Inhalt

OLG München, Endurteil v. 04.12.2024 – 7 U 4874/21
Titel:

Streit um Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Gemäldes

Normenketten:
ZPO § 293
VO (EG) Nr. 593/2008 Art. 18
Leitsätze:
1. Ist zwischen zwei Kunsthändlern ein nach englischem Recht wirksamer (auch formwirksamer) Kommissionsvertrag (consignment) mit dem Inhalt eines "Art Consignment Agreement (ACA)" sowie einer "Pro Forma Invoice (PFI)" über die Überlassung eines Gemäldes geschlossen worden und soll die Frage einer Schadenshaftung nach einer daraus folgenden Vertragsklausel beantwortet werden, sind entsprechend § 293 ZPO Auslegungsgrundsätze des englischen Rechts anzuwenden. (Rn. 22 – 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer "deviation" handelt es sich um einen qualifizierten Verstoß gegen das (vertragliche oder gesetzliche) Pflichtenprogramm, wobei es sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung handeln muss. (Rn. 47 – 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kommissionsvertrag, versicherungsrechtliche subrogation, Art Consignment Agreement, Pro Forma Invoice, deviation, Beweislast
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 30.06.2021 – 10 HK O 13290/13
Fundstelle:
BeckRS 2024, 36148

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 30.6.2021 (Az.: 10 HK O 13290/13) wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angegriffene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

A.
1
Die Parteien streiten um Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Kunstwerks.
2
Beide Parteien sind im Kunsthandel tätig. Die Klägerin war Eigentümerin des Gemäldes „B. de j.g.“ des Malers P. Die Klägerin überließ der Beklagten das Gemälde, um es auf Kunstausstellungen zu präsentieren und es ggf. zu verkaufen. Über diesen Vorgang existieren zwei von der Beklagten im Februar 2010 unterschriebene Schriftstücke, ein „Art Consignment Agreement“ gemäß Anlage K 1 [im folgenden: ACA] und eine „Pro Forma Invoice“ gemäß Anlage K 2 [im folgenden: PFI].
3
Das ACA hat auszugsweise den folgenden Wortlaut.
5. Transportation Responsibilities. Packing and shipping charges, insurance costs, other handling expenses, and risk of loss or damage incurred in the delivery of Artworks from TH [= Klägerin, Anm. d. Senats] to the Gallery [= Beklagte, Anm. d. Senats], and in their return to the TH, shall be the responsibillity of the Gallery.
6. Responsibiliy for Loss or Damage, Insurance Coverage. The Gallery shall be responsible for the safekeeping of all consigned Artworks while they are in its custody. The Gallery shall be strictly liable to TH for their loss or damage, to the full amount TH would have received from the Gallery if the Artworks had been sold. The Gallery shall provide TH with all relevant information about its insurance coverage for the Artworks for each separate consignment and. The Gallery agrees in writing that it insures TH Interest in the art under their „all risks“ insurance policies. …
8. Removal from Gallery. The Gallery shall not tend out, remove from the premises, or sell on approval any of the Artworks, without first obtaining written permission from TH.
9. Pricing; Gallery’s Commission; Terms of Payment. The Gallery shall sell the Artworks at its own discretionary price. The Gallery and TH agree that the Gallery’s comission will be anything above the price mentioned on the consignment document (Pro-Forma or Shipping Invoices) …
13. Procedures for Modification: Amendments to this Agreement must be signed by both TH and Gallery and attached to this Agreement. …
15. Choice of Law. This Agreement shall be governed by the law of the United Kingdom.
4
Die PFI hat auszugsweise den folgenden Wortlaut.
PICASSO PABLO Buste de jeune garcon … 3.250.000 € (excl. all taxes)
This art ist consigned to you on the condition that you will insure it against ‚all risks‘ of physical loss or damage with a reputable insurer while in your care, custody and control and while an consignment for an amount equal to the consignment value. …
5
Die Beklagte präsentierte das Gemälde auf der am 25.4.2010 endenden Art C. in Köln, wo das Bild nicht verkauft werden konnte. Am 26.4.2010 wurde das Gemälde abgehängt, verpackt und der B. Transporte GmbH [im Folgenden: B. ] zur Einlagerung in deren Lager in K. übergeben. In der Folgezeit bat die Klägerin die Beklagte, das Bild zur Präsentation in der O.G.(Paris) zur Verfügung zu stellen, womit die Beklagte einverstanden war.
6
Der Transport nach Paris erfolgte durch B., welche diesbezüglich am 6.5.2010 durch die insoweit für die Klägerin handelnde Firma M.T.F. Arts Ltd. [im folgenden: T. beauftragt wurde (vgl. CMR-Frachtbrief, Anlage K 4). B. verbrachte das in einer Kiste befindliche Gemälde zunächst zum Zoll, wo die Kiste mit einem Metallband umschlossen und verplombt wurde, und sodann per Sammeltransport in das Lager einer Drittfirma in Frankreich, wo die Sendung schließlich von Mitarbeitern der O.G. abgeholt wurde.
7
Bei der Öffnung der Kiste in der O.G. wurde festgestellt, dass das Gemälde nur lose in Folie verpackt war, dass es aus dem Rahmen gerutscht war und einen Riss in der Leinwand aufwies; ein entsprechender Riss fand sich auch in der Verpackungsfolie.
8
Der Versicherer der Beklagten lehnte eine Einstandspflicht für diesen Schaden mit der Begründung ab, dass es sich bei dem Transport nach Paris nicht um den (versicherten) „return transport to the lender“ gehandelt habe (vgl. Anlage K 6). Die Klägerin einigte sich mit ihrem Versicherer auf Versicherungsleistungen (Wertminderung + Restaurierungskosten) in Höhe von 22,5% des in der PFI genannten Kaufpreises und erhielt den entsprechenden Betrag von 731.250,- € ausbezahlt.
9
Das Gemälde wurde in der Folgezeit restauriert und später von der Klägerin an einen im Verfahren nicht namhaft gemachten Dritten zu einem nicht mitgeteilten Kaufpreis veräußert.
10
Die Klägerin macht nunmehr den Betrag von 731.250,- € als Schadensersatz gegen die Beklagte geltend mit der Behauptung, dass das Gemälde im Verantwortungsbereich der Beklagten aufgrund der gegenständlichen Beschädigung eine Wertminderung mindestens in dieser Höhe erlitten habe.
11
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 731.250,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen.
12
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
13
Das Landgericht hat Beweis erhoben zum englischen Recht durch Erholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. W. (Bl.482 ff. der Akten, im Folgenden W. I) nebst zweier Ergänzungsgutachten (Bl. 486 ff. der Akten, in folgenden W. II; weiteres Gutachten v. August 2020 nicht einpaginiert im Gutachtenheft, im Folgenden W. III). Ferner hat es den Sachverständigen im Termin vom 17.3.2021 angehört. Hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen wird auf die schriftlichen Gutachten sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 17.3.2021 (Bl. 533 ff. der Akten) Bezug genommen. Das Landgericht hat ferner Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen A., S., He., Ho. und B. Hinsichtlich der Angaben der Zeugen wird auf die Sitzungsniederschriften vom 19.2.2014 (Bl. 58 ff. der Akten), 2.7.2014 (Bl. 100 ff. der Akten) und 7.8.2019 (Bl. 482 ff. der Akten) Bezug genommen.
14
Das Landgericht hat sodann die Klage abgewiesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils wird Bezug genommen. Mit ihrer zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
15
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München [sic] vom 30.06.2021 zu verurteilen, an die Klägerin EUR 731.250,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen.
16
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
17
Der Senat hat Beweis erhoben durch Erholung eines ergänzenden Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. W. zum englischen Recht (Bl. 687 ff. der Akten, im folgenden W. IV) und den Sachverständigen im Termin vom 4.12.2024 angehört. Hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen wird auf das schriftliche Gutachten und auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 735 ff. der Akten) Bezug genommen.
B.
18
Die Berufung bleibt ohne Erfolg.
I.
19
Zu Recht ist das Landgericht von folgenden Prämissen ausgegangen:
< Auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist kraft Rechtswahl englisches Recht anzuwenden.
< Zwischen den Parteien ist nach englischem Recht ein wirksamer (auch formwirksamer) Kommissionsvertrag (consignment) mit dem Inhalt des ACA und der PFI zustande gekommen.
< Nach dem im englischen Recht geltenden Grundsatz der versicherungsrechtlichen subrogation nimmt (anders als im deutschen Recht nach § 86 VVG) der Erhalt von Versicherungsleistungen auf den Schaden dem Geschädigten (also hier der Klägerin) nicht die Aktivlegitimation. (Lediglich ergänzend ist insoweit anzumerken, dass sich damit auch das – verfahrensrechtlich zu qualifizierende – Problem einer Prozessstandschaft / Prozessführungsbefugnis nicht stellt, da die Klägerin mangels Anspruchsübergangs auf den Versicherer ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend macht.)
20
Die diesbezüglichen Ausführungen des Landgerichts lassen Rechtsfehler nicht erkennen und werden von den Parteien in der Berufungsinstanz auch nicht mehr problematisiert. Insoweit kann daher auf das angegriffene Urteil Bezug genommen werden.
II.
21
Der Senat teilt die Einschätzung des Landgerichts, dass die Beklagte für die Beschädigung des gegenständlichen Bildes nicht nach Art. 5, 6 ACA haftet. Eine Haftung nach diesen Vertragsklauseln käme nur in Betracht, wenn der gegenständliche Schaden vor dem Beginn des Transports nach Paris am 6.5.2010 entstanden oder zumindest die Schadensursache vor diesem Zeitpunkt gesetzt worden wäre (unten 1.). Die Beweislast hierfür trägt die Klägerin (unten 2.). Die Klägerin hat diesen Beweis nicht geführt (unten 3.).
22
1. Die Klägerin würde für die gegenständliche Beschädigung des Bildes nur nach den genannten Vorschriften haften, wenn der Schaden vor dem Beginn des Transports nach Paris entstanden wäre oder zumindest die Schadensursache vor diesem Zeitpunkt (etwa durch unsachgemäße Verpackung des Bildes) gesetzt worden wäre. Dies ergibt die Auslegung der genannten Klauseln des ACA.
23
a) Der Senat ist bei seiner Vertragsauslegung von folgenden Auslegungsgrundsätzen des englischen Rechts ausgegangen.
24
Die Vertragsauslegung hat im Ausgangspunkt danach zu erfolgen, wie ein objektiver Dritter mit dem Hintergrundwissen der Vertragsparteien die Regelung verstanden hätte, „objective bystander test“ (vgl. W. I S. 17, W. II S. 6). Dabei geht das englische Recht grundsätzlich vom Wortlaut der Regelungen im Sinne der üblichen Wortbedeutung aus, dies allerdings vor dem Hintergrundwissen der Parteien, so dass das Gericht auch über den Wortlaut hinaus Vertragsauslegung betreiben kann (vgl. W. II S. 6).
25
Insoweit gilt die „parol evidence rule“; bei eindeutigem Wortlaut dürfen keine außerhalb des Vertrages liegenden Umstände herangezogen werden, bei nicht eindeutigem Wortlaut ist eine ergänzende Auslegung möglich (vgl. W. I S. 20, W. III S. 2). Dabei ist in der neueren Rechtsprechung der englischen Gerichte ein Mittelweg zwischen strikter Wortlautauslegung und vom Text losgelöster Interpretation festzustellen (vgl. W. I S. 17). Insbesondere sollen „inconsistencies“, die sich aus striktem Wortlautverständnis ergeben, vermieden werden, soll die Interpretation kaufmännischer Verträge einem „commercial sense“ entsprechen und können begriffliche Ungenauigkeiten im Wege des „modifying“ durch das Gericht korrigiert werden (vgl. W. I S. 18).
26
Im Zweifel ist eine Interpretation vorzugswürdig, die nicht zur Unwirksamkeit oder Bedeutungslosigkeit einer Vertragsbestimmung führt, auch wenn eine andere Interpretation dem Wortlaut besser entspräche (vgl. W. I S. 19).
27
b) Im Kern andersartige Auslegungsgrundsätze zeigen auch die von der Klagepartei vorgelegten Privatgutachten des britischen Rechtsanwalts (barrister) H. nicht auf. Sie kommen lediglich zu anderen Auslegungsergebnissen als das Landgericht und der Gerichtssachverständige. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Auslegung als solche, also die Anwendung der Auslegungsgrundsätze auf den konkreten Sachverhalt, Aufgabe der erkennenden Gerichte ist. Die Gutachten dienen lediglich der Ermittlung der maßgeblichen Auslegungsgrundsätze im Sinne des § 293 ZPO.
28
Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Auffassung, auf der Basis der erholten Gerichtsgutachten, der Anhörungen des Gerichtssachverständigen durch das Landgericht und den Senat sowie der von beiden Seiten vorgelegten Privatgutachten einen im Sinne von § 293 ZPO hinreichenden Überblick über die Auslegungsgrundsätze des englischen Rechts gewonnen zu haben, um auf dieser Basis eine Auslegung des vorliegenden Vertrages zwischen den Parteien vornehmen zu können. Der Erholung eines weiteren Gerichtsgutachtens durch einen barrister, wie von der Klagepartei angeregt, bedarf es daher nicht.
29
c) Art. 6 ACA sieht eine „strict liability“ (verschuldensunabhängige Haftung) für „loss or damage“ (Verlust oder Beschädigung) des Bildes während der „custody“ der Beklagten vor. Der Begriff der custody (üblicherweise mit Gewahrsam übersetzt) enthält nach seinem Wortsinn einerseits ein tatsächliches Element im Sinne von Sachherrschaft, wobei andererseits ein rechtliches Element im Sinne der Pflicht, während der Gewahrsamszeit für die Sache Fürsorge zu tragen, mitschwingt. Custody umschreibt daher im vorliegenden Kontext nach dem Wortsinn die Verpflichtung, während der Gewahrsamszeit / Sachherrschaft für die Sache Fürsorge zu tragen.
30
Damit endet die custody der Beklagten schon nach dem Wortsinn (spätestens) dann, wenn die Sache auf Weisung der Klägerin aus dem Einflussbereich der Beklagten verbracht wird; denn damit endet die Sachherrschaft der Beklagten und die Möglichkeit (und damit Verpflichtung) der Beklagten, für die Sache Fürsorge zu tragen.
31
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts erfolgte der Transport durch B. nach Paris im Auftrag von T., welche für die Klägerin handelte. Damit verlor die Beklagte (im Einvernehmen mit der Klägerin) mit Beginn des Transportes nach Paris die Sachherrschaft (in besitzrechtlicher Terminologie: sie war nunmehr nicht mehr mittelbare Besitzerin) und damit die Möglichkeit und Verpflichtung für die Sache Fürsorge zu tragen.
32
Eine Haftung der Beklagten nach Art. 6 ACA käme damit nur in Betracht, wenn der Schaden vor Beginn des Transports nach Paris am 6.5.2010 (Verbringen zum Zoll) entstanden oder zumindest verursacht / angelegt worden wäre, weil mit dem genannten Zeitpunkt die custody, während derer der Vertrag die strict liability anordnet, endete.
33
d) Art. 5 ACA regelt unter dem Oberbegriff „transportation responsibilities“ die Transportkosten und das Transportrisiko (für „loss or damage“). Nachdem das Transportrisiko der „responsibiliy“ der Beklagten zugewiesen wird, soll sie auch im Anwendungsbereich des Art. 5 ACA für Verlust oder Beschädigung des Bildes im Sinne einer „strict liability“, also verschuldensunabhängig haften.
34
Das Transportrisiko in diesem Sinne soll die Beklagte nach dem eindeutigen Wortlaut tragen „in the delivery … from TH to the gallery“ und „in their return to TH“. Das Begriffspaar „delivery / return“ zeigt dabei deutlich, dass „return“ keinen Zeitpunkt, sondern einen Zeitraum, nämlich den Vorgang der Rücklieferung meint. Zu klären ist daher, wann dieser Vorgang des „return“ abgeschlossen ist (denn bis dahin trägt die Beklagte das Risiko für „loss or damage“).
35
Das Landgericht geht (dem Gerichtssachverständigen folgend) davon aus, dass der „return“ abgeschlossen ist, wenn die Sache so in den Einflussbereich der Klägerin gelangt ist, dass die Beklagte keinen Einfluss mehr auf die Sache hat. Das sei der Beginn des Transports durch B. im Auftrag der Klägerin bzw. T.
36
Dieser Ansatz ist in sich plausibel. Zunächst, während der Einlagerung, verwahrte B. für die Beklagte; die Beklagte konnte – anders als die Klägerin – unmittelbar Einfluss auf die Sache nehmen. B. war unmittelbarer Besitzer, die Beklagte mittelbare Besitzerin (unterer Stufe); allenfalls bestand ein Besitzmittlungsverhältnis (bzw. bailment) höherer Stufe zwischen der Beklagten und der Klägerin. Ab Beginn des Transports nach Paris im Auftrag der Klägerin bzw. T. hatte die Beklagte keine Einflussmöglichkeit auf die Sache, sehr wohl aber die Klägerin über (T. und) B.; B. war nach wie vor unmittelbarer Besitzer, besaß aber nunmehr für T. bzw. die Klägerin, mit der Folge, dass die Beklagte den mittelbaren Besitz verlor; mittelbare Besitzer waren nunmehr T. (auf der unteren Stufe) bzw. ggf. die Klägerin (auf einer höheren Stufe).
37
Die dargestellte Auslegung, wonach der „return“ mit Beginn des Transports nach Paris abgeschlossen war, ist mit dem Wortlaut von Art. 5 ACA vereinbar. Die Klausel spricht vom Transportrisiko, während „delivery“ und „return“; es entspricht daher dem Wortlaut, das Transportrisiko der Beklagten mit dem Ende des „return“ enden zu lassen. Der Begriff „return“ andererseits ist nicht eindeutig bzw. aus sich heraus verständlich. Er kann die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an die Klägerin oder die Erlangung von Einflussmöglichkeit der Klägerin auf die Sache (im Sinne mittelbaren Besitzes) unter Ende der Einflussmöglichkeit der Beklagten meinen. Der nicht eindeutige Begriff ist daher auslegungsfähig und -bedürftig, wobei es bei dem vorliegenden Vertrag zwischen zwei „Kaufleuten“ nahe liegt, auf den „commercial sense“ der Klausel abzustellen (dies würde auch ein „objective bystander“ tun).
38
Sinn des Vertrages war der Verkauf des Gemäldes in Kommission durch die Beklagte. Die Beklagte erlangte hierdurch die Möglichkeit, sich die Verkaufskommission im Sinne von Art. 9 ACA (= alles, was sie über den in der PFI genannten Verkaufspreis hinaus erlösen konnte) zu verdienen. Im Gegenzug für diese Möglichkeit sollte die Beklagte die mit dem Geschäft verbundenen Transportkosten und Transportrisiken tragen. Wenn nun die Klägerin (wie vorliegend geschehen) die Sache wieder an sich zieht, um sie an einen anderen Ort zu verbringen (und selbst zu verkaufen), nimmt sie damit der Beklagten die Möglichkeit, sich die Verkaufskommission zu verdienen, so dass damit auch der innere Grund für die Tragung der Transportkosten und -risiken durch die Beklagte wegfällt. Dies rechtfertigt es, den Begriff des „return“ dahin auszulegen, dass hierfür die Wiedererlangung der Einflussmöglichkeit der Klägerin unter Ausschluss der Einflussmöglichkeit der Beklagten genügt.
39
Nicht überzeugend erscheint dem Senat demgegenüber der Einwand der Klägerin, dass damit der Sache nach (vom Gerichtssachverständigen W. sogar expressis verbis) im vorliegenden Fall ein „Gleichlauf“ zwischen custody (Art. 6) und Transportrisiko (Art. 5) verbunden ist, was dem Grundsatz (vgl. oben II.1.a) widerspreche, wonach im Zweifel jede Vertragsbestimmung eine eigene Bedeutung habe. Denn es verbleibt auch bei der vorstehend skizzierten Auslegung des Begriffs „return“ ein eigenständiger Anwendungsbereich für die Haftung während des return. Unterstellt man den Regelfall einer Rücklieferung (z.B. durch B.) an die Klägerin im Auftrag der Beklagten, wäre die Sache während des Transports zwar nach wie vor in der custody der Beklagten (als mittelbare Besitzerin), so dass diese für Beschädigungen während des Transports sowohl nach Art. 6 ACA als auch nach Art. 5 ACA haften würde. Verliert allerdings der Transporteur während des Transports die unmittelbare Sachherrschaft, etwa weil er sie an einer Schnittstelle unbeschädigt aus dem Blick verliert oder sie ihm entwendet wird, endet mit dem unmittelbaren Besitz des Transporteurs auch der mittelbare Besitz der Beklagten (und mit der Möglichkeit der Einflussnahme auch die custody); nicht abgeschlossen ist dann allerdings der return. Taucht die zwischenzeitlich beschädigte Sache wieder auf, hat sich nur das Transportrisiko verwirklicht; die Beklagte haften nach Art. 5 ACA, nicht aber nach Art. 6 ACA. Die Vorschriften mögen sich daher in ihrem Anwendungsbereich überschneiden (in dem Sinne, dass beide nebeneinander jeweils zur Haftung führen können), haben aber jeweils auch einen eigenständigen Sinn und Anwendungsbereich.
40
Der Senat folgt auch nicht dem weiteren Einwand der Klägerin, dass in der Vereinbarung der Rücknahme auf Kosten und Risiko der Klägerin eine Vertragsänderung liege, die nach Art. 13 ACA der Schriftform bedurft hätte. Gerade bei der vorliegend vorgenommenen Auslegung des Begriffs „return“, die dazu führt, dass der Transport nach Paris nicht als return zu werten ist, sondern zeitlich nach dem return liegt, widerspricht die streitgegenständliche Handhabung des Transports nicht dem Vertrag, sondern liegt außerhalb seines Anwendungsbereichs.
41
Hiernach ist auch die Argumentation der Klägerin nicht zielführend, dass Art. 5 ACA von einem Gleichlauf von Transportkosten und Transportrisiken ausgehe, weshalb der Beklagten vorliegend das Transportrisiko obliege, weil die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der Kosten des Transports nach Paris hätte verlangen können, wenn diese nicht von der O.G. getragen worden wären. Nach Art. 5 ACA trägt die Beklagte die Kosten für den return. Wenn der return vorliegend mit Beginn des Transports abgeschlossen war, sind die Kosten des Transports als solche Kosten nach dem return und damit nicht nach Art. 5 ACA von der Beklagten zu tragen.
42
Nach allem teilt der Senat die Einschätzung des Landgerichts, dass die Haftung der Beklagten für das Risiko von „loss or damage“ während des return mit dem Beginn des Transports nach Paris am 6.5.2010 endete, so dass eine Haftung nach Art. 5 ACA nur in Betracht kommt, wenn der gegenständliche Schaden an dem Bild vor diesem Zeitpunkt entstanden ist oder zumindest verursacht wurde (oder genauer gesagt: praktisch nicht in Betracht kommt, weil sich der Vorgang des return hier auf die logische Sekunde des Umschlagens der Besitzverhältnisse beschränkt).
43
2. Die Klägerin trägt die Beweislast dafür, dass der Schaden vor dem Beginn des Transports nach Paris entstanden ist oder zumindest die Schadensursache vor diesem Zeitpunkt gesetzt wurde.
44
a) Die Beweislastregeln gehören ihrem Wesen nach zum materiellen Recht. Ihre Anknüpfung folgt bei der vertraglichen Haftung dem Vertragsstatut, Art. 18 Rom I-VO (vgl. auch W. I S. 32). Damit beurteilt sich die Beweislast vorliegend nach englischem Recht.
45
b) Im englischen Recht gilt für die Verteilung der Beweislast im Ausgangspunkt das Günstigkeitsprinzip, d.h. jede Partei muss, die ihr günstigen Tatsachen beweisen. Dies gilt auch, soweit die Haftung im Sinne einer „strict liability“ in Rede steht (vgl. W. I S. 29 ff.). Hiernach muss grundsätzlich die Klägerin beweisen, dass der Schaden während der Haftungszeit der Beklagten (also bis zum Beginn des Transports nach Paris am 6.5.2010) entstanden ist bzw. angelegt wurde.
46
Eine Änderung dieses Grundsatzes kann sich nach englischem Recht im Falle einer „deviation“ ergeben. Dabei handelt es sich um einen qualifizierten Verstoß gegen das (vertragliche oder gesetzliche) Pflichtenprogramm (also gegen einen „essential term“ des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien). Im Falle einer deviation müsste die Beklagte beweisen, dass der Schaden auch ohne den Pflichtverstoß eingetreten wäre (vgl. W. IV S. 3 ff.).
47
c) Von einer deviation durch die Beklagte kann vorliegend nicht ausgegangen werden, so dass es bei der Beweislast der Klägerin verbleibt.
48
aa) Eine deviation liegt nicht in der Einlagerung des Bildes bei B. ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Klägerin.
49
Zwar bestimmt Art. 8 ACA, dass eine Entfernung des Gemäldes vom Betriebsgelände der Beklagten (remove from the premises) der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Klägerin bedarf, so dass nach dem Wortlaut der Klausel eine Einlagerung des Bildes bei einem Dritten ohne Zustimmung der Klägerin eine Pflichtverletzung darstellt.
50
Allerdings ist nicht jede Pflichtverletzung eine deviation (vgl. Anhörung W., Protokoll vom 4.12.2024, Bl. 735 ff. der Akten, S. 7). Vielmehr muss es sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung handeln.
51
Für die Annahme einer schwerwiegenden Pflichtverletzung könnten hier die vom Sachverständigen zitierten Beispiele aus der Rechtsprechung englischer Gerichte (vgl. W. IV S. 4 f.) sprechen, wonach eine deviation angenommen wurde bei der Abweichung von der vereinbarten Transportroute oder der abredewidrigen Lagerung einer Sache an einem anderen als dem vereinbarten Ort. Der Sachverständige hat aber a.a.O. auch darauf hingewiesen, dass nicht jedes abredewidrige sub-bailment eine deviation darstellt; vielmehr weise die Rechtsprechung der britischen Gerichte insoweit restriktive Tendenzen auf.
52
Maßgeblich ist daher nach Auffassung des Senats der Grad der Abweichung der Handlung des Pflichtigen vom vertraglichen Pflichtenprogramm. Vorliegend war nach dem Wortlaut des Vertrages jede ungenehmigte Ortsabwesenheit des Bildes vom Betriebsgrundstück der Beklagten vertragswidrig. Umgekehrt war aber der Vertrag von vorneherein darauf gerichtet, das Bild zu verkaufen und zu diesem Zweck auf Ausstellungen zu präsentieren (vgl. auch Anhörung W. a.a.O. S. 6). Damit war zum einen im Vertragsverhältnis die Abwesenheit des Bildes vom Betriebsgelände der Beklagten angelegt, zum anderen aber auch die Einschaltung von Fachfirmen wie B., da das Bild zu Ausstellungen verbracht und von dort wieder abgeholt werden musste. Vor diesem Hintergrund ist wohl davon auszugehen, dass die Klägerin billigerweise die Einlagerung bei B. (einer renommierten Fachfirma, der sich die Klägerin – wie der Transport nach Paris zeigt – auch selbst bedient) genehmigt hätte, wenn sie gefragt worden wäre.
53
Damit liegt das Schwergewicht des Vertragsverstoßes der Beklagten bei wertender Betrachtung des Einzelfalles auf der formalen Ebene, also im Unterlassen der Einholung einer schriftlichen Genehmigung für die Einlagerung. Ein Verstoß gegen einen „essential term“ des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien kann daher (auch wenn man für die Würdigung den erheblichen Wert des Bildes einbezieht) nicht angenommen werden, zumal die Beklagte auch während der Einlagerung der Garantiehaftung nach Art. 6 ACA unterlag (so auch Anhörung W., a.a.O. S. 6) und Verstöße gegen formale Erfordernisse in der Regel keine deviation darstellen (vgl. Anhörung W., a.a.O. S. 5).
54
bb) Eine deviation kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die Beklagte den Zustand des Bildes bei Einlagerung bzw. bei Beginn des Transports nach Paris nicht dokumentiert hat (bzw. dokumentieren ließ).
55
Eine allgemeine Dokumentationspflicht ist dem common law fremd. Daher könnte sich vorliegend eine Dokumentationspflicht nur als „implied term“ aus dem Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ergeben (W. IV S. 6).
56
Nach dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten des Barrister H. gemäß Anlage K 30 (dort Rz. 14, vom Gerichtssachverständigen ausdrücklich geteilt, vgl. Anhörung a.a.O, S.4) setzt eine in den Vertrag hineinzulesende Vertragsbedingung (implied term) voraus, dass (1) die Bedingung ausgewogen und angemessen ist, (2) die Bedingung erforderlich ist, um die wirtschaftliche Funktionsfähigkeit des Vertrages sicherzustellen, (3) die Bedingung so offenkundig ist, dass sie sich von selbst versteht, (4) die Bedingung etwas ganz klar zum Ausdruck bringt und (5) die Bedingung keiner ausdrücklichen Vertragsbestimmung zuwiderläuft.
57
Dies zugrunde gelegt, lässt sich ein implied term des Inhalts, dass der Zustand des Gemäldes bei Einlagerung zu dokumentieren war, nicht begründen. Eine entsprechende Regelung wäre nicht im Sinne der obigen Voraussetzung (2) erforderlich, um die wirtschaftliche Funktionsfähigkeit des Vertrages zu gewährleisten. Denn auch während der Einlagerung dauerte die custody der Beklagten und damit ihre strict liability für Verlust oder Beschädigung des Bildes fort, so dass Erkenntnisse über den Zustand des Bildes im Zeitpunkt der Einlagerung keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn für die Haftungsfrage erbrächten (ähnlich Anhörung W., a.a.O. S. 5).
58
Auch eine Dokumentationspflicht im Zeitpunkt der Beendigung der custody, also bei Beginn des Transports nach Paris, lässt sich nicht als implied term des Vertrages begründen. Dass die Beklagte sowohl aus dem Vertrag als auch wegen der Eigentümerstellung der Klägerin (jederzeit) verpflichtet gewesen wäre, auf Nachfrage der Klägerin über den aktuellen Zustand des Bildes zu berichten (vgl. Anhörung W. a.a.O. S. 4), besagt hierfür nichts, da eine entsprechende Aufforderung der Klägerin nicht vorgetragen ist. Vielmehr fehlt nach Auffassung des Senats auch insoweit für eine Pflicht der Beklagten, den Zustand des Bildes bzw. der Verpackung unaufgefordert zu dokumentieren, die wirtschaftliche Notwendigkeit im obigen Sinne. Denn es wäre der Klägerin unbenommen gewesen, zu Beginn des Transports (also als das Bild wieder in ihren Einflussbereich gelangte) den Zustand des Bildes zu überprüfen bzw. (etwa durch T. oder B.) überprüfen zu lassen.
59
3. Das Landgericht hat nach durchgeführter Beweisaufnahme sich nicht die Überzeugung bilden können, dass der gegenständliche Schaden an dem Gemälde vor Beginn des Transports nach Paris am 6.5.2010 entstanden ist oder zumindest die Schadensursache (etwa durch unsachgemäße Verpackung) vor diesem Zeitpunkt gesetzt wurde; der Schaden könne auch danach, z.B. beim Zoll entstanden sein; eine unzureichende Verpackung sei nach den Angaben der Zeugen He., S. und Ho., die glaubhaft in Abrede gestellt hätten, das Bild wie auf den bei Ankunft des Bildes gefertigten Lichtbildern verpackt zu haben, nicht bewiesen. Dies geht nach den obigen Ausführungen (vgl. II.2) zu Lasten der hierfür darlegungs- und beweispflichtigen Klagepartei.
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Zunächst ist klarzustellen, dass sich die Beweiswürdigung (was von den Parteien nicht bezweifelt wird) als Verfahrensfrage nach der lex fori und damit nach deutschem Recht, insbesondere nach § 286 ZPO beurteilt.
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Die gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts gerichteten Angriffe der Berufung greifen nicht durch. Denn hierdurch werden keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründet, die deshalb eine erneute Feststellung gebieten könnten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht ist grundsätzlich nach der genannten Vorschrift an derartige Feststellungen gebunden. Diese Bindung gilt ausnahmsweise nur dann nicht, wenn konkrete Anhaltspunkte für fehler- oder lückenhafte Feststellungen bestehen und durch diese konkreten Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen begründet werden.
62
Derartige Zweifel liegen vor, wenn eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass bei Wiederholung der Beweisaufnahme die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH, Urteil vom 8.6.2004 – VI ZR 199/03, Rz. 13; Thomas / Putzo / Seiler, ZPO, 45. Aufl., § 529 Rz. 1 – 3). Letzteres ist nicht der Fall, wenn das Erstgericht unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben aufgrund freier Beweiswürdigung nach § 286 ZPO zu den Tatsachenfeststellungen gelangt ist. Diese Vorschrift fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Das bedeutet, dass er lediglich an Denk- und Naturgesetze, an Erfahrungssätze sowie ausnahmsweise an gesetzliche Beweisregeln gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. Daher darf er einem Zeugen glauben, obwohl objektive Umstände Zweifel an der Richtigkeit seiner Angaben begründen mögen, oder trotz widersprüchlicher Aussagen von Zeugen und / oder Sachverständigen eine Beweisbehauptung als bewiesen erachten (zu alledem vgl. Zöller / Greger, ZPO, 34. Aufl., § 286 Rz. 13).
63
Das Landgericht hält sich bei der Bewertung der vernommenen Zeugen im Rahmen der ihm gemäß § 286 ZPO hierzu eingeräumten freien Überzeugung, ohne hierbei gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung verstoßen zu haben. Der Senat hält eine Wiederholung der Beweisaufnahme deshalb hier nicht für veranlasst. Das Landgericht hat seine Überzeugungsbildung bzw. den Umstand, dass es sich keine abschließende Überzeugung von einer Schadensverursachung vor Beginn des Transports zum Zoll zu bilden vermochte, in hinreichender und nachvollziehbarer Weise dargestellt. Das Erstgericht war auch nur gehalten, die für seine Entscheidung maßgebenden Erwägungen darzustellen, die nach Auffassung des Senats die Entscheidung auch tragen.
64
Soweit die Klägerin für ausgeschlossen hält, dass – anders als das Landgericht annimmt – eine Beschädigung beim Zoll eingetreten sein könne, setzt sie damit in nicht statthafter Weise ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts. Die diesbezügliche Rüge ist schon nicht schlüssig. Die Behauptung, dass der Zoll nur stichprobenartig öffne, schließt eine Öffnung beim Zoll und damit eine Beschädigung des Bildes bei dieser gerade nicht aus. Ein logischer Fehler des Landgerichts wird hierdurch nicht aufgezeigt.
65
Dass die Verpackung durch unerfahrene Hilfskräfte erfolgt sei, geht an den Feststellungen des Landgerichts vorbei. Die Verpackung erfolgte nach den Angaben der Zeugen, die das Landgericht für glaubwürdig und glaubhaft hält, vielmehr unter Aufsicht der langjährigen Mitarbeiterin der Beklagten He. durch die seit Jahren mit der Verpackung von Kunstwerken befassten Mitarbeiter von B. S. und Ho.
III.
66
Eine Haftung der Beklagten lässt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt begründen, dass sie entgegen Ziff. 6 ACA in Verbindung mit den Regelungen der PFI nicht für hinreichenden Versicherungsschutz gesorgt habe. Die Zusammenschau dieser Regelungen (insbesondere die Hervorhebung, dass zu versichern war „against all risks of physical loss or damage … while in your care, custody and control“) legt die Annahme nahe, dass die Beklagte das Bild gegen alle Risiken zu versichern hatte, für die sie nach Art. 5, 6 ACA haften konnte. Nur diese Auslegung entspricht einem „commercial sense“ (= Absicherung des übernommenen Haftungsrisikos für den Fall mangelnder Solvenz des Schädigers im beiderseitigen Interesse). Da das vorliegende Schadensereignis nicht unter Art. 5, 6 ACA subsumiert werden kann (vgl. oben II.), begründet die Tatsache, dass es sich in der Versicherung der Beklagten als nicht versichert erwies, keinen Verstoß gegen die von den Parteien vereinbarte Versicherungspflicht.
IV.
67
Soweit das Landgericht eine Haftung der Beklagten unabhängig von den konkreten vertraglichen Regelungen nach englischem Recht verneint (LGU S. 16), sind Rechtsfehler nicht ersichtlich und werden von der Berufungsführerin auch nicht geltend gemacht. Insoweit kann auf die landgerichtlichen Ausführungen verwiesen werden.
C.
68
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
69
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
70
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalls.