Titel:
Beschwerde gegen Hängebeschluss
Normenkette:
VwGO § 146
Leitsätze:
1. Ist über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, hat sich die Beschwerde gegen die Ablehnung einer Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss) erledigt. Es liegt ein Fall sog. prozessualer Überholung vor. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Verfahrensgegenstand eines Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung einer Zwischenentscheidung ist allein, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses vorliegen. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde gegen Hängebeschluss, Erledigung durch prozessuale Überholung, fehlendes Rechtsschutzbedürfnis
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 16.09.2024 – RO 7 S 24.1892
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36834
Tenor
Die Beschwerde wird verworfen.
Gründe
1
Die Antragsteller wenden sich im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine bestehende Schreinerei. Sie haben beim Verwaltungsgericht beantragt, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 8. August 2024 (Az. RO 7 K 24.1881) gegen die Baugenehmigung vom 17. Juli 2024 anzuordnen und – im Wege einer Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss) – die Bauarbeiten zum Umbau und die Nutzung entsprechend der Genehmigung sofort einzustellen.
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Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Zwischenentscheidung mit Beschluss vom 16. September 2024 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Erlass einer Zwischenentscheidung nicht erforderlich sei. Die Baugenehmigung diene der nachträglichen Legalisierung eines bereits seit Jahren planabweichend umgesetzten Vorhabens und es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass irreversible Schäden für die Antragsteller drohten. Ein Abwarten der abschließenden Entscheidung über das Eilverfahren sei vorliegend zumutbar.
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Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde vom 2. Oktober 2024. Sie sind der Ansicht, das Verwaltungsgericht gehe teilweise von einem falschen Sachverhalt aus. Es erfolge keine Differenzierung der Späne und Stäube zwischen Holzspänen und Kunststoffabfällen. Deshalb sei davon auszugehen, dass sämtliche Späne, die beim Bearbeiten der Werkstoffe abgesaugt, und somit auch Stäube im Spänebunker gesammelt und anschließend ohne Trennung in der dort vorhandenen Heizung verbrannt würden. Aufgrund des vom Antragsteller zu 2 erlittenen Schlaganfalls, dessen Auslöser auch Feinstaubemissionen wie solche aus dem Betrieb des Beigeladenen seien, sei mit irreversiblen gesundheitlichen Schäden zu rechnen.
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Mit Beschluss vom 7. Oktober 2024 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsteller auf vorläufigen Rechtsschutz ab. Hiergegen erhoben die Antragsteller ebenfalls Beschwerde (Az. 15 CS 24.1787).
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
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Die Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts, eine Zwischenentscheidung zu treffen, ist unzulässig. Zwar ist die Beschwerde statthaft (vgl. BayVGH, B.v. 17.12.2020 – 15 CS 20.3007 – juris Rn. 11), den Antragstellern fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis.
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Das Rechtsschutzbedürfnis ist ungeschriebene Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts und liegt u.a. nicht vor, wenn sich die gerichtliche Inanspruchnahme als nutzlos darstellt (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, Vorbemerkungen §§ 40-53 Rn. 11). Sein Vorliegen als Prozessvoraussetzung ist von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen (vgl. BayVGH, B.v. 21.6.2023 – 15 AE 23.965 – juris Rn. 11); es kann auch während des Prozesses entfallen (vgl. BVerwG, B.v. 11.3.1992 – 5 B 32.92 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 20.2.2013 – 15 CS 12.2425 – juris Rn. 19). So liegt der Fall hier.
8
Mit Beschluss vom 7. Oktober 2024 hat das Verwaltungsgericht über den Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes entschieden. Damit hat sich die Beschwerde der Antragsteller vom 2. Oktober 2024 gegen die Ablehnung einer Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss) durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2024 erledigt. Es liegt ein Fall sog. prozessualer Überholung vor; eine Zwischenentscheidung durch das Verwaltungsgericht, wie sie Gegenstand der Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. September 2024 ist, kommt danach nicht mehr in Betracht.
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Die Inanspruchnahme der Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. September 2024 ist unnütz, da im Rahmen der Beschwerde grundsätzlich nur über den Hängebeschluss, nicht aber über die eigentliche Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz zu befinden ist. Verfahrensgegenstand dieses Beschwerdeverfahrens gegen die Ablehnung einer Zwischenentscheidung durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. September 2024 ist allein, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 17.12.2020 – 15 CS 20.3007 – juris Rn. 13 m.w.N.). Hierdurch können die Kläger aber aufgrund der abschließenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 7. Oktober 2024 ihre Rechtsstellung nicht mehr verbessern.
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Soweit die Antragsteller anführen, Ziel ihrer Beschwerde sei eine Entscheidung des Gerichts, die den Umbau und die Nutzung der Schreinerei sofort verhindere, können sie dies aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 7. Oktober 2024 jedenfalls nicht mehr im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung einer Zwischenentscheidung durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16. September 2024 erreichen. Maßgebend ist insoweit ihre Beschwerde gegen den Beschluss vom 7. Oktober 2024 (Az. 15 CS 24.1787). Ein tatsächlicher oder rechtlicher Vorteil für die Antragsteller lässt sich im hier anhängigen Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung einer Zwischenentscheidung durch das Verwaltungsgericht jedenfalls nicht mehr erreichen. Der Rechtsstreit hat sich insoweit erledigt, ohne dass die Antragsteller dem durch eine entsprechende prozessuale Erklärung auf Hinweis des Senats mit Schreiben vom 15. Oktober 2024 Rechnung getragen haben.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die durch das Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten gehören zu den Kosten des Eilverfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO, weil das vorliegende Verfahren – einschließlich des ihm zugeordneten Beschwerdeverfahrens – insoweit kein selbstständiges Nebenverfahren beinhaltet (vgl. BayVGH, B.v. 17.12.2020 – 15 CS 20.3007 – juris Rn. 17 m.w.N.; B.v. 12.6.2023 – 1 CE 23.519 – juris Rn. 5). Aus dem gleichen Grund ist auch die Festsetzung eines Streitwerts entbehrlich (vgl. NdsOVG, B.v. 2.9.2014 – 5 ME 142/14 – juris Rn. 17).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).