Titel:
Erfolgloses vorläufiges Rechtsschutzverfahren eines türkischen Asylfolgeantragstellers
Normenketten:
AsylG § 29, § 71, § 77 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
Leitsätze:
1. Weist das Bundesamt einen Asylfolgeantrag als unzulässig ab, ist einstweiliger Rechtsschutz nach dem Willen des Gesetzgebers außer in den Fällen des § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG im Wege eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung zu verfolgen. (Rn. 13) (red. LS Clemens Kurzidem)
2. Wurde iRd Asylfolgeverfahrens auch über nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1 AufenthG entschieden, ist hiergegen im Hauptsacheverfahren die Verpflichtungsklage statthaft (BVerwGE 157, 18 = BeckRS 2016, 111567). Entsprechend muss vorläufiger Rechtsschutz insoweit durch einen Antrag nach § 123 VwGO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gewährt werden. (Rn. 17) (red. LS Clemens Kurzidem)
3. Der Prüfung eines Asylfolgeantrags sind nur solche Elemente oder Erkenntnisse zugrunde zu legen, auf die sich der jeweilige Antragsteller auch berufen hat. Denn weder das Bundesamt noch die Verwaltungsgerichte sind befugt, ihrer Entscheidung über die Zulässigkeit des Folgeantrags andere als vom Antragsteller geltend gemachte Gründe zugrunde zu legen (VG Düsseldorf BeckRS 2024, 14519). (Rn. 22) (red. LS Clemens Kurzidem)
4. Das Nichtvorbringen erheblichen Sachvortrags im Asylerstverfahren stellt sich als Verschulden iSv § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG dar, dass dem Erfolg eines Asylfolgeantrags entgegensteht (VG Ansbach BeckRS 2024, 27466). (Rn. 24) (red. LS Clemens Kurzidem)
5. Im Zuge der Asylfolgeantragstellung genügt es nicht, zu behaupten, dass es Beweismittel gebe, die beigebracht werden könnten, vielmehr müssen diese Beweismittel auch tatsächlich vorliegen und vorgelegt werden. Nur dann kann eine Prüfung seitens des Bundesamtes und des Gerichts erfolgen, ob die Beweismittel eine günstigere Entscheidung auch wahrscheinlich machen (VG Ansbach BeckRS 2024, 27466). (Rn. 25) (red. LS Clemens Kurzidem)
6. Angebliche Telefonate mit nahestehenden, im Herkunftsland lebenden Personen sind zwar nicht schlechthin untaugliche Beweismittel; sie sind jedoch wegen der Unmöglichkeit, sie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, nicht geeignet, Tatsachenbehauptungen des Asylbewerbers glaubhaft zu machen oder gar zu beweisen. (Rn. 27) (red. LS Clemens Kurzidem)
Schlagworte:
Türkei, Sofortverfahren, Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Folgeantrag, keine erneute Abschiebungsandrohung, keine ernstlichen Zweifel an der Unzulässigkeitsentscheidung, keine nachträgliche Änderung der Sachlage, verschuldetes Nichtvorbringen im Erstverfahren, Telefonat mit Heimat nicht ausreichend, türkischer Staatsangehöriger, Asylfolgeantrag, Unzulässigkeitsentscheidung, ernstliche Zweifel, nationale Abschiebungsverbote, vorläufiger Rechtsschutz, bestandskräftige Abschiebungsandrohung, Sachlageänderung, verschuldetes Nichtvorbringen, Telefonat mit Heimatland
Fundstelle:
BeckRS 2024, 35314
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Ablehnung seines Asylfolgeantrags als unzulässig.
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Der Antragsteller, türkischer Staatsangehöriger, reiste am 21. September 2023 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 25. Oktober 2023 einen Asylantrag.
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Dieser wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 12. Februar 2024 abgelehnt. In Nr. 5 dieses Bescheids wurde dem Antragsteller die Abschiebung in die Türkei angedroht. Seine Klage gegen den Bescheid wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts A* … vom … … 2024 – … * * … rechtskräftig abgewiesen.
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Am 24. September 2024 stellte der Antragsteller einen Folgeantrag. In seiner Folgeantragsbegründung verwies er zum einen auf die schriftliche Erklärung seines Bevollmächtigten und kreuzte weiter auf die Frage, ob er neue Beweismittel habe „nein“ an. Der Klägerbevollmächtigte trug gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Schriftsatz vom 3. September 2024 im Wesentlichen vor, der Antragsteller habe freiwillig in die Türkei zurückkehren wollen. Aber er habe telefonisch bei seinen Eltern abklären wollen, ob ihm bei einer Rückkehr Gefahr drohe. Er habe davon gehört, dass aus Deutschland Zurückkehrende möglicherwiese überprüft würden. Kurze Zeit danach habe ihm sein Vater fernmündlich die Nachricht übermittelt, dass die Polizei am frühen Morgen bei ihm vorstellig gewesen sei. Sie habe den Vater nach ihm gefragt, ohne einen Grund zu benennen. Daraufhin habe der Vater vergeblich versucht, an Informationen zu kommen. Dem Antragsteller sei ein neuer Grund bekannt geworden. Der Antragsteller sei sich sicher, dass die Nachfrage der Polizei damit zusammenhänge, dass er am … … 2024 in F* … a* M* … an einem Nevroz-Fest teilgenommen habe, an dem er einen musikalischen Beitrag geleistet habe. Davon seien Bilder und Videos aufgenommen worden. Ferner sei dabei von manchen Teilnehmern Propaganda für A* … Ö* … gemacht worden. Er gehe davon aus, dass Bilder und Videos an die Sicherheitsbehörden in die Türkei weitergeleitet worden seien. Er sei auf den Bildern und Videos erkennbar. Er werde die Bilder und Videos bei seiner Anhörung vorlegen. Die Frage nach dem Verbleib des Antragstellers seitens der türkischen Polizei beim Vater des Antragstellers spreche dafür, dass über ihn in der Türkei ein behördlicher Eintrag vorhanden sei. Es sei bekannt, dass bei einem bestehenden Antrag der Betreffende bei der Einreise in die Türkei einer Überprüfung unterzogen werde. Der Antragsteller habe Angst, bei einer Rückkehr zunächst in Gewahrsam genommen zu werden. Es sei sehr wahrscheinlich, dass er während der Dauer der Ingewahrsamnahme unmenschlicher und erniedrigender Behandlung ausgesetzt würde. Nach dem Bericht eines Abgeordneten bestünde der Verdacht, dass in 367 Fällen Personen Folter erlitten hätten.
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Mit Bescheid des Bundesamts vom 31. Oktober 2024 wurden der Antrag als unzulässig abgelehnt (Nr. 1) und der Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 12. Februar 2024 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Anfrage der Polizei beim Vater und die vorgetragene Teilnahme des Antragstellers an einer Nevroz-Feier, bei der auch Terrorpropaganda betrieben worden sei, stellten neue Elemente darf. Der Antragsteller müsse ohne eigenes Verschulden außer Stande gewesen sein, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren geltend zu machen. Der neue Vortrag müsse bei abstrakter Betrachtung vor dem Hintergrund des Herkunftslandes des Antragstellers geeignet sein, die Einschätzung hinsichtlich der Zuerkennung internationalen Schutzes zu ändern. Die neuen Tatsachen müssten die Zuerkennung internationalen Schutzes nahelegen. Pauschale Behauptungen genügten nicht. Der Antragsteller habe eine Mitwirkungspflicht. Soweit vorgetragen werde, dass die weitere Folgeantragsbegründung einer persönlichen Anhörung vorbehalten bleibe, sei dem entgegenzuhalten, dass eine substanziierte, individuelle Folgeantragsbegründung bereits bei der erneuten Antragstellung erforderlich sei, weil erst aufgrund solcher Darlegungen entschieden werden könne, ob ein erneutes Verfahren durchzuführen sei. Die Verweisung auf eine beabsichtigte Vorlage von Lichtbildern und Videos erfülle das Begründungserfordernis nicht. Betreffende müssten alle Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Anspruch auf ein weiteres Verfahren selbst vortragen. Die Begründung des Antragstellers sei substanzlos geblieben, als dass dadurch die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens gerechtfertigt sein könnte. Soweit er sich darauf berufe, am … … 2024 in F* … a* M* … einen musikalischen Beitrag zum Nevroz-Feier geleistet zu haben, so möge dies gegebenenfalls zutreffen. Die Behauptung, solche Videoaufnahmen seien an die Sicherheitsbehörden in der Türkei weitergeleitet worden, seien jedoch lediglich spekulativ in den Raum gestellt, ohne auch nur ansatzweise darzulegen, worauf sich diese Annahme stützen solle. Soweit sich der Antragsteller darauf berufe, sein Vater habe ihn aus der Türkei heraus fernmündlich darüber informiert, dass die Polizei nach ihm gefragt habe, so sei dies eine kaum belegbare Tatsachenbehauptung, die nicht geeignet sei, hinreichend konkret darzulegen, dass der Antragsteller überhaupt – und gegebenenfalls weshalb – ins Visier der türkischen Polizei geraten sein könnte. Dass der Antragsteller selbst in einem Maß exilpolitisch aktiv geworden wäre, welches die Aufmerksamkeit türkischer Sicherheitsbehörden hätte auf sich ziehen können, werde nicht behauptet. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG sei im vorliegenden Fall ebenfalls nicht gegeben. Eine relevante Sachlagenänderung liege nicht vor. Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Abänderung der bisherigen Entscheidung zu § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG gemäß § 49 VwVfG rechtfertigen würden, lägen ebenfalls nicht vor.
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Am 14. November 2024 ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 24.32278 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und im vorliegenden Sofortverfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen und anzuordnen, hilfsweise festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat.
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Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: In der Sache würden vorerst Eilantrag und Klage mit den Angaben des Antragstellers in seinem schriftlichen Asylfolgeantrag und den dort gemachten Angaben begründet. Die Antragsgegnerin habe zu Unrecht den Asylantrag als unzulässig abgelehnt, da hier die Voraussetzungen der unzulässigen Unbegründetheit aufgrund der gravierenden und glaubwürdigen Vortragegründen nicht vorgelegen hätten. Die Antragsgegnerin habe den Asylantrag mit standardisierten und pauschalen Gründen, ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls vorliegend im Einzelnen zu würdigen, als offensichtlich unbegründet abgelehnt, was das Recht auf ein faires Verfahren des Antragstellers verletzt habe.
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Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 18. November 2024, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich des Klageverfahrens W 8 K 24.32278) sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antragsteller begehrt bei sach- und interessengerechter Auslegung (§ 88 VwGO, § 122 VwGO) vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig (Nr. 1 des Bescheids) sowie hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten (Nr. 2).
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Der so verstandene Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
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Einstweiliger Rechtsschutz ist in der vorliegenden Konstellation, der Ablehnung des Asylfolgeantrags des Antragstellers als unzulässig, nach dem Willen des Gesetzgebers im Wege eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung (Nr. 1 des Bescheides) nachzusuchen.
14
Die Antragsgegnerin hat nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG davon abgesehen, im streitgegenständlichen Bescheid vom 31. Oktober 2024 eine erneute Abschiebungsandrohung zu erlassen. Grundlage einer etwaigen Abschiebung des Antragstellers in die Türkei ist daher die bestandskräftige Abschiebungsandrohung im Bescheid des Erstverfahrens vom 12. Februar 2024. Eine Suspendierung der Vollziehbarkeit dieses bestandskräftigen Verwaltungsakts kommt im vorliegenden Verfahren jedoch nicht in Betracht.
15
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass wenn – wie hier – der Asylfolgeantrag als unzulässig abgelehnt und nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG keine erneute Abschiebungsandrohung erlassen wird, außer in Fällen des § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG, Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist (vgl. hierzu etwa VG Köln, B.v. 14.11.2024 – 22 L 2133/24.A – juris Rn. 7 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 5.11.2024 – 29 L 2026/24.A – juris Rn. 7 ff.; VG Ansbach, B.v. 8.10.2024 – AN 17 S 24.31369 – juris Rn. 11; VG Würzburg, B.v. 29.5.2024 – W 8 S 24.30715 – juris Rn. 16 ff.; jeweils m.w.N.).
16
Da hier kein Fall des § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG vorliegt, ist ausgehend von obigen Ausführungen grundsätzlich ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.
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Anders ist die Rechtslage hinsichtlich der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG, über die unter Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids entschieden wurde. In der Hauptsache ist insoweit die Verpflichtungsklage statthaft (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – juris). Denn das Bundesamt muss gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG auch bei Entscheidungen über unzulässige Asylanträge feststellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Entsprechend muss vorläufiger Rechtsschutz insoweit durch einen Antrag nach § 123 VwGO auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gewährt werden. Zweck einer solchen Anordnung ist es, einen Anspruch des betroffenen Ausländers auf Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorläufig zu sichern (VG Köln, B.v. 14.11.2024 – 22 L 2133/24.A – juris Rn. 21 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 5.11.2024 – 29 L 2026/24.A – juris Rn. 72 ff.)
18
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist das Antragsbegehren bei sachgerechtem Verständnis dahingehend auszulegen (§ 88 i.V.m. § 122 VwGO), dass der Antragsteller neben dem – ausdrücklich gestellten – Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO einen (hilfsweisen) Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO betreffend die Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids erhoben hat (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 5.11.2024 – 29 L 2026/24.A – juris Rn. 73).
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Der Antrag ist unbegründet.
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Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Asylfolgeantrags des Antragstellers als unzulässig (§ 71 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Die angegriffene Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig (§ 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 AsylG) ist nach summarischer Prüfung bei der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu Recht erfolgt. Das Gericht nimmt Bezug auf die zutreffende Begründung im streitgegenständlichen Bescheid und macht sich diese zu eigen (§ 77 Abs. 3 AsylG). Der Antragsteller hat nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde.
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Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist für den Fall, dass der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Antragsteller günstigeren Entscheidung beitragen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind und der Antragsteller ohne eigenes Verschulden außerstande war, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
22
Der Prüfung des Folgeantrages sind dabei nur solche Elemente oder Erkenntnisse zugrunde zu legen, auf die sich der jeweilige Antragsteller auch berufen hat. Denn weder das Bundesamt noch die Verwaltungsgerichte sind befugt, ihrer Entscheidung über die Zulässigkeit des Folgeantrags andere als vom Antragsteller geltend gemachte Gründe zugrunde zu legen (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 20.6.2024 – 3 L 1414/24.A – juris Rn. 56; Dickten in BeckOK AuslR, 42. Ed. Stand: 1.7.2024, § 71 AsylG Rn. 15; zu § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG a.F.: BVerwG, U.v. 9.12.2010 – 10 C 13.09 – juris Rn. 28).
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Gemessen hieran bestehen nach summarischer Prüfung hinsichtlich der Entscheidung der Antragsgegnerin, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit.
24
Der Antragsteller begründete seinen Asylfolgeantrag damit, dass er am … … 2024 in F* … a* M* … an einem Nevroz-Fest teilgenommen und einen musikalischen Beitrag geleistet habe. Davon seien Bilder aufgenommen worden; danach sei die Polizei in der Türkei bei seinem Vater vorstellig geworden. Dazu ist schon anzumerken, dass dies zwar ein neues Vorbringen ist, dass aber dieses neue Element nur dann zu einer neuen Sachprüfung führt, wenn der Ausländer im vorausgegangenen Verfahren ohne eigenes Verschulden außer Stande war, dieses Element einzubringen (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 a.E. AsylG). Es schon nichts dafür ersichtlich, warum er dieses Ereignis nicht auch im Asylerstverfahren vorgebracht hat. Denn der Antragsteller bzw. sein Bevollmächtigter wurde mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Ansbach im Erstverfahren vom 21. März 2024 darauf hingewiesen, dass im schriftlichen Verfahren durch Urteil entschieden werde, sofern kein Antrag eines Beteiligten auf mündliche Verhandlung gestellt werde. Ein solcher Antrag auf mündliche Verhandlung hätte bis zum 12. April 2024 gestellt werden können. Das klageabweisenden Asylurteil des Verwaltungsgerichts Ansbach datiert auf den 2. Mai 2024. Bis dahin wäre Gelegenheit gewesen, den neuen Sachvortrag ins Erstverfahren einzubringen. Der Antragsteller hätte diese Angaben im Erstverfahren vorbringen können und müssen. Hinderungsgründe dafür sind nicht ersichtlich. Das Nichtvorbringen im Erstverfahren stellt sich als Verschulden im Sinne des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG dar, dass dem Erfolg des Asylfolgeantrags entgegensteht (vgl. VG Ansbach, B.v. 8.10.2024 – AN 17 S 24.31369 – juris Rn. 19). In dem klageabweisenden Urteil des VG Ansbach vom 2. Mai 2024 zum Ertverfahren ist auf Seite 10 ausdrücklich aufgeführt, dass eine Änderung der Sach- und Rechtslage zwischen der Entscheidung im Eilverfahren und der Entscheidung in der Hauptsache nicht ersichtlich sei. Der Antragsteller sei den Ausführungen im gerichtlichen Eilbeschluss nicht mehr entgegengetreten.
25
Auch das weitere Vorbringen des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren, vermag die Zulässigkeit des Asylfolgeantrags nicht zu begründen. Denn soweit er auf vorhandene Bilder und Videos verweist, ist dieses Vorbringen schon widersprüchlich und unschlüssig. Abgesehen davon, dass diese Dokumente weder der Antragsgegnerin noch dem Gericht nicht vorgelegt wurden, ist dem betreffenden schriftlichen Vorbringen des Bevollmächtigten des Antragstellers im Folgeantragsbegründungsschriftsatz vom 3. September 2024 entgegenzuhalten, dass der Antragsteller selbst in seiner Folgeantragsbegründung ausdrücklich die Frage, ob er neue Beweismittel habe, mit „nein“ beantwortet hat. Im Übrigen genügt es nicht, zu behaupten, dass es Beweismittel gebe, die beigebracht werden könnten, vielmehr müssen diese Beweismittel auch tatsächlich vorliegen und vorgelegt werden. Nur dann kann eine Prüfung seitens des Bundesamtes und des Gerichts erfolgen, ob die Beweismittel eine günstigere Entscheidung auch wahrscheinlich machen (VG Ansbach, B.v. 8.10.2024 – AN 17 S 24.31369 – juris Rn. 17).
26
Auch der weitere vom Antragsteller vorgebrachte Aspekt, dass sein Vater ihm telefonisch mitgeteilt habe, dass die Polizei bei ihm vorstellig geworden sei bzw. nach dem Antragsteller gefragt habe, ohne Gründe zu nennen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Antragsgegnerin hat im angefochtenen Bescheid schon zu Recht darauf hingewiesen, dass damit verbundene Befürchtungen des Antragstellers rein spekulativ seien.
27
Des Weiteren ist anzumerken, dass angebliche Telefonate mit nahestehenden, im Herkunftsland lebenden Personen zwar nicht schlechthin untaugliche Beweismittel sein mögen, jedoch wegen der Unmöglichkeit, diese auf deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, in der Regel ohne Hinzutreten weiterer Erkenntnisquellen nicht geeignet sind, die Tatsachenbehauptungen des Asylbewerbers glaubhaft zu machen oder gar zu beweisen. Das Bundesamt hat im streitgegenständlichen Bescheid dazu plausibel ausgeführt, das angebliche, kaum belegbare Telefonat mit der Tatsachenbehauptung des Vaters nicht dafür geeignet sei, konkret darzulegen, dass der Antragsteller überhaupt – und gegebenenfalls weshalb – ins Visier der türkischen Polizei geraten sein könnte. Der Antragsteller hat insoweit selbst angegeben, politisch nicht aktiv gewesen zu sein, sodass es an Anknüpfungspunkten fehlt, um überhaupt in den Fokus der türkischen Sicherheitskräfte zu geraten. Er habe lediglich, wie auch schon in der Türkei, Musik gespielt.
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Abgesehen davon hat das VG Ansbach schon im Erstverfahren im Urteil vom 2. Mai 2024 Seite 8 ff. dargelegt, dass eine vermeintliche polizeiliche Vernehmung nicht ansatzweise die Schwelle einer flüchtlingserheblichen Verfolgungshandlung überschreite. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass in der Türkei formelles Recht nicht eingehalten würde. Erst recht ist nicht ersichtlich, dass dem exilpolitisch und auch in der Vergangenheit in seiner Heimat unauffällige Antragsteller bei einer Rückkehr – selbst bei unterstellter Befragung und Überprüfung durch die dortigen Sicherheitsbehörden – einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung oder gar Folter ausgesetzt wäre, geschweige denn, dass letzteres erheblich wahrscheinlich sein sollte.
29
Die Voraussetzungen für die Durchführung eines Folgeverfahrens sind damit nicht hinreichend dargetan. Denn der Begriff der „erheblichen Wahrscheinlichkeit“ des Beitrags für eine günstigere Entscheidung setzt schon vom Wortlaut her voraus, dass die Erkenntnisse die Möglichkeit einer positiven Bescheidung im Rahmen eines erneuten Asylverfahrens beträchtlich steigern müssen, ohne dass schon eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gegeben sein muss (vgl. Dickten in BeckOK AuslR, Kluth/Heusch, 42. Ed. Stand: 1.7.2024, § 71 AsylG Rn. 23 mit Verweis auf EASO, Practical Guide on Subsequent Applications, December 2021, S. 29 f.). Daran fehlt es.
30
Nach alledem bestehen keine Bedenken gegen die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG und den sich aus § 71 Abs. 4 und Abs. 5 AsylG ergebenden Folgen.
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Darüber hinaus bleibt auch der Antrag bezüglich der Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids ohne Erfolg.
32
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel bezüglich der Entscheidung, das Verfahren hinsichtlich der Feststellung zu den Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht wiederaufzugreifen (Nr. 2 des Bescheides). Der Antragsteller hat diesbezüglich nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde. Das Gericht verweist zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf seine vorstehenden Ausführungen sowie auf die Erwägungen, die das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid vom 31. Oktober 2024 angestellt hat (§ 77 Abs. 3 AsylG). Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an.
33
Der Antrag war daher vollumfänglich abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b Abs. 1 AsylG nicht erhoben.