenden Richters getragenen Beurteilungsmaßstab angelegt, weshalb die Entscheidung nicht willkürlich ist. Im Protokoll zum Augenschein vom 18.02.2022, Bl. 74 f. d.A. LG, wird vielmehr neutral festgestellt, wie die Verhältnisse vor Ort sind und was jeweils von den Tieren des Beklagten an den verschiedenen Standorten zu hören ist. Erst im Urteil findet sodann die Bewertung des Gerichts statt, dass das während des etwa einstündigen Aufenthalts vor Ort vorhandene, nahezu ununterbrochene, lautstarke Krähen der Hähne als wesentliche Beeinträchtigung zu qualifizieren sei. Wenn die vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht zutreffend wären, was aber vom Beklagten nicht behauptet wird, wäre durchaus eine Gegenbeweisführung möglich.
II.
9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
10
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
11
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, § 3 ZPO bestimmt.