Titel:
Keine Schadenspauschale bei Schmerzensgeldansprüchen nach Unfall
Normenkette:
BGB § 249, § 253 Abs. 2
Leitsätze:
1. 200 EUR Schmerzensgeld für Prellung des linken Ellenbogens links mit Bursopathie, Krankenhaus- und weiterem Arztbesuch und zwei bis drei Tage Schmerzmittel eingenommen. (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Verfolgung von (nur) Schmerzensgeldansprüchen ist der Ersatz einer Kostenpauschale, anders als im Sachschaden, nicht geboten (Anschluss AG Deggendorf BeckRS 2023, 37301). (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kostenpauschale, Schmerzensgeld, Prellung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36613
Tenor
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 307,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.06.2024 zu zahlen.
2. Die Beklagten wird verurteilen, an den Kläger 200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.06.2024 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 159,93 EUR gegenüber der ... freizustellen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 31 Prozent und die Beklagte 69 Prozent zu tragen.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 732,02 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Klagepartei begehrt von der beklagten Partei weiteren Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.
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Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
3
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in ausgesprochener Höhe gem. §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, 115 VVG, 249 ff. BGB.
1. Haftung dem Grunde nach
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Die beklagte Partei haftet für das streitgegenständliche Unfallereignis mit einer Haftungsquote von 100%. Das Gericht ist nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Kläger durch einen Vorfahrtsverstoß des Führers des beklagten Pkws zum starken Bremsen veranlasst wurde, hierdurch vom Fahrrad stürzte und sich die unbestrittene Verletzung am linken Ellbogen zuzog.
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Dem Fahrer des bei der beklagten versicherten Fahrzeuges ist ein Verstoß gegen § 8 StVO vorzuwerfen.
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Der Kläger gab zum Unfallhergang an, er sei am 29.11.2023 gegen 15.30 Uhr die M. Straße entlanggefahren. Er habe geradeaus fahren wollen und sei nicht auf dem Gehweg gefahren, sondern auf der Straße. Er sei mit Sicherheit schon auf Höhe der Einfahrt „...“ gewesen, als das Beklagtenfahrzeug wirklich knapp vor ihm abgebogen sei. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, habe er stark abbremsen müssen, sodass sein Vorderrad blockiert habe und er auf die Straße gefallen sei. Der Fahrer des gegnerischen Fahrzeugs habe dann auch gleich angehalten und sei ausgestiegen. Er habe ihm Hand gegeben und sich bei ihm entschuldigt. Er habe unter Schock gestanden. Ich sei auf seinen linken Ellbogen gefallen. Seine Schmerzen seien zu Hause größer geworden, sodass meine Frau ihn ins Krankenhaus gefahren habe. Sein linker Ellbogen sei stark angeschwollen, sodass man ihn im Krankenhaus habe punktieren müssen. Er habe sonst keine weiteren Verletzungen erlitten.
7
Der Kläger schilderte den Unfallhergang schlüssig, nachvollziehbar und daher glaubhaft. Er gab auch plausibel an, warum er an dieser Stelle nicht auf dem Gehweg fahre.
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Der unvereidigt gebliebene Zeuge ..., Beifahrer in dem bei der beklagten versicherten Fahrzeugs, bestätigte ebenfalls einen Abbiegevorgang des Pkws und, dass seinem Kollegen, dem Fahrer, der Kläger aufgefallen sei, der auf der Straße gelegen habe. Sie seien dann ausgestiegen und zu dem Kläger gegangen. Insoweit stützen die Angaben des Zeugen die des Klägers. Der Zeuge konnte im Rahmen seiner Einvernahme nichts dazu sagen, ob der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs noch habe abbiegen dürfen, da er als Beifahrer in diesem Moment nicht auf den Verkehr geachtet habe. Wo der Kläger gefahren sei, konnte er ebenso nicht sagen.
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Der weiter benannte Zeuge der beklagten Partei und Fahrer des bei der beklagten versicherten Pkws konnte nicht erreicht werden, da eine ladungsfähige Anschrift seitens der beklagten Partei nicht mitgeteilt werden konnte.
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Einen behaupteten Verstoß des Klägers gegen § 10 StVO konnte die beweisbelastete beklagte Partei somit nicht nachweisen.
11
Der Kläger hat zum einen Anspruch auf Zahlung der entstandenen Heilbehandlungskosten in ausgesprochener Höhe.
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Der Kläger ist unbestritten privatversichert. Der Kläger hat die vorgelegten Arztrechnungen vorgelegt und ihre Bezahlung nachgewiesen.(Anlagen K 5-10). Darüber hinaus trägt der Kläger – ebenfalls unbestritten – vor, dass er bei Einreichung der Rechnungen seinen Bonus bei der privaten Krankenkasse in Höhe von 450,- € verlieren würde, da bei ihm im Jahr 2023 keine weiteren Arztrechnungen angefallen seien. Dem Kläger ist daher durch die entstandenen Heilbehandlungskosten, unabhängig ob diese von der privaten Krankenkasse übernommen würden oder nicht, eine Vermögenseinbuße in Höhe der Heilbehandlungskosten als Folge des Unfalls entstanden.
13
Der Kläger kann zudem von der Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes verlangen. Allerdings hält das Gericht ein Schmerzensgeld in der vom Kläger geforderten Höhe nicht für gerechtfertigt.
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Ein Anspruch auf Schmerzensgeld setzt nach § 253 Abs. 2 BGB zunächst voraus, dass Rechtsgüter des Verletzten mehr als nur unwesentlich beeinträchtigt worden sind. Dies ist vorliegend der Fall, da es bei der Verletzung des Klägers sich um eine über vorübergehende, im Alltagsleben typische und häufig auch aus anderen Gründen als einem besonderen Schadensfall entstehende Beeinträchtigungen des körperlichen und seelischen Wohlbefindens hinausgehende Verletzung handelt.
15
Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach Art, Ausmaß und Schwere der Gesundheitsbeschädigung. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Vorliegend hat der Kläger eine Prellung des Ellenbogens links und eine Bursopathie Ellenbogengelenk links erlitten.
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Es erfolgte ein Krankenhaus- und ein weitere Arztbesuch, auch hat der Kläger zwei bis drei Tage Schmerzmittel eingenommen. Eine weitergehende Behandlung war aber nicht notwendig, Folgeschäden sind nicht eingetreten. Der ausgesprochene Betrag in Höhe von 200 € erscheint dem Gericht daher angemessen, aber auch ausreichend, um den vom Kläger erlittenen immateriellen Schaden auszugleichen und ihm Genugtuung für die erlittenen nachteiligen Folgen zu verschaffen.
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Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kostenpauschale. Die Zuerkennung einer derartigen Pauschale beruht auf der ständigen Rechtsprechung zur Abwicklung von Sachschäden an Fahrzeugen bei Verkehrsunfällen, ist aber auf die Fälle der Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen (auch wenn diese aus Verkehrsunfällen resultieren) nicht zu übertragen (AG Deggendorf (3. Zivilabteilung), Endurteil vom 17.07.2023 – 3 C 207/23). Der Kläger trägt hier nicht weiter vor, welche vorgerichtlichen Kosten angefallen sein könnten Die Beklagte hat den Kläger im Rahmen des zu leistenden Schadensersatzes von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten freizustellen.
18
Der Anspruch auf Zinszahlung folgt aus §§ 288, 291 BGB.
19
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.