Inhalt

OLG München, Beschluss v. 11.06.2024 – 8 U 3892/22
Titel:

Kein Schadensersatz wegen angeblicher Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Wohnmobil

Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2, § 826
EG-FGV §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1
Fahrzeugemissionen-VO Art. 5 Abs. 2
Leitsätze:
1. Aufgabe des OBD-Systems ist es nicht, zwischen einer rechtlich zulässigen und einer rechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung zu unterscheiden. Arbeitet eine Abschalteinrichtung – sei sie rechtlich zulässig oder unzulässig – technisch so, wie sie programmiert ist, liegt eine Fehlfunktion nicht vor, so dass die Anzeige einer Fehlfunktion nicht veranlasst ist. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es erscheint sachgerecht, die Höhe der Nutzungsentschädigung bei Wohnmobilen, da diese nicht bloß Fortbewegungsmittel sind, nicht ausschließlich linear anhand der Laufleistung nach Kilometern zu bestimmen. Dies folgt daraus, dass es auch möglich ist, mit einem Wohnmobil nur eine kurze Strecke zurückzulegen und dann lange darin zu wohnen (Dauercamper). Aus diesem Grunde erscheint die Kombimethode, die ein Mittelwert aus Fortbewegung und Nutzungsmöglichkeit bildet, angemessen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Angebote auf entsprechenden Verkaufsplattformen wie mobile.de oder kleinanzeigen.de stellen eine geeignete Schätzgrundlage für die Ermittlung des Restwerts dar. Denn bei dem Restwert handelt es sich um den auf dem Gebrauchtmarkt für das Fahrzeug erzielbaren Verkaufserlös. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnmobil, unzulässige Abschalteinrichtung, OBD-System, Vorteilsausgleich, Prüfstanderkennung, Restwert, Nutzungsentschädigung
Vorinstanz:
LG Passau, Endurteil vom 31.05.2022 – 4 O 1068/21
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Berichtigungsbeschluss vom 04.07.2024 – 8 U 3892/22
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 10.12.2024 – VIa ZR 388/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36492

Tenor

1. Die Klagepartei ist bezüglich der Beklagten zu 2) und der Beklagten zu 3) des eingelegten Rechtsmittels der Berufung verlustig.
2. Bezüglich der Beklagten zu 1) wird die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Passau vom 31.05.2022, Aktenzeichen 4 O 1068/21, zurückgewiesen.
3. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Betreffend die Beklagte zu 1) ist das in Ziffer 2 genannte Urteil des Landgerichts Passau ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 65.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klagepartei macht gegen die Beklagten Ansprüche im Zusammenhang mit dem sog. Abgas-Skandal betreffend ein Wohnmobil geltend. Das Landgericht hat die Klage umfassend abgewiesen. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen.
2
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird außerdem vollumfänglich auf Buchstabe A. des Hinweisbeschlusses des Senats vom 23.04.2024 verwiesen.
II.
3
Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgte die Klagepartei zunächst ihre in erster Instanz gestellten Klageanträge weiter, d.h. sie hat beantragt,
1.
Unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Passau vom 31.05.2022 – 4 O 1068/21 werden die Beklagte zu 1., die Beklagte zu 2. und die Beklagte zu 3) als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerseite 48.816,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, die Beklagte zu 1) seit 29.07.2021, die Beklagten zu 2) und 3) jeweils seit Rechtshängigkeit, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs K. R15 mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … sowie weitere 6.047,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, die Beklagte zu 1) seit 29.07.2021, die Beklagten zu 2) und 3) jeweils seit Rechtshängigkeit, zu zahlen.
2.
Unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Passau vom 31.05.2022 – 4 O 1068/21 werden die Beklagte zu 1), die Beklage zu 2) und die Beklagte zu 3) verurteilt, als Gesamtschuldner die Klägerseite von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.147,83 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
3.
Unter Abänderung der Entscheidung des Landgerichts Passau vom 31.05.2022 – 4 O 1068/21 wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1., die Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 3) sich mit der Rücknahme des Wohnmobils mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer … in Annahmeverzug befinden.
4
In der Gegenerklärung vom 23.05.2024 hat die Klagepartei ihre Anträge angepasst bzw. umgestellt und beantragt insoweit nunmehr hilfsweise zu den Anträgen 1. und 3. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 7.560,00 € zu zahlen.
5
Die Berufung gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) hat die Klagepartei mit diesem Schriftsatz vom 23.05.2024 zurückgenommen.
6
Die Beklagte zu 1) hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
7
Mit Hinweisbeschluss vom 23.04.2024 wurde die Klagepartei darauf hingewiesen, dass und weshalb der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, und dies auch bei Abstellen auf eine etwaige Haftung der Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bei Berücksichtigung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, d.h. auch bei der Geltendmachung eines Differenzschadens, wie zuletzt erfolgt. Der Klagepartei wurde hierzu eine Frist zur Stellungnahme bis 06.05.2024 bzw. auf Antrag verlängert bis 27.05.24 eingeräumt. Mit Schriftsatz vom 23.05.2024 hat sie sich auch geäußert.
8
Ergänzend wird auf den Inhalt des angegriffenen Urteils und den des Hinweisbeschlusses des Senats vom 23.04.2024 sowie die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren verwiesen.
III.
9
Die Berufung der Klagepartei war danach als unbegründet zurückzuweisen.
10
Die Ausführungen in der Gegenerklärung rechtfertigen keine andere Beurteilung, auch wenn der Kläger – wie nach §§ 525 S. 1, 264 Nr. 2 ZPO zulässig – mit dieser seinen zunächst in erster Linie auf §§ 826, 31 BGB gestützten Schadensersatzanspruch nunmehr hilfsweise auf den Ersatz des Differenzschadens nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 26, 27 EG-FGV umgestellt hat.
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1. Ein Schadensersatzanspruch lässt sich vorliegend weiterhin nicht auf §§ 826, 31 BGB bzw. § 831 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB stützen.
12
Von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung oder bewussten Täuschung seitens der Beklagten ist nicht auszugehen. Insoweit wird auf die Darlegungen im Hinweisbeschluss des Senats vom 23.04.2024 verwiesen.
13
a. Die Gegenerklärung führt hierzu im Wesentlichen aus, der Senat habe sich nicht mit allen vorgetragenen Abschalteinrichtungen und nicht damit befasst, dass diese zwar keine Prüfstanderkennung, aber eine Prüfstandbezogenheit aufwiesen und daher per se sittenwidrig seien. Zudem habe der Senat das Vorliegen eines Thermofensters und eines Timers gar nicht festgestellt. Neu wird ferner auf eine Mitteilung des KBA vom 29.08.23 zum Motor F1AGL411C verwiesen (Anlage K 39). Außerdem habe der Senat sich nicht mit der vorgebrachten Manipulation des OBD-Systems auseinandergesetzt.
14
b. Der Senat hat indessen, wie aus dem Hinweisbeschluss ersichtlich, das Vorliegen einer Prüfstanderkennung bzw. einer dieser gleichzusetzenden sonst evident unzulässigen Abschalteinrichtung ausführlich geprüft, es wird insoweit auf B.II.1.c. des Hinweisbeschlusses verwiesen. Der Senat hat bei Verweis auf diesbezügliche höchstrichterliche Rechtsprechung aufgezeigt, dass nicht nur eine temperatur-, sondern auch eine zeitabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems, die im Grundsatz auf dem Prüfstand in gleicher Weise wie im Fahrbetrieb auf der Straße arbeitet, auch ausgehend von einer darin zu sehenden unzulässigen Abschalteinrichtung, nicht mit einer Prüfstanderkennungssoftware mit Umschaltlogik gleichzusetzen ist. Es handelt sich also nicht um eine Funktionalität, deren manipulativer, auf eine arglistige Täuschung zielender Charakter so offenkundig wäre, dass hier ohne weiteres von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung auszugehen wäre. Auch bezüglich des Vorliegens einer sonstigen Prüfstanderkennung in diesem Sinne (in Bezug auf B.II.1.a. und c. also einer Prüfstanderkennung mit Umschaltlogik oder sonstigen evident unzulässigen Abschalteinrichtung) wurde im Übrigen aufgezeigt, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für den Verbau einer solchen gegeben sind (vgl. B.II.1.c.(2)).
15
c. Derartiges ergibt sich weiterhin auch nicht aus dem neu vorgelegten Schreiben des KBA vom 29.08.2023 (Anlage K 39). Diesbezüglich fehlt es bereits an einer Vergleichbarkeit mit dem streitgegenständlichen Motor, handelt es sich doch, wie die Klagepartei selbst vorbringt, bei den dort erwähnten Fahrzeugen um andere als das klägerische Fahrzeug mit 110 kW und EU 5. Wie aus den verschiedenen KBA-Auskünften ersichtlich, kommt es aber bei den inmitten stehenden Motortypen ersichtlich auf weitere bestimmte Merkmale wie etwa die Leistung und den Produktionszeitraum an. Damit würde selbst eine offensichtliche Entwicklungsnähe nicht genügen, wie zwischenzeitlich höchstrichterlich bestätigt, um auf eine unzulässige Abschalteinrichtung im Fahrzeug der Klagepartei schließen zu können (vgl. BGH, Urt. V. 23.06.2022 – VII ZR 442/21 zu Audi 3,0 l). Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass das KBA bei den untersuchten Fahrzeugen festgestellt hätte, dass eine etwaige unzulässige Abschalteinrichtung die Steuerungsbedingungen im Normalbetrieb anders regeln würde als auf dem Prüfstand, also eine evident sittenwidrige Abschalteinrichtung hinsichtlich des Emissionsverhaltens festgestellt hätte. Vielmehr spricht das KBA lediglich von einer „Nichtkonformität“, bezüglich derer die Stellungnahme des Herstellers noch geprüft werde und noch kein Bescheid erlassen worden sei. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer evident sittenwidrigen Abschalteinrichtung gleich einer Prüfstanderkennung mit Umschaltlogik im streitgegenständlichen Fahrzeug ergeben sich daraus daher nicht.
16
d. Soweit die Gegenerklärung eine mangelnde Würdigung des Gerichts im Hinblick auf eine vorgetragene Manipulation des OBD-Systems moniert, ist dem Vortrag der Klagepartei bereits nicht zu entnehmen und auch nicht ersichtlich, dass und inwieweit es sich dabei überhaupt um eine Abschalteinrichtung handeln sollte. Auch Ausführungen zu angeblichen Manipulationen des OBD-Systems zur Verschleierung unzulässiger Abschalteinrichtungen sind im Übrigen nicht zielführend. Aufgabe des OBD-Systems ist es nämlich nicht, zwischen einer rechtlich zulässigen und einer rechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung zu unterscheiden. Arbeitet eine Abschalteinrichtung – sei sie rechtlich zulässig oder unzulässig – technisch so, wie sie programmiert ist, liegt eine Fehlfunktion nicht vor, so dass die Anzeige einer Fehlfunktion nicht veranlasst ist (BGH Urt. B. 8.12.2021 – VIII ZR 190/19, BeckRS 2021, 44235 Rn. 91, beck-online). Auch ein Hinweis auf ein Unrechtsbewusstsein seitens der Beklagten lässt sich daraus folglich nicht ableiten.
17
e. Im Übrigen wird hinsichtlich des Fehlens der besonderen Umstände, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen, bei Vorliegen einer (bloß) verwaltungsrechtlich unzulässigen Abschalteinrichtung auf den Hinweisbeschluss unter B.II.1.d. verwiesen. Die Beklagte konnte sich danach entgegen der in der Gegenerklärung vertretenen Auffassung darauf berufen, die zeit- und temperaturabhängige Modulation der Abgasnachbehandlung für zulässig erachtet zu haben. Die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung hätte damit jedenfalls vorausgesetzt, dass die Klagepartei – wie nicht geschehen – zureichende Anhaltspunkte dafür aufzeigt, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der zeit- und temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems im Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen.
18
Ob und welche (verwaltungsrechtlich) unzulässigen Abschalteinrichtungen in dem Fahrzeug möglicherweise implementiert waren, war damit letztlich für den Anspruch aus § 826 BGB nicht entscheidungserheblich.
19
2. Auch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV kann der Kläger nichts für sich herleiten.
20
Dabei kommt es auch für diesen Anspruch vorliegend nicht maßgeblich darauf an, ob und gegebenenfalls welche verwaltungsrechtlichen unzulässigen Abschalteinrichtungen im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sind. Ein etwaiger Anspruch auf einen Differenzschadensersatz nach Maßgabe der Entscheidungen des BGH vom 26.06.2023 (BGH VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VIa ZR 1031/22) und vom 27.11.2023 (VIa ZR 1425/22, BeckRS 2023, 38141, beck-online) scheitert jedenfalls am durchzuführenden Vorteilsausgleich.
21
a. Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Vorteilsausgleichung aufgezeigt, worauf verwiesen wird.
22
b. Die Ausführungen der Gegenerklärung zum Nutzungsersatz vermögen keine abweichende Entscheidung zu begründen.
23
(1) Zur Gesamtlaufleistung führt die Gegenerklärung aus, diese sei auf mindestens 350.000 km zu schätzen. Auch die Nutzungsdauer sei zu niedrig angesetzt. Hier sei von einer Nutzungsdauer von mindestens 30 Jahren auszugehen.
24
Im Hinweisbeschluss wurde dabei im Einzelnen dargelegt, weshalb der Senat von einer Gesamtfahrleistung von 250.000 km ausgeht. Die gefestigte Schätzungspraxis der Gerichte stellt insoweit angesichts der eingeschränkten empirischen Ermittlungsmöglichkeiten und im Interesse einer einheitlichen Handhabung regelmäßig eine hinreichende Schätzungsgrundlage dar (vgl. BGH, Urt. v. 29.09.2021, VIII ZR 111/20, NJW 2022, 463, beck-online). Überwiegend werden dabei Gesamtfahrleistungen entsprechender Fahrzeuge auf 250.000 bis 300.000 km ausweislich veröffentlichter Schätzungen der Gerichte geschätzt (vgl. OLG Nürnberg Hinweisbeschluss v. 11.4.2023 – 17 U 4341/21, BeckRS 2023, 9333, mit entsprechenden Verweisen). Der Senat bewegt sich innerhalb dieses Rahmens. Maßgeblich bei der Beurteilung der voraussichtlichen Gesamtlaufleistung ist insoweit nach der Rechtsprechung nicht die minimal oder maximal von einzelnen Fahrzeugen des fraglichen Typs erreichte Laufleistung, sondern mit welcher Laufleistung in der Regel zu rechnen ist (vgl. auch BGH vom 25.05.2020, Az.: VI ZR 252/19, Rdnr. 82, Urteil vom 27.04.2021, Az.: VI ZR 812/20, Rdnr. 15 ff., vom 18.05.2021, Az.: VI ZR 720/20, Rdnr. 13, Beschluss vom 21.07.2021, Az.: VII ZR 56/21, Rdnr. 1). Im Übrigen wäre auch bei Abstellen konkret auf das streitgegenständliche Fahrzeug trotz sorgfältiger Pflege eine geschätzte Gesamtfahrleistung von 250.000 km nicht verfehlt, könnte vielmehr sogar als zu hoch erscheinen, nachdem mit diesem seit seinem Erwerb im August 2018 bis Mai 2022 gerade einmal ca. 12.000 km zurückgelegt worden sind. Mithin hat es bei einer zu prognostizierenden Gesamtfahrleistung von 250.000 km zu verbleiben.
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Bei der Nutzungsdauer von 240 Monaten (= 20 Jahren) wurde bereits berücksichtigt, dass Wohnmobile gerade bei niedrigen Laufleistungen aufgrund ihres Wohnwertes und des geringeren technischen Verschleißes im Durchschnitt länger genutzt werden als Pkws. Die voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer wird dabei von vielen OLG-Senaten sogar nur auf 15 Jahre (180 Monate) bemessen (vgl. etwa OLG Stuttgart, Urteil v. 12.05.2016 – 1 U 133/13; OLG Celle, Beschluss vom 18.01.2023 – 16 U 314/22 und vom 16.10.2023 – 7 U 346/22). Im Verfahren des OLG Stuttgart hat der beauftragte Sachverständige im Übrigen auch einen solchen Zeitraum von 15 Jahren als voraussichtliche Gesamtnutzungsdauer für zutreffend erachtet. Dabei ist maßgebend die gewöhnliche Nutzungsdauer, nicht dagegen die maximale, bei entsprechend gesteigertem Erhaltungsaufwand technisch mögliche Leistungsgrenze. Soweit der Kläger demgegenüber von einer Gesamtnutzungsdauer von mindestens 30 Jahren ausgehen will, ist eine solche Annahme lebensfremd (vgl. Eggert in Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl., Rn. 3579). Der Senat hat demgegenüber bereits sehr großzügig 20 Jahre (240 Monate) zugrunde gelegt.
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(2) Ferner ist der Nutzungsersatz auch anhand des geleisteten Bruttokaufpreises zu berechnen und nicht, wie die Gegenerklärung meint, abzüglich eines Minderwertes in Höhe des Differenzschadens. Der Minderwert des Fahrzeugs wird im Rahmen des Differenzschadens kompensiert, hat aber keinen negativen Einfluss auf den Wert der gezogenen Nutzungen. Im Rahmen der Vorteilsausgleichung kommt es auf die aus dem erworbenen Fahrzeug (tatsächlich) gezogenen Vorteile an. Diese liegen darin, dass die Klagepartei das Fahrzeug genutzt hat. Darauf, ob eine Betriebsuntersagung wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen drohte, kommt es hingegen nicht an. Der BGH akzeptiert demgemäß eine Berechnung aus dem Bruttowert bei der linearen Berechnungsmethode (so bereits BGH, Urteil vom 25.5.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962; vgl. auch BGH, Urteil vom 24.07.2023 – VIa ZR 752/22 selbst für vorsteuerabzugsberechtigte Käufer), und betont insoweit das tatrichterliche Ermessen. Bei einem Abzug des Minderwertes bei der Berechnung des Nutzungsersatzes würden der Klagepartei ein – ohnehin erst noch über den Vorteilsausgleich festzustellender – Schaden doppelt zugutekommen.
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(3) Auch die Einwendungen gegen die kombinierte Berechnung des Nutzungsersatzes anhand Laufleistung und Nutzungsdauer sind nicht zielführend.
28
Der Senat hat im Hinweisbeschluss vom 23.04.2024 im Einzelnen dargelegt, wie er die Nutzungsentschädigung aus welchen Gründen berechnet. Insbesondere hat er die Anwendung der Kombimethode im Einzelnen begründet. Dabei wurde im Übrigen, entgegen der Gegenerklärung, nicht an das Datum der Erstzulassung, sondern bei dem Gebrauchtfahrzeug an das Erwerbsdatum angeknüpft. Die Bemessung der Höhe der anzurechnenden Vorteile ist nach § 287 ZPO in erster Linie Sache des besonders freigestellten Tatrichters. Ob die Parteien eine derartige Methode vorbringen oder sich allein an der Laufleistung orientieren, ist daher nicht maßgeblich. Die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen liegen ohnehin vor.
29
Der Senat hält daran fest, dass es sachgerecht erscheint, die Höhe der Nutzungsentschädigung bei Wohnmobilen, da diese nicht bloß Fortbewegungsmittel sind, nicht ausschließlich linear anhand der Laufleistung nach Kilometern zu bestimmen. Insoweit wird sogar von Oberlandesgerichten für die Berechnung des Nutzungsersatzes bei Wohnmobilen allein auf die Nutzungsdauer abgestellt (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 16.10.2023 – 7 U 346/22). Die kombinierte Berechnung ist auch nicht sachfremd, wie die Gegenerklärung meint. Denn anders als dort dargelegt, korrespondiert die Nutzung keineswegs stets mit der für eine Reise zurückgelegten Strecke. Vielmehr ist es gerade auch möglich, mit einem Wohnmobil nur eine kurze Strecke zurückzulegen und dann lange darin zu wohnen (Dauercamper). Aus diesem Grunde erscheint dem Senat die Kombimethode, die ein Mittelwert aus Fortbewegung und Nutzungsmöglichkeit bildet, angemessen.
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c. Auch den Ausführungen der Gegenerklärung zu einer schadensmindernden Berücksichtigung des Restwertes ist nicht zu folgen. Belastbare Einwände gegen die vom Senat seiner Schätzung gemäß § 287 ZPO zugrunde gelegten Angebote für mit dem Klägerfahrzeug vergleichbare Fahrzeuge hat der Kläger nicht vorgebracht.
31
(1) Die Gegenerklärung macht geltend, Verkaufsangebote wie in mobile.de seien keine geeignete Schätzungsgrundlage für den Restwert. Der Restwert sei allenfalls hypothetisch in der Weise zu bestimmen, dass der mangelbedingte Minderwert und die aus der Verknappung auf dem Gebrauchtwagenmarkt resultierende allgemeine Preissteigerung herauszurechnen sei. Die Verkaufsangebote auf mobile.de bildeten dies nicht ab.
32
(2) Die Berufung verkennt hier bereits die Unterschiede zwischen Schaden und Vorteilsausgleich. Zur Ermittlung des durch das Verhalten der Beklagten eingetretenen Schadens ist beim „kleinen Schadensersatz“ und beim Differenzschaden auf den objektiven Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter Berücksichtigung der mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Nachteile, wie des Risikos behördlicher Anordnungen, abzustellen (BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 76).
33
Beim Vorteilsausgleich werden hingegen nur Vorteile berücksichtigt, die sich nicht unmittelbar aus dem schädigenden Ereignis ergeben, sondern die auf einen zusätzlich, vielleicht gar zeitlich versetzt hinzutretenden Umstand zurückzuführen sind. Entsprechende Umstände – wie etwa die Entwicklung des Gebrauchtwagenmarktes – fließen nicht in die Schadensberechnung ein, sondern sind (nur) im Wege des auf dem Gedanken von Treu und Glauben beruhenden Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen (hierzu ausführlich BGH, Urteil vom 24.07.2023 – VIa ZR 752/22- NJW 2023, 3010 Rn. 14), d.h. der Geschädigte soll im Hinblick auf das schadenersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Der Restwert bildet dabei den Vorteil ab, der sich daraus ergibt, dass der Käufer das Fahrzeug weiter nutzen und auch weiterveräußern kann. Die Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt, die sich bei Veräußerung des Fahrzeugs im Erlös spiegeln, haben demgemäß auch bei der Ermittlung des Restwertes bei dessen weiterer Nutzung Berücksichtigung zu finden. Andernfalls würde der Geschädigte, der zeitnah bei positiver Wertentwicklung veräußert, schlechter stehen als derjenige, der bis zum Erhalt des Schadensersatzes zuwartet. Wertungswidersprüche sind insoweit nicht erkennbar. Dass der Marktwert bei der Bestimmung des Restwertes nicht zu berücksichtigen sei, wie die Gegenerklärung meint, trifft insoweit nicht zu.
34
Der Einwand, auf diese Weise würde entgegen der Rechtsprechung des EuGH ein Schadensersatz nicht effektiv gewährt, verfängt insoweit nicht. Im Rahmen des Vorteilsausgleichs geht es lediglich darum, dass der Schädiger nicht bessergestellt wird, als er ohne das schädigende Ereignis stehen würde (vgl. dazu auch unten).
35
(3) Angebote auf entsprechenden Verkaufsplattformen wie mobile.de oder kleinanzeigen.de stellen entgegen der Auffassung des Klägers eine geeignete Schätzgrundlage für die Ermittlung des Restwerts dar. Denn bei dem Restwert handelt es sich um den auf dem Gebrauchtmarkt für das Fahrzeug erzielbaren Verkaufserlös (vgl. o.). Selbst wenn die dort angebotenen Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen ausgestattet sein sollten – wovon nach dem Klägervortrag auszugehen wäre, da danach die Ausstattung des Basisfahrzeugs mit einer Timer-Funktion und einem Thermofenster systembedingt und gerade kein Einzelfall ist – wäre dies nur von Relevanz, wenn die Implementierung dieser Funktionen zur Folge hätte, dass die Fahrzeuge deswegen nicht oder nur deutlich unter den verlangten Preisen verkauft würden. Hierfür haben die Kläger indes nichts von Substanz aufgezeigt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die mögliche Betroffenheit vom Abgasskandal auch solcher Wohnmobile auf Basis von Fiat-Fahrzeugen seit mehreren Jahren hinlänglich bekannt ist. Auch dem Senat, der mit einer Vielzahl von Verfahren aus dem Bereich der Dieselabgasfälle befasst ist, ist nichts davon bekannt, dass es derartige Werteinbrüche auf dem Wohnmobilmarkt gegeben hätte. Eher ist eine gegenteilige Entwicklung – geprägt durch eine steigende Nachfrage – festzustellen.
36
(4) Soweit die Gegenerklärung noch meint, es fehle eine Vergleichbarkeit, weil die gefundenen Angebote weit voneinander abwichen und eine Spanne von Angeboten von 52.990 € bis 62.000 € ergeben, darf darauf verwiesen werden, dass der Senat zugunsten des Klägers – was rechnerisch allseits nachvollziehbar sein dürfte – das niedrigste Angebot angesetzt hat. Bei einem ebenfalls möglich anzusetzenden Mittelwert wäre noch viel mehr von einer Wertverzehr auszugehen.
37
Ferner bestätigen auch die von Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 06.05.24 vorgelegten drei Angebote für einen K. L. W. (vgl. dortige S. 26-28, 62.500 € EZ 06/20, 61.000 km; 57.999 € EZ 03/21, 49.000 km und 69.900 € EZ 08/22 und 19.200 km), dass die vom Senat vorgenommene Schätzung mitnichten zu hoch ist. Für einen von der Gegenerklärung vorgebrachten Restwert von 25.000 € fehlen hingegen jegliche Anhaltspunkte.
38
(5) Anders als die Klagepartei meint, ist vom ermittelten Restwert nicht zusätzlich ein Betrag in Höhe des maximalen Differenzschadens wegen der vermeintlichen Ausstattung des Fahrzeugs mit unzulässigen Abschalteinrichtungen in Abzug zu bringen; denn dies wäre mit dem Wesen des Restwerts lediglich dann in Einklang zu bringen, wenn sich ein solcher Abzug tatsächlich auch auf dem Markt realisierte. Hierfür hat der Kläger allerdings, wie oben bereits dargelegt, nichts von Substanz vorgetragen. Weitere konkrete Einwände gegen den ermittelten Restwert sind nicht ersichtlich. Dies genügt nicht, um der Schätzgrundlage des Senats erheblich entgegenzutreten. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es im Rahmen des § 287 ZPO bei Vorliegen ausreichender Schätzgrundlagen nicht.
39
(6) Sofern die Gegenerklärung vorträgt, das Gericht lege je nach gewünschtem Verfahrensausgang eine andere Sachbehandlung und rechtliche und tatsächliche Würdigung an den Tag und dabei auf ein Parallelverfahren (8 U 3586/22) verweist, gehen die Ausführungen fehl. Der Senat legt in diesem Parallelverfahren nicht nur die identischen rechtlichen Würdigungen an den Tag, sondern nimmt auch in diesem Verfahren einen Abschlag in Höhe von 10% des dortigen ermittelten Angebotspreises vor, was sich zweifelsfrei und eindeutig aus der dort vorgenommenen Berechnung ergibt. Lediglich ergänzend wies der Senat den dortigen Kläger in seinem Hinweisbeschluss darauf hin, dass selbst bei einem noch höheren Sicherheitsabschlag von 20% des Wertes vergleichbarer Fahrzeuge von einer Wertverzehr auszugehen wäre.
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3. Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf Verfahren vor den EuGH kommt vorliegend nicht in Betracht.
41
Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Anrechnung gezogener Vorteile im Einzelfall auch zu einem vollständigen Wegfall von Schadensersatzansprüchen führen, ohne dass dem die Grundsätze des Unionsrechts entgegenstehen (BGH, Urteil vom 24.07.23 – Via ZR 752/22 – Rn. 12). Bislang hat der BGH ersichtlich eine Vorlage zum EuGH nicht in Betracht gezogen. Eine Aussetzung des Verfahrens durch den Senat, ohnehin nicht letztentscheidend, ist deshalb vorliegend nicht angezeigt.
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Entgegen der Gegenerklärung ergeben sich ohnehin keine Bedenken unter unionsrechtlichen Gesichtspunkten, die eine Vorlage an den EuGH oder eine Aussetzung des Verfahrens erforderten.
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Die Ausgestaltung des materiellen Schadensersatzanspruchs eines Fahrzeugerwerbers, der durch den Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen geschädigt ist, obliegt in Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften ausschließlich des nationalen Gesetzgebers (EuGH, Urteil v. 21. 03.2023, C – 100/21, juris Rn. 92). Dabei sind zwar Rechtsvorschriften, die es dem Käufer praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, einen angemessenen Ersatz des Schadens zu erhalten, der ihm durch den Verstoß des Herstellers des Fahrzeugs gegen das in Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 717/2007 enthaltene Verbot entstanden ist, mit den Grundsätzen des Unionsrechts nicht in Einklang zu bringen. Darum geht es bei der Frage der anspruchsmindernden Anrechnung von Nutzungsentschädigung und Restwert auf den Schaden aber nicht. Vielmehr führt die Anrechnung lediglich dazu, dass der Schutz der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führt. Hierfür zu sorgen, hat der EuGH die nationalen Gerichte indes ausdrücklich aufgefordert (vgl. EuGH a.a.O., juris Rn. 94 m.w.N.). Schon aus diesem Grund kann daher die vom BGH ausgesprochene Anrechnung von Nutzungsvorteilen und Restwert keinen Verstoß gegen europäische Vorgaben begründen (vgl. so auch OLG Celle, Beschluss vom 16.10.23 – 7 U 346/22).
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4. Die Berufung der Klagepartei war damit im Beschlussweg gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
45
Insbesondere ist eine Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen nicht ersichtlich. Auch liegt keine grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage vor, über deren Umfang und Bedeutung Unklarheiten bestünden (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Vielmehr lassen sich die aufgeworfenen Fragen auf der Grundlage der bisherigen und zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des BGH zweifelsfrei beantworten. Die gilt auch hinsichtlich einer Vereinbarkeit des Verzehrs im Wege des Vorteilsausgleichs mit Unionsrecht (vgl. oben, BGH, Urteil vom 24.07.23 – VIa ZR 752/22 – Rn. 12). Unterschiedliche tatrichterliche Auslegungen würden außerdem nicht zwangsläufig zu einer Divergenz im Sinne des Revisionsrechts führen. Gelangt ein Berufungsgericht im Einzelfall trotz identischen Sachverhalts zu einem anderen Ergebnis als ein anderes gleich- oder höherrangiges Gericht, so begründet dies für sich allein nicht die Notwendigkeit der Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine Divergenz in Rechtsfragen oder ein Rechtsfehler mit symptomatischer Bedeutung vorliegt (BGH, Beschluss vom 16.09.2003 – XI ZR 238/02). Beides ist hier offenkundig nicht der Fall, zumal es vorliegend maßgeblich um Fragen der Entstehung eines Schadens und dessen Höhe geht, über welche das Gericht nach § 287 Abs. 1 S.1, 2 ZPO unter Würdigung aller Umstände bezogen auf den Einzelfall nach freier Überzeugung zu entscheiden hat.
IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 ZPO.
47
Der Streitwert ergibt sich aus dem bezifferten Hauptsache-Zahlungsbetrag sowie dem Feststellungsantrag, der mit 10% des Hauptantrags beziffert wird. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Gebührenstreitwerts ist nach § 40 GKG der Zeitpunkt der Antragstellung, die den Rechtszug einleitet, in der Berufungsinstanz also die Einreichung der Berufungsanträge. Später eingetretene wertreduzierende Antragsänderungen (z. B. teilweise Berufungsrücknahme, teilweise Klagerücknahme, teilweise Erledigterklärung etc.) bleiben in Bezug auf den Gebührenstreitwert außer Betracht (OLG München, Beschluss vom 13.12.2016, 15 U 2407/16, NJW-RR 2017, 700, juris Rdnr. 16). Gemäß § 45 Abs. 1 S. 2, 3 GKG ist der hilfsweise gestellte Zahlungsantrag auf den Differenzschaden zudem nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da er denselben Gegenstand betrifft wie der zunächst hilfsweise gestellte Hauptantrag auf den sog. kleinen Schadensersatz.
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Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.