Titel:
Anordnung eines Erwerbs- und Besitzverbots für erlaubnisfreie Waffen und Munition
Normenketten:
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Nr. 2
BayVwVfG Art. 40
Leitsätze:
1. Die Unzuverlässigkeitsprognose i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG wird nicht unmittelbar von § 5 WaffG gesteuert, die dort genannten Tatbestände müssen jedoch auch im Rahmen des § 41 WaffG in den Blick genommen werden. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass jemand der „Reichsbürgerszene“ zuzuordnen ist, reichen im Regelfall für die Annahme, dass derjenige die für den Erwerb und Besitz erlaubnisfreier Waffen und Munition erforderliche Zuverlässigkeit i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG nicht aufweist. (Rn. 22)
2. Eine glaubhafte Distanzierung von der „Reichsbürgerszene“ erfordert die Einsicht, dass die vorliegenden Tatsachen die objektive Annahme der Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerszene“ tragen, eine (selbst-)kritische Auseinandersetzung mit diesen Tatsachen und eine auch nach außen erkennbare und glaubhaft vorgetragene Abkehr von den bisherigen Anschauungen. Die bloß floskelhafte Behauptung, man habe sich abgewendet oder nie dazugehört, genügt nicht. (Rn. 26 – 28)
3. Die Ermessensausübung im Rahmen des § 41 Abs. 1 WaffG erfordert eine regelmäßig von der Ermessensausübung nach § 41 Abs. 2 WaffG getrennte und auf den konkreten Einzelfall bezogene Ermittlung der für und gegen ein derartiges Verbot sprechenden Aspekte und deren Abwägung gegeneinander. Insbesondere muss regelmäßig auch erwogen werden, ob eine Befristung als milderes Mittel gegenüber einem unbefristeten Verbot in Betracht kommt. Eine bloß formelhafte Feststellung, das Ermessen sei pflichtgemäß ausgeübt worden, genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. (Rn. 31)
Schlagworte:
Besitzverbot für erlaubnisfreie Waffen und Munition, „Reichsbürgerszene“, glaubhafte Distanzierung (verneint), Erwerbswille, Unzuverlässigkeit, erlaubnisfreie Waffen, Munition, Erwerbsverbot, Besitzverbot, Reichsbürgerszene, glaubhafte Distanzierung, floskelhafte Behauptung, Ermessensausübung
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 21.07.2023 – W 9 K 22.1415
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36876
Tenor
I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. Juli 2023 wird in seiner Nummer I. geändert.
Der Bescheid des Landratsamts Haßberge vom 17. August 2022 wird in seiner Nummer 2 aufgehoben, soweit damit ein Waffenbesitzverbot für erlaubnisfreie Waffen und Munition nach § 41 Abs. 1 WaffG angeordnet worden ist.
II. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. Juli 2023 wird in seiner Nummer II. geändert.
Der Beklagte trägt ¼, der Kläger trägt ¾ der Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, soweit nicht der Kostengläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung eines Erwerbs- und Besitzverbots für erlaubnisfreie Waffen und Munition.
2
Mit Schreiben vom 11. März 2022 teilte die Kriminalpolizeiinspektion Schweinfurt (im Folgenden: Kriminalpolizei) der Waffenbehörde des Landratsamts Haßberge (im Folgenden: Landratsamt) mit, der Kläger sei als „Reichsbürger“ einzustufen, da er am 5. Februar 2022 an einem „Reichsbürgertreffen“ in einer Waldorfschule teilgenommen habe. Referent sei dort der seit 30. November 2003 sich selbst als Präsident der Nationalversammlung „Deutsches Reich“ bezeichnende M. H. zum Thema „Fortbestand des Deutschen Reichs und S.H.A.E.F.-Gesetzgebung“ angekündigt gewesen. Die Veranstaltung sei durch die Polizei aufgelöst worden. Das auf Antrag des Schulleiters als Hausrechtsinhaber eingeleitete Verfahren wegen Hausfriedensbruchs gegen den Kläger stellte die Staatsanwaltschaft Coburg ein, da der Hausmeister die Räume zur Verfügung gestellt habe und die Teilnehmer daher nicht erkennen konnten, dass die Veranstaltung nicht erwünscht gewesen sei.
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Das Landratsamt hörte den Kläger daraufhin am 6. April 2022 zum Widerruf seiner Waffenbesitzkarten und Anordnung eines Waffenverbots an. Der Kläger äußerte, die Teilnahme an der Veranstaltung sei von der Meinungsfreiheit gedeckt und gab insbesondere seine Waffen und Waffenbesitzkarten bei der Polizei ab.
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Mit Schreiben vom 6. Mai 2022 übersandte die Kriminalpolizei dem Landratsamt ein Konvolut an Unterlagen, das der Kläger am 27. April 2022 beim Standesamt der Stadt Würzburg eingereicht hatte. Darunter befindet sich eine sechsseitige „Privatautonome Willenserklärung unter Eid und unbegrenzter Haftung als integraler Bestandteil der beigefügten Niederschrift hinsichtlich einer angeblichen Personenverwechslung“ bezüglich des Klägers vom 15. März 2022, mit der der Kläger eine Personenverwechslung bei seinem Geburtseintrag geltend macht und das Geburtsstandesamt, den Bundespräsidenten, die Deutsche Bundesbank, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, das Bundesamt für Soziale Sicherung, das Bundesverwaltungsamt, das zuständige Amtsgericht, die Kommunalverwaltung, die örtliche Polizeiinspektion und die örtliche Staatsanwaltschaft sowie die Militärverwaltung der US-Streitkräfte und die russische Militärverwaltung beim Russischen Generalkonsulat adressiert (Bl. 50 ff.). Darüber hinaus ein ausgefüllter Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 30. März 2022 mit der Eintragung des Wohnsitzstaats Königreich Bayern und der Staatsangehörigkeit des Großherzogtums Baden (Bl. 61 ff.), eine handschriftliche „Ausschlagungserklärung“ des Klägers bezüglich der deutschen Staatsangehörigkeit vom 1. April 2022 (Bl. 75), eine von drei „Zeugen“ unterzeichnete „Privaturkunde zum Geburtsfall Urk.Nr. 4*** des Knaben H., M. Wilhelm A.“ (Bl. 76 ff.), sowie verschiedene „Willenserklärungen zur Besitzergreifung“ bezüglich verschiedener Berufsausbildungszertifikat und seiner Waffenbesitzkarten (Bl. 85 ff.). Dazuhin noch ein handschriftlich verfasster „Treueeid an den Schöpfer der Welt und Annahme seiner gewidmeten Geburtsrechte und seines Geburtsvermögens“ in dem es u.a. heißt: „So existiert fortan kein rechtmäßiger Vertrag oder Treuverhältnis und keine Unterwerfung unter jegliches ‚[unlesbar]‘ oder jegliches System oder jegliche menschengemachte Rechte, welche mich außerhalb der Rechenschaftspflicht meines Treuebunds Dir gegenüber binden könnten.“ (Bl. 100 ff).
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Daraufhin hörte das Landratsamt den Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2022 erneut an und stellte ihm verschiedene Fragen. Der Kläger forderte mit Schreiben vom 26. Mai 2022 und 16. Juni 2022 eine persönliche Anhörung und die Übersendung der Befugnis des Unterzeichners, hoheitliche Rechte auszuüben. Zudem verlangte er, in Zukunft als Mensch und nicht als juristische Person angesprochen zu werden.
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Mit Bescheid vom 17. August 2022 widerrief das Landratsamt die Waffenbesitzkarten des Klägers (Nr. 1 des Bescheids), untersagte dem Kläger, die tatsächliche Gewalt über erlaubnispflichtige wie auch erlaubnisfreie Waffen und Munition auszuüben (Nr. 2) und traf verschiedene Nebenentscheidungen (Nrn. 3 bis 10). Der Kläger sei waffenrechtlich unzuverlässig, da er der „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen sei und daher Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er mit Waffen und Munition nicht sorgfältig umgehen werde. Zudem werde im Ermessen ein Waffenverbot nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG angeordnet. Auch erlaubnisfreie Waffen unterlägen besonderen Vorschriften zur Aufbewahrung und zum Überlassen und könnten erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit hervorrufen. Da der Kläger der „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sei, führe eine Gesamtschau in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu einer entsprechenden Untersagung. Da § 12 WaffG auch den Umgang mit erlaubnispflichtigen Waffen teilweise erlaubnisfrei stelle, sei auch ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 2 WaffG anzuordnen.
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Die gegen den Bescheid vom 17. August 2022 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 21. Juli 2023 abgewiesen. Der Bescheid sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Landratsamt habe sich auch hinreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Kläger auch hinsichtlich der Handhabung von erlaubnisfreien Waffen unzuverlässig sei.
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Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Senat auf das Erwerbs- und Besitzverbot bezüglich erlaubnisfreier Waffen und erlaubnisfreier Munition beschränkt zugelassenen Berufung. Er macht geltend, er sei nicht der „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig. Zudem habe er sich von der „Reichsbürgerbewegung“ hinreichend distanziert. Es handele sich bei dem Bescheid um einen Dauerverwaltungsakt, deshalb sei auf den Schluss der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Hinsichtlich des Waffenbesitzverbots komme es auf den Umgang mit erlaubnisfreien Waffen an. Damit setze sich der Bescheid nicht hinreichend auseinander und es bestehe ein Ermessensausfall. Es sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der Kläger als Sportschütze aktiv sein wolle. Zudem sei er ein völlig unbescholtener Bürger, der mit dem Gesetz noch nie in Konflikt geraten sei. Er zahle seine Steuern und erfülle alle staatsbürgerlichen Pflichten. Der Kläger habe in der Bundeswehr als Soldat und Offizier, zeitweise im Wachbataillon, zuletzt als Hauptmann, gedient und habe im Jahr 1997 das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber erhalten. Er habe niemals Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwendet, sei auch niemals unvorsichtig oder unsachgemäß mit Waffen oder Munition umgegangen und habe diese Gegenstände nicht unsorgfältig verwahrt oder Personen überlassen, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt gewesen seien. Auch der Beklagte behaupte derartiges nicht. Gegen den ablehnenden Zulassungsbeschluss bezüglich der erlaubnispflichtigen Waffen habe der Kläger Verfassungsbeschwerde erhoben. In der Zwischenzeit beabsichtige er, den Schießsport in der Weise zu betreiben, dass er mit nach Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG erlaubnisfreien Waffen trainiere, etwa mit Druckluftwaffen. Die Schützengesellschaft, der der Kläger angehöre, biete ein Schießtraining auch für Druckluftpistolen/-gewehre an.
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 8. August 2023 – W 9 K 22.1415 – den Bescheid des Landratsamtes Haßberge vom 17. August 2022 mit der Verfügung zu 2. (Verbot, die tatsächliche Gewalt über erlaubnisfreie Waffen und Munition auszuüben) aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Auch für den Erlass von Waffenbesitzverboten hinsichtlich erlaubnisfreier Waffen sei auf die Zuverlässigkeitsvorschriften für erlaubnispflichtige Waffen zurückzugreifen. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, bei nicht erlaubnispflichtigen Waffen einen weniger strengen Maßstab hinsichtlich der erforderlichen Zuverlässigkeit anzulegen als bei erlaubnispflichtigen Waffen. Dafür spreche die Gesetzesbegründung zu § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Hinzu komme, dass die Auslegung, wie sie der Senat in einer Eilentscheidung vorgenommen habe, dazu führen würde, dass die Tatbestandsalternative des § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG gegenüber der Tatbestandsalternative des § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG kaum noch einen eigenständigen Anwendungsbereich hätte. Es sei auch zu berücksichtigen, dass es keine insgesamt erlaubnisfreien Waffen gebe, sondern stets nur einzelne Formen des Umgangs mit Waffen erlaubnisfrei oder erlaubnispflichtig seien. Deshalb spiele es keine Rolle, dass die Zuverlässigkeitsnorm des § 5 WaffG im Unterabschnitt 1 „Allgemeine Voraussetzungen für Waffen- und Munitionserlaubnisse“ verortet sei, sondern diese Norm sei hinsichtlich jeglicher Formen des Umgangs mit Waffen anwendbar. Die unterschiedliche Regelungstechnik hinsichtlich der persönlichen Eignung, nämlich die Anordnung der entsprechenden Anwendung des § 6 Abs. 2 WaffG in § 41 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. WaffG erkläre sich dadurch, dass § 6 Abs. 2 WaffG unmittelbar nur für die Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen gelte. Besonderheiten seien bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen. Da auch von einem erlaubnisfreien Umgang mit Waffen ein nicht unerhebliches Gefährdungspotential ausgehe und der Gesetzgeber niemandem vorbehaltlos den Umgang mit gefährlichen Gegenständen erlauben müsse, sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit sehr wohl ein Grund dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Waffenbehörden die Möglichkeit geben wollte, generell den Besitz auch von erlaubnisfreien Waffen zu verbieten, ohne dass es einer auf die speziell betroffenen Waffen bezogenen Missbrauchsprognose bedürfte. Es lägen auch hinreichende Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Kläger mit Waffen nicht sorgfältig umgehen werde, da er der „Reichbürgerbewegung“ zuzurechnen sei und das Waffenverbot für den Einzelfall sei daher rechtmäßig.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 19. September 2024 und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist abzuändern und der Bescheid des Landratsamts Haßberge vom 17. August 2022 aufzuheben, soweit damit ein Verbot des Erwerbs und Besitzes von Waffen und Munition, deren Erwerb und Besitz nicht der Erlaubnis bedürfen, angeordnet worden ist. Der Bescheid, der nur hinsichtlich des Waffenbesitzverbots bezüglich erlaubnisfreier Waffen Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Erwerbs- und Besitzverbots für erlaubnisfreie Waffen und Munition (im Folgenden: Waffenbesitzverbot) ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, weil das Verbot ein Dauerverwaltungsakt ist. Maßgebliche Rechtsgrundlage für den Bescheid ist daher § 41 des Waffengesetzes (WaffG) i.d.F. d. Bek. vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970), vor Erlass des Urteils zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl I S. 1328). Das angeordnete Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Satz 1 WaffG kann zwar nicht auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG (1.) aber grundsätzlich auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG (2.) gestützt werden. Allerdings hat das Landratsamt sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt (3.).
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§ 41 Abs. 1 WaffG soll nachteiligen Folgen von Waffenbesitz vorbeugen. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG nimmt hierfür vorrangig die Verhütung von Gefahren durch nicht ordnungsgemäßes Verhalten von Waffenbesitzern, § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG die fehlende Vertrauenswürdigkeit im Hinblick auf die erforderlichen persönlichen Voraussetzungen in den Blick (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 76; Nr. 41.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) i.d.F. d. Bek. vom 5.3.2012 (BAnz Beil Nr. 47a); BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 36; BayVGH, B.v. 4.3.2021 – 24 ZB 20.3095 – juris Rn. 10; VG Bremen, B.v. 3.4.2020 – 2 V 2841/19 – juris Rn. 35; Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 11. Aufl. 2022, § 41 Rn. 5).
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1. Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG liegen nicht vor. Es geht vom Kläger hinsichtlich solcher Waffen, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, weder eine zu verhütende Gefahr für die Sicherheit aus (Alt. 1) noch ist die Untersagung zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten (Alt. 2). Beide Alternativen lassen sich im Einzelfall zwar nicht trennscharf, im Allgemeinen aber insoweit voneinander unterscheiden, als die erste Alternative insbesondere Personen in den Blick nimmt, die erwerbs-erlaubnisfreie Waffen bei der Begehung von Gewalttaten missbräuchlich verwenden könnten (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 76), die zweite solche Gefahren, die mit einem (nur) regelwidrigen Umgang i.S.d. § 1 Abs. 3 WaffG verbunden sind; in diesem Fall werden häufig auch die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG vorliegen (s. ausführlich nunmehr auch BayVGH, U.v. 16.12.2024 – 24 B 23.1800 – Rn. 16 ff. – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die schlichte Zuordnung des Klägers zum sehr heterogenen Phänomenbereich der „Reichsbürger“ (vgl. Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, Verfassungsschutzinformationen Bayern 1. Halbjahr 2024, S. 40) genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2024 – 24 CS 23.1872 – juris Rn. 14). Es liegen keine tatsächlichen Erkenntnisse vor, dass etwa eine einschlägige rohe Gesinnung trotz aller Unterschiede und Ausprägungen des Phänomenbereichs ein gemeinsames Charakteristikum von „Reichsbürgern“ ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2023 – 24 CS 23.785 – juris Rn. 28; BVerwG, U.v. 2.12.2021 – 2 A 7.21 – juris Rn. 33). Ein individuelles (Vor-)Verhalten des Klägers, das eine entsprechende Gefahrenprognose rechtfertigen könnte, ist nicht bekannt. Er hat weder eine Straftat begangen, aus der auf eine rohe oder gewalttätige Gesinnung oder eine Schwäche zu schließen ist, sich zu Gewalttaten hinreißen zu lassen, noch hat der Kläger eine Straftat mit Hilfe oder unter Mitführen von Waffen oder eine Straftat begangen, die nicht selten unter Mitführen oder Anwendung von Waffen verwirklicht wird. Eine mit dem Kläger „nicht hinnehmbare Gefahrensituation“ (BVerwG, U.v. 22.8.2012 – 6 C 30.11 – juris Rn. 33 zu § 41 Abs. 2 WaffG, aber, wegen Rn. 31, übertragbar auch für § 41 Abs. 1 WaffG) ist deshalb nicht anzunehmen.
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2. Dass Waffenbesitzverbot gegenüber dem Kläger kann jedoch auf § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG gestützt werden. Der Kläger ist erwerbswillig (a)) und es fehlt ihm die für den Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen und Munition erforderliche Zuverlässigkeit (b)). Für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen, da es sich bei einem Waffenbesitzverbot um einen Dauerverwaltungsakt handelt.
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a) Der Kläger ist erwerbswillig i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG. Ein Erwerbswille ist gegeben, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Betroffene wolle künftig in den Besitz solcher Waffen oder Munition gelangen (vgl. VGH BW, U.v. 12.5.2021 – 6 S 2193/19 – juris Rn. 117; OVG Hamburg, U.v. 11.1.2011 – 3 Bf 197/09 – juris Rn. 36 f.; VG Sigmaringen, U.v. 20.7.2022 – 6 K 965/21 – juris Rn. 46) und habe hierzu auch Gelegenheit (vgl. für eine Haftsituation OVG Hamburg, U.v. 11.1.2011 – 3 Bf 197/09 – juris Rn. 39). Der Kläger hat im Laufe des Gerichtsverfahrens selbst ausgeführt, er wolle nach Nummern 1.1 oder 1.2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 2 bis 4 WaffG erlaubnisfrei zu erwerbende Druckluftwaffen zum Schießtraining verwenden. Ob der Kläger schon zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses im Besitz erlaubnisfrei zu erwerbender Waffen war, was vor Erlass des Bescheids nicht aufgeklärt worden ist, kann deshalb dahinstehen.
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b) Der Kläger ist unzuverlässig i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG. Zwar können entgegen der Ansicht des Beklagten nicht unbesehen sämtliche Unzuverlässigkeitsgründe des § 5 WaffG zur Begründung eines Waffenbesitzverbotes i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG in Bezug genommen werden (aa). Es liegen aber dennoch hinreichend Tatsachen vor, um auch eine Unzuverlässigkeit zum Umgang mit erlaubnisfreien Waffen zu prognostizieren (bb).
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aa) Die Unzuverlässigkeitsprognose i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG wird nicht unmittelbar von § 5 WaffG gesteuert, die dort genannten Tatbestände müssen jedoch auch im Rahmen des § 41 WaffG in den Blick genommen werden. Maßgeblich ist, dass in Anlehnung an den Katalog des § 5 WaffG fallbezogen geprüft wird, ob eine Unzuverlässigkeit gerade auch hinsichtlich erlaubnisfreier Waffen und Munition anzunehmen ist (so auch der Gesetzgeber in BT-Drs. 20/12805 unter Bezug auf BayVGH, B.v. 30.01.2024 – 24 CS 23.1872; jetzt auch § 41 Abs. 1 Satz 2 WaffG n.F., nach Urteilserlass geändert durch Gesetz vom 25. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 332)).
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Die gegenteilige Auffassung des Beklagten, im Falle der Unzuverlässigkeit nach § 5 WaffG hinsichtlich erlaubnispflichtiger Waffen ohne Weiteres auch von einer Unzuverlässigkeit für erlaubnisfreie Waffen ausgehen zu können, überzeugt nicht. Zum einen spricht schon der Wortlaut des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG gegen eine solche Interpretation, denn dort wird ausdrücklich auf „solche Waffen“, also erlaubnisfreie Waffen, Bezug genommen. Auch die Systematik des Waffengesetzes steht einer solchen Auslegung entgegen. § 5 WaffG findet sich ausdrücklich im Abschnitt „Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen“ und findet damit nur für die Erteilungsverfahren und über § 45 WaffG auf Widerruf und Rücknahme direkte Anwendung. Darüber hinaus gebietet auch der Sinn und Zweck des Waffengesetzes keine andere Auslegung. Es trifft zwar zu, dass sämtliche als Waffen eingestufte Gegenstände ein gewisses Gefahrenpotential in sich bergen, sonst wäre es nicht erforderlich, sie den Regelungen des Waffengesetzes zu unterstellen. Der Gesetzgeber nimmt aber ganz bewusst eine Abstufung hinsichtlich der Gefährlichkeit vor, indem in Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 der Anlage 2 zum Waffengesetz manche Arten des Umgangs mit bestimmten Waffen erlaubnisfrei gestellt werden. Diese unterschiedliche Gefährdungseinschätzung führt dazu, dass erlaubnispflichtiger Umgang mit Waffen nur nach einer Überprüfung der betreffenden Person gestattet wird und strenge Anforderungen an die Zuverlässigkeit gestellt werden. Außerdem wäre es nicht sachgerecht, in allen Fällen, in denen die Unzuverlässigkeit z.B. nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG durch den Gesetzgeber hinsichtlich erlaubnispflichtiger Waffen unwiderleglich vermutet wird oder jemand nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG wegen geringfügiger vorsätzlicher Straftaten, die keinen Bezug zu Waffen haben, zu mehr als 60 Tagessätzen verurteilt worden ist, auch strikt den Tatbestand für ein Verbot hinsichtlich erlaubnisfreier Waffen nach § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG für erfüllt halten zu müssen und lediglich auf Ermessensebene Besonderheiten Rechnung tragen zu können (s. nunmehrige auch die Auflistung in § 41 WaffG n.F., BT-Drs. 20/12805).
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bb) Es sind hinreichende Tatsachen i.S.d. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG bekannt, die die Annahme rechtfertigen, dass dem Kläger die Zuverlässigkeit zum Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen und Munition fehlt, denn es liegen hinreichende Tatsachen vor, die seine Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerbewegung“ nahelegen (1). Er hat sich auch nicht hinreichend von der „Reichsbürgerszene“ distanziert (2).
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(1) Personen sind unzuverlässig gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie der „Reichsbürgerszene“ zuzuordnen sind (zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG: stRspr vgl. BayVGH, U.v. 11.8.2022 – 24 B 20.1363 – juris Rn. 17; B.v. 20.12.2021 – 24 ZB 20.1386 – juris Rn. 15 m.w.N.; s. auch § 41 Abs. 1 Satz 2 WaffG n.F.). Die Leugnung des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigt die Annahme, dass die Betreffenden die geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland, und damit auch die waffenrechtlichen Vorschriften bezüglich erlaubnisfreier Waffen, nicht als für sich verbindlich anerkennen und sie deshalb insbesondere in Situationen, in denen sie sich ungerecht behandelt wähnen, nicht einhalten werden. Der Kläger hat mit den eingereichten Unterlagen eine tiefgreifende Ablehnung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck gebracht und mit seinen „Besitzergreifungserklärungen“ eindeutig erklärt, dass er die zugrundeliegenden Dokumente aus sich heraus nicht als verbindlich anerkennt (vgl. BayVGH, B.v. 27.11.2023 – 24 ZB 23.1645 – nicht veröffentlicht, Verfassungsbeschwerde dagegen nicht angenommen BVerfG, B.v. 23.9.2024 – 2 BvR 147/24).
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(2) Der Kläger hat sich bis zum Ende der mündlichen Verhandlung auch nicht hinreichend von der „Reichsbürgerszene“ distanziert. Dazu wäre zunächst die Einsicht erforderlich gewesen, dass die vorliegenden Tatsachen die Annahme der Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerszene“ tragen, um sodann im Rahmen einer (selbst-)kritischen Auseinandersetzung mit diesen Tatsachen eine auch nach außen erkennbare Abkehr von den bisherigen Anschauungen glaubhaft vermitteln zu können. Hierfür ist nichts ersichtlich.
27
Soweit der Kläger vorträgt, er habe sich von der „Reichsbürgerszene“ distanziert, da er sofort nach der Vortragsveranstaltung am 5. Februar 2022 alle Personen strafrechtlich angezeigt habe, die entweder ihn persönlich als „Reichsbürger“ oder die Veranstaltung als „Reichsbürgerveranstaltung“ bezeichnet hätten, erkennt der Senat hierin keine Distanzierung. Entscheidend ist nicht, ob der Kläger sich selbst als „Reichsbürger“ versteht. Der Kläger hat schon nicht eingesehen und sich erst recht nicht kritisch damit auseinandergesetzt, dass hinreichende objektive Tatsachen für seine Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerszene“ vorliegen. Bei der Veranstaltung ist unstreitig ein Redner vorgesehen gewesen, der der „Reichsbürgerszene“ zugeordnet werden kann. Dass der Kläger dies möglicherweise nicht wusste, was allerdings angesichts der nach den polizeilichen Erkenntnissen nur sehr eingeschränkten Einladung zu der Veranstaltung über einen Telegrammaccount vom Senat als wenig glaubhaft angesehen wird, ändert nichts an der Einordnung des Redners. Es wäre daher Sache des Klägers gewesen, sich kritisch mit der Tatsache auseinander zu setzen, dass bei der von ihm besuchten Veranstaltung ein der „Reichsbürgerszene“ zugeordneter Redner aufgetreten sollte und auch der Inhalt der Veranstaltung entsprechend gestaltet war.
28
Auch von der Übersendung der „reichsbürgertypischen“ Unterlagen an das Standesamt Würzburg hat sich der Kläger nicht distanziert. Zum einen erscheint es wenig glaubhaft, dass der Kläger, der nach seinen eigenen Angaben Staatswissenschaften studiert hat, die von ihm als „Bedienungsanleitung“ verstandene Ausarbeitung dieses umfangreichen Anlagenkonvoluts ohne kritische Prüfung von Personen, an die er sich jetzt angeblich nicht mehr erinnern kann, einfach übernimmt, ohne sie inhaltlich zu prüfen. Indem er diese Unterlagen für sich personalisiert und in seinem Namen verschickt hat, muss er sich den Inhalt zurechnen lassen, der nach seinem objektiven Erklärungshorizont eine entsprechende ideologische Ausrichtung nahelegt. Ob diesen Erklärungen rechtliche Wirkungen zukommen – der Kläger hat sie in der mündlichen Verhandlung wiederholt als „rechtliches Nullum“ bezeichnet – ist nicht relevant. Entscheidend ist, dass der Kläger diese Unterlagen in Umlauf und insbesondere gegenüber einer amtlichen Stelle zum Ausdruck gebracht hat und damit die Auffassung kundtut, die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland würden für ihn nicht gelten oder unterlägen seiner Dispositonsbefugnis („Ausschlagung“). Zu keinem Zeitpunkt hat er sich vom Inhalt der Unterlagen distanziert und in irgendeiner Art und Weise zu verstehen gegeben, dass er diese darin zum Ausdruck gebrachte Meinung nicht mehr teilt. Der Kläger hat im Kern lediglich vorgetragen, dass die Übersendung der Unterlagen sinnlos gewesen und es ihm auch nicht möglich sei, sich von einem rechtlichen Nullum zu distanzieren. Ungeachtet dessen, dass er damit offenbar schon die seinen Aussagen zukommende faktische Bedeutung nicht zu erkennen vermag, verkennt er grundlegend, dass es waffenrechtlich auf sein tatsächliches Verhalten und ggf. auf die hierauf bezogene Distanzierung ankommt.
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3. Das Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG ist dennoch rechtswidrig. Der Beklagte hat sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so hat sie dieses gemäß Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Das Gericht prüft gemäß § 114 Satz 1 VwGO, ob diese Vorgaben eingehalten sind. Bei der Ausübung ihres Ermessens hat die Waffenbehörde insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Von hierauf bezogenen Ermessenserwägungen kann sie auch nicht absehen, wenn mangels waffenrechtlicher Zuverlässigkeit oder Eignung die Voraussetzungen für einen Widerruf der Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG vorliegen (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 6 C 36.15 – juris Rn. 20).
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Es ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich nach der amtlichen Überschrift des § 41 WaffG um Waffenverbote für den Einzelfall handelt und eine pauschale Verhängung danach nicht dem Sinn der Vorschrift entspricht. Folglich müssen der Begründung entsprechende Ausführungen zur Ausübung des Entschließungsermessens zu entnehmen sein, aus denen ersichtlich wird, weshalb die Behörde im jeweiligen Fall die Anordnung eines Waffenverbots für erforderlich hält. Auch nach Nr. 41.1 WaffVwV ist stets eine besondere Prüfung der Erforderlichkeit notwendig. Des Weiteren ist zu beachten, dass es sich bei § 41 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG um unterschiedliche Tatbestände mit unterschiedlichem Erfassungskreis – erwerbs-erlaubnisfreie einerseits und erwerbs-erlaubnispflichtige Waffen andererseits – handelt und deshalb eine Ermessensprüfung gesondert für jedes dieser Waffenverbote zu erfolgen hat.
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Darüber hinaus sind auch stets die für und gegen eine Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG sprechenden Gesichtspunkte in die Ermessenserwägungen einzustellen und gegeneinander abzuwägen. Insbesondere daran fehlt es hier, denn das Landratsamt hat nur floskelhaft ausgeführt, das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden, ohne dass erkennbar wird, dass und welche im Einzelnen für den Kläger sprechenden Umstände berücksichtigt worden sind. Zum Beispiel hätte in das Ermessen eingestellt werden müssen, dass der Kläger sich bisher straffrei geführt hat, keinerlei Auffälligkeiten mit Waffen, weder mit erlaubnispflichtigen noch mit erlaubnisfreien gezeigt hat, seine erlaubnispflichtigen Waffen und Munition umgehend abgegeben hat und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er erlaubnisfreie Waffen zu Hause besitzen und aufbewahren möchte, sondern nur feststeht, dass er in seinem Schützenverein mit erlaubnisfreien Druckluftwaffen üben möchte. Es wäre daher auch zu erwägen gewesen, ob das Waffenbesitzverbot für solche Situationen überhaupt erforderlich ist, oder ob der Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen zum nach § 12 Abs. 4 Satz 1 WaffG erlaubnisfreien Schießen auf einem Schießstand für den Kläger weiterhin möglich sein soll. Zudem hat sich das Landratsamt auch nicht damit befasst, ob als milderes Mittel ein zeitlich befristetes Waffenbesitzverbot in Betracht gekommen wäre. Zwar besteht nach dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich keine Pflicht, ein Waffenbesitzverbot stets zu befristen. Allerdings ist im Rahmen des Übermaßverbots und des Verhältnismäßigkeitsprinzips (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 6 C 36.15 – juris Rn. 20) zu prüfen, ob eine befristete Anordnung ausreichend ist. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass auch die meisten Unzuverlässigkeitsgründe nach § 5 WaffG einer zeitlichen Befristung unterliegen und z.B. auch im Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ohne das Bekanntwerden neuerer Tatsachen nicht unbegrenzte Zeit eine Unzuverlässigkeit prognostiziert werden kann.
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4. Die Kosten des Berufungsverfahrens und des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Beklagte nach § 154 Abs. 1 und 2 VwGO zu einem Viertel und der Kläger zu drei Viertel zu tragen, da der Kläger überwiegend unterlegen ist.
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5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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6. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.