Titel:
Einlegung der unstatthaften Berufung anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung durch einen Rechtsanwalt
Normenkette:
VwGO § 124a Abs. 4 S. 1
Leitsatz:
Die von einem Rechtsanwalt ohne Zulassung eingelegte Berufung kann nach Ablauf der Antragsfrist ohne entsprechende Anhaltspunkte nicht in einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels umgedeutet werden. Ebenso wenig umfasst die Berufung zugleich den Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einlegung der unstatthaften Berufung anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung durch einen Rechtsanwalt, Zulassung der Berufung, Umdeutung, unstatthafte Berufung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 09.10.2024 – Au 4 K 24.1410
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36868
Tenor
I. Die Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 50.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger wandte sich mit seiner Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg im Wesentlichen gegen eine von der Beklagten verfügte Baueinstellung mit Zwangsgeldandrohung.
2
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. Oktober 2024 abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Das Urteil wurde dem Klägerbevollmächtigten am 21. Oktober 2024 zugestellt.
3
Am 21. November 2024 ging beim Verwaltungsgericht der Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom selben Tag ein, mit dem gegen das Urteil Berufung eingelegt wurde.
4
Mit Schreiben des Senats vom 2. Dezember 2024 wurde der Klägerbevollmächtigte darauf hingewiesen, dass die Berufung nicht statthaft ist. Mit weiterem Schreiben vom 3. Dezember 2024 wurden die Beteiligten auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die unstatthafte Berufung ohne mündliche Verhandlung als unzulässig verworfen werden kann; sie erhielten Gelegenheit, sich hierzu binnen einer Frist von zwei Wochen zu äußern.
5
Die Berufung hat keinen Erfolg.
6
1. Die Berufung gegen das Urteil vom 9. Oktober 2024 ist unzulässig und war daher zu verwerfen. Die Entscheidung kann nach Anhörung der Beteiligten (§ 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO) durch Beschluss (§ 125 Abs. 2 Satz 2 VwGO) ohne mündliche Verhandlung ergehen.
7
Gemäß § 124 Abs. 1 VwGO ist gegen Endurteile die Berufung nur dann statthaft, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. Nach § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO ist die Zulassung der Berufung, wenn diese, wie hier, nicht schon im Urteil des Verwaltungsgerichts erfolgt ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Diese Monatsfrist begann vorliegend nach der am 21. Oktober 2024 erfolgten Zustellung des Urteils am Folgetag (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB) und endete mit Ablauf des 21. November 2024 (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 188 Abs. 2 und 3 BGB). Innerhalb dieser Frist ging beim Verwaltungsgericht nur das im Schriftsatz vom 21. November 2024 ausdrücklich als Berufung bezeichnete Rechtsmittel des anwaltlich vertretenen Klägers ein. Anhaltspunkte dafür, dass nicht das Rechtsmittel der Berufung, sondern ein Antrag auf Zulassung der Berufung gemeint gewesen sein könnte, bietet der Schriftsatz nicht; insbesondere enthielt er keine Begründung, aus der sich gegebenenfalls solche Anhaltspunkte hätten entnehmen lassen können. Zum Hinweis des Senats vom 2. Dezember 2024 auf die Unstatthaftigkeit der Berufung und zum Anhörungsschreiben vom 3. Dezember 2024 zur beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung hat sich der Klägerbevollmächtigte in der Sache nicht geäußert. Auch kann die von einem Rechtsanwalt ohne Zulassung eingelegte Berufung nach Ablauf der Antragsfrist ohne entsprechende Anhaltspunkte nicht in einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels umgedeutet werden (vgl. BVerwG, B.v. 12.3.1998 – 2 B 20.98 – NVwZ 1999, 641; B.v. 6.1.2009 – 10 B 55.08 – juris Rn. 4). Ebenso wenig umfasst die Berufung zugleich den Antrag auf Zulassung dieses Rechtsmittels (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2016 – 22 B 16.1295 – juris Rn. 8; B.v. 14.9.2020 – 15 B 20.1759 – juris Rn. 12). Auf den Antrag auf Zulassung der Berufung als statthaftes Rechtsmittel wurde der Kläger in der Rechtsmittelbelehrungzum angegriffenen Urteil vom 9. Oktober 2024 auch zutreffend hingewiesen.
8
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
9
3. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
10
4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
11
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.4 und Nr.1.7.2 Satz 2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.