Titel:
Erbscheinverfahren: Erforderlichkeit der Richtervorlage nach § 2 Abs. 2 BayAufhRiVbV bei Annahme der Testierunfähigkeit durch den Rechtspfleger
Normenketten:
GG Art. 20, Art. 92, Art. 103 Abs. 1
FamFG § 26, § 29, § 30, § 69 Abs. 1
RPflG § 8 Abs. 4 S. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 6, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 5
BayAufhRiVbV § 2
Leitsätze:
1. Hält ein Sachverständiger die Einvernahme von Kontaktpersonen des Erblassers zur Beurteilung der Testierfähigkeit für erforderlich, muss das Nachlassgericht den Sachverständigen zur Befragung der Zeugen zuziehen und ihm Gelegenheit geben, selbst Fragen an die Zeugen zu stellen (Anschluss an: OLG München, Beschluss vom 14.01.2020, 31 Wx 466/19). (Rn. 11)
2. Dem Nachlassgericht fehlt die Sachkunde, ohne sachverständige Hilfe die Testierunfähigkeit eines Erblassers allein auf der Grundlage von ihm erholter Zeugenaussagen festzustellen. Eine gleichwohl ergehende Entscheidung verletzt das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs. (Rn. 11)
3. Ist der Rechtspfleger der Ansicht, dass ein Erblasser bei Errichtung der Verfügung von Todes wegen möglicherweise testierunfähig war, hat er das Verfahren dem Richter zur weiteren Bearbeitung vorzulegen. Dem Rechtspfleger obliegt in einem solchen Fall weder die Befragung von Zeugen noch die Erholung eines Sachverständigengutachtens. (Rn. 18 – 23)
1. Nimmt ein Rechtspfleger ein ihm nach dem Gesetz nicht übertragenes und auch nicht übertragbares Geschäft wahr, so ist seine Entscheidung nach § 8 Abs. 4 S. 1 RPflG unwirksam. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beantragt ein Beteiligter gestützt auf eine bestimmte Auslegung einer letztwilligen Verfügung einen Erbschein, so ist das Verfahren bereits dann nach § 2 Abs.2 BayAufhRiVbV dem Richter vorzulegen, wenn ein anderer Beteiligter dem gestellten Antrag entgegentritt oder Behauptungen aufstellt, die diesem Antrag entgegenstehen können; dabei reicht es aus, wenn dem Rechtspfleger abweichender Tatsachenvortrag bekannt wird. (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Sieht sich der Nachlassrechtspfleger gehindert, den Erbschein auf Grund eigener rechtlicher oder tatsächlicher Einwände zu erteilen, hat die Richtervorlage zu erfolgen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erbschein, Testierfähigkeit, Sachverständiger, Zeugen, rechtliches Gehör, Amtsermittlungspflicht, Richtervorbehalt, Rechtspfleger, funktionelle Zuständigkeit
Vorinstanz:
AG Rosenheim, Beschluss vom 08.04.2024 – VI 4081/21
Fundstellen:
ErbR 2025, 303
FGPrax 2025, 40
RPfleger 2025, 229
FamRZ 2025, 637
FDRVG 2025, 936374
BeckRS 2024, 36374
NJW-RR 2025, 202
ZErb 2025, 114
FDErbR 2025, 936374
ZEV 2025, 276
LSK 2024, 36374
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 08.04.2024, Az. VI 4081/21, aufgehoben.
2. Das Verfahren wird an das Amtsgericht Rosenheim – Nachlassrichter – zurückgegeben.
Gründe
1
Die Erblasserin verstarb ledig und ohne Abkömmlinge am ... 10.2021. Sie stand seit April 2020 unter Betreuung; ihre Eltern sind vorverstorben.
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Mit eigenhändigem Testament vom 29.01.2020 setzte die Erblasserin die Beschwerdeführerin, die Tochter eines Cousins, als Alleinerbin ein.
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Den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin wies das Nachlassgericht – Rechtspfleger – mit Beschluss vom 27.06.2022 zurück, und führte zur Begründung unter Bezugnahme auf Unterlagen aus dem Betreuungsverfahren aus, dass die Erblasserin bei Errichtung des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Das ergebe sich insbesondere aus dem im Betreuungsverfahren erholten Sachverständigengutachten vom 08.04.2020. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin führte zur Aufhebung des Beschlusses durch das Beschwerdegericht (OLG München, 31 Wx 398/22) mit Beschluss vom 20.07.2023, das weitere Amtsermittlungen für erforderlich hielt.
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Hierauf veranlasste das Nachlassgericht – Rechtspfleger – die schriftliche Befragung des Hausarztes, behandelnder Klinikärzte, des MDK Bayern, der Nachbarn der Erblasserin und der Mieterin der Erblasserin sowie deren Tochter, und erhob anschließend mit Beweisbeschluss vom 20.10.2023 Sachverständigenbeweis. Das psychiatrische Sachverständigengutachten vom 23.01.2024 kam zu dem Ergebnis, dass auf der ersten Beurteilungsebene wegen einer nicht näher bezeichnete Demenz der Erblasserin eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 29.01.2020 bejaht werden könne, auf der zweiten Beurteilungsebene – hinsichtlich des Einflusses der Störung auf die Testierfähigkeit – jedoch die abschließende psychiatrische Beurteilung wegen sich widersprechender schriftlicher Angaben der privaten Kontaktpersonen noch nicht möglich sei.
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In der Folge veranlasste das Nachlassgericht – Rechtspfleger – die mündliche Anhörung von vier Nachbarn der Erblasserin und der Beschwerdeführerin. Ohne weitere Anhörung des Sachverständigen hat das Nachlassgericht – Rechtspfleger – mit Beschluss vom 08.04.2024, zugestellt am 16.04.2024, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erbscheinserteilung zurückgewiesen.
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Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 13.05.2024. In der Beschwerdebegründung vom 10.07.2024 beruft sie sich im Wesentlichen darauf, dass keine der bisher eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen sei, dass mit Sicherheit von Testierunfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments auszugehen sei. Vielmehr sei diese Frage offen geblieben. Die Aussagen der vernommenen Zeugen seien sehr uneinheitlich, widersprüchlich, in zeitlicher Hinsicht vage und nur auf punktuelle Momente bezogen.
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Das Nachlassgericht – Rechtspfleger – hat der Beschwerde mit Beschluss vom 27.05.2024 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
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Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.
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1. Der angefochtene Beschluss hat schon deshalb keinen Bestand, weil das Nachlassgericht die Testierunfähigkeit der Erblasserin nur auf der Basis der mündlichen Zeugenaussagen und ohne weitere Anhörung des Sachverständigen bejaht und damit rechtliches Gehör verletzt hat.
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1.1. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG, für den Rechtspfleger (BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2000, 1 BvR 321/96, BVerfGE 101, 397 ff. Rn. 27) gilt auch in Verfahren mit Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. Krätzschel in Krätzschel/Falkner/Döbereiner, Nachlassrecht, 12. Aufl. 2022, § 38 Rn. 75 m.w.N.). Inhaltlich verpflichtet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs das Gericht dazu, den Beteiligten Gelegenheit zu geben, vom Verfahrensstoff Kenntnis zu nehmen; es darf keine Tatsachen und Beweisergebnisse verwerten, zu denen die Beteiligten nicht Stellung nehmen konnten und es muss das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung ziehen (Gierl in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 4. Aufl. 2022, FamFG, § 352e Rn. 99 ff.).
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1.2. Hier hat das Nachlassgericht – Rechtspfleger – die vom Sachverständigen für erforderlich gehaltene Beweisaufnahme durch Anhörung der privaten Kontaktpersonen durchgeführt, ohne dass der Sachverständige anwesend gewesen wäre und Fragen hätte stellen können. Auf der Basis dieser Anhörung hat das Nachlassgericht – Rechtspfleger – die Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments als testierunfähig angesehen, ohne zuvor die vom Sachverständigen avisierte abschließende psychiatrische Beurteilung zu erholen und den Beteiligten bekanntzugeben. Darin liegt nicht nur ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht, § 26 FamFG, sondern auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beteiligten. Das Nachlassgericht – Rechtspfleger – hat sich hierdurch eigene Sachkunde angemaßt, die nur durch Einholung eines fachpsychiatrischen Gutachtens gewährleistet werden kann (OLG München, 31 Wx 466/19, ErbR 2020, 256, 257 m.w.N.).
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2. Die Entscheidung des Nachlassgerichts unterliegt aber auch deshalb der Aufhebung, weil vorliegend der funktionell unzuständige Rechtspfleger entschieden hat. Die Sache ist gem. § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG von Amts wegen an den funktionell ausschließlich zuständigen Richter des Nachlassgerichts zur Entscheidung über die Erteilung des beantragten Erbscheins zurückzugeben.
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2.1. Nimmt ein Rechtspfleger ein ihm nach dem Gesetz nicht übertragenes und auch nicht übertragbares Geschäft wahr, so ist seine Entscheidung nach § 8 Abs. 4 S. 1 RPflG unwirksam und im Rechtsmittelverfahren – unabhängig von ihrer etwaigen inhaltlichen Richtigkeit – aufzuheben und die Sache nach § 69 Abs. 1 S. 2 FamFG an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.06.2005, IX ZB 287/03, NJW-RR 2005, 1299; BGH, Beschluss vom 16.02.2022, XII ZB 355/21, juris Rn. 10 f. m.w.N.; Sternal/Sternal, FamFG, 21. Aufl. 2023, Einleitung Rn. 114).
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2.2. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG ist die Erteilung eines Erbscheins, der auf eine letztwillige Verfügung gestützt wird, grundsätzlich dem Richter vorbehalten. Dies ist nur dann nicht der Fall, wenn dem Rechtspfleger gemäß einer nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 RPflG erlassenen Rechtsverordnung die Erteilung übertragen wurde und die dort gegebenen Voraussetzungen für die Begründung der Zuständigkeit eines Rechtspflegers erfüllt sind. Eine solche Ermächtigung liegt hier in § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Aufhebung von Richtervorbehalten (AufhRiVbV) vor, wobei aber nach § 2 Abs. 2 AufhRiVbV das Verfahren dem Richter zur weiteren Bearbeitung vorzulegen ist, sofern Einwände gegen den Erlass der beantragten Entscheidung erhoben werden, vgl. § 19 Abs. 2 RPflG, Art. 92 GG.
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Nach der Gesetzesbegründung zur Änderung des Rechtspflegergesetzes sollen in § 19 RPflG die neuen Zuständigkeiten des Rechtspflegers in Nachlasssachen auf „nichtstreitige Fälle“ beschränkt sein; damit soll dem Rechtsprechungsvorbehalt für den Richter nach Art. 92 GG Rechnung getragen werden (BT-Drucksache 15/1508, 02.09.2003, S. 33).
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„Streitig“ wird ein Verfahren nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1508, Anlage 2, Stellungnahme des Bundesrates, S. 45) bereits dann, wenn ein anderer Beteiligter bestimmte Behauptungen vorbringt, die einer dem Antrag entsprechenden Entscheidung entgegenstehen und/oder denen das Gericht auf Grund des Ermittlungsgrundsatzes nachzugehen hat. Einer ausdrücklichen „Antragstellung“ bedarf es mithin nicht. Beantragt etwa ein Beteiligter gestützt auf eine bestimmte Auslegung einer letztwilligen Verfügung einen Erbschein, so ist das Verfahren nicht erst dann „streitig“, wenn ein anderer Beteiligter auf Grund einer anderen Auslegung einen abweichenden Erbscheinsantrag stellt, sondern bereits dann, wenn er dem gestellten Antrag entgegentritt oder Behauptungen aufstellt, die diesem Antrag entgegenstehen können. Insoweit sind allein die im Verfahren zum Ausdruck gebrachten unterschiedlichen Rechtspositionen maßgeblich (OLG München, 31 Wx 92/17, ZEV 2017, 331, 332 Rn. 11 m.w.N.; Gierl in Burandt/Rojahn, Erbrecht, 4. Auflage 2022, § 352e FamFG Rn. 6).
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Als ausreichend muss angesehen werden, wenn abweichender Tatsachenvortrag dem Rechtspfleger bekannt wird (BT-Drucksache a.a.O., S. 45); der Rechtspfleger hat das Verfahren dem Richter zur weiteren Bearbeitung vorzulegen, wenn gegen den Erlass der beantragten Entscheidung Einwände erhoben werden (vgl. Krätzschel in Krätzschel/Falkner/Döbereiner, Nachlassrecht, 12. Auflage 2022, § 38 Rn. 16).
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2.3. Im hiesigen Fall liegt zwar kein dem Erbscheinsantrag der Beschwerdeführerin entgegenstehender Antrag oder Vortrag weiterer Beteiligter – etwa der gesetzlichen Erben – vor. Allerdings wurde dem zuerst befassten Rechtspfleger aus dem Betreuungsverfahren der Erblasserin bekannt, dass deren Geschäftsfähigkeit durch Sachverständigengutachten verneint worden war. Dadurch sah er sich – ohne Antrag weiterer Beteiligter – veranlasst, dem Erbscheinsantrag der Beschwerdeführerin nicht stattzugeben. Bereits dies hätte zu einer Vorlage an den Nachlassrichter führen müssen, denn der Inhalt der Betreuungsakte wurde vom Rechtspfleger offenkundig als dem Erbscheinsantrag entgegenstehende Tatsachengrundlage gewertet.
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Erst recht gilt dies für die weiteren Amtsermittlungen nach erfolgreicher Beschwerde der Beschwerdeführerin. Es kann – wie sich auch aus der Gesetzesbegründung ergibt – keinen Unterschied machen, ob einander widersprechende Erbscheinsanträge vorliegen oder lediglich in der Sache widerstreitende Interessen im Verfahren vor dem Nachlassgericht gegeben sind. Vielmehr liegt bereits dann ein die Richterzuständigkeit begründender Einwand vor, wenn dieser ausschließlich von dem Nachlassrechtspfleger erhoben wird. Sieht sich der Nachlassrechtspfleger gehindert, den Erbschein auf Grund eigener rechtlicher oder tatsächlicher Einwände zu erteilen, hat die Richtervorlage zu erfolgen (so unter analoger Anwendung des § 19 Abs. 2 RPflG auch OLG Oldenburg, 3 W 53/24, NJW-RR 2024, 1202 Rn. 14 ff.).
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Zwar wird dieser Ansicht entgegengehalten, dass die Situation, in der der Rechtspfleger in einem Verfahren von Amts wegen die Position eines Beteiligten nicht teilt, sondern entgegen dessen Rechtsauffassung entscheiden möchte, mit der Situation der Zurückweisung eines Antrags durch das Nachlassgericht vergleichbar ist, und für die Zurückweisung ebenso wie für die antragsgemäße Entscheidung der Rechtspfleger zuständig sei (OLG Frankfurt, 21 W 99/15, juris Rn. 33 ff.; dem folgend Gierl, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 4. Auflage 2022, § 352e FamFG Rn. 6).
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Jedoch ist es Sinn und Zweck von § 19 Abs. 2 RPflG, § 2 Abs. 2 AufhRiVbV – auch im Lichte der Gesetzesbegründung, die auf das „Bekanntwerden abweichenden Tatsachenvortrags“ (BT Drs. a.a.O., S. 45) abstellt – bei widerstreitenden Tatsachengrundlagen den Nachlassrichter entscheiden zu lassen. Es würde dem Amtsermittlungsgrundsatz, Art. 26 FamFG, nicht gerecht, wenn nur von Beteiligten vorgetragene „Einwände“ zur Richterzuständigkeit führen könnten, obwohl im Rahmen des Nachlassverfahrens Ermittlungen unabhängig von Einwänden der Beteiligten anzustellen sind. Sind also widerstreitende Interessenlagen – hier die Frage nach dem Eintritt gewillkürter oder gesetzlicher Erbfolge – gegeben, denen das Gericht auf Grund des Ermittlungsgrundsatzes nachzugehen hat, ist von Richterzuständigkeit auszugehen.
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Vorliegend hat zudem ein Beteiligter als „Miterbe“ Informationen zum Nachlassverfahren angefordert. Jedenfalls diese Verfahrensäußerung eines potentiellen gesetzlichen Erbens, der sich auf das Gutachten des Sachverständigen vom 23.01.2024 bezog, hat Anlass gegeben, von widerstreitender Interessenlage und damit Richterzuständigkeit im Nachlassverfahren auszugehen.
23
Hinzu kommt, dass vorliegend eine umfangreiche Beweisaufnahme durchzuführen und Beweise zu würdigen sind. Diese ureigene richterliche Aufgabe sollte durch die Aufhebung des Richtervorbehalts für „unstreitige“ Nachlassverfahren nach § 19 Abs. 2 RPflG, § 2 Abs. 2 AufhRiVbV gerade nicht auf den Rechtspfleger übertragen werden. Anders als die zitierte Gegenansicht meint, ergibt sich dadurch auch kein Widerspruch zur grundsätzlichen Zuständigkeit des Rechtspflegers, auch zurückweisende Entscheidungen treffen zu können. Denn die hier vorliegende Fallgestaltung widerstreitender Interessenlagen ist nicht mit der einfachen Zurückweisung eines Antrags durch den Rechtspfleger gleichzusetzen. Es soll nach der ratio der § 19 RPflG, § 2 AufhRiVbV nur dann dem Rechtspfleger obliegen, Erbscheinsanträge als erfolglos zu werten und zurückzuweisen, wenn nicht widerstreitende Interessenlagen, sondern klare formale oder tatsächliche Gründe dem Antrag entgegenstehen, so etwa im Fall der Zurückweisung eines Erbscheinsantrags, der sich auf eine eigenhändige letztwillige Verfügung ohne Unterschrift stützt oder auf gesetzliche Erbfolge bei Vorliegen einer offenkundig wirksamen letztwilligen Verfügung.
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Eine Kostenentscheidung ist bei der erfolgreichen Beschwerde nicht veranlasst. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten sieht der Senat keine Veranlassung.
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Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 20.12.2024.