Titel:
Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in einem abfallrechtlichen Verfahren (Beseitigungsanordnung)
Normenketten:
KrWG § 3 Abs. 4
BayAbfG Art. 27
Leitsätze:
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des konkreten Zustands wie auch der Gefährdungsprognose im Rahmen von § 3 Abs. 4 KrWG ist der der letzten Behördenentscheidung. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einzelne werthaltige Bestandteile eines zu beseitigenden Gegenstands ändern an der Qualifikation der Sachgesamtheit als "Abfall" nichts. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nutzung zu Protestzwecken, Abfall, Beseitigungsanordnung, objektiver Abfallbegriff, Altfahrzeug, Umwidmung, Sachgesamtheit, abfallrechtliche Beseitigungsanordnung, landwirtschaftliche Anhänger
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 25.09.2023 – Au 9 K 22.1572
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36829
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.350,- € festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung die Aufhebung der abfallrechtlichen Beseitigungsanordnung des Beklagten vom 6. Juli 2022 (Verfahren Au 9 K 22.1572) sowie einer hiermit verbundenen Zwangsgeldandrohung vom 24. Mai 2023 (Verfahren Au 9 K 23.902) weiter.
2
1. Mit Bescheid vom 6. Juli 2022 verpflichtete das Landratsamt D. den Kläger zur Beseitigung von insgesamt sieben auf seinen Grundstücken Flurnrn. 306/0 und 498/2 der Gemarkung W. abgestellten landwirtschaftlichen Anhängern nebst darauf befindlicher Abfälle in einer dafür zugelassenen Beseitigungsanlage sowie der anschließenden Vorlage entsprechender Entsorgungsnachweise. Die ursprünglich in diesem Bescheid verfügte Androhung der Ersatzvornahme wurde in der Folge mit Änderungsbescheid vom 24. Mai 2023 durch eine Zwangsgeldandrohung und eine erneute Fristbestimmung zur Abfallbeseitigung (zwei Wochen ab Bestandkraft des Bescheids) ersetzt.
3
Hintergrund der Beseitigungsanordnung bildete der Umstand, dass der Kläger sieben teilweise mit Stroh, Brennholz, verschiedenen Baumaterialien (Sandwichplatten) und Gerätschaften beladene landwirtschaftliche Anhänger auf seinen Grundstücken im Sichtbereich einer Gemeindeverbindungsstraße aufgestellt und jedenfalls teilweise mit gegen die Gemeinde und die mangelhafte Erschließung seines Anwesens gerichteten Protestplakaten versehen hatte. Diesbezüglich zunächst gegen den Kläger angestrengte (straßenrechtliche) Ordnungswidrigkeitenverfahren wurden zwischenzeitlich eingestellt. Nachdem bislang unbekannte Täter mehrere der Anhänger umgeworfen und dadurch beschädigt hatten, erstattete der Kläger am 19. Februar 2022 Anzeige wegen Sachbeschädigung. Am 29. März 2022 führte das Landratsamt D. eine Ortsbegehung durch, bei der der Kläger angab, die Ladewägen zu Protestzwecken aufgestellt zu haben. Ein zur Feststellung der potentiellen Abfalleigenschaft im Wege der Amtshilfe hinzugezogener Sachverständiger des Polizeipräsidiums S. N. bewertete nach einer Besichtigung der Fahrzeuge am 3. Mai 2022 mit Stellungnahme vom 18. Mai 2022 deren Zustand dergestalt, dass alle Fahrzeuge alters- und laufzeitgerechte Gebrauchsspuren aufwiesen, einen stark verbrauchten und verwahrlosten Eindruck machten sowie keine Betriebserlaubnis vorliege. Eine Instandsetzung zur Erlangung der Verkehrssicherheit und der Betriebserlaubnis würde den Zeitwert, der für alle Fahrzeuge mit 0 € angegeben wurde, erheblich übersteigen. Einer daraufhin an den Kläger mit Schreiben vom 24. Mai 2022 gerichteten Aufforderung, die sieben Fahrzeuge ordnungsgemäß zu entsorgen und entsprechende Nachweise hierüber vorzulegen, kam er nicht nach, sodass das Landratsamt daraufhin die nunmehr streitgegenständliche Beseitigungsanordnung erließ.
4
2. Die sowohl gegen den Ausgangsbescheid vom 22. Juli 2022 wie auch gegen den Änderungsbescheid vom 24. Mai 2023 gerichteten Anfechtungsklagen stellte das Verwaltungsgericht ein, soweit die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich der aufgehobenen Androhung der Ersatzvornahme übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Im Übrigen wies es die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen als unbegründet ab.
5
2.1 Die Anordnung des Beklagten zur Beseitigung und Entsorgung der sich auf den klägerischen Grundstücken befindlichen landwirtschaftlichen Fahrzeuge (Anhänger) einschließlich der sich hierauf befindlichen Abfälle sei rechtmäßig. Zwar habe das zuständige Landratsamt D. die Beseitigungsanordnung im Ausgangsbescheid vom 6. Juli 2022 zunächst fehlerhaft auf § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG als Rechtsgrundlage gestützt. Richtigerweise hätte die Anordnung auf der Grundlage von Art. 27 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und sonstigen Bewirtschaftung von Abfällen in Bayern (Bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz – BayAbfG) ergehen müssen. Die fehlerhafte Bezeichnung der Rechtsgrundlage erweise sich jedoch als unschädlich, da allgemein anerkannt sei, dass die zur Kontrolle des Verwaltungshandelns berufenen Gerichte in ihrer Bewertung der Rechtslage, namentlich bei der Frage, anhand welcher Rechtsnormen das Verwaltungshandeln zu überprüfen und aufgrund welcher Rechtsnormen es für rechtmäßig angesehen werden könne, nicht an die Rechtsauffassung der Verwaltung gebunden sei. Im Übrigen habe das zuständige Landratsamt im Änderungsbescheid auf die zutreffende Rechtsgrundlage hingewiesen.
6
2.2 Nach Art. 27 Abs. 2 BayAbfG könne die zuständige Behörde gegenüber demjenigen, der Abfälle in unzulässiger Weise behandle, lagere oder ablagere, die erforderlichen Anordnungen erlassen. Erfasst würden insoweit alle Ablagerungen außerhalb von zugelassenen Entsorgungsanlagen. Bei den auf den Grundstücken des Klägers befindlichen und im Ausgangsbescheid vom 6. Juli 2022 benannten landwirtschaftlichen Fahrzeugen (Anhängern) handle es sich im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes um Abfall.
7
2.2.1 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 KrWG stellten alle Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss, Abfall dar. Der Wille zur Entledigung im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG sei nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen, deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Für die Beurteilung der Zweckbestimmung sei nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG die Auffassung des Erzeugers oder Besitzers unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zugrunde zu legen. Dabei fungiere die Verkehrsanschauung als objektives Korrektiv der subjektiven Vorstellungen des Abfallbesitzers. Die materielle Beweislast für das Vorliegen der Abfalleigenschaft liege bei der Behörde.
8
Im vorliegenden Fall habe der Beklagte die tatsächlichen Voraussetzungen der Abfalleigenschaft der landwirtschaftlichen Fahrzeuge anhand der umfangreichen, bei diversen Ortseinsichten entstandenen Lichtbilder und der vom Beklagten eingeholten Fahrzeugbewertung durch das Polizeipräsidium S.N. vom 18. Mai 2022 ausreichend dargetan. Ausweislich der Lichtbilder lagerten die landwirtschaftlichen Fahrzeuge seit längerem ungeordnet, ohne hinreichenden Schutz vor der Witterung sowie teilweise beschädigt auf den Grundstücken des Klägers, sodass der Beklagte rechtsfehlerfrei angenommen habe, dass deren ursprüngliche Zweckbestimmung aufgegeben worden sei. Auch nach der Einschätzung des Polizeipräsidiums S.N. liege aufgrund des Alters und des Zustands der landwirtschaftlichen Fahrzeuge und der seit längerem ungeschützt vor Witterungseinflüssen andauernden Lagerung im Freien Abfall im Sinne von § 3 KrWG vor. Eine Reparatur der landwirtschaftlichen Fahrzeuge erweise sich nach der Einschätzung des Polizeipräsidiums als wirtschaftlich unvernünftig und werde insoweit vom Kläger nach dessen Angaben in der mündlichen Verhandlung aktuell und in nächster Zeit auch nicht beabsichtigt, da die Fahrzeuge gegenwärtig ausschließlich zu Protestzwecken gegen die behauptete Untätigkeit der Gemeinde V. im Hinblick auf die Grundstücksentwässerung verwendet würden.
9
Als unerheblich erweise sich insoweit auch eine mögliche Verwendbarkeit der Anhänger als „Teileträger“, da der ursprüngliche Verwendungszweck als landwirtschaftliches Transportmittel unzweifelhaft weggefallen sei. Dies habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt. Die Anhänger würden seit längerem – nach Mitteilung der Polizeistation W. stünden sie seit Oktober 2020 am Fahrbahnrand der Ortsverbindungsstraße – nicht mehr dazu genutzt, Gegenstände von einem Ort zum anderen zu transportieren. Nach eigenen Angaben verwende der Kläger die abgestellten Anhänger ausschließlich zu Protestzwecken. Selbst wenn der ein oder andere abgestellte Anhänger abstrakt gesehen noch zum Transport von Gegenständen eingesetzt werden könnte, sei dieser Zweck nach der Verwendungsweise des Klägers seit längerem entfallen. Die im Bescheid vom 6. Juli 2022 hinreichend bestimmt gekennzeichneten Fahrzeuge seien daher auch hinsichtlich ihrer möglicherweise noch funktionsfähigen Bestandteile als Abfall zu betrachten.
10
Die Anhänger seien auch nicht einem neuen, nach der Verkehrsauffassung anerkannten Verwendungszweck zugeführt worden. Soweit der Kläger darauf verweise, dass er die beanstandeten landwirtschaftlichen Fahrzeuge als „Träger“ für seine Protestaktion gegenüber der Gemeinde V. benötige, sei dieser Verwendungszweck nicht schutzwürdig. Auch wenn der Kläger sich hinsichtlich seines Protests auf die in Art. 5 Abs. 1 GG garantierte Meinungsfreiheit berufe, berechtige ihn diese nicht dazu, als Abfall zu qualifizierende Gegenstände in der freien Natur als Medium seiner Protestaktionen einzusetzen. Der Kläger sei vielmehr darauf zu verweisen, seinen Protest in anderer Form kundzutun. Die Verwendung von als Abfall zu qualifizierenden Gegenständen für Protestaktionen entspreche nicht der Verkehrsanschauung.
11
2.2.2 Die streitgegenständlichen Anhänger stellten darüber hinaus auch nach § 3 Abs. 4 KrWG zu beseitigenden Abfall dar. Nach dieser Norm müsse der Besitzer von Gegenständen sich dieser entledigen und diese ordnungsgemäß beseitigen, wenn sie geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und das Gefährdungspotenzial nicht durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung ausgeschlossen werden könne. Das Abstellen der streitgegenständlichen, mit Gegenständen beladenen Anhänger in der freien Natur sei geeignet, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit zu gefährden, da damit zu rechnen sei, dass diese einen erheblichen Anreiz zum Abstellen weiterer Abfallgegenstände oder zu Vandalismus gäben. Dies sei nach eigenen, mit Lichtbildern belegten Angaben des Klägers bereits geschehen, indem einer der Anhänger umgeworfen und die auf ihm geladenen Gegenstände in der Landschaft verstreut worden seien.
12
Nach allem bestünde aufgrund der fachlichen Einschätzung des Zustands der landwirtschaftlichen Fahrzeuge im Gutachten des Polizeipräsidiums S. N. und den eindeutigen Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung für das Gericht an der Abfalleigenschaft der im Bescheid benannten streitgegenständlichen Fahrzeuge und der hierauf gelagerten weiter nicht mehr gebrauchsfähigen Gegenstände kein Zweifel.
13
2.3 Da es sich bei den Grundstücken des Klägers auch nicht um eine zugelassene Abfallbeseitigungsanlage im Sinne von § 28 KrWG handle, erfolge die Ablagerung der Abfälle im Sinne von Art. 27 Abs. 1 BayAbfG in unzulässiger Weise. Ebenfalls nicht zu beanstanden sei die Auswahl des Klägers als Adressat der Anordnung, da er als Eigentümer der betroffenen Grundstücke die Sachherrschaft über die auf diesen gelagerten Gegenstände ausübe und daher als Abfallbesitzer im Sinne von § 3 Abs. 9 KrWG tauglicher Adressat der Beseitigungsanordnung sei. Weiter erweise sich die Beseitigungsanordnung weder als unverhältnismäßig noch als ermessensfehlerhaft. Da die abgelagerten Gegenstände nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet würden und einem bestimmungsgemäßen Gebrauch auch nicht mehr zugeführt werden könnten bzw. sollten, überwiege das Interesse der Allgemeinheit an einer ordnungsgemäßen Abfallbeseitigung. Die Beseitigungsanordnung erweise sich mithin als insgesamt rechtmäßig, ebenso wie die hieran anknüpfende Verpflichtung zur Vorlage eines Entsorgungsnachweises.
14
3. Gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil wendet sich nunmehr der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem er ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2018, Az.: 7 C 34.15, im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VWGO sowie die Verfahrensfehlerhaftigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VWGO geltend machen lässt. Der Zulassungsbegründung beigefügt ist ein umfangreiches Sachverständigengutachten des Sachverständigenbüros F. vom 6. November 2023, das auf Basis einer Besichtigung am 30. Oktober 2023 zu Zustand, Reparaturbedürftigkeit und Wert der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Anhänger Stellung nimmt. Demgegenüber verteidigt der Beklagte das angefochtene Urteil.
15
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
16
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen oder nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden sind.
17
1. Die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich auch unter Berücksichtigung der Zulassungsbegründung des Klägers nicht im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO als ernstlich zweifelhaft.
18
1.1 Der Auffassung des Verwaltungsgerichts wie auch des Beklagten, bei den sieben landwirtschaftlichen Fahrzeugen des Klägers nebst Beladung handle es sich um Abfall im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG, ist der Kläger jedenfalls insoweit nicht substantiiert entgegengetreten, als die Pflicht zur Entledigung aus dem objektiven Abfallbegriff des § 3 Abs. 4 KrWG abgeleitet worden ist (zur Eignung speziell des objektiven Abfallbegriffs zur Beschränkung grundsätzlich möglicher „Umwidmungen“ von Abfällen vgl. Petersen in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2. Aufl. 2022 § 3 Rn. 103). Danach muss sich der Besitzer von Stoffen oder Gegenständen im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG entledigen, wenn diese nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder künftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt, zu gefährden und deren Gefährdungspotenzial nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassener Rechtsverordnungen ausgeschlossen werden kann.
19
In diesem Sinne handelt es sich bei den sieben teilweise beladenen Anhängern um Gegenstände, die nicht mehr ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung entsprechend verwendet werden. Hinsichtlich der Zweckbestimmung der Anhänger nebst der jeweiligen Beladung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht explizit erklärt, die Anhänger dienten ausschließlich Protestzwecken gegen die aus seiner Sicht unzureichende Entwässerung der Zufahrtswege zu seinem Anwesen und der Verlegung der Ortsverbindungsstraße auf sein Grundstück durch die Gemeinde V.. Würde die Gemeinde seinen Forderungen entsprechen, würde er die Anhänger sofort wieder in seinen Hof bringen (vgl. Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 25. September 2023, Bl. 225 f. der VG-Akte). Damit steht nach der Aussage des Klägers selbst fest, dass die landwirtschaftlichen Anhänger gegenwärtig gerade nicht zum Transport entsprechender Güter, also ihrem ursprünglichen Einsatzzweck entsprechend verwendet werden. Soweit der Kläger im Rahmen der Zulassungsbegründung nunmehr ausführlich einen anderen Verwendungszweck der Anhänger vortragen lässt, steht dies im Gegensatz zu seiner eigenen Einlassung und kann daher Richtigkeitszweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht begründen (zur grundsätzlichen abfallrechtlichen Zulässigkeit der „Umwidmung“ von Kraftfahrzeugen oder Anhängern im abfallrechtlichen Kontext vgl. Petersen in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 20 Rn. 151).
20
Weiter geht von den Anhängern, wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, aufgrund ihres konkreten Zustands eine Gefährdung für das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere der Umwelt aus (zur diesbezüglichen Anwendung von § 3 Abs. 4 AbfG speziell bei ungeschützt in der freien Natur gelagerten Altfahrzeugen vgl. Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juni 2024, § 3 KrWG Rn. 73 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des konkreten Zustands wie auch der Gefährdungsprognose ist dabei der der letzten Behördenentscheidung, demzufolge hier der 6. Juli 2022 als Zeitpunkt des Bescheiderlasses (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl. Petersen in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz 2. Aufl. 2022, § 3 Rn. 108; ferner VG Würzburg, U.v. 23.4.2021 – W 10 K 19.1528 – BeckRS 2021, 40121 Rn. 34). Auf den Zustand der Fahrzeuge vor dem „Anschlag vom 19.2.2022“ kommt es daher entgegen der Auffassung des Klägers nicht an. Hinsichtlich des konkreten Zustands der Anhänger ist vielmehr die Bewertung durch den Sachverständigen des Polizeipräsidiums S.N. in Verbindung mit den anlässlich der Ortsbesichtigung gefertigten Lichtbildern zugrunde zu legen, wonach mehrere der Anhänger umgestürzt und die Ladung auf den Grundstücken des Klägers verteilt war und die Anhänger insgesamt einen verwahrlosten Eindruck gemacht haben. Soweit der Kläger dieser Bewertung mit der Zulassungsbegründung ein eigenes Sachverständigengutachten vom 6. November 2023 entgegenhält, erweist sich dies als unbehelflich, weil der sachverständigen Bewertung der Zustand der Anhänger zum Besichtigungszeitpunkt am 30. Oktober 2023 zugrunde liegt und der Kläger zwischenzeitlich nach eigener Aussage an den Anhängern verschiedentlich Reparaturen vorgenommen hat.
21
Dem vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Umstand, dass von den sieben Anhängern einschließlich ihrer Ladung zum Zeitpunkt des Erlasses der Beseitigungsanordnung am 6. Juli 2022 eine gegenwärtige oder künftige Gefahr für das Allgemeinwohl, insbesondere die Umwelt ausging (zum insoweit erforderlichen Gefährdungspotential vgl. Petersen in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 3 Rn. 113), ist der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht substantiiert entgegengetreten. Insbesondere hat er der Annahme des Verwaltungsgerichts, die teilweise umgestürzten Anhänger böten in dem Zustand, in dem sie sich zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses befunden hatten, für Dritte Anlass und Gelegenheit, auf dem Grundstück des Klägers weiteren Müll abzulagern, was zu einer möglichen Gefährdung der Umwelt führe, nichts entgegengesetzt. Ebenso wenig hat er die Gefahr des Vandalismus, die sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts bereits verwirklicht hatte, bestritten. Dass unter Umständen von den Anhängern und deren Ladung selbst keine konkrete oder drohende Gefährdung für die Umwelt ausgegangen war, erweist sich in diesem Kontext als unbeachtlich, weil das Verwaltungsgericht die Gefährdung gerade in der weiteren Ablagerung von Abfällen durch Dritte verortet hat (zum Gefährdungspotential durch das Hinzutreten Dritter vgl. Petersen in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 3 Rn. 119). Gleichwohl erschiene es entgegen der Auffassung des Klägers im vorliegenden Fall auch nicht gänzlich ausgeschlossen, dass den ungeschützt aufgestellten Anhängern selbst durch noch vorhandene Schmierstoffe, Bremsabrieb, Altreifen etc. ein Gefährdungspotential für die Umwelt innewohnt.
22
Eine potentielle Gefahr für die Umwelt im vorstehend genannten Sinne geht im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht des Klägers auch von der Beladung der Anhänger aus. Soweit er mit seiner Zulassungsbegründung die aus seiner Sicht „werthaltige“ Ladung der Anhänger von der Qualifizierung als „Abfall“ und damit von der Beseitigungsanordnung ausgenommen wissen will, kann er damit nicht durchdringen. Einzelne werthaltige Bestandteile eines zu beseitigenden Gegenstands ändern an der Qualifikation der Sachgesamtheit als „Abfall“ nichts (zum insoweit erforderlichen Abstellen auf die Sachgesamtheit vgl. Petersen in Jarass/Petersen, Kreislaufwirtschaftsgesetz, 2. Aufl. 2022, § 3 Rn. 108; vgl. ferner OVG Bautzen, U.v. 21.12.2021 – 4 A 887/19 – NVwZ-RR 2022, 414). Außerdem bilden im vorliegenden Fall gerade die – teilweise umgestürzten – Anhänger mitsamt ihrer Ladung den Anreiz für weitere Abfallablagerungen. Das abfallrechtliche Gefährdungspotential erfasst demzufolge die auf den Anhängern befindliche oder teilweise auf den Grundstücken des Klägers verstreute Ladung in gleicher Weise wie die Anhänger selbst.
23
Soweit der Kläger in der Zulassungsbegründung darüber hinaus einen aus seiner Sicht potentiellen Täter für das Umstürzen der Anhänger und deren Beschädigung benennt und die Nichtberücksichtigung dieses Umstandes rügt, ändert dies an der Verpflichtung für die Beseitigung der Anhänger nebst Ladung als Abfall nichts, da diese gerade an seine Zustandsverantwortlichkeit anknüpft. Er ist als Besitzer der Abfälle nach § 3 Abs. 9 KrWG für die Beseitigung der Anhänger verantwortlich, nicht hingegen als „Abfallerzeuger“. Auch das spätere Aufstellen und die behauptete teilweise Reparatur der Anhänger und die Bergung der Ladung nach Abschluss der Rapsernte lässt die Abfalleigenschaft der Anhänger zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung nicht nachträglich entfallen.
24
Ebenso wenig kann der Kläger schließlich mit seiner Behauptung der Fehlerhaftigkeit der Ermessensentscheidung sowie der Unverhältnismäßigkeit der Beseitigungsanordnung Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begründen, da er weder den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt – den der letzten Behördenentscheidung am 6. Juli 2022 – noch den maßgeblichen Anknüpfungspunkt, nämlich die potentielle Gefährdung der Umwelt durch weitere Abfallablagerungen Dritter, berücksichtigt und er wiederum entgegen seiner Einlassung vor dem Verwaltungsgericht eine nach wie vor ordnungsgemäße „Verwendung“ der Anhänger behauptet.
25
1.2 Ob die sieben Anhänger auch nach dem subjektiven Abfallbegriff des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung nach § 3 Abs. 3 Satz 2 KrWG als Abfall anzusehen sind, bedarf angesichts des doppelten Begründungsansatzes des Verwaltungsgerichts keiner näheren Erörterung, da in diesem Fall die Darlegung ernstlicher Richtigkeitszweifel beide Begründungsansätze umfassen muss, der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen, wie unter 1.1 dargestellt, das Vorliegen von Abfall im Sinne von § 3 Abs. 4 KrWG nicht ernsthaft in Zweifel gezogen hat (zum Darlegungserfordernis im Falle einer sog. Doppelbegründung vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 61). Insbesondere ist er der Auffassung des Verwaltungsgerichts, den Anhängern wohne ein Gefährdungspotential für die Umwelt durch eine hinzutretende Ablagerung weiterer Abfälle durch Dritte bzw. durch Vandalismus inne, nicht durchgreifend entgegengetreten.
26
2. Die Berufung war vorliegend auch nicht wegen der behaupteten Divergenz der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2018, Az. 7 C 34.15, nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Die Darlegung dieses Berufungszulassungsgrundes erfordert die Herausarbeitung eines Rechtssatzes des angefochtenen Urteils, der von einem Rechtssatz einer entsprechenden Entscheidung des Divergenzgerichts in entscheidungserheblicher Weise abweicht. Dem genügt die Behauptung des Klägers nicht, das Verwaltungsgericht lege das in Bezug genommene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts „fehlerhaft“ aus.
27
3. Die Zulassung der Berufung kann vorliegend auch nicht auf die Fehlerhaftigkeit des gerichtlichen Verfahrens im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gestützt werden.
28
Soweit der Kläger danach eine Aufklärungsrüge dahingehend erhebt, dass Verwaltungsgericht habe „die vom Kläger vorgetragenen Hinweise, wonach seine Fahrzeuge stets mit Beleuchtungen gesichert waren und dass die Fahrzeuge immer wieder von Dritten strafbar (Sachbeschädigung nach § 303 StGB) entfernt worden seien“, weder in der mündlichen Verhandlung noch im Urteil berücksichtigt, legt er schon nicht dar, inwieweit sich dieser Umstand im vorliegenden Fall nach der Rechtsauffassung des Gerichts als entscheidungserheblich erweisen soll. Dies gilt in gleicher Weise für den vom Kläger vorgetragenen Umstand, das Verwaltungsgericht habe sich „entgegen dem Amtsermittlungsgrundsatz (…) auch nicht mit der zweckgemäßen Weiterverwendung von Heu, Stroh, Brennholz, ofenfertigem Brennholz, Brennholzkreissäge, Sandwichplatten für Dämmzwecke im landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers“ beschäftigt. Hierzu hatte das Verwaltungsgericht aufgrund der eindeutigen Bekundung des Klägers, die Anhänger (nebst Ladung) ausschließlich für Protestzwecke zu nutzen, auch keinen Anlass. Schließlich führt die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe „den Umstand der vorsätzlichen Sachbeschädigung und der Reparatur der erfolgten Beschädigungen nicht aufgeklärt“, ebenfalls nicht zur Annahme eines Verfahrensmangels, da der Kläger die Entscheidungserheblichkeit der genannten Umstände gemessen an der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht darlegt und auch nicht näher erörtert, weshalb sich derartige Ermittlungen dem Gericht nach seiner Rechtsauffassung hätten aufdrängen müssen, zumal er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auch keine Beweisanträge gestellt hat.
29
Der Zulassungsantrag war daher mangels Darlegung durchgreifender Zulassungsgründe insgesamt zurückzuweisen.
30
4. Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 2 die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Zulassungsverfahren nach § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
31
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.