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VG München, Urteil v. 15.07.2024 – M 31 K 23.4487
Titel:

Zuwendungsrecht, Münchner Förderprogramm, Klimaneutrale Gebäude, Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
BayHO Art. 23, 44
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Münchner Förderprogramm, Klimaneutrale Gebäude, Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36391

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt unter Aufhebung eines Ablehnungsbescheids der Beklagten, den diese im Vollzug des Münchner Förderprogramms Klimaneutrale Gebäude erlassen hat, deren Verpflichtung zur Zuwendungsgewährung.
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Am 14. Dezember 2022 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Förderung der Maßnahme „Energetische Sanierungsberatung“ für das Anwesen S. … in München (Anwesen) nach dem Münchner Förderprogramm Klimaneutrale Gebäude. Im Rahmen des Verwendungsnachweises wurde vom Kläger dazu eine Rechnung eingereicht, in welcher als Auftragsdatum der 5. Dezember 2022 und als Leistungszeitraum der 5. Dezember 2022 bis 27. Dezember 2022 angegeben wurde (Bl. 33 d. Behördenakte (BA)).
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Am 31. Dezember 2022 beantragte der Kläger bei der Beklagten sodann die Förderung von energieeinsparenden Maßnahmen (Dämmung der Gebäudehülle, Austausch von Fenstern und Außentüren, Energetische Fachplanung und Baubegleitung) am Anwesen nach dem Münchner Förderprogramm Klimaneutrale Gebäude (Förderantrag Einzelmaßnahmen Dez 2022). Ein Verwendungsnachweis wurde hierfür nicht eingereicht.
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Am 29. März 2023 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Förderung von weiteren energieeinsparenden Maßnahmen (Wärmepumpen) am Anwesen (Förderantrag Einzelmaßnahmen März 2023). Ein Verwendungsnachweis wurde hierfür ebenfalls nicht eingereicht.
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Mit Bescheid vom 19. Juli 2023 lehnte die Beklagte den Antrag vom 14. Dezember 2022 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Maßnahme „Energetische Sanierungsberatung“ sei nicht förderfähig, da der Antrag nach Auftragsvergabe gestellt worden sei. Hiergegen richtet sich die am 21. August 2023 eingegangene Klage, die bei Gericht unter M 31 K 23.4132 geführt wird.
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Mit streitgegenständlichen Bescheid vom 10. August 2023 lehnte die Beklagte den Förderantrag Einzelmaßnahmen März 2023 ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Einzelmaßnahmen seien nicht förderfähig, da die Energetische Sanierungsberatung nicht gefördert werde. Mit Bescheid vom gleichen Tage lehnte die Beklagte zudem mit gleicher Begründung den Förderantrag Einzelmaßnahmen Dez 2022 ab. Hiergegen richtet sich die am 11. September 2023 eingegangene Klage, die bei Gericht unter M 31 K 23.4488 geführt wird.
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Gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 10. August 2023 ließ der Kläger am 11. September 2023 durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und zuletzt beantragen,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 10. August 2023 zu verpflichten, dem Kläger nach Maßgabe seines Antrags vom 29. März 2023 auf der Grundlage des Münchner Förderprogramms Klimaneutrale Gebäude Förderung von energieeinsparenden Maßnahmen am Anwesen S. … …, in … München, hier: Förderung von Energieeinsparenden Maßnahmen (Förderantrag I) zu gewähren.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger die Förderung für die Energetische Sanierungsberatung zu Unrecht verwehrt worden sei. Er habe in der Folge auch Anspruch auf Gewährung für die streitgegenständlichen Energieeinsparenden Maßnahmen. Zudem habe der Kläger jedenfalls im Hinblick auf die nunmehrigen Förderrichtlinien Anspruch auf antragsgemäße Förderung.
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Die Beklagte beantragt
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Klageabweisung.
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Sie verteidigt den streitbefangenen Bescheid und vertieft dazu ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren.
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Mit Beschluss vom 6. Juni 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren und in den Verfahren M 31 K 23.4132 und M 31 K 23.4488 sowie die vorgelegten Behördenakten und auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagte den von ihm geltend gemachten Anspruch, sinngemäß gerichtet auf Verpflichtung zur Bewilligung und Auszahlung der am 29. März 2023 bei der Beklagten beantragten Förderung von Energieeinsparenden Maßnahmen (Wärmepumpen) nach dem Münchner Förderprogramm Klimaneutrale Gebäude, nicht inne (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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1. Bei der streitigen Zuwendung handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Beklagten. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch auf Bewilligung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendungsgewährung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien im billigen Ermessen der Behörde und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (vgl. Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 21; U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. In den hier einschlägigen Förderrichtlinien selbst wird zudem auch klargestellt, dass die Förderung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel erfolgt (vgl. S. 60 der Förderrichtlinie vom 13.2.2023).
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2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung, da es nach der Zuwendungspraxis der Beklagten auf Grundlage der einschlägigen Zuwendungsrichtlinie nach der Ablehnung des Förderantrags für die energetische Sanierungsberatung mit Bescheid vom 19. Juli 2023 (M 31 K 23.4132) an der Förderfähigkeit der beantragten Einzelmaßnahme fehlt (vgl. Kapitel 1 Unterabschnitt „Energetische Sanierungsberatung“ Absatz 3 (S. 7), Kapitel 2 Ziffer 1 Satz 1 (S. 12) der Förderrichtlinie vom 13.2.2023). Nach der ständigen, allein maßgeblichen Vollzugspraxis der Beklagten werden alle Förderanträge für Einzelmaßnahmen abgelehnt, wenn der Förderantrag für die energetische Sanierungsberatung abgelehnt wurde.
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Diese auf der einschlägigen Förderrichtlinie beruhende Zuwendungspraxis der Beklagten und ihre Umsetzung im konkreten Einzelfall sind nicht zu beanstanden.
22
Der Zuwendungs- und Richtliniengeber ist nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 19; VG München, B.v. 31.10.2022 – M 31 E 22.5178 – juris Rn. 24; U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 26; U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.548, BeckRS 2022, 42039 Rn. 28; U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.982 – juris Rn. 25 f.; U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
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Es ist auch sachgerecht und gerichtlich nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte zur Abgrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger für die Förderung der Einzelmaßnahmen einen positiven Förderbescheid für die energetische Sanierungsberatung als notwendige Voraussetzung erachtet. Die Durchführung einer energetischen Sanierungsberatung dient dabei in der Zuwendungspraxis der Beklagten zur Sicherstellung einer erfolgreichen energetischen Sanierung zu einem klimaneutralen Gebäude (Präambel, Absatz 4 der Förderrichtlinie vom 13.2.2023).
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Auch die Umsetzung dieser Zuwendungspraxis im konkreten Einzelfall begegnet keinen Bedenken. Die Beklagte hat die vom Kläger beantragte Förderung der energetischen Sanierungsberatung zu Recht abgelehnt. Das Gericht nimmt insoweit vollumfänglich Bezug auf die Begründung des Urteils vom gleichen Tag im Verfahren M 31 K 23.4132, § 117 Abs. 5 VwGO analog.
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Soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung auf die Förderrichtlinie „Münchner Förderprogramm Klimaneutrale Gebäude“, welche am 7. Mai 2024 in Kraft getreten ist (Förderrichtlinie vom 7.5.2024), und die dort vorgenommene Änderung, wonach die Ablehnung der Förderung der energetischen Sanierungsberatung aus formalen Gründen (z.B. Auftrag vor Antrag) nicht mehr zwingend zur Nichtförderung der Einzelmaßnahmen führt (vgl. Kapitel 1 Unterabschnitt „Voraussetzungen für einen Förderantrag im FKG“ (S. 9) und Kapitel 2 Unterabschnitt „Voraussetzungen für einen Förderantrag im FKG“ (S. 16) der Förderrichtlinie vom 7.5.2024), verweist und hieraus ableiten will, der Kläger habe im Hinblick dessen einen Anspruch auf antragsgemäße Förderung, führt auch dies vorliegend nicht weiter. Ein durch Verwaltungsvorschriften festgelegtes Förderprogramm kann ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus sachlichen Gründen jederzeit geändert werden. Der Beklagten als Zuwendungsgeberin kommt insoweit ein weites Gestaltungsermessen zu. (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2006 – 5 C 10/05 – juris Rn. 63 f) Auch verstößt es weder gegen das Willkürverbot noch gegen den Zweck der Zuwendungsrichtlinie noch gegen sonstiges einschlägiges materielles Recht, wenn die Beklagte in ihrer ständigen, in der mündlichen Verhandlung dargelegten Vollzugspraxis jeweils diejenige Fassung der Förderrichtlinie als maßgeblich heranzieht, die zum Zeitpunkt der Antragstellung gegolten hat. Es ist eine sachbezogene und damit willkürfreie Herangehensweise, hinsichtlich der Bestimmung der für die Zuwendungsgewährung maßgeblichen Fassung der Förderrichtlinie eine an den Tag der Antragsstellung anknüpfende Stichtagsregelung anzuwenden und insbesondere nachträgliche Änderungen der Förderrichtlinie bei der Entscheidung über die Zuwendungsgewährung nicht (mehr) zu berücksichtigen (vgl. zur Anwendung von Stichtagsregelungen im Bereich des Zuwendungsrechts etwa BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 22; B.v. 14.9.2020 – 6 ZB 20.1652 – juris Rn. 11). Für den Schluss auf eine willkürliche Fassung oder Handhabung der Förderrichtlinie und der darauf aufbauenden Förderpraxis bestehen keine Anhaltspunkte. Der Kläger wird nicht anders behandelt als andere Antragstellerinnen und Antragsteller, die ebenfalls zum Stichtag des 29. März 2023 ihren Förderantrag für Einzelmaßnahmen gestellt haben und auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Förderrichtlinie wegen einer Ablehnung der Förderung der energetischen Sanierungsberatung nicht antragsgemäß gefördert wurden. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte in vergleichbaren Zuwendungsfällen anders verfahren wäre, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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Schließlich ist entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten die Beklagte vorliegend auch nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehalten, zugunsten des Klägers die nachträgliche Korrektur der Rechnung zu berücksichtigen bzw. die Förderrichtlinie vom 7.5.2024 als maßgeblich heranzuziehen. Der Beklagten steht es – wie vorstehend erläutert – im Rahmen ihres weiten Gestaltungsermessens und ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz frei, die Förderrichtlinie aus sachlichen Gründen jederzeit zu ändern oder die Förderung auch komplett einzustellen. Auch hat die Beklagte keinerlei ihr zurechenbare (Mit-)Ursache dafür gesetzt, dass der Kläger im Rahmen des Verwendungsnachweises die vermeintlich nicht korrekte Rechnung eingereicht hat. Vielmehr wäre der Kläger gehalten gewesen, die Rechnung vor Einreichung bei der Beklagten zu prüfen. Im Übrigen hat der Kläger in seinem Zuwendungsantrag ausdrücklich erklärt, die Förderbedingungen und die Hinweise zu subventionserheblichen Tatsachen zur Kenntnis genommen zu haben und mit den dortigen Bestimmungen einverstanden zu sein.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.