Inhalt

OLG Nürnberg, Beschluss v. 04.12.2024 – 11 UF 993/24
Titel:

Berücksichtigung der Wertentwicklung bei externen Teilung eines Anrechts im Versorgungsausgleich zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung 

Normenketten:
FamFG § 222
VersAusglG § 14, § 15 Abs. 1
SGB VI § 76 Abs. 4
FamGKG § 50 Abs. 1 S. 3
Leitsatz:
Wird bei der externen Teilung auch die Wertentwicklung eines Anrechts zwischen Ehezeitende und Rechtskraft der Entscheidung ausgeglichen, ist das neue Anrecht bei der Zielversorgung bezogen auf diesen Zeitpunkt zu begründen. (Rn. 18 – 19)
Schlagworte:
Versorgungsausgleich, externe Teilung, Zielversorgung, Anrechtsbegründung, Zeitpunkt der Rechtskraft, Wertentwicklung, Kostenentscheidung
Vorinstanz:
AG Erlangen, Endbeschluss vom 16.10.2024 – 5 F 489/24
Fundstellen:
FuR 2025, 156
LSK 2024, 36367
NJOZ 2025, 173
BeckRS 2024, 36367

Tenor

1. Die Beschwerde gegen Ziffer 2 Absatz 2 des Endbeschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht -Erlangen vom 16.10.2024, Az.: 5 F 489/24, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Die Deutsche Rentenversicherung moniert den Zeitpunkt, auf den die externe Teilung eines Anrechts im Rahmen der Durchführung des Versorgungsausgleichs bezogen wurde.
I.
2
Das Amtsgericht hat die am ... 07.1989 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten auf den am 07.06.2024 zugestellten Scheidungsantrag der Antragstellerin mit Endbeschluss vom 16.10.2024 geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
3
Bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs wurde das bei der … bestehende Anrecht der Antragstellerin extern geteilt und der Versorgungsträger angewiesen, den Ausgleichsbetrag nebst Zinsen an die Deutsche Rentenversicherung zu bezahlen.
4
Im einzelnen hatte der Tenor insofern folgenden Wortlaut:
„Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der … (Vers. Nr. …) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 10.087,40 Euro bei der Deutschen Rentenversicherung, bezogen auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, begründet. Die … wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 1,83% Zinsen seit dem 01.06.2024 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die Deutsche Rentenversicherung zu zahlen“.
5
In den Entscheidungsgründen heißt es, dass der Antragsgegner keine Zielversorgung gewählt habe, wobei er tatsächlich mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 14.10.2024 sein Wahlrecht zugunsten der Deutschen Rentenversicherung ausübte und die entsprechende Zustimmungserklärung der Deutschen Rentenversicherung vorlegte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Endbeschluss vom 16.10.2024 Bezug genommen.
7
Gegen den ihr am 17.10.2024 zugestellten Endbeschluss legt die Deutsche Rentenversicherung mit Schreiben vom 29.10.2024 Beschwerde ein. Sie erklärt, dass die Tenorierung, im Wege der externen Teilung werde ein Anrecht für den Antragsgegner bei der Deutschen Rentenversicherung bezogen auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich, begründet, unrichtig sei, da der Ausgleichswert gemäß § 14 VersAusglG grundsätzlich auf das Ehezeitende bezogen werden müsse, da dies der nach § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG maßgebliche Zeitpunkt sei. Die Formulierung im Beschluss des Amtsgerichts sei auch nicht bestimmt genug.
8
Abgesehen davon heiße es in den Entscheidungsgründen zu Unrecht, dass der Antragsgegner keine Zielversorgung gewählt habe.
9
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, gemäß § 68 Abs. 3 FamFG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Einwände dagegen wurden nicht erhoben. Die Antragstellerin hat sich mit der beantragten Abänderung des Endbeschlusses einverstanden erklärt.
II.
10
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
11
1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist auch die Teilanfechtung des Versorgungsausgleichs zulässig (BGH FamRZ 2016, 794; 2011, 547).
12
Der Überprüfung durch den Senat unterliegt daher die Entscheidung des Amtsgerichts nur in Bezug auf das von der Beschwerde erwähnte Anrecht.
13
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 68 Abs. 3, § 221 Abs. 1 FamFG).
14
2. Die Beschwerde ist nicht begründet.
15
Das Amtsgericht hat das Anrecht der Antragstellerin bei der … zu Recht extern geteilt, da der Versorgungsträger dies verlangt hat und die maßgebliche Wertgrenze nach § 17 VersAusglG nicht überschritten war.
16
Der Antragsgegner hat gemäß § 15 Abs. 1 VersAusglG die Deutsche Rentenversicherung als Zielversorgung gewählt, diese hatte der Wahl gemäß § 222 FamFG zugestimmt.
17
Die Teilung des Anrechts der Antragstellerin bei der … hatte somit gemäß § 14 Abs. 1 VersAusglG durch Begründung eines Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung zu erfolgen. Mit der Teilung war gemäß § 14 Abs. 4 VersAusglG gleichzeitig auszusprechen, welcher Betrag an den Zielversorgungsträger zu zahlen ist.
18
Im vorliegenden Fall ist die Frage zu entscheiden, ob bei der externen Teilung die Begründung von Anwartschaften bei dem Zielversorgungsträger mit Bezug auf das Ehezeitende oder mit Bezug auf das Datum der Rechtskraft der Entscheidung zu erfolgen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte wegen des Halbteilungsgrundsatzes auch bei der externen Teilung an der nachehezeitlichen Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts bis zur Rechtskraft der Entscheidung teilhaben muss (BGH FamRZ 2018, 1745 Rn. 16; BGH FamRZ 2017,1655 Rn. 17). Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, ab welchem Zeitpunkt der ausgleichsberechtigte Ehegatte an der Dynamik der Zielversorgung teilnimmt, weil eine doppelte Berücksichtigung der nachehezeitlichen Wertentwicklung sowohl aus der Ausgangsversorgung als auch in der Zielversorgung nach dem Halbteilungsgrundsatz nicht geboten ist und den ausgleichsberechtigten Ehegatten besser stellen würde als den ausgleichsverpflichteten, der weiter nur an der Dynamik seiner in den Versorgungsausgleich fallenden Versorgung partizipiert.
19
Der Bundesgerichtshof hat in der bereits zitierten Entscheidung BGH FamRZ 2017, 1655 die Teilung eines fondsbezogenen Anrechts mit den Werten bei Rechtskraft der Entscheidung vorgenommen, gleichwohl aber in die Tenorierung eine Bezugnahme auf das Ende der Ehezeit aufgenommen und zur Begründung angeführt, ein Bezug auf das Ehezeitende solle im Rahmen des Ausspruchs nach § 14 Abs. 1 VersAusglG – neben seiner Bedeutung für die Wertgrenzen der §§ 14, 17, 18 VersAusglG und als Bezugspunkt für den korrespondierenden Kapitalwert (§ 47 VersAusglG) – lediglich klarstellen, dass der ausgleichspflichtige Ehegatte im Umfang des Ausgleichswerts rückwirkend von dem genannten Zeitpunkt an nicht mehr an dessen Dynamik teilhabe, vielmehr die Wertentwicklung insoweit bereits zugunsten des ausgleichsberechtigten Ehegatten wirke. In einer späteren Entscheidung zur externen Teilung eines fondsbezogenen Anrechts (BGH FamRZ 2021, 581) hat er die Teilung allein mit Bezug zur Rechtskraft der Entscheidung vorgenommen. Schon zuvor hatte der Bundesgerichtshof bei einem durch Barwertbildung ermittelten Ausgleichswert, dessen Verzinsung mit dem Rechnungszins angeordnet wurde, ein „auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bezogenes Anrecht“ begründet (BGH FamRZ 2016, 1144; 2016, 1847) und von einem weiteren Bezug auf das Ehezeitende abgesehen. Dieser Rechtsprechung folgt auch das Oberlandesgericht Nürnberg (vgl. etwa die Tenorierung zu OLG Nürnberg FamRZ 2024, 1010; ebenso Recknagel, in MünchKomm-BGB, 9. Aufl., § 14 VersAusglG, Rn. 60; Norpoth/Sasse in Erman, BGB, 17. Aufl., § 14 Rn. 17).
20
Im vorliegenden Fall hat das Familiengericht durch die Anordnung, dass der an die Zielversorgung zu zahlende Ausgleichswert nebst 1,83% Zinsen seit dem 01.06.2024 bis zur Rechtskraft der Entscheidung zu bezahlen ist, weitestgehend (mit Ausnahme der hier vernachlässigbaren biometrischen Wertgewinne – die Frage der Zinseszinsen ist bei einem Ehezeitende 2024 nicht relevant) die Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts, die allein durch die Anwendung eines Rechnungszinses bei der Barwertentwicklung entsteht, zugunsten des Antragsgegners berücksichtigt.
21
Die Anordnung, dass bei einer Teilung in die gesetzliche Rentenversicherung auch für die Begründung des Anrechts der Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung maßgeblich ist, ist an sich unnötig, weil sich aus der Vorschrift des § 76 Abs. 4 S. 4 SGB VI schon ergibt, dass die an sich nach § 76 Abs. 4 S. 2 SGB VI maßgeblichen Umrechnung des Ausgleichswertes mit den Umrechnungsfaktoren zum Ende der Ehezeit nicht gilt, wenn das Familiengericht bereits beim Kapitalbetrag die Wertentwicklung des auszugleichenden Anrechts berücksichtigt hat. Es gelten dann die Umrechnungsfaktoren zu dem Zeitpunkt, zu dem die Wertentwicklung berücksichtigt ist. Somit stellt der vom Amtsgericht formulierte Tenor insgesamt sicher, dass die nachehezeitliche Dynamik bei der Bemessung des zu zahlenden Ausgleichsbetrages berücksichtigt ist und parallel daran anschließend der Antragsgegner ab der Rechtskraft an der Dynamik der Rentenversicherung partizipiert.
22
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist eine Formulierung, die auf den Zeitpunkt der Rechtskraft Bezug nimmt, bestimmt genug, weil sich das Datum der Rechtskraft unproblematisch ermitteln lässt, indem bei Gericht ein Zeugnis über die Rechtskraft eingeholt wird.
23
Der Beschwerdeführerin ist Recht zu geben, dass das Amtsgericht in den Entscheidungsgründen fälschlicherweise ausführt, der Antragsgegner habe keine Zielversorgung gewählt. Die diesbezügliche Berichtigung hat ggf. durch das Amtsgericht zu erfolgen. Rechtswirkungen hat die fehlerhafte Feststellung keine. Die Entscheidungsgründe nehmen auch nicht an der Rechtskraft teil.
III.
24
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Beschwerde hatte keinen Erfolg, so dass die Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat.
25
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 50 Abs. 1 FamGKG. Von der Beschwerde war nur ein Anrecht betroffen. Der Verfahrenswert darf gemäß § 50 Abs. 1 S. 3 FamGKG nicht unter 1.000 € angenommen werden ((0,1 x 3 x (800 € + 2.200 €) = 900 €).
26
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 04.12.2024.