Inhalt

VG München, Urteil v. 10.12.2024 – M 8 K 21.6335
Titel:

Zweckentfremdung, Bestandskräftige Anordnung zur Unterlassung der Zweckentfremdung, (wiederholte) Zwangsgeldandrohung, Feststellung der Fälligkeit des Zwangsgelds, Fortsetzung des Nutzungskonzepts

Normenketten:
VwGO § 43
VwZVG Art. 31, 36, 38
Schlagworte:
Zweckentfremdung, Bestandskräftige Anordnung zur Unterlassung der Zweckentfremdung, (wiederholte) Zwangsgeldandrohung, Feststellung der Fälligkeit des Zwangsgelds, Fortsetzung des Nutzungskonzepts
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36401

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.   

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen eine Zwangsgeldandrohung sowie die Fälligstellung von Zwangsgeld zur Durchsetzung einer zweckentfremdungsrechtlichen Anordnung vom ... August 2021.
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Der Kläger ist Eigentümer der Wohnung Nr. 13 im Anwesen T. …straße 63, 4. Obergeschoss. Diese Wohnung verfügt über 3 Zimmer, Küche, Bad, Flur und Balkon mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 80 m² und ist baurechtlich als Wohnraum genehmigt. Daneben ist er Eigentümer der Wohnung Nr. 10 im 3. Obergeschoss desselben Anwesens. Die zweckentfremdungsrechtliche Beurteilung der letztgenannten Wohnung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, aber von Parallelverfahren (M 8 K 21.3505, M 8 S 21.5585 und M 8 K 21.6280).
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Mit Datum vom 3. August 2021 erließ die Beklagte einen Bescheid gegenüber dem Kläger bezüglich des Wohnraums T. …straße 63, 4. OG, Wohnung 13, … M. … In Ziffer 1 des Bescheides wurde dem Kläger aufgegeben, die Nutzung des vorgenannten Wohnraums zur Nutzung zu anderen als Wohnzwecken unverzüglich zu beenden. In Ziffer 2 wurde dem Kläger aufgegeben, den genannten Wohnraum unverzüglich nach Beendigung der zweckfremden Nutzung zu anderen als Wohnzwecken wieder Wohnzwecken zuzuführen. In Ziffer 3 wurde für den Fall, dass der Kläger der Anordnung unter Ziffer 1 des Bescheids nicht innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids Folge leistet, ein Zwangsgeld in Höhe von 9.000.- EUR angedroht. In Ziffer 4 des Bescheids wurde für den Fall, dass der Kläger der Anordnung unter Ziffer 2 des Bescheids nicht innerhalb von 3 Monaten ab Zustellung des Bescheids Folge leistet, ebenfalls ein Zwangsgeld in Höhe von 9.000.- EUR angedroht. In den Gründen wurde ausgeführt, dass der Wohnraum seit mindestens 2017 nicht nur vorübergehend zur Fremdenbeherbergung genutzt werde. Das Nutzungskonzept ziele darauf ab, häufig wechselnden Kurzzeitnutzern eine flexible vorübergehende Unterkunft zu bieten.
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Der Bescheid wurde dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am ... August 2021 zugestellt. Der Kläger hat gegen diesen Bescheid keine Rechtsbehelfe erhoben.
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Im Bescheid vom … Oktober 2021 führte die Beklagte zunächst unter Ziffer I. aus, dass der Kläger der Verpflichtung in Ziffer 1 des Bescheids vom ... August 2021 bislang nicht nachgekommen sei. Die genannten Räume würden weiterhin zweckfremd genutzt. Deshalb sei das in Ziffer 3 des Bescheids vom ... August 2021 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 9.000.- EUR zur Zahlung fällig geworden. Unter Ziffer II. erließ die Beklagte einen „Bescheid“, in dem für den Fall, dass der Kläger der Anordnung in Ziffer 1 des Bescheids vom ... August 2021 nicht innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung des Bescheids Folge leistet, ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 18.000,00 EUR angedroht wurde. In den Gründen wurde ausgeführt, dass bei einer Ortsermittlung am … September 2021 von Nachbarn angegeben worden sei, dass in der Wohnung reger Wechsel herrsche. Bei einer Ortsermittlung am … Oktober 2021 sei eine 4-köpfige Familie aus Dänemark angetroffen worden, die die Wohnung für vier Tage über „Airbnb“ gemietet hätte. Die weitere Nutzung zu anderen Zwecken als Wohnzwecke bzw. zum Zwecke der Fremdenbeherbergung stelle einen Verstoß gegen die Verpflichtung in Ziffer 1 des Bescheids vom … Juni 2020 dar, weshalb ein erneutes Zwangsgeld angedroht werden könne.
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Ausweislich einer in den Behördenakten befindlichen Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid vom … Oktober 2021 dem Kläger am ... November 2021 zugestellt.
7
Mit Schreiben vom 3. Dezember 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 3. Dezember 2021, erhob der Kläger Klage gegen „die beigefügten Bescheide der Landeshauptstadt München“. Der Klageschrift lag der Bescheid der Beklagten vom … Oktober 2021 bei.
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Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt zuletzt,
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1. Es wird festgestellt, dass das im Schreiben der Beklagten vom … Oktober 2021 mitgeteilte Zwangsgeld in Höhe von 9.000 EUR nicht fällig geworden ist.
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2. Nr. II des Bescheids der Beklagten vom … Oktober 2021 wird aufgehoben.
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Zur Begründung der Klage wurde vorgetragen, dass der Grundbescheid aufgrund objektiver Unmöglichkeit nichtig sei. Anlass desselben sei eine Vermietung mit schriftlichem Mietvertrag über einen Zeitraum von drei Monaten gewesen. Dabei habe es sich, ebenso wie bei der zuvor festgestellten Vermietung über zwei Monate, zweifellos um völlig legitime Wohnnutzungen aus beruflichem Zweck gehandelt. Dies sei der Beklagten bekannt. Die Erfüllung der Pflicht zur Rückführung der Wohnung zu Wohnzwecken sei angesichts der bereits ausschließlichen Wohnnutzung tatsächlich und objektiv unmöglich.
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Ergänzend führte der Kläger persönlich in einem dem Schriftsatz seines Klägerbevollmächtigten vom 15. Februar 2024 beigegebenen Schrieben vom ... Februar 2024 aus, dass die Wohnung durch den Kläger im Jahr 2015 übernommen und anschließend renoviert worden sei. Zur Refinanzierung sei die Wohnung erstmals im Herbst 2018 und lediglich in geringem Umfang während seiner pflegebedingten Abwesenheit möbliert vermietet worden. Bis dahin habe er sie selbst bewohnt. Diese Vermietung sei im Juli 2019 wieder beendet worden. Die im Bescheid vom … August 2021 erwähnten Vermietungen seien über zwei bzw. drei Monate erfolgt. Die Mieter hätten dort aus beruflichen Zwecken gewohnt. Eine touristische Vermietung sei bis Mai 2021 aufgrund der Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie verboten gewesen.
13
Die Beklagte beantragt in beiden Verfahren,
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die Klage abzuweisen.
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Die Behauptung des Klägers, dass niemals eine Zweckentfremdung vorgelegen habe, treffe nicht zu. Die Beklagte habe bei zahlreichen Ortsermittlungen und sonstigen Recherchen nachweisen können, dass das Nutzungskonzept der streitgegenständlichen Wohnung dahingehend ausgestaltet sei, dass die Wohnung zu anderen als zu Wohnzwecken in Form der Fremdenbeherbergung genutzt werde. Im Einzelnen seien folgende Feststellungen zur streitgegenständlichen Wohnung getroffen worden:
16
- Online-Meldung vom …04.2021; Bl. 3 d.A.
17
- OE am …04.2021: Touristen angetroffen, Aufenthalt vom …04.2021 bis zum
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…06.2021; Bl. 6 d.A.
19
- OE am …07.2021, Aussage Anwohner, dass sich der Kläger selbst kaum im Anwesen aufhalte; Bl. 24 d.A.
20
- OE am …07.2021: Touristen angetroffen, Aufenthalt für drei Monate; Bl. 26 d.A.
21
- OE am …10.2021: Touristen angetroffen, viertägiger Aufenthalt; Bl. 66 d.A.
22
- OE am …12.2021: Touristen angetroffen, Aufenthalt vom …11.2021 bis zum …01.2022
23
- OE am …08.2022, Touristen angetroffen, Aufenthalt vom …08.2022 bis zum
24
…08.2022; Bl. 129 d.A
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Der Kläger habe in der streitgegenständlichen Wohnung auch nicht seine „Heimstatt im Alltag“. Zwar trage er immer wieder vor, dass er beide Wohnungen, die ihm in dem Anwesen gehörten, selbst bewohnen würde. Seine Vorträge diesbezüglich seien jedoch völlig widersprüchlich und in sich nicht konsistent oder schlüssig. Auch die Angaben der Bewohner des Hauses würden den Schluss zulassen, dass sich der Kläger selbst nicht überwiegend in dem Anwesen aufhalte.
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Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der zuständigen Kammer vom 7. September 2023 auf den Einzelrichter übertragen.
27
In der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2024 hat die Beklagte der Klageänderung in Form der Erweiterung durch die Feststellungsanträge zugestimmt. Der Vertreter der Beklagten erklärte darüber hinaus, es werde nach einer Ortsbesichtigung am … Dezember 2023 davon ausgegangen, dass für die Wohnung kein Anlass mehr für ein zweckentfremdungsrechtliches Einschreiten gegen den Kläger bestehe. Sie sei nach dem Ergebnis der Ermittlungen mittlerweile längerfristig vermietet.
28
Beide Parteien haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22. Januar 2024 auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet und einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt. Gespräche der Parteien über eine vergleichsweise Einigung führten im Nachgang der mündlichen Verhandlung nicht zum Erfolg.
29
Zum weiteren Vorbringen der Parteien und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und in den Verfahren M 8 K 21.3503, M 8 K 21.6280 sowie M 8 S 21.5585 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage sind ist unbegründet.
31
1. Die Entscheidung konnte vorliegend ohne weitere mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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2. Die Klageänderung in Form der Klageerweiterung durch den Feststellungsantrag ist gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da die Beklagte dieser Klageänderung in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestimmt hat. Streitgegenstand des Verfahrens ist deshalb der Feststellungsantrag, dass das Zwangsgeld in Höhe von 9.000 EUR aus der Androhung in Ziffer 3 des Bescheids vom … August 2021 nicht fällig geworden ist (vgl. Nr. 3) und die Anfechtung der Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom … Oktober 2021 (vgl. Nr. 4).
33
3. Soweit sich der Kläger gegen Fälligkeit des Zwangsgeldes in Höhe von 9.000 EUR wendet, ist die Feststellungsklage die statthafte Klageart, nachdem es sich bei der Mitteilung über die Fälligkeit des Zwangsgelds nicht um einen Verwaltungsakt handelt, der mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann.
34
Die Mitteilung der Zwangsgeldfälligkeit stellt – weil das Zwangsgeld mit Bedingungseintritt entsteht und fällig wird, es hierzu also keiner weiteren Maßnahme der Behörde bedarf (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG) – keinen Verwaltungsakt dar, sondern lediglich eine behördliche Information über den nach deren Auffassung erfolgten Bedingungseintritt und kann folglich auch nicht mit der Anfechtungsklage angegriffen werden. Statthaft ist insoweit die Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 17.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 16; B.v. 28.10.2021 – 12 BV 20.1153 – juris Rn. 38; B.v. 27.9.2010 – 1 CS 10.1389 – juris Rn. 17).
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3.1 Die Klage ist auch zulässig, insbesondere besteht ein Feststellungsinteresse des Klägers, da die Beklagte weiterhin auf der Beitreibung der Zwangsgelder besteht und der Kläger nur auf diesem Wege Rechtsschutz wegen Einwänden gegen die Fälligkeit bzw. den Bedingungseintritt erlangen kann.
36
3.2 Die Klage ist unbegründet. Das in Ziffer 3 des Bescheids vom ... August 2021 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 9.000 EUR ist fällig geworden.
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Fällig im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG wird ein angedrohtes Zwangsgeld, wenn während der Erfüllungsfrist im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG bzw., sofern es eine solche nicht gibt, bereits bei Erlass der Zwangsgeldandrohung alle Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und bei Ablauf der Erfüllungsfrist die durch die Grundverfügung auferlegte Pflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt ist (Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 VwZVG; vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris Rn. 14 f.; B.v. 24.2.2005 – 1 ZB 04.276 – juris Rn. 42; VG München, U.v. 19.9.2022 – M 8 K 21.2670 – juris Rn. 30).
38
3.2.1 Es lag (und liegt) in dem Gebot, die Nutzung des Wohnraums T. …straße 63, 4. OG, Whg. 13) zu anderen als Wohnzwecken unverzüglich zu beenden (Bescheid vom ... August 2021, Ziffer 1.) ein wirksamer, vollstreckungsfähiger Grundverwaltungsakt vor (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG, Art. 3 Abs. 3 ZwEWG; im Folgenden: „Grundverwaltungsakt“). Der Bescheid ist zudem bestandskräftig.
39
Der Grundverwaltungsakt ist entgegen der Auffassung des Klägers gem. Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG nicht nichtig. Die Annahme des Klägers, dass die Verpflichtung zur „Beendigung“ der Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung zu anderen als Wohnzwecken tatsächlich nicht ausgeführt werden könne, da eine Zweckentfremdung nicht vorliege, beruht auf einem Missverständnis sowohl des Inhalts der zweckentfremdungsrechtlichen Anordnung als auch des Prüfungsumfangs im Rahmen des Vollstreckungsrechts.
40
Die mit dem Grundverwaltungsakt ausgesprochene Verpflichtung zur Aufgabe einer zweckwidrigen Nutzung einer Wohnung ist eine Unterlassungspflicht. Als zweckentfremdungsrechtliche Nutzungsuntersagung verbietet sie dauerhaft die zweckwidrige Nutzung der Wohnung (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – BeckRS 2023, 2747 Rn. 20). Schon aus diesem Grund ist es dem Kläger als Eigentümer der Wohnung selbstverständlich möglich, die bestandskräftige Grundverfügung zu erfüllen, da nicht eine einmalige Handlung im Form der „Beendigung“ gefordert wird, sondern das dauerhafte Unterlassen einer anderen Nutzung als Wohnnutzung. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Behauptung des Klägers, wonach eine Beendigungshandlung mangels vorangehender Zweckentfremdung nicht möglich sei, zutrifft. Das dauerhafte Unterlassen einer Zweckentfremdung ist ihm zweifellos möglich. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Anordnung entsprechend Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG tatsächlich von niemandem ausgeführt werden könne.
41
In der Sache zielt der Vortrag des Klägers darauf ab, über den Prüfungsumfang im Vollstreckungsverfahren hinaus, die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts zu überprüfen. Gemäß Art. 38 Abs. 3 VwZVG sind förmliche Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde bei der Anwendung eines Zwangsmittels indes (nur) insoweit zulässig, als geltend gemacht werden kann, dass diese Maßnahmen eine selbstständige Rechtsverletzung darstellen. Das Fälligwerden ist Teil der Anwendung des Zwangsmittels Zwangsgeld (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3, Art. 37 Abs. 1 Satz 1 VwZVG; vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 17; B.v. 28.10.2021 – 12 BV 20.1153 – juris Rn. 39; B.v. 12.4.2010 – 10 ZB 09.2097 – juris Rn. 7; B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 3). Als selbstständige Rechtsverletzung im Sinne von Art. 38 Abs. 3 VwZVG kommen somit nur Umstände im Zusammenhang mit dem Eintritt der Bedingung nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG in Betracht (BayVGH, B.v. 17.2.2023, a.a.O., Rn. 17; B.v. 28. 10.2021, a.a.O, Rn. 39). Einwendungen zur materiellen Rechtslage als Vorfrage der Fälligkeitsmitteilung sind nach Art. 38 Abs. 3 VwZVG ausgeschlossen (vgl. BayVerfGH E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris; vgl. zur – bejahten – Anwendbarkeit des Art. 38 Abs. 3 VwZVG in Fällen, in denen der Grundverwaltungsakt noch nicht unanfechtbar geworden, aber dessen sofortige Vollziehung i.S.d. Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG angeordnet ist: BayVGH, B.v. 12.4.2010 – 10 ZB 09.2097 – juris Rn. 7). Mit dem Vortrag, eine Zweckentfremdung habe nie vorgelegen, kann der Kläger daher im vorliegenden Verfahren nicht mehr gehört werden.
42
3.2.2 Der Kläger ist seiner Verpflichtung aus dem Grundverwaltungsakt zur Überzeugung des Gerichts nicht nachgekommen.
43
Der Grundverwaltungsakt verbietet dem Kläger die Nutzung zu anderen als Wohnzwecken. Bei der Frage, ob eine andere Nutzung als zu Wohnzwecken im Sinne des Zweckentfremdungsrechts vorliegt, ist maßgeblich auf das Nutzungskonzept des Vermieters abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2021 – 12 BV 20.1145 -juris Rn. 52; B.v. 7.12.2015 – juris Rn. 5). Die Erfüllung der Pflicht aus dem Grundverwaltungsakt setzt deshalb voraus, dass das bisher ausgeübte Nutzungskonzept dauerhaft aufgegeben wurde (vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2023 – 12 ZB 22.2541 – juris Rn. 21).
44
Ausweislich der Feststellungen im Bescheid … August 2021 bestand das Nutzungskonzept des Klägers für den streitgegenständlichen Wohnraum darin, häufig wechselnden Kurzzeitnutzern eine flexible, vorübergehende Unterkunft zu bieten und keine Wohnung als Grundlage für eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit zu Verfügung zu stellen (vgl. Seite 6 des Bescheids vom ... August 2021). Dieses Nutzungskonzept folgerte die Beklagte nicht nur aus den zuletzt am … April 2021 und … Juli 2021 bei Ortsermittlungen festgestellten Vermietungen. Vielmehr ist in dem Bescheid eine umfangreiche Darstellung der kurzfristigen Vermietungen in den Jahren 2018 bis Ende 2019 enthalten, die Grundlage des festgestellten Nutzungskonzepts waren. Im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung handelt es sich dabei um eine Zweckentfremdung, da der Wohnraum an Personen überlassen wird, die am Beherbergungsort nur vorübergehend unterkommen und ihre eigentliche Wohnung typischerweise an einem anderen Ort haben. Es fehlte an einer auf Dauer angelegten Häuslichkeit im Sinne einer „Heimstatt im Alltag“ (vergleiche hierzu statt vielen: BayVGH, B. v. 28.10.2021 – 12 BV 20.1145 – juris Rn. 52).
45
Aufgrund der Ortseinsicht am … Oktober 2021 ist die Beklagte zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass dieses Nutzungskonzept durch den Kläger fortgeführt wurde. Es liegt deshalb ein Verstoß gegen Ziff. 1 des Bescheids vom … August 2021 vor. Im Rahmen der Ortseinsicht am … Oktober 2021 wurde ein dänischer Staatsbürger angetroffen, der die streitgegenständliche Wohnung über das Portal „Airbnb“ für vier Tage angemietet hatte. Damit hat der Kläger den streitgegenständlichen Wohnraum erneut nur für einen beschränkten Zeitraum an Dritte überlassen, die die streitgegenständliche Wohnung nur vorübergehend genutzt haben. Das Nutzungskonzept des Klägers ist weiterhin auf eine vorübergehende Unterbringung und eine Vermietung der Wohnräume an regelmäßig wechselnde Personen ausgerichtet. Zum Zeitpunkt des Fälligwerdens mit Ablauf der in Nr. 1 des Bescheids vom … August 2021 genannten Frist, wurde die Wohnung offenbar wieder zur kurzfristigen Vermietung auf „Airbnb“ angeboten. Dies zeigen auch die weiteren Ermittlungsergebnisse der Beklagten. Am … Dezember 2021 wurde bei einer Ortsermittlung erneut festgestellt, dass die Wohnung von einem dänischen Staatsangehörigen für den Zeitraum vom … November bis … Dezember über die Vermittlungsplattform „Airbnb“ angemietet wurde. Für den Zeitraum vom … August bis … August 2022 wurde eine weitere kurzfristige Vermietung ermittelt. Auch wenn die Fälligkeit des Zwangsgeldes schon infolge der am … Oktober 2021 festgestellten Vermietung eingetreten ist, da eine Beendigung des Nutzungskonzepts einer kurzfristigen Vermietung nicht erfolgte, zeigen die zuletzt festgestellten Vermietungen die Fortdauer des Nutzungskonzepts auch über den maßgeblichen Zeitpunkt hinaus.
46
Der Kläger hat auch nicht schlüssig dargelegt, dass er die Wohnung in dem maßgeblichen Zeitraum nach dem Erlass des Bescheids vom ... August 2021 gleichzeitig dauerhaft selbst genutzt haben könnte und die kurzfristige Vermietung deshalb nur weniger als acht Wochen im Kalenderjahr für Zwecke der Fremdenbeherbergung genutzt worden wäre (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 ZeS). Die von ihm im Klageverfahren dargestellte Selbstnutzung im Jahr 2018 und 2019 ist für die Fälligkeit des Zwangsgeldes im Jahr 2021 ohne Belang. Eine Fortdauer dieses (behaupteten) Nutzungskonzepts im Zeitpunkt des Fälligwerdens des Zwangsgeldes ist seinem Vortrag nicht zu entnehmen. Der Kläger hat vielmehr in seiner mit Schriftsatz des damaligen Klägerbevollmächtigten vom … Januar 2024 vorgelegten Stellungnahme vom … Januar 2024 im Verfahren M 8 K 21.3505 ausdrücklich erklärt, dass im November 2020 neue Accounts auf den Portalen „Immobilienscout24“ und „Wunderflats“ erstellt worden seien und er die Wohnungen (also die Wohnung Nr. 10 und Nr. 13) für eine Vermietung ab einem Monat Mietdauer angeboten habe (vgl. Schreiben des Klägers vom …1.2024, S. 14). Der Kläger erläutert in seinem Klagevortrag zudem, dass er auf eine Vermietung der Wohnung zur Refinanzierung der Renovierungskosten angewiesen sei. Angesichts der nach Darstellung des Klägers finanziell zwingend erforderlichen Vermietung ist damit auch nicht erkennbar, dass die Wohnung zur Selbstnutzung vorgehalten worden wäre. Er hat damit sein Nutzungskonzept weiterhin auf eine kurzfristige Überlassung ausgerichtet und den Wohnraum nicht zur dauerhaften Nutzung als Mittelpunkt der persönlichen Lebensführung angeboten. Der Kläger hat die zweckentfremdungsrechtlich unzulässige Überlassung des Wohnraums weiterhin veranlasst und damit gegen seine Unterlassungsverpflichtung verstoßen.
47
4. Die gegen die (erneute) Zwangsgeldandrohung in Ziff. II des Bescheids vom … Oktober 2021 gerichtete Klage ist bleibt ohne Erfolg. Die Zwangsgeldandrohung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
48
Zwangsmittel können gem. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG so lange und so oft angewendet werden, bis die Verpflichtung erfüllt ist. Eine neue Androhung ist dabei erst dann zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG. Dies ist hier der Fall, da der Kläger die Pflicht aus Ziff. 1 des Bescheids vom … August 2021 nicht erfüllt hat (vgl. oben 3.2). Das Zwangsgeld ist in seiner Höhe nicht zu beanstanden. Es hält sich im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15 EUR und höchstens 50.000 EUR beträgt, und stellt eine angemessene Erhöhung gegenüber dem zuvor erfolglos angedrohten Zwangsgeld dar.
49
5. Der Kläger hat als unterlegene Partei gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten der Verfahren zu tragen.
50
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.