Titel:
Erfolgloser Eilantrag einer algerischen Staatsangehörigen mit zwei minderjährigen Kindern nach Ablehnung des Asylfolgeantrags
Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 36 Abs. 4 S. 1, § 71 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, Abs. 5 S. 1, S. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5, § 123
EMRK Art. 3
Leitsätze:
1. Elemente und Erkenntnisse iSd § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG sind Tatsachen und Umstände, die zur Begründung des Folgeantrags vom Ausländer vorgetragen oder vom Bundesamt bei der Prüfung des Folgeantrags identifiziert werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Änderung selbst der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt grundsätzlich keine Änderung der Rechtslage dar. Hiervon mögen Entscheidungen des BVerfG, soweit sie nach § 31 BVerfGG besondere Bindungskraft genießen, nicht erfasst sein. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch jedes Urteil des EuGH kann ein neues Element bzw. eine neue Erkenntnis darstellen, unabhängig davon, ob das Urteil vor oder nach der Entscheidung über den früheren Asylantrag erlassen wurde. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
zulässiger Sofortantrag, Algerien, Folgeantrag, einstweiliger Rechtsschutz gegen Asylfolgeverfahren, keine Wiederaufgreifensgründe, neue Elemente oder Erkenntnisse, Entscheidung des EuGH als neue Erkenntnis, Mutter mit minderjährigen Kindern, kein Abschiebungsverbot, unzulässiger Asylfolgeantrag, vorläufiger Rechtsschutz, Elemente und Erkenntnisse, neue rechtliche Umstände, Rückkehr nach Algerien, Mutter mit zwei minderjährigen Kindern, Existenzminimum, internationaler Schutz in anderem Mitgliedstaat
Weiterführende Hinweise:
Red. Anm.: Vgl. zu Ls. 1 BT-Drs. 20/9463, 59
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36336
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Prozessbevollmächtigten wird für dieses Verfahren sowie für das Verfahren W 5 K 24.32385 abgelehnt.
Gründe
1
Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge über einen von ihnen erhobenen Asylfolgeantrag.
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1. Die Antragsteller, algerische Staatsangehörige vom Volke der Berber, reisten am 13. Juli 2021 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 12. August 2021 einen Asylantrag. Die am … … 1987 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der am … … 2015 und am … … 2017 geborenen Antragsteller zu 2) und 3). Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 23. November 2022 abgelehnt, die hiergegen gerichtete Klage rechtskräftig abgewiesen (siehe VG Würzburg, U.v. 6.7.2023 – W 5 K 22.30888).
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Am 25. Oktober 2024 stellten die Antragsteller einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Zur Begründung brachte die Antragstellerin zu 1) vor, sie habe zwei Kinder in der Grundschule und sie hätten sich gut eingelebt und würden auch gut angenommen. Sie lebten nun schon seit drei Jahren hier in Deutschland und sie habe auch schon ein B1 Zertifikat gemacht. Dies habe sie ermutigt, ein neues Leben hier in Deutschland aufzubauen. Sie möchte gerne eine Arbeit finden, die zu ihrer bisherigen Berufserfahrung passe. Neue Gründe für eine Gefahr im Heimatland gebe es nicht, ebenso wenig wie neue Beweismittel. Seit Abschluss des letzten Asylverfahrens hätten sich die Antragsteller nicht im Ausland aufgehalten. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2024 brachte die Bevollmächtigte der Antragsteller vor: Aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu anerkannten Schutzberechtigten im europäischen Ausland hätten die Antragsteller einen Anspruch auf erneute Überprüfung ihres Asylantrags. Aus der Asylakte ergebe sich, dass diese über einen Schutztitel in Griechenland verfügten.
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2. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 13. November 2024 den Antrag der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1). Die Anträge auf Abänderung des Bescheids vom 23.11.2022 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG wurden abgelehnt (Ziffer 2).
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Der Antrag sei unzulässig, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Ein weiteres Asylverfahren sei gemäß § 71 Abs. 1 AsylG nur dann durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Ausländer vorgebracht worden seien, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitrugen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben seien und der Ausländer ohne eigenes Verschulden außerstande gewesen sei, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Im Rahmen der Folgeantragsbegründung seien weder neue Elemente oder Erkenntnisse, noch neue Beweismittel vorgebracht worden. Insbesondere sei der Asylantrag der Antragsteller bereits im Erstverfahren trotz des Schutztitels in Griechenland für alle Antragsteller vollumfänglich als zulässig erachtet und inhaltlich geprüft worden. Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO seien ebenfalls weder vorgetragen worden noch lägen objektive Erkenntnisse hierüber vor. Die schriftlich vorgetragene Begründung enthalte keine Tatsachen oder Beweismittel, die es dem Bundesamt ermöglichen könnten, den Folgeantrag als zulässig anzusehen. Eine weitere Sachaufklärung, etwa durch eine Anhörung, sei unter diesen Umständen nicht angezeigt. Der Folgeantrag sei deshalb gem. § 29 Abs. 1 Nr. 5 1. Alternative AsyIG als unzulässig abzulehnen gewesen.
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Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben. Der Wiederaufgreifensgrund der Sachlagenänderung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative VwVfG sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Eine nachträgliche Änderung der Sachlage sei nicht ersichtlich. Mögliche Probleme im Falle einer unterstellten Rückkehr seien im Rahmen der Folgeantragsbegründung überhaupt nicht thematisiert worden. Auch gebe die Antragstellerin zu 1) keinerlei Hinweise darauf, was sie und ihre beiden Kinder im Falle einer Rückkehr zu befürchten hätten. Eine Änderung der Rechtslage i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative VwVfG, welche sich im Übrigen allein auf deutsches Recht beziehe, liege ebenfalls nicht vor. Dem Bundesamt lägen auch keine neuen Beweismittel vor, welche für die Antragsteller eine günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO seien weder vorgetragen noch lägen objektive Erkenntnisse hierüber vor (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Wiederaufgreifensgründe i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG lägen somit ersichtlicher Weise nicht vor. Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidung zu § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG gemäß § 49 VwVfG rechtfertigen würden, lägen jedoch ebenfalls nicht vor. Eine Unterschreitung des wirtschaftlichen Existenzminimums sei bei den Antragstellern nicht zu befürchten. Insbesondere erscheine es zumutbar, den Lebensunterhalt durch einfache und gegebenenfalls befristete Tätigkeiten zu sichern. Die Annahme einer extremen Gefährdungslage für eine alleinerziehende Mutter mit Kindern sei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegeben. Der gesunden und erwerbsfähigen Antragstellerin zu 1), die in ihrem Heimatland als Französischlehrerin tätig gewesen sei, sei es zuzumuten, sich in Algerien eine Arbeit zu suchen, so dass sie jedenfalls das Existenzminimum für sich und ihre beiden unterhaltsbedürftigen Kinder sichern könne.
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3. Hiergegen ließen die Antragsteller am 22. November 2024 durch ihre Bevollmächtigte Klage erheben (W 5 K 24.32385) und im hiesigen Verfahren beantragen,
Die Antragsgegnerin wird vorläufig „verpflichtet, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die Antragsteller bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht auf Grund der Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.11.2022 nach Algerien abgeschoben werden dürfen“.
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Die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO sei zu erlassen. Die Antragsteller hätten nach Rechtsprechung des EuGH einen zu sichernden Anspruch auf vollständige Überprüfung ihrer Fluchtgründe unter Einbeziehung der Entscheidung der italienischen (richtig: griechischen) Behörden. Die Antragsteller liefen auf Grund der fehlenden aufschiebenden Wirkung der Klage Gefahr während des laufenden Klageverfahrens nach Algerien abgeschoben zu werden und so ihren Anspruch auf Durchführung eines regelgerechten Asylverfahrens nicht durchsetzen zu können. Die Sache sei wegen fehlender aufschiebender Wirkung der Klage auch eilbedürftig. Gegen die Antragsteller gerichtete aufenthaltsbeendende Maßnahmen während des andauernden gerichtlichen Klageverfahrens seien möglich und wahrscheinlich. Anders als vom Bundesamt angeführt, sei der Asylfolgeantrag vorliegend nicht unzulässig. Auch wenn die Vorschrift des § 580 ZPO nicht einschlägig zu sein scheine, so liege doch der Wiederaufgreifensgrund des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vor. Vorliegend hätten die Antragsteller die Antragstellung damit begründet, dass Ihnen nachweislich von den griechischen Behörden internationaler Schutz zuerkannt worden sei. Eine Änderung der Rechtslage habe sich mit der Entscheidung des EuGH vom 18. Juni 2024 (C – 753/22) ergeben. Demnach sei die Antragsgegnerin verpflichtet, bei der Prüfung von Asylanträgen die Gründe miteinzubeziehen, die dazu geführt haben, dass in einem anderen europäischen Land den Asylsuchenden bereits internationaler Schutz gewährt wurde. Im konkreten Einzelfall sei die Antragsgegnerin damit verpflichtet, im Asylfolgeverfahren der Antragsteller, sich an die griechischen Behörden zu wenden und die entsprechenden Informationen einzuholen und ihrer Entscheidung über die Asylgründe zu Grunde zu legen. Damit habe sich die Rechtslage dahingehend geändert, dass der Antragsgegnerin eine weitergehende Prüfungspflicht auferlegt worden sei, als es noch im Rahmen der Entscheidungsfindung zu den ersten Asylanträgen der Antragsteller der Fall gewesen sei.
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4. Die Antragsgegnerin beantragte,
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Zur Begründung verwies die Antragsgegnerin auf die angefochtene Entscheidung.
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5. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens W 5 K 24.32385) und der einschlägigen Behördenvorgänge Bezug genommen.
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Die Antragsteller begehren bei sach- und interessengerechter Auslegung (§ 88 VwGO i.V.m. § 122 VwGO) vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig (Nr. 1 des Bescheids) sowie hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten (Nr. 2).
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Der im hiesigen Verfahren begehrte Eilrechtsschutz hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Der Antrag ist zulässig.
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1.1. Es kann hierbei dahinstehen, ob in der vorliegenden Folgeantragskonstellation im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO oder aber ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Inhalt, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die Antragsteller vorläufig nicht nach Algerien abgeschoben werden dürfen, statthaft ist.
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In seiner aktuellen Fassung bestimmt § 71 Abs. 5 AsylG, dass es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung bedarf, wenn der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag stellt, der nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führt (Satz 1). Hat der Ausländer den Folgeantrag nur zur Verzögerung oder Behinderung der Abschiebung gestellt oder hat der Ausländer nach unanfechtbarer Ablehnung eines Folgeantrags einen erneuten Folgeantrag gestellt, so darf die Abschiebung vollzogen werden, wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen (Satz 2). Im Übrigen darf die Abschiebung erst nach Ablauf der Frist nach § 74 Absatz 1 Hs. 2 AsylG und im Fall eines innerhalb der Frist gestellten Antrags nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung erst nach der gerichtlichen Ablehnung dieses Antrags vollzogen werden (Satz 3).
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Der Gesetzgeber geht offenbar davon aus, dass wenn – wie hier – der Asylfolgeantrag als unzulässig abgelehnt und nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG keine erneute Abschiebungsandrohung erlassen wird, Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist. Aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass – wenn die gesetzliche Regelung nicht sinnlos sein soll – ein entsprechender Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft sein muss, wenngleich insoweit anzumerken ist, dass die Unzulässigkeitsentscheidung für sich genommen keinen vollziehbaren Inhalt hat (vgl. hierzu ausführlich: VG Ansbach, B.v. 15.4.2024 – AN 1 S 24.30737 – juris Rn. 24 ff.).
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Im Hinblick auf die Regelung des § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG und darauf, dass effektiver einstweiliger Rechtsschutz gegen die bestandskräftige Abschiebungsandrohung zusammen mit der Mitteilung des Bundesamtes an die Ausländerbehörde nur über § 123 VwGO mit dem oben dargestellten Inhalt zu erlangen ist, spricht hier viel für die Statthaftigkeit eines Eilantrags nach § 123 VwGO (s. hierzu Dickten in BeckOK, AuslR Kluth/Heusch, 42. Edition, Stand: 1.7.2024, § 71 AsylG Rn. 36 f.), auch wenn § 71 Abs. 5 Satz 3 AsylG bei seinem Verweis auf die Vorschrift des § 80 Abs. 5 VwGO nicht zwischen den in den Sätzen 1 und 2 umschriebenen Fallkonstellationen unterscheidet (vgl. VG Würzburg, B.v. 17.6.2024 – W 4 S 24.30929).
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Das Gericht lässt hier die Frage des statthaften Rechtsbehelfs gegen die Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids dahingestellt, weil im Ergebnis in beiden Fällen ein identischer Prüfungsmaßstab anzulegen ist (vgl. Dickten in BeckOK, AuslR Kluth/Heusch, 42. Edition, Stand: 1.7.2024, § 71 AsylG Rn. 38).
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1.2. Der Antrag nach § 123 VwGO ist betreffend Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids zulässig als Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zur Sicherung eines Anspruchs der Antragsteller auf Feststellung der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG.
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In der Hauptsache ist insoweit eine (hilfsweise zu erhebende) Verpflichtungsklage statthaft (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris). Denn das Bundesamt muss gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG auch bei Entscheidungen über unzulässige Asylanträge feststellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Entsprechend muss vorläufiger Rechtsschutz insoweit durch einen Antrag nach § 123 VwGO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gewährt werden. Zweck einer solchen Anordnung ist es, einen Anspruch des betroffenen Ausländers auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorläufig zu sichern (VG Würzburg, B.v. 7.9.2020 – W 5 S 20.30963; B.v. 17.8.2021 – W 5 S 21.30841).
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2. Der Antrag bezüglich Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist unbegründet.
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2.1. Inhaltlich bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Ablehnung des Asylfolgeantrags der Antragsteller als unzulässig in Nr. 1 des Bescheids vom 13. November 2024 (§ 71 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Die angegriffene Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig (§ 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 AsylG) ist nach summarischer Prüfung bei der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu Recht erfolgt. Das Gericht nimmt zunächst Bezug auf die zutreffende Begründung im streitgegenständlichen Bescheid (§ 77 Abs. 3 AsylG). Die Antragsteller haben nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde.
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Die Antragsgegnerin ist zu Recht von einem Folgeantragsverfahren ausgegangen. Rechtsgrundlage für eine erneute Sachprüfung des Asylbegehrens durch die Antragsgegnerin im Folgeantragsverfahren ist § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG in der Fassung der Änderung durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Februar 2024, BGBl. 2024 I Nr. 54. Danach ist für den Fall, dass der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag stellt (Folgeantrag), ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Ausländer vorgebracht worden sind, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitragen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind und der Ausländer ohne eigenes Verschulden außerstande war, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
25
Im Folgeantragsverfahren der Antragsteller sind aber keine neuen Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder von Antragstellerseite vorgebracht worden, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für die Antragsteller günstigeren Entscheidung beitragen. Im Einzelnen:
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„Elemente und Erkenntnisse“ i.S.d. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG sind Tatsachen und Umstände, die zur Begründung des Folgeantrags vom Ausländer vorgetragen oder vom Bundesamt bei der Prüfung des Folgeantrags identifiziert werden (BT-Drs. 20/9463, 59); die Asylverfahrensrichtlinie spricht auch von „neuen Beweisen oder Argumenten“ (Erwägungsgrund 36 Asylverfahrens-RL). Zu den maßgeblichen Elementen zählen der Vortrag des Ausländers und alle ihm zur Verfügung stehenden einschlägigen Unterlagen oder andere Nachweise über sein Alter, seinen Lebenshintergrund und den seiner Familienangehörigen, seine Identität, seine Staatsangehörigkeit, den Ort des vorhergehenden Aufenthalts und des Wohnsitzes, frühere Asylanträge, Reiserouten, Reisedokumente sowie Gründe für den Asylantrag, vgl. Art. 4 Abs. 2 Anerkennungs-RL (Dickten in BeckOK AuslR Kluth/Heusch, 42. Ed. Stand 1.7.2024, § 71 AsylG Rn. 17). Das Erfordernis neuer Elemente betrifft dem Beweis zugängliche Tatsachen, also konkrete Vorgänge oder Zustände in der Vergangenheit oder Gegenwart, die sinnlich wahrnehmbar in die Wirklichkeit getreten sind. Generell können neue Elemente immer dann angenommen werden, wenn sich im Herkunftsland des Antragstellers nachträglich die Verfolgungssituation in erheblicher Weise verändert hat (Marx, AsylG, 12. Aufl. 2025, § 71 Rn. 32 f.). Unter den Begriff „Erkenntnisse“ fallen solche Feststellungen zur persönlichen Situation des Antragstellers oder der Situation in dessen Herkunftsland, die sich durch andere Quellen ergeben. Hierzu zählen etwa bereits vorhandene Erkenntnisse des Bundesamts oder Informationen, die im Rahmen der informatorischen Anhörung des Antragstellers durch das Bundesamt zu Tage treten (Dickten in BeckOK AuslR Kluth/Heusch, 42. Ed. Stand 1.7.2024, § 71 AsylG Rn. 17). Neue Erkenntnisse dürften regelmäßig neue Beweismittel sein. Es können aber auch neuere Erkenntnisquellen zum Herkunftsland des Antragstellers sein. Hierzu zählen auch öffentliche Urkunden, wie etwa Haftbefehle oder Gerichtsurteile, die geeignet sind, mit Blick auf das individuelle Verfolgungsvorbringen den Nachweis der Richtigkeit zu erbringen (Marx, AsylG, 12. Aufl. 2025, § 71 Rn. 36 f.).
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Ein weiteres Asylverfahren ist nur durchzuführen, wenn die neuen Elemente und Erkenntnisse mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitragen. Dies ist der Fall, wenn die neuen Tatsachen und Umstände für die Beurteilung der Begründetheit des Antrags maßgeblich erscheinen, sie mithin geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, zu einer anderen Einschätzung einer Gefahr vor Verfolgung (§ 3 AsylG) bzw. unmenschlicher Behandlung (§ 4 AsylG) zu gelangen (vgl. EuGH, U.v. 8.2.2024 – C-216/22 – juris Rn. 51; U.10.6. 2021 – C-921/19 – juris Rn. 53). Diese Elemente und Erkenntnisse werden jedoch nur berücksichtigt, wenn der Ausländer ohne eigenes Verschulden außerstande war, sie bereits im Asylerstverfahren geltend zu machen.
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Die Antragstellerin zu 1) hat zur Begründung ihres Folgeantrags lediglich vorgebracht, dass sie zwei Kinder in der Grundschule habe und diese sich gut in Deutschland eingelebt hätten und auch gut angenommen würden. Sie lebten nun schon seit drei Jahren hier in Deutschland und sie habe auch schon ein B1 Zertifikat gemacht. Dies habe sie ermutigt, ein neues Leben hier in Deutschland aufzubauen. Sie möchte gerne eine Arbeit finden, die zu ihrer bisherigen Berufserfahrung passe. Neue Gründe für eine Gefahr im Heimatland gebe es nicht, ebenso wenig wie neue Beweismittel. Die Antragstellerin zu 1) hat mithin ausschließlich Gründe dafür vorgebracht, warum sie in Deutschland bleiben möchte, aber keinerlei Gründe dafür, warum sie nicht in ihr Heimatland zurückkehren kann. Sie hat keinerlei Tatsachen und Umstände vorgetragen, die zur Begründung des Folgeantrags oder vom Bundesamt bei der Prüfung des Folgeantrags identifiziert werden und auch keinerlei neue Beweise oder Argumente vorgebracht. Sie hat auch keinerlei Feststellungen zur persönlichen Situation oder der Situation in ihrem Herkunftsland, die sich durch andere Quellen ergeben, vorgebracht. Sie hat vielmehr ausdrücklich erklärt, dass es keine neuen Gründe für eine Gefahr in ihrem Heimatland gebe, ebenso wenig wie neue Beweismittel. Für eine Änderung der Sachlage wurde mithin nicht das Geringste vorgetragen. Es wurde nichts dafür vorgebracht, dass sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder die das persönliche Schicksal der Asylbewerber bestimmenden Umstände so verändert hätten, dass eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung nur möglich erscheint. Nach allem haben die Antragsteller im Folgeverfahren keine neuen Elemente oder Erkenntnisse i.S.v. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG vorgebracht.
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Auch das von der Antragstellerbevollmächtigten geltend gemachte Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juni 2024 (C-753/22 – NVwZ 2024, 1153) stellt kein neues Element bzw. keine neue Erkenntnis dar, das bzw. die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für die Antragsteller günstigeren Entscheidung beiträgt. Im Einzelnen:
30
Zwar können neue rechtliche Umstände einen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens begründen, wenn sie mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Ausländer günstigeren Entscheidung beitragen. Dies gilt bei relevanten Änderungen im materiellen Recht, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt (Dickten in BeckOK AuslR Kluth/Heusch, 42. Ed. Stand 1.7.2024, § 71 AsylG Rn. 19). Eine Änderung der Rechtsprechung, selbst der höchstrichterlichen Rechtsprechung stellt grundsätzlich keine Änderung der Rechtslage dar. Gerichtliche Entscheidungsfindung bleibt rechtliche Würdigung des Sachverhalts am Maßstab der vorgegebenen Rechtsordnung. Sie ist nicht geeignet oder darauf angelegt, die Rechtsordnung konstitutiv zu verändern (vgl. BVerwG, B.v. 12.11.2020 – 2 B 1.20 – juris Rn. 8; U.v. 27.1.1994 – 2 C 12.92; U.v. 22.10.2019 – 1 C 26.08; U.v. 11.9.2013 – 8 C 4.12; alle juris; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, 10. Aufl. 2023, VwVfG, § 51 Rn. 107 m.w.N.). Von dem genannten Grundsatz mögen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, soweit sie nach § 31 BVerfGG besondere Bindungskraft genießen, nicht erfasst sein (vgl. Bergmann, in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 14. Aufl. 2022, § 71 AsylG Rn. 25).
31
Zwar „kann“ nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 8. Februar 2024 in der Rechtssache C-216/22 (juris) jedes Urteil des Gerichtshofs ein neues Element bzw. eine neue Erkenntnis darstellen, und zwar unabhängig davon, ob dieses Urteil vor oder nach dem Erlass der Entscheidung über den früheren Antrag erlassen wurde oder ob in diesem Urteil die Unvereinbarkeit einer nationalen Bestimmung, auf die diese Entscheidung gestützt war, mit dem Unionsrecht festgestellt wird oder es sich auf die Auslegung des Unionsrechts einschließlich desjenigen, das beim Erlass dieser Entscheidung bereits in Kraft war, beschränkt (vgl. EuGH, U.v. 8.2.2024 – C-216/22 – juris Rn. 40 und 44).
32
Das von der Antragstellerbevollmächtigten angeführte Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juni 2024 (C-753/22 – NVwZ 2024, 1153) stellt allerdings kein neues Element oder Erkenntnis i.S.v. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG dar, es trägt auch nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit dazu bei, dass die Antragsteller einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus haben. Der Europäische Gerichtshof hat mit diesem Urteil vom 18. Juni 2024 festgestellt, dass das Unionsrecht im Bereich des internationalen Schutzes die Mitgliedstaaten nach derzeitigem Stand nicht ausdrücklich verpflichtet, die von einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft automatisch anzuerkennen. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, Art. 4 Abs. 1 und Art. 13 der RL 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes sowie Art. 10 Abs. 2 und 3 und Art. 33 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes sind – so der Europäische Gerichtshof – dahin auszulegen, dass die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, wenn sie von der durch die letztere Bestimmung eingeräumten Befugnis, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, keinen Gebrauch machen kann, weil der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat, der ihm bereits einen solchen Schutz zuerkannt hat, der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt wäre, im Rahmen eines neuen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes, das gemäß den Richtlinien 2011/95 und 2013/32 geführt wird, eine neue individuelle, vollständige und aktualisierte Prüfung dieses Antrags vornehmen muss. Dabei muss sie jedoch die Entscheidung des anderen Mitgliedstaats, diesem Antragsteller internationalen Schutz zu gewähren, und die Anhaltspunkte, auf denen diese Entscheidung beruht, in vollem Umfang berücksichtigen.
33
Der Europäische Gerichtshof hat nach allem mit der vg. Entscheidung lediglich eine verfahrensrechtliche Fragestellung entschieden, genauer die Frage verneint, ob die Mitgliedsstaaten in der vorbezeichneten Fallkonstellation verpflichtet sind, die von einem anderen Mitgliedsstaat erlassenen Entscheidungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft automatisch anzuerkennen und die Frage bejaht, dass diese von einem anderen Mitgliedsstaat erlassenen Entscheidungen allerdings zu berücksichtigen sind, wenn er eine neue individuelle, vollständige und aktualisierte Prüfung dieses Antrags vornehmen muss. Der Europäische Gerichtshof hat in dem von der Antragstellerbevollmächtigten angeführten Urteil aber keinerlei Feststellung zu materiellen Fragen in Bezug auf das Herkunftsland der Antragsteller getroffen. Aus diesem Urteil kann mithin nicht der geringste Anhaltspunkt entnommen werden, der im Hinblick auf das Verfolgungsgeschehen bzw. der (allgemeinen) Situation im Herkunftsland der Antragsteller von Bedeutung wäre. Somit kann die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 18. Juni 2024 (C-753/22 – NVwZ 2024, 1153) gerade kein neues Element bzw. keine neue Erkenntnis i.S.v. § 71 Abs. 1 Satz 1 AuslG für das streitgegenständliche Folgeverfahren der Antragsteller darstellen.
34
Darüber hinaus betrifft die vg. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nur die Fallkonstellation, dass „die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, wenn sie von der durch die letztere Bestimmung eingeräumten Befugnis, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, keinen Gebrauch machen kann (…) im Rahmen eines neuen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes (…) eine neue individuelle, vollständige und aktualisierte Prüfung dieses Antrags vornehmen muss“, also in der Sache entscheiden muss, während es in der hier gegebenen Fallkonstellation um die Frage geht, ob die zuständige Behörde den Asylantrag als unzulässig ablehnen darf, also gerade nicht in der Sache entscheiden muss. Mithin trägt die vg. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit dazu bei, dass die Antragsteller einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzstatus haben.
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Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO sind ebenfalls nicht gegeben wie die Antragstellerbevollmächtigte selbst vorgebracht hat.
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3. Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO bezüglich der Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids hat ebenfalls keinen Erfolg.
37
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass für die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
38
Die Antragsteller haben einen zu sichernden materiellen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 bzw. § 60 Abs. 7 AufenthG nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO).
39
Auch insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 3 AsylG).
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Unabhängig davon, dass von Antragstellerseite im Folgeantragsverfahren in Bezug auf § 60 Abs. 5 AsylG keinerlei neue Gründe vorgebracht wurden, gilt Folgendes: Die Antragstellerin zu 1) ist erwerbsfähig sowie ohne gravierende gesundheitliche Einschränkungen. Das Ausüben einer ihrer bisherigen Erwerbseinkunft vergleichbaren Tätigkeit als Lehrerin oder auch einer existenzsichernden Gelegenheitsarbeit ist der Antragstellerin zu 1) nach ihrer Rückkehr möglich und zumutbar. Um etwaige Anfangsschwierigkeiten zu überbrücken, können die Antragsteller gegebenenfalls auf soziale Hilfen sowie im Übrigen auf Rückkehr- und Integrationshilfen zurückgreifen. Mit in die Betrachtung einbezogen werden können insofern die sogenannten Rückkehrhilfen bei freiwilliger Ausreise. Aus dem REAG-/GARP-Programm kann u.a. eine Reisebeihilfe sowie eine Starthilfe (https://www.returningfromgermany.de/de/countries/algeria; http://germany.iom.int/de/starthilfeplus, jeweils abgerufen am 2. Dezember 2024) in Anspruch genommen werden. Es liegt auf der Hand, dass die genannten Rückkehrhilfen und Leistungen aus dem Reintegrationsprogramm gerade in der Anfangszeit nach der Rückkehr mit dazu beitragen, dass die Antragsteller in Algerien wiederum Fuß fassen können. Im Übrigen sind die Antragsteller zur Vermeidung einer existenziellen Bedrohung auf die Unterstützung ihrer Familie zu verweisen.
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Gegenteiliges folgt auch nicht aus der wirtschaftlichen und sozialen Lage Algeriens, wie auch das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt hat. In Algerien sind die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und auch die medizinische Grundversorgung gewährleistet (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien vom 10.5.2023, Stand: März 2023, S. 4, 19 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien vom 17.5.2023, S. 21 ff.). Die Antragstellerin zu 1) ist entsprechend der obigen Ausführungen erwerbsfähig; ihr ist zuzumuten, zur Sicherung seines Existenzminimums den notwendigen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu verdienen. Letztlich ist den Antragstellern eine (Re-)Integration in die Lebensverhältnisse ihres Heimatstaates möglich und zumutbar (ebenso VG München, B.v. 2.7.2020 – M 26 S 20.31428 – juris; VG Frankfurt, U.v. 5.3.2020 – 3 K 2341/19.F.A – juris; SaarlOVG, B.v. 25.9.2019 – 2 A 284/18 – juris; VG Minden, B.v. 30.8.2019 – 10 L 370/19.A – juris; U.v. 28.3.2017 – 10 K 883/16.A – juris; U.v. 22.8.2016 – 10 K 821/16.A – juris; BVerwG, U.v. 25.4.2019 – 1 C 46/18 – InfAuslR 2019, 309; U.v. 27.3.2018 – 1 A 5/17 – Buchholz 402.242, § 58a AufenthG Nr. 12; VG Stade, U.v. 1.4.019 – 3 A 32/18 – juris; VG Magdeburg, U.v. 6.12.2018 – 8 A 206/18 – juris; VG Köln, B.v. 24.8.2016 – 3 L 1612/16.A – juris).
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Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Algerien. Diese betreffen jedoch algerische Staatsangehörige in vergleichbarer Lage in gleicher Weise. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass den Antragstellern bei einer Rückkehr nach Algerien keine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung droht.
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Bezüglich eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wurde (ebenfalls) schon nichts substantiiert vorgetragen.
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4. Der Antrag war nach allem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
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5. Da nach den vorstehenden Ausführungen weder das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes noch voraussichtlich das Klageverfahren Aussicht auf Erfolg haben, ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO abzulehnen.