Titel:
Keine Vergütungspflicht bei Leistungen, die über die Beauftragung hinausgehen
Normenkette:
BGB § 631 Abs. 1
Leitsatz:
Eine Vergütung für handwerkliche Tätigkeiten, die im ursprünglich abgeschlossenen Vertrag nicht enthalten waren und versehentlich ausgeführt wurden, schuldet der Auftraggeber nicht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Werkvertrag, Vergütungspflicht, Beweislast, Auftragsumfang, zusätzliche Leistungen
Vorinstanz:
AG Coburg vom 19.05.2023 – 23-7312588-28-N
Fundstelle:
BeckRS 2024, 37106
Tenor
1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 19.05.2023, Geschäftszeichen 23-7312588-28-N wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird auf 2.790,19 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Geltendmachung von vertraglichen Forderungen.
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Der Kläger und der Beklagte vereinbarten die Erbringung verschiedener Leistungen im Bereich Heizung und Sanitär im Zusammenhang mit einem Wohncontainer für einen Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen Die anschließend in der Rechnung des Klägers vom 12.07.2021, Rechnungsnummer 59/2021, aufgelisteten Leistungen wurden erbracht, und der Rechnungsbetrag bezahlt. Der Kläger stellte darüber hinaus mit Rechnung vom 10.01.2022, Rechnungsnummer 002/2022, für die dort aufgelisteten Arbeiten einen weiteren Betrag in Höhe von 2.790,19 € brutto in Rechnung. Diese Rechnung wurde trotz Aufforderung durch den Beklagten nicht beglichen.
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Der Kläger behauptet, er könne für die in der Rechnung mit der Nummer 002/2022 aufgelisteten Tätigkeiten die dort angegebene zusätzliche Vergütung verlangen, da diese über das ursprüngliche Angebot und die mit der Rechnung Nummer 59/2021 abgerechneten Leistungen hinausgehen. Sie seien vom Beklagten als zusätzliche Arbeiten verlangt worden. Die Arbeiten seien darüber hinaus notwendig, und der Werklohn ortsüblich und angemessen gewesen.
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Das Amtsgericht Coburg hat gegen den Beklagten am 19.05.2023 einen Vollstreckungsbescheid mit dem Geschäftszeichen 23-7312588-28-N erlassen, welcher dem Beklagten am 09.06.2023 zugestellt wurde. Am 12.06.2023 hat der Beklagte gegen diesen Einspruch eingelegt.
Der Vollstreckungsbescheid gegen den Beklagten bleibt aufrechterhalten.
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Der Beklagte beantragt,
Die Klage wird abgewiesen.
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Der Beklagte trägt vor, sämtliche Positionen in der Rechnung mit der Nummer 002/2022 seien schon vor Auftragsvergabe erläutert worden, und seien von Anfang an beauftragt gewesen. Die Rechnung mit der Nummer 59/2021 sei somit die Rechnung über sämtliche vorzunehmenden Arbeiten gewesen. Die Zusatzarbeiten, so wie in der Rechnung Nummer 002/2022 aufgelistet, seien im ursprünglichen Auftrag enthalten gewesen. Die gesamte Arbeit des Klägers sei also mit Rechnung Nummer 59/2021 vollständig abgegolten gewesen.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird zur Ergänzung des Tatbestands auf das Sitzungsprotokoll vom 08.02.2024, 16.05.2024, und vom 27.06.2024, sowie die zwischen den Parteien gewechselten und zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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I. Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht München ist insbesondere gemäß §§ 12, 13 ZPO und §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sowohl örtlich, als auch sachlich zuständig.
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II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 2.790,19 € aus Vertrag.
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1. Zwischen den Parteien wurde unstreitig ein Werkvertrag mit der Erbringung von verschiedenen Tätigkeiten durch den Kläger betreffend den Wohncontainer für den Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen iereinbart.
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Die in der Rechnung vom 12.07.2021, Nummer 59/2021, aufgelisteten Leistungen wurden im Rahmen des geschlossenen Vertrages auch erbracht und bezahlt.
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2. Der Kläger hat darüber hinaus keinen Anspruch auf die mit Rechnung vom 15.11.2021 geforderte Vergütung in Höhe von 2.790,19 € brutto für die in der Rechnung angegebenen Leistungen, da diesbezüglich seitens des darlegungs- und beweislastpflichtigen Klägers nicht nachgewiesen wurde, dass die dort aufgelisteten Leistungen nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung tatsächlich mit einer zusätzlichen Vergütung zu erbringen waren.
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a) Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge A.M. sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2024 dahingehend geäußert hat, er könne nicht sagen, wie Herr N und Herr etwas beauftragt hätten. Herr N habe ihm aufgesagt, was zu machen sei, und Herr SM sei dabei gewesen. Vorher hätten sich die beiden geeinigt, wie, das wisse er nicht. Er sei nicht dabei gewesen, als Herr Herrn N beauftragt, und den Umfang der Arbeiten erklärt habe. Er wisse auch nicht, welche Arbeiten Herr U. von Anfang an beauftragt habe. Auch habe er die Arbeiten ausgeführt, wie es Herr N gewünscht habe. Wann Herr N und Herr SM eine Rechnung gestellt hätten, das wisse er nicht. Er kenne den Inhalt nicht.
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Das Gericht hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen MiM, der seine Angaben ruhig und objektiv machte.
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Aus den Angaben des Zeugen ergibt sich hingegen nicht, wann welche konkreten Arbeiten zwischen den Parteien tatsächlich vereinbart wurden. Der Zeuge konnte insoweit nicht angeben, welche Vereinbarungen, insbesondere im Hinblick auf den Umfang der Arbeiten, zwischen den Parteien getroffen wurde. Der Zeuge M_war nach eigenen Angaben lediglich vor Ort, um die Arbeiten durchzuführen. Eine etwaige Vertretungsmacht, um im Namen des Klägers zu handeln, entsprechend etwaige Aufträge anzunehmen und diese anschließend durchzuführen, ergibt sich hieraus nicht.
18
b) Auch die informatorische Befragung des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2024 ergibt insoweit nicht, dass zwischen den Parteien für die in der Rechnung Nummer 002/2022 aufgelisteten Leistungen eine zusätzliche Vergütung vereinbart wurde.
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Der Kläger gab insoweit insbesondere an, er sei bei der Besprechung zwischen dem Zeugen M und dem Beklagten bei der Handhabung der Wände bzw. der Installation der Waschmaschine auf der anderen Seite und des äußeren Wasserhahns außen vor gewesen. Auch sei er nicht beauftragt gewesen, den Anschluss für die Waschmaschine zu installieren, und den Boden zu verlegen. Er denke, der Zeuge M habe gedacht, das sei im Auftrag drin.
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Es war nach Ansicht des Gerichts jedoch Sache des Klägers, den Zeugen M als dessen Gehilfen ordnungsgemäß zu beaufsichtigen und insoweit sicherzustellen, dass er die in Auftrag gegebenen Leistungen erbringt. Da es auch der Kläger ist, der Vertragspartner des Beklagten ist, kann er insoweit nicht bloß angeben, er sei „außen vor“. Vielmehr kann er eine zusätzliche Vergütung für die Leistungen laut Rechnungsnummer 002/2022 nur dann verlangen, wenn dies zwischen ihm und dem Beklagten tatsächlich vereinbart wurde. Die Durchführung von Leistungen durch den Zeugen AM ersetzt nicht die erforderliche vertragliche Vereinbarung durch die Parteien.
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Mangels Nachweises einer wirksam geschlossenen Vereinbarung für eine zusätzliche Vergütung bzgl. der Rechnung Nr. 002/2022 erbrachten Leistungen ist der Kläger auch nicht berechtigt, den streitgegenständlichen Betrag vom Beklagten zu fordern.
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c) Der weitere Zeuge T BM gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 16.05.2024 hingegen an, es habe die in der zweiten Rechnung aufgezählten Sachen so nicht gegeben. Es habe keine Sonderwünsche gegeben, sondern es sei alles beim Gespräch gesagt worden.
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Das Gericht hat keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, welcher seine Angaben nachvollziehbar und ohne erkennbaren Belastungseifer machte.
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Der Zeuge BM konnte hingegen den Sachverhalt, so wie vom Kläger behauptet, nicht bestätigen. Insbesondere ergibt sich aus der Zeugenaussage nicht, dass zwischen den Parteien die in der Rechnung Nr. 22/2022 aufgelisteten Leistungen nachträglich mit zusätzlicher Vergütung beauftragt wurden.
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d) Ebenso konnte der Beklagte im Rahmen seiner informatorischen Befragung während der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2024 den von der Klagepartei geschilderten Sachverhalt nicht bestätigen.
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Er gab vielmehr an, zum Kläger gesagt zu haben: „Komm mir nicht mit Zusatzarbeit“. Es habe keine Zusatzbesprechung im Nachhinein gegeben, auch nicht mit dem Zeugen M . Der Kläger habe vielmehr zugesagt, es werde keine weiteren Zahlungen geben.
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Dementsprechend ergibt sich kein Nachweis für die klägerische Behauptung, es handele sich bei den Leistungen, welche mit Rechnung Nr. 22/2022 aufgelistet werden, um solche die zwischen den Parteien zusätzlich mit zusätzlicher Vergütung vereinbart wurden.
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Der Kläger hat somit gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung des von ihm geforderten Betrag in Höhe von 2.790,19 €. Die Klage war demnach im vollen Umfang unbegründet.
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Die Kostenentscheidung beruht teilweise auf § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, da die Klage gegenüber der ursprünglichen Beklagten zu 1) mit Schriftsatz vom 01.02.2024 zurückgenommen wurde. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11. 711 ZPO.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.
Rechtsbehelfe, die durch eine Rechtsanwältin, einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument einzureichen, es sei denn, dass dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. In diesem Fall bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wobei die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen ist. Auf Anforderung ist das elektronische Dokument nachzureichen.
Elektronische Dokumente müssen
- mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
- auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
- an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.
Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.