Titel:
Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss
Normenkette:
VwGO § 151, § 162 Abs. 1, § 165
Leitsätze:
1. Gutachterkosten eines Planungsträgers, der seine Planung im gerichtlichen Verfahren verteidigt oder plausibilisiert, gehören grundsätzlich nicht zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen iSd § 162 Abs. 1 VwGO. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da im Verwaltungsprozess der Untersuchungsgrundsatz gilt und der maßgebliche Sachverhalt vAw zu erforschen und der Umfang der Beweisaufnahme dementsprechend vom Gericht zu bestimmen ist, stellen Aufwendungen für ein Privatgutachten zu tatsächlichen Fragen im Grundsatz keine notwendigen Aufwendungen iSd § 162 Abs. 1 VwGO dar. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Einholung eines Privatgutachtens durch eine Partei ist ausnahmsweise dann als notwendig anzuerkennen, wenn die Partei mangels genügender eigener Sachkunde die ihr Begehren tragenden Behauptungen nur mithilfe eines Privatgutachtens darlegen oder unter Beweis stellen kann. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss, Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten des Vorhabenträgers im Planfeststellungsverfahren, Aufwendungen für die Teilnahme von Sachverständigen des Vorhabenträgers an der mündlichen Verhandlung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36877
Tenor
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens.
III. Der Gegenstandswert wird auf 14.997,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Beklagte wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. September 2024, soweit die Erstattung der Kosten für die Teilnahme zweier privater Sachverständiger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 8. Dezember 2023 und ihre Vorbereitung darauf als nicht erstattungsfähig abgelehnt wurde.
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In dem zugrundliegenden Klageverfahren (8 A 19.40024) hatte der Kläger, eine Umweltvereinigung, den Planfeststellungsbeschluss vom 28. Februar 2019 für den Neubau der Ortsumgehung D. im Zuge der Bundesstraße 25 angegriffen. An der mündlichen Verhandlung nahmen auf Seiten des Beklagten und des Vorhabenträgers der Sachverständige Dr.-Ing. G., der den wasserrechtlichen Fachbeitrag erstellt hat, und die Sachverständige Dipl.-Ing.in R. teil, die den landschaftspflegerischen Begleitplan erarbeitet hat.
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Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. September 2024 setzte der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichtshofs die dem Beklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen fest, allerdings ohne die beantragten Kosten für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und Vorbereitung hierauf in Bezug auf die Sachverständigen Dr.-Ing. G. und Dipl.-Ing.in R. in Höhe von 14.997 EUR. Zur Begründung führte er aus, dass das Mitbringen von Sachverständigen nach Aktenlage vom Gericht nicht erbeten worden sei.
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Der Beklagte stellte hiergegen am 26. September 2024 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Kosten für die Vorbereitung und der Teilnahme beider Sachverständiger an der mündlichen Verhandlung sei zwar nicht auf Aufforderung des Senats, aber aufgrund der Komplexität des vorliegenden Verfahrens erfolgt. Der Beklagte habe sich veranlasst sehen dürfen, die beiden Sachverständige in die mündliche Verhandlung einzubinden; diese Einbindung sei prozessökonomisch sinnvoll gewesen, weil sie dazu hätte beitragen können, dem Gericht in den entscheidungserheblichen Rechtsfragen die erforderlichen Tatsachenkenntnisse zu verschaffen und einen zügigen Verhandlungsablauf zu ermöglichen. Der Kläger habe sich vorliegend seinerseits sachverständiger Hilfe bedient, insbesondere in Bezug auf wasserfachliche und naturschutzfachliche Aspekte. Hierauf habe der Beklagte mit der Teilnahme der beiden Sachverständigen an der mündlichen Verhandlung reagieren dürfen, um „auf Augenhöhe“ erwidern zu können.
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Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
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Mit Schreiben vom 19. November 2024 nahm der Kläger zur Kostenerinnerung Stellung. Er meint, es handle sich um Kosten des Planfeststellungsverfahrens und diese könnten nicht auf den Kläger abgewälzt werden. Eine andere Sichtweise wäre auch mit Art. 9 Abs. 4 der Aarhus-Konvention sowie der UVP-Richtlinie nicht in Einklang zu bringen. Bei einer Überwälzung von Planungskosten auf den Kläger wäre der dort geforderte angemessene und effektive Rechtsschutz nicht mehr gewährleistet, weil das hohe Kostenrisiko Kläger von einer Klage abhalte.
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A. Die fristgerecht erhobene Erinnerung (§§ 165, 151 Satz 1 VwGO) ist unbegründet. Die für die Teilnahme des Sachverständigen Dr.-Ing. G. vom … … … … mbH (...) und der Sachverständigen Dipl.-Ing.in R. vom Büro a* … an der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2023 und für ihre Vorbereitung darauf angefallenen Kosten sind dem Grunde nach nicht gemäß § 162 Abs. 1 VwGO erstattungsfähig.
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1. Nach § 162 Abs. 1 VwGO sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten erstattungsfähig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gehören Gutachterkosten eines Planungsträgers, der seine Planung im gerichtlichen Verfahren verteidigt oder plausibilisiert, grundsätzlich nicht zu den zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen im Sinn des § 162 Abs. 1 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2014 – 8 C 12.2411 – juris Rn. m.w.N.). Da das Erscheinen der beiden Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nicht durch eine entsprechende Aufforderung des Gerichts veranlasst worden war, sind Kosten für die Beiziehung der privaten, d.h. nicht vom Gericht bestellten (vgl. BVerwG, B.v. 24.7.2008 – 4 KSt 1008.07 – Rpfleger 2008, 666 = juris Rn. 8 m.w.N.; B.v. 8.10.2008 – 4 KSt 2000.08 u.a. – juris Rn. 4; B.v. 20.4.2010 – 9 KSt 19.09, 9 A 18.08 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 48 = juris Rn. 2) Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nur unter den engen Voraussetzungen für die Erstattung privater Gutachterkosten erstattungsfähig (zu vom Gericht veranlassten Gutachterkosten vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2024 – 8 M 24.892 – juris Rn. 6).
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Im Verwaltungsprozess gilt gemäß § 86 Abs. 1 VwGO der Untersuchungsgrundsatz. Danach ist der maßgebliche Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und der Umfang der Beweisaufnahme dementsprechend vom Gericht zu bestimmen. Im Grundsatz stellen deshalb Aufwendungen für ein Privatgutachten zu tatsächlichen Fragen keine notwendigen Aufwendungen im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO dar (vgl. Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 162 Rn. 8; Olbertz in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: Januar 2024, § 162 Rn. 28; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 36). Die Einholung eines Privatgutachtens durch eine Partei ist – aus Gründen des aus dem Rechtsstaatsgebot und dem allgemeinen Gleichheitssatz folgenden Grundsatzes der prozessualen Chancen- und Waffengleichheit zwischen den Verfahrensbeteiligten (vgl. BVerfG, B.v. 25.7.1979 – 2 BvR 878/74 – BVerfGE 52, 131 = juris Rn. 77; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 36) – ausnahmsweise aber dann als notwendig anzuerkennen, wenn die Partei mangels genügender eigener Sachkunde die ihr Begehren tragenden Behauptungen nur mithilfe eines Privatgutachtens darlegen oder unter Beweis stellen kann (vgl. BVerwG, B.v. 4.9.2008 – 4 KSt 1010/07 u.a. – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 3.3.2020 – 8 C 19.1826 – juris Rn. 8). Die Partei muss sich in einer „prozessualen Notlage“ befunden haben, in der es ihr bei verständigem Prozessverhalten unausweichlich erscheinen musste, zur sachgerechten Wahrnehmung ihrer Interessen unaufgefordert kostenintensive Maßnahmen zu ergreifen (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2008 – 4 KSt 2000/08 u.a. – juris Rn. 4; OVG NW, B.v. 4.1.2008 – 8 E 1152/07 – NVwZ-RR 2008, 503 = juris Rn. 12; B.v. 17.12.2020 – 8 E 862/20 – juris Rn. 4; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 162 Rn. 35).
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Greift ein Kläger einen Planfeststellungsbeschluss an, der auf einer Fülle von Berechnungen und Bewertungen von technischen bzw. ökologischen Zusammenhängen fußt und an dessen Erstellung auf Seiten des Vorhabenträgers externe Sachverständige mitgewirkt haben, wird eine Klagepartei regelmäßig auf externen Sachverstand angewiesen sein, um überhaupt Rechts- oder Abwägungsfehler ausreichend substantiiert darlegen zu können (zu den Darlegungsanforderungen vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 = juris Rn. 89). In einer derartigen Situation entspricht es einer vernünftigen Prozessführung, dass der jeweilige Kläger seinerseits Sachverständige heranzieht, die befähigt sind, die tragenden Gründe des Planfeststellungsbeschlusses kritisch zu hinterfragen (vgl. BVerwG, B.v. 24.7.2008 – 4 KSt 1008.07 – juris Rn. 9; B.v. 15.6.2011 – 4 KSt 1002.10 – BeckRS 2015, 54989 Rn. 10; Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 162 Rn. 8).
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Mit einer derartigen, besonderen prozessualen Situation ist die Lage des Beklagten und des öffentlichen Vorhabenträgers, die im gerichtlichen Verfahren mit Hilfe der Sachverständigen, die an der Erstellung der Planunterlagen mitgewirkt haben, einen Planfeststellungsbeschluss verteidigen, grundsätzlich nicht vergleichbar (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2008 – 8 M 07.1134 – BayVBl 2008, 761 = juris Rn. 4; B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – BayVBl 2010, 477 = juris Rn. 6 f.; B.v. 4.4.2012 – 8 C 10.1607 – juris Rn. 5; HessVGH, B.v. 20.4.2011 – 11 F 429/11 – juris Rn. 20; Hug in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 162 Rn. 8). Denn im Rahmen eines straßenrechtlichen Planfeststellungsverfahrens zum Neubau einer Bundesstraße hat die Behörde zu prüfen, ob das beantragte Vorhaben mit den Vorgaben des zwingenden Rechts vereinbar ist und gem. § 17 Abs. 1 Satz 6 FStrG die vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind. Die Erstellung der hierfür notwendigen Unterlagen und Gutachten obliegt dem begünstigten Vorhabenträger, der auch die Kosten trägt (vgl. Art. 90 Abs. 3 GG, Art. 62a Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a BayStrWG; Art. 1 und 2 Abs. 1 KG). Verfügt dieser nicht selbst über entsprechendes Fachwissen oder Bearbeitungskapazitäten kann er sich externen Sachverstands bedienen. Im gerichtlichen Verfahren, das die Rechtmäßigkeit eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses zum Gegenstand hat, wird der Beklagte bzw. der Vorhabenträger von seinem Fachpersonal, verschiedenen Fachbehörden und den bei der Erstellung der Fachgutachten beteiligten externen Sachverständigen unterstützt, indem diese die von ihnen erstellten Unterlagen und ihre Genese erläutern, vermeintliche Widersprüche aufklären oder gedankliche Lücken schließen (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – BayVBl 2010, 477 – juris Rn. 8; B.v. 14.10.2013 – 8 C 12.1785 – juris Rn. 7 „nachgelagerte Planungskosten“). Wollte man die beim Beklagten bzw. beim Vorhabenträger anfallenden Kosten für die Hinzuziehung externer Sachverständiger denjenigen aufbürden, die sich hiergegen erfolglos im Wege einer Klage wenden, wäre dies nicht nur eine unangebrachte Verlagerung von Planungskosten auf die Kläger; zudem würde sich auch das mit gegen Planungsvorhaben gerichtete Klagen verbundene Kostenrisiko unangemessen erhöhen und eine im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG kaum hinnehmbare Barrierewirkung für den Rechtsschutz von Planbetroffenen schaffen (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – BayVBl 2010, 477 – juris Rn. 9; B.v. 14.10.2013 – 8 C 12.1785 – juris Rn. 7; HessVGH, B.v. 20.4.2011 – 11 F 429/11 – juris Rn. 21). Eine Kostenerstattung für externe Sachverständige auf Seiten des Beklagten bzw. Vorhabenträgers kommt daher nicht in Betracht, wenn es um Fragen geht, die der Vorhabenträger in Erfüllung seiner Amtsermittlungs- und Beweiserhebungspflicht (Art. 24, 26 BayVwVfG) bereits im Verwaltungsverfahren hätte klären müssen, oder es sich um Ermittlungen und Begutachtungen handelt, die im Verwaltungsverfahren hätten durchgeführt werden müssen (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2011 – 4 KSt 1002.10 – BeckRS 2015, 54989 Rn. 12; Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.8.2024 – 9 A 18.21 – Rn. 31; OVG NW, B.v. 17.12.2020 – 8 E 862/20 – juris Rn. 6; OVG Saarl, B.v. 18.6.2024 – 2 F 164/23 – juris Rn. 22). Auch soweit während des gerichtlichen Verfahrens Änderungen und Ergänzungen der ursprünglichen Planung vorgenommen werden, sind die in diesem Zusammenhang aufgewendeten Kosten für Untersuchungen und Begutachtungen dem Verwaltungsverfahren zuzuordnende Planungskosten.
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Eine Erstattung von Kosten für eine gutachtliche Stellungnahme, mit der lediglich die Planung in der mündlichen Verhandlung plausibel dargestellt wird, scheidet ebenfalls aus (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2011 – 4 KSt 1002.10 – BeckRS 2015, 54989 Rn. 12 f., 18, 28; BayVGH, B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – BayVBl 2010, 477 – juris Rn. 8; HessVGH, B.v. 9.11.2021 – 2 C 2461/15.T – DVBl 2022, 1171 = juris Rn. 9; OVG Saarl, B.v. 18.6.2024 – 2 F 164/23 – juris Rn. 22). Auf Seiten des Beklagten bzw. Vorhabenträgers sind damit nur die Kosten für solche Privatgutachten erstattungsfähig, die sich aus einer besonderen prozessualen Lage rechtfertigen, einen nachvollziehbaren Bezug zum Vorbringen eines Prozessbeteiligten besitzen und etwa dazu bestimmt sind, vorgetragene Tatsachen oder tatsächliche Schlussfolgerungen zu widerlegen, zu erschüttern oder durch eine gerichtliche Beweisaufnahme klären zu lassen. Insbesondere dann, wenn sich die Klägerseite in komplizierten fachtechnischen Fragen der Hilfe privater Sachverständiger bedient, kann es die prozessuale Situation erfordern, dass der beigeladene Vorhabenträger zur Verteidigung des planfestgestellten Vorhabens seinerseits den fachkundigen Rat privater Gutachter heranzieht, soweit er nicht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt, was eine Frage des Einzelfalls ist (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2011 – 4 KSt 1002.10 – BeckRS 2015, 54989 Rn. 12; HessVGH, B.v. 9.11.2021 – 2 C 2461/15.T – DVBl 2022, 1171 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 28.1.2010 – 8 M 09.40063 – BayVBl 2010, 477 = juris Rn. 9; B.v. 14.10.2013 – 8 C 12.1785 – juris Rn. 7).
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2. Nach diesem Maßstab waren die Kosten für die beiden Sachverständigen nicht zu erstatten, weil sie zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO notwendig waren. Eine besondere prozessuale Situation, die eine ausnahmsweise Erstattung der Kosten rechtfertigen würde, hat der Beklagte in seinem Schreiben vom 26. September 2024 zur Begründung der Erinnerung nicht dargelegt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Die hier vorliegende Konstellation ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht mit der dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Oktober 2008 (Az.: 4 KSt 2000/08, 4 A 2001/06) zugrundeliegenden vergleichbar.
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a. Bereits die Erstellung des wasserrechtlichen Fachbeitrags durch einen externen Sachverständigen wurde entgegen der vom Beklagten in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 18. Juli 2024 geäußerten Auffassung nicht durch den sachverständigen Vortrag des Klägers herausgefordert. Sie entsprang keiner prozessualen Notlage. Vielmehr holte der Beklagte mit dem Fachbeitrag die für die im Planfeststellungsbeschluss erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse (vgl. PFB S. 15 f.) notwendige, systematische Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Bewirtschaftungszielen nach §§ 27 und 47 WHG nach, um eventuelle Mängel im bisherigen Verfahren zu beheben und einer möglichen gerichtlichen Beanstandung zuvor zu kommen (vgl. LAB Schriftsatz vom 30.9.2020 im Verfahren 8 A 19.40024, S. 2). Die Verschlechterungsverbote und Verbesserungsgebote der §§ 27 Abs. 1 und 47 Abs. 1 WHG sind zwingende Vorgaben für die Zulassung von Vorhaben. Sie müssen deshalb bei der Zulassung eines Projekts – auch im Rahmen der Planfeststellung eines fernstraßenrechtlichen Vorhabens nach § 17 FStrG – strikt beachtet und geprüft werden (vgl. BVerwG, U.v. 11.8.2016 – 7 A 1.15 – BVerwGE 156, 20 = juris Rn. 160; U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 = juris Rn. 478). Zudem enthält Art. 4 der RL 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 der RL 2014/101/EU der Kommission vom 30. Oktober 2014 (ABl. L 311 S. 32 – im Folgenden: WRRL), zu dessen Umsetzung §§ 27 und 47 WHG ergangen sind, nicht nur zwingende Vorgaben des materiellen Rechts, sondern darüber hinaus Vorgaben für das behördliche Zulassungsverfahren (vgl. EuGH, U.v. 28.5.2020 – C-535/18 – NVwZ 2020, 1177 = juris Rn. 75 f. und 80 ff.; BVerwG, U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 346 = Rn. 22 f. m.w.N.). Die zuständigen Behörden sind danach verpflichtet, im Laufe des Genehmigungsverfahrens, und somit vor dem Erlass einer Entscheidung, zu prüfen, ob das Projekt negative Auswirkungen auf die Gewässer haben kann, die den Pflichten zuwiderliefen, die Verschlechterung des Zustands der Oberflächen- und Grundwasserkörper zu verhindern und ihren Zustand zu verbessern. Die diesbezüglichen Angaben hat der Vorhabenträger der Planfeststellungsbehörde vorzulegen; sie müssen so beschaffen sein, dass die Auswirkungen des Projekts auf Gewässer anhand der insbesondere in Art. 4 Abs. 1 WRRL vorgesehenen Kriterien und Pflichten geprüft werden können. Die Informationen sind sodann der betroffenen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zwar müssen die Informationen nicht unbedingt in einem einzigen Dokument enthalten sein, doch muss die Öffentlichkeit jedenfalls anhand der ihr zugänglich gemachten Unterlagen einen genauen Überblick über die Auswirkungen erhalten können. Unvollständige Akten oder unzusammenhängend in einer Vielzahl von Dokumenten verstreute Angaben sind hierfür ungeeignet (vgl. BVerwG, U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 = juris Rn. 35; U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 346 = Rn. 22 f. m.w.N.). Um diese Anforderungen zu erfüllen, hat der Vorhabenträger, das Staatliche Bauamt Ansbach, die … … … (...) mit der Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Vorgaben der §§ 27 und 47 WHG und der Erstellung eines wasserrechtlichen Fachbeitrags beauftragt, die Planfeststellungsbehörde ein ergänzendes Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt (vgl. PÄEB S. 9 f.) und schließlich den wasserrechtlichen Fachbeitrag als Unterlage 13.5Ä planfestgestellt. Bei der Erstellung des wasserrechtlichen Fachbeitrags handelt sich folglich um die Nachholung einer Prüfung, zu der der Beklagte schon vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses unabhängig von einem Klageverfahren verpflichtet gewesen wäre. Die Kosten hierfür sind nicht durch eine besondere prozessuale Notlage veranlasst gewesen, sondern stellen damit Kosten des Planfeststellungsverfahrens dar.
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Die nachfolgende Teilnahme des Sachverständigen Dr.-Ing. G., des Erstellers des wasserrechtlichen Fachbeitrags, an der mündlichen Verhandlung und seine Vorbereitung hierauf entsprang damit ebenfalls keiner prozessualen Notlage, sondern diente seiner Erläuterung. Die Einwände der Klägerseite in ihren Schriftsätzen vom 24. März 2021, 17. September 2021, 13. Dezember 2021 und 7. April 2022 bezogen sich auf den Fachbeitrag. Auf die Einwände ist der Sachverständige Dr.-Ing. G. bereits vor der mündlichen Verhandlung in seinen Stellungnahmen vom 19. April 2021 und vom 18. Oktober 2021 eingegangen. Der Fachbeitrag und die schriftlichen Stellungnahmen hierzu waren in komplexer Fachsprache und teilweise auf die Essenz reduziert abgefasst; in Anlage 6 zum Fachbeitrag war ein fehlerhafter Wert hinterlegt. Die Aufgabe des Sachverständigen Dr.-Ing. G. bestand daher in der mündlichen Verhandlung allein darin, seine Ausführungen im Fachbeitrag und seine weiteren Stellungnahmen „laienverständlich“ zu erläutern und zu plausibilisieren.
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b. Die Sachverständige Dipl.-Ing.in R. vom Büro a* … hat im Planfeststellungsverfahren den nach § 17 Abs. 4 Satz 3 BNatSchG erforderlichen landschaftspflegerischen Begleitplan verantwortet. Ihre Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung diente nach Angaben des Beklagten dazu, die naturschutzfachlichen Einwendungen des Klägers, die er auf eine sachverständige Stellungnahme von R.C. vom 9. Juli 2019 stützte, entkräften zu können. Ihre Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung war gleichwohl nicht durch die besondere prozessuale Situation veranlasst oder herausgefordert. Der Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung vom 5. Dezember 2019 darauf hingewiesen, dass seiner Auffassung nach die Ausführungen zum Artenschutz in der Klagebegründung nicht die Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO an eine substantiierte Klagebegründung erfüllten, weil die sachverständigen Äußerungen von R.C. wörtlich übernommen worden seien, ohne dass eine Sichtung und rechtliche Durchdringung durch den Prozessbevollmächtigten vorgenommen worden wäre. Die Ausführungen zum Artenschutz erfolgten insoweit nur vorsorglich (vgl. LAB Klageerwiderung vom 5.12.2019, S. 4). Dem ist die Klagepartei in ihren nachfolgenden Schriftsätzen nicht entgegengetreten. Eine Erstattung von Kosten für die höchstvorsorgliche Teilnahme eines Sachverständigen an der mündlichen Verhandlung ist indes nicht notwendig im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO. Überdies stellte der Kläger mit seinen Angriffen auf den Planfeststellungsbeschluss nicht den landschaftspflegerischen Begleitplan (Unterlage 12.1T, digitale Behördenakte, Teil 5, Bl. 1398) in Frage, sondern die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (Unterlage 12.4T, digitale Behördenakte, Teil 5, Bl. 1482), die aber nicht von der in der mündlichen Verhandlung anwesenden Dipl.-Ing.in R., sondern vom Dipl. Biologen M. gefertigt worden ist, der vom Büro a* … lediglich unterbeauftragt wurde. Der Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Sachverständige Dipl.-Ing.in R. auch hierzu überhaupt hätte sachverständig Auskunft geben können.
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B. Einer Entscheidung über Gerichtskosten und einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2022 – 9 KSt 10.21 – NVwZ 2022, 1216 = juris Rn. 10). Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 33 Abs. 1, § 23 Abs. 3 Satz 3 RVG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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C. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).