Titel:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Anforderungsprofil, Auslegung, Auswahlgespräche, Beurteilungsgleichstand nicht hinreichend begründet, Verfahrensmäßige Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, Organisationsgrundentscheidung
Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung, Stellenbesetzung, Anforderungsprofil, Auslegung, Auswahlgespräche, Beurteilungsgleichstand nicht hinreichend begründet, Verfahrensmäßige Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, Organisationsgrundentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 35286
Tenor
I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die in der Ausschreibung vom 14. Mai 2024 enthaltenen zwei Stellen „Gruppenführer/-innen (m/w/d) im Einsatzdienst (A 9)“ mit den Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts getroffen worden ist. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 13.154,95 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen eines Stellenbesetzungsverfahrens.
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Die Antragsgegnerin schrieb am 14. Mai 2024 mehrere Stellen als „Gruppenführer/-innen (m/w/d) im Einsatzdienst“ (Besoldungsgruppe A 9) zur Verstärkung ihres Amtes für Brand- und Katastrophenschutz intern aus. Konkret waren zwei Stellen zu besetzen (vgl. Behördenakte Bl. 1 f.).
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Unter der Unterüberschrift „Das bringen Sie mit:“ steht in der Ausschreibung: „Beamter/-in (m/w/d) der 2. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Naturwissenschaft und Technik mit fachlichem Schwerpunkt feuerwehrtechnischer Dienst. Unter der zweiten Unterüberschrift „Das wünschen wir uns:“ waren unter anderem folgende Unterpunkte aufgelistet:
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- Innehaben eines Amtes mit mindestens der Besoldungsgruppe A 8
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- Ausgeprägtes Führungspotential
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- Bereitschaft die notwendige Qualifikation zum Gruppenführer im Einsatzdienst zu erwerben
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Einem in den Akten befindlichen Schreiben des Fachbereichsleiters Einsatzdurchführung der Berufsfeuerwehr der Antragsgegnerin datierend auf den 7. Mai 2024 (Bl. 3 der Behördenakte) ist zu entnehmen, dass ein wesentliches Kriterium der Vorauswahl im Rahmen der Bestenauslese das Merkmal „Führungspotential“ der letzten periodischen Beurteilung sein solle. Denn dieses Kriterium spiele im Aufgabenbereich des Gruppenführers im Einsatzdienst eine besonders wichtige Rolle, da dieser im Einsatz bis zu acht Teammitglieder führen müsse und auch im Innendienst als „Meister vom Dienst“ eine besondere Führungsaufgabe wahrnehme. Mit der Amtsleitung sei abgestimmt worden, dass nur Bewerber in die Vorstellungsrunde geladen werden sollen, die 9 Punkte oder mehr im Beurteilungsmerkmal „Führungspotential“ der letzten periodischen Beurteilung erhalten hätten. Dieser Personenkreis übersteige die Anforderungen des Merkmals bereits leicht und scheine daher für den engeren Bewerberkreis besonders geeignet.
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Auf diese Dienstposten bewarben sich unter anderem der Antragsteller sowie die Beigeladenen.
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Der im Jahr 1965 geborene Antragsteller steht als Oberbrandmeister (Besoldungsgruppe A 8) am Amt für Brand- und Katastrophenschutz in den Diensten der Antragsgegnerin. In seiner letzten periodischen dienstlichen Beurteilung vom 25. Mai 2022 für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 erhielt dieser im Amt der Besoldungsgruppe A 8 ein Gesamturteil von 9 Punkten. Im Einzelmerkmal „Führungspotential“ erzielte dieser 8 Punkte.
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Der im Jahr 1987 geborene Beigeladene zu 1) steht als Oberbrandmeister (Besoldungsgruppe A 8) am Amt für Brand- und Katastrophenschutz im Dienste der Antragsgegnerin. In seiner letzten periodischen dienstlichen Beurteilung vom 25. Mai 2022 für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2019 bis 31. Dezember 2021 erzielte dieser im Amt der Besoldungsgruppe A 8 ein Gesamturteil von 10 Punkten und im Einzelmerkmal „Führungspotential“ 9 Punkte.
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Der im Jahr 1985 geborene Beigeladene zu 2) steht als Oberbrandmeister (Besoldungsgruppe A 8) am Amt für Brand- und Katastrophenschutz im Dienste der Antragsgegnerin. In seiner letzten periodischen dienstlichen Beurteilung vom 25. Mai 2022 für den Beurteilungszeitraum 1. Juni 2020 bis 31. Dezember 2021 erzielte dieser im Amt der Besoldungsgruppe A 7 ein Gesamturteil von 10 Punkten, ebenso im Einzelmerkmal „Führungspotential“.
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Im Auswahlvermerk vom 23. Juli 2024 (Bl. 880 ff. der Behördenakte) stellte das Personalamt fest, dass der Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 2) die bestgeeignetsten Bewerber seien und die Auswahlentscheidung deshalb auf sie gefallen sei. Es seien 19 Bewerbungen eingegangen. Hiervon erfüllten fünf Bewerber, darunter der Antragsteller, die in der Ausschreibung geforderten Anforderungen nur bedingt. Vier Bewerber, darunter der Antragsteller, hätten im Einzelmerkmal „Führungspotential“ der dienstlichen Beurteilung weniger als 9 Punkte und seien daher nicht zum Auswahlverfahren eingeladen. Die gleiche Folge treffe Bewerber, die sich nicht in einem Amt der Besoldungsgruppe A 8 befänden. Die verbleibenden 14 Bewerber seien zu einem Auswahlverfahren (strukturiertes Interview und praktische Einsatzübung) eingeladen worden, da sie das Anforderungsprofil vollumfänglich erfüllten und aufgrund der nahezu gleichen Gesamtpunktzahl der dienstlichen Beurteilungen im Wesentlichen gleich geeignet seien. Vom Auswahlgremium sei festgelegt worden, dass die dienstliche Beurteilung zu 60% und das Auswahlverfahren zu 40% gewertet werde. Bewerber mit einem Gesamturteil von 9 Punkten (bezogen auf das Statusamt A 9) erhielten 9 Punkte, Bewerber mit einem Gesamturteil von 8 Punkten 8 Punkte als Teilwert. Die Punktvergabe im Auswahlverfahren (strukturiertes Interview und praktische Einsatzübung) richte sich nach dem jeweils im wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren erzielten Rangplatz (1 bis 14 Punkte bei 14 Bewerbern). Aus der dem Auswahlvermerk angefügten Bewerbermatrix ist für den Antragsteller in der Spaltenbezeichnung „Begründungen zur Nichtberücksichtigung im Auswahlverfahren“ vermerkt: „Anforderungsprofil schlechter erfüllt, da gemäß den schriftlichen Festlegungen zur Vorauswahl „Ausgeprägtes Führungspotential“ ab 9 Punkten zu verstehen ist.“
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Mit E-Mail der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2024 teilte diese dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung für die Stelle nicht habe berücksichtigt werden können.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 4. Juli 2024 legte die Antragstellerseite Widerspruch hiergegen ein, über den – soweit ersichtlich – bislang nicht verbeschieden wurde.
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Mit Schriftsatz vom 5. August 2024, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat die Antragstellerseite einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung wird angegeben, dass ausnahmsweise die Untersagung der Besetzung mehrerer Stellen beantragt werde, da aus der Ausschreibung nicht genau hervorgehe, wie viele Stellen die Antragsgegnerin zu besetzen beabsichtige. Der Antragsteller erfülle alle Anforderungen des konstitutiven Anforderungsprofils. Die Stellenausschreibung trenne nicht klar zwischen Kriterien des konstitutiven und des deklaratorischen Anforderungsprofils. Es sei nicht klar, dass die Antragsgegnerin das Merkmal „ausgeprägtes Führungspotential“ in dem Sinne verstehe, dass es nur dann erfüllt sei, wenn das Einzelmerkmal „Führungspotential“ in der aktuellsten dienstlichen Beurteilung eine Bewertung von mindestens 9 Punkten aufweise. Dies sei auch nicht hinreichend begründet und schließe den Antragsteller aus der weiteren Auswahl aus. Die tatsächlichen Tätigkeiten des Antragstellers seien bei der Prüfung, ob dieser „Führungspotential“ aufweise, in der letzten dienstlichen Beurteilung nicht berücksichtigt worden, weshalb er sich in einem anderen Klageverfahren gegen seine letzte dienstliche Beurteilung wende. Daneben sei die dienstliche Beurteilung des Antragstellers nicht mehr hinreichend aktuell.
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Die Antragstellerseite hat beantragt,
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Der Antragsgegnerin wird gemäß § 123 VwGO untersagt, die Stellen „Gruppenführer/-innen (m/w/d) im Einsatzdienst (A 9)“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers in der Hauptsache zu besetzen.
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Die Antragsgegnerin hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Auswahlentscheidung sei rechtmäßig. Die Amtsleitung habe das Kriterium „ausgeprägtes Führungspotential“ im Anforderungsprofil dahingehend konkretisiert, dass dies einer Bewertung von 9 Punkten oder mehr im Einzelmerkmal „Führungspotential“ der letzten dienstlichen Beurteilung entspreche. Dies sei sachlich nachvollziehbar, da Gruppenführer schwerpunktmäßig – bis zu acht – Mitarbeiter führten und gerade in schwierigen Einsatzlagen rasche Entscheidungen und konkrete Anweisungen treffen müssten. Ein Gruppenführer nehme daneben im Innendienst eine besondere Führungsaufgabe wahr. Das Kriterium sei hinreichend dokumentiert, transparent, objektiv nachprüfbar und auf alle Bewerber gleichmäßig angewandt worden. Bewerber wie der Antragsteller, die diese wichtige Voraussetzung der Stelle nicht erfüllten, seien im weiteren Bewerbungsverfahren nicht mehr berücksichtigt worden. Da der Antragsteller die aktuellste dienstliche Beurteilung angefochten habe, sei auch seine Vorbeurteilung, in der er ebenfalls 8 Punkte beim Kriterium „Führungspotential“ erhalten habe, berücksichtigt worden. Das Bewerbungsverfahren sei mit den verbliebenen vierzehn Bewerbern in der Weise fortgeführt worden, dass zunächst die periodischen Beurteilungen ausgewertet worden seien und anschließend ein Assessment-Center durchgeführt worden sei. Die Beurteilungslage sei zu 60%, die Ergebnisse aus dem Auswahlgespräch zu 40% in die Bewertung einbezogen worden.
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Mit gerichtlichem Beschluss vom 14. November 2024 wurden die ausgewählten Bewerber zum Verfahren beigeladen. Diese haben weder einen Antrag gestellt, noch sich sonst in der Sache geäußert.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag hat überwiegend Erfolg. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch sowie – jedenfalls teilweise – einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragspartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung, die streitgegenständlichen Dienstposten mit den Beigeladenen zu besetzen, seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.
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a) Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller grundsätzlich nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194; BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 36.04 – juris Rn. 19).
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Die Ermittlung des – gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung – am besten geeigneten Bewerbers hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen. Maßgeblich ist insoweit der Aufgabenbereich des Amtes, auf den bezogen die einzelnen Bewerber untereinander zu vergleichen sind und anhand dessen die Auswahlentscheidung vorzunehmen ist (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 6). Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565, juris; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
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Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris). Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746, juris). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95).
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b) Der Dienstherr kann über die Eignung des Bewerberfeldes in einem gestuften Auswahlverfahren befinden und hierzu ein Anforderungsprofil aufstellen. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden. Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und, soweit – wie hier – eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht, auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet. Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfelds an Hand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar. Etwas anderes gilt nur dann‚ wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen; sie unterliegen der voller gerichtlicher Kontrolle (BVerwG‚ B.v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 20 ff.; B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 18 ff.; BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 7).
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Für Bewerber, die das Anforderungsprofil erfüllen, sind in einem nächsten Schritt Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung um eine Beförderungsstelle in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71, juris; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – BayVBl 2013, 335, juris Rn. 108; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris). Maßgebend für den Leistungsvergleich ist dabei in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 17.5.2013 – 3 CE 12.2469 – juris Rn. 31 m.w.N.). Hierbei ist darauf zu achten, dass die dem Vergleich der Konkurrenten zugrunde gelegten Beurteilungen untereinander vergleichbar sind; das ist in der Regel der Fall, wenn die Beurteilungen im selben Statusamt erzielt worden sind. Umgekehrt fehlt es grundsätzlich an der Gleichwertigkeit von Beurteilungen, wenn das gleiche Prädikat in unterschiedlichen Statusämtern erzielt worden ist (BayVGH, B.v. 6.8.2007 – 3 CE 07.1498 – juris Rn. 29).
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Bei gleichem Gesamturteil hat der Dienstherr die Beurteilungen zunächst umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (sog. Binnendifferenzierung bzw. innere Ausschöpfung, BVerwG, U.v. 27.2.2003 – 1 C 16.02 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 6.8.2007 – 3 CE 07.1498 – juris Rn. 32 m.w.N.). Bei einer im Wesentlichen gleichen Beurteilungslage kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen (BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris Rn. 108). Sind mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann er auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, besondere Bedeutung beimessen (BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 25).
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3. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die vorliegende Auswahlentscheidung aus mehreren Gründen materiell-rechtlich zu beanstanden.
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Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller zu Unrecht nicht in einen Leistungsvergleich mit den Beigeladenen einbezogen. Denn ein konstitutives Anforderungsprofil, wonach der Bewerber mindestens 9 Punkte im Einzelmerkmal „Führungspotential“ der dienstlichen Beurteilung aufzuweisen hat, ist in der Ausschreibung nicht festgelegt (a). Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin in rechtlich zu beanstandender Weise die Ergebnisse von Auswahlgesprächen für die Auswahl herangezogen, obwohl die Voraussetzungen hierfür weder im klassisch gestuften Verfahren, noch im sog. gemischten Verfahren vorgelegen haben (b).
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a) Die Antragsgegnerin hätte den Antragsteller nicht mit der Begründung aus dem weiteren Auswahlverfahren ausschließen dürfen, er erfülle das Ausschreibungskriterium „ausgeprägtes Führungspotential“ nicht, da er nicht mindestens 9 Punkte im Einzelmerkmal „Führungspotential“ der dienstlichen Beurteilung aufweise. Denn dass ein Bewerber ausgeprägtes Führungspotential nur in diesem Fall nachweisen kann, und er für den Fall der Nichterfüllung zwingend aus dem Auswahlverfahren auszuscheiden hat, ist der Ausschreibung nicht zu entnehmen. Dementsprechend konnten sich potentielle Bewerber nicht darauf einstellen, dass es dem Dienstherrn maßgeblich auf dieses Erfordernis ankommt.
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aa) Anforderungsprofile haben unterschiedliche Rechtsqualität, je nachdem, ob die aufgestellten Kriterien konstitutiven oder lediglich beschreibenden Charakter haben. Beschreibende oder deklaratorische Anforderungsprofile geben über den Dienstposten und die auf den Bewerber zukommenden Aufgaben Auskunft. Häufig bedarf es ihrer nicht, weil sich das Profil ohne weiteres aus dem ausgeschriebenen Amt ergibt. Ein konstitutives oder spezielles Anforderungsprofil enthält hingegen einen von der Bestenauslese abgekoppelten und im Entscheidungsgang davor zu prüfenden Maßstab. Wer ein konstitutives Anforderungsprofil nicht erfüllt, scheidet allein deshalb aus dem Bewerbungsverfahren aus, ohne dass es im Übrigen auf seine Qualifizierung ankommt (BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 6 ZB 15.2114 – juris Rn. 7). Das Anforderungsprofil entfaltet Bindungswirkung für die Gewichtung der Leistungsmerkmale bei der Bewerberauswahl. Art und Ausmaß der Bindungswirkung eines konkreten Anforderungsprofils hängen von dem Inhalt ab, den ihm der Dienstherr im Einzelfall gibt; dieser Inhalt ist durch Auslegung zu bestimmen (BVerwG, B.v. 25.10.2011 – 2 VR 4/11 – NVwZ-RR 2012, 241, juris Rn. 18).
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Ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss im Zweifel durch eine – entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – BVerwGE 147, 20, juris Rn. 32; BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 6 ZB 15.2114 – juris Rn. 27). Dabei erweisen sich diejenigen Anforderungen als konstitutiv, deren Vorliegen anhand objektiv überprüfbarer Fakten eindeutig festgestellt werden kann und die deshalb im Falle ihrer Nichterfüllung einen vernünftigen potentiellen Bewerber davon abhalten, um die Stelle oder Funktion zu konkurrieren (VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4). Demgegenüber kennzeichnet das deklaratorische, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten – bejahend oder verneinend – festgestellt werden können. Bei Letzteren geht es um Merkmale, die sich erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in den Blick nehmenden Werturteils erschließen (OVG SH, B.v. 22.8.2014 – 2 MB 17/14 – juris Rn. 28; VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4). Derartige Merkmale, die einen Wertungsspielraum eröffnen und über die der Dienstherr – in der Regel in einer dienstlichen Beurteilung oder vergleichbaren Stellungnahme – zunächst eine nähere Einschätzung treffen muss, können in einem Stellenbesetzungsverfahren erst dann Bedeutung erlangen, wenn der Bewerber das (zulässigerweise aufgestellte) konstitutive Anforderungsprofil erfüllt und deshalb zur näheren Überprüfung bzw. vergleichenden Würdigung seiner im Übrigen vorliegenden Eignung in das weitere Auswahlverfahren einzubeziehen ist (VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4).
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Ein konstitutives Anforderungsprofil muss zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt und dokumentiert werden‚ damit die Gründe für diese Entscheidung transparent sind und die Entscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2016 – 3 CE 16.1912 – juris Rn. 20 ff.; B.v. 15.2.2016 – 3 CE 15.2405 – juris Rn. 75; B.v. 4.2.2015 – 6 CE 14.2477 – NVwZ 2015, 604, juris Rn. 16). Kann nämlich die Berücksichtigung dieses Anforderungsprofils dazu führen, dass einem Bewerber, der die Voraussetzung dieses Anforderungsprofils am besten (oder überhaupt) erfüllt, auch dann der Vorzug gegeben werden darf, wenn seine Befähigung und Leistung im Vergleich zu Mitbewerbern schlechter beurteilt sind, so verlangt die Durchführung des Leistungsgrundsatzes auf der anderen Seite eine klare Objektivierbarkeit dieses Maßstabs, die nur durch eine vorherige förmliche Festlegung durch den Dienstherrn erreicht werden kann. Stellt der Dienstherr bei der Auswahl auf Gesichtspunkte ab, die mangels eines den Bewerbungsinteressenten bekannt gegebenen Anforderungsprofils nicht erkennbar waren, setzt sich der Dienstherr dem Einwand widersprüchlichen Verhaltens aus. Zudem setzt die im öffentlichen Interesse liegende Gewinnung des bestmöglichen Bewerberkreises voraus, dass potentielle Bewerber erfahren, dass möglicherweise gewisse Defizite bei Beurteilungsprädikaten ihrer Auswahl nicht entgegenstehen, weil sie ein konstitutives Anforderungsmerkmal erfüllen (vgl. BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – juris Rn. 41; B.v. 19.1.2000 – 3 CE 99.3309 – juris Rn. 25 ff.).
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Im Auswahlverfahren ist der Dienstherr an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden, da er andernfalls in Widerspruch zu dem selbst gesteckten Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung gerät. Ob der Dienstherr diese Auswahlkriterien beachtet hat, unterliegt in vollem Umfange gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, U.v. 16.8.2001 – 2 A 3/00 – BVerwGE 115, 58, juris Rn. 32). Fehler im Anforderungsprofil führen dabei grundsätzlich auch zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, weil die Auswahlerwägungen dann auch auf sachfremden, nicht am Leistungsgrundsatz orientierten Gesichtspunkten beruhen (BayVGH, B.v. 10.9.2013 – 3 CE 13.1592 – juris Rn. 32).
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bb) Unter Anwendung dieses Maßstabs liegt ein Fehler im Anforderungsprofil vor, der zur Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens führt (vgl. BayVGH, B.v. 10.9.2013 – 3 CE 13.1592 – juris Rn. 32). Denn die Antragsgegnerin hat den Punktwert der dienstlichen Beurteilung von mindestens 9 Punkten im Einzelmerkmal „Führungspotential“ als konstitutives Anforderungsmerkmal gehandhabt, obwohl dieses in der Ausschreibung nicht verankert war und den Antragsteller aus diesem Grund aus dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen. Da dies für potentielle Bewerber nicht erkennbar war, hat sich die Antragsgegnerin dem Einwand widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – juris Rn. 41; B.v. 19.1.2000 – 3 CE 99.3309 – juris Rn. 25 ff.).
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Die Antragsgegnerin hat die Anforderung, 9 Punkte oder mehr im Einzelmerkmal der dienstlichen Beurteilung „Führungspotential“ aufzuweisen, als konstitutives Anforderungsprofil gehandhabt. Aus dem Auswahlvermerk vom 23. Juli 2024 geht hervor, dass der Antragsteller, da er die Voraussetzungen des Anforderungsprofils nur bedingt erfüllt hat, nicht zu einem Auswahlgespräch eingeladen wurde. Bevor die Antragsgegnerin in den Leistungsvergleich eingetreten ist, hat diese geprüft, ob die Bewerber ein Amt der Besoldungsgruppe A 8 aufweisen und ob diese im Einzelmerkmal „Führungspotential“ der dienstlichen Beurteilung mindestens 9 Punkte erzielt haben. Nur bei den Bewerbern, die beide Voraussetzungen erfüllt haben, sind die Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen miteinander verglichen worden. Diese Prüfreihenfolge ergibt sich auch aus der Reihenfolge der Spalten der tabellarischen Darstellungen (Bl. 284, 884 der Behördenakte). Dort ist neben der Qualifikation für die 2. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Naturwissenschaft und Technik mit fachlichem Schwerpunkt feuerwehrtechnischer Dienst und dem Innehaben der Besoldungsgruppe A 8 die Spalte mit „Anforderungsprofil Stellenausschreibung: Ausgeprägtes Führungspotential gemäß letzter dienstlicher Beurteilung“ betitelt. Alle Bewerber, die – wie der Antragsteller – in dieser Kategorie weniger als 9 Punkte erhalten haben, sind Bewerber der Kategorie B und wurden aus dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen.
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Diese Anforderung, 9 Punkte oder mehr im Einzelmerkmal der dienstlichen Beurteilung „Führungspotential“ aufzuweisen, hat die Antragsgegnerin jedoch nicht vorab in der Ausschreibung verbindlich festgelegt. Die Ausschreibung beinhaltet das Kriterium „ausgeprägtes Führungspotential“, bei dem es sich nach einer Auslegung der Ausschreibung am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – BVerwGE 147, 20, juris Rn. 32; BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 6 ZB 15.2114 – juris Rn. 27) um ein deklaratorisches Anforderungsmerkmal handelt. Indem die Antragsgegnerin die für sie wesentlichen Ausschreibungskriterien in zwei unterschiedlichen Spalten auflistet, die mit „das bringen Sie mit“ und „das wünschen wir uns“ betitelt sind, hat sich der Dienstherr bereits dem Wortlaut nach dafür entschieden, bestimmte Kriterien gerade nicht als zwingende Voraussetzungen auszugestalten. Da das Kriterium des ausgeprägten Führungspotentials unter der Spalte „das wünschen wir uns“ genannt ist, handelt es sich hierbei um ein deklaratorisches Anforderungsmerkmal (vgl. BayVGH, B.v. 29.10.2009 – 3 CE 09.1938 – juris Rn. 28).
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Neben dieser systematischen Gesamtschau der Ausschreibung ist auch der Wortlaut des Ausschreibungskriteriums „ausgeprägtes Führungspotential“ für einen potentiellen Bewerber so zu verstehen, dass das Kriterium gerade nicht ohne weiteres anhand objektiv überprüfbarer Fakten eindeutig feststellbar ist (vgl. VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4). Ob das Führungspotential „ausgeprägt“ ist, eröffnet dem Dienstherrn einen Wertungsspielraum und erfordert ein Werturteil des Dienstherrn (vgl. OVG SH, B.v. 22.8.2014 – 2 MB 17/14 – juris Rn. 28; VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4). Diese Wertung hat die Antragsgegnerin intern getroffen, indem sie festgelegt hat, dass das Kriterium erst ab einer 9-Punkte-Bewertung im Einzelmerkmal „Führungspotential“ der dienstlichen Beurteilung erfüllt sein soll. Diese Wertung ist jedoch nicht in transparenter Weise nach außen bekannt gegeben worden. Will die Antragsgegnerin Bewerber, die diese 9-Punkte-Bewertung im Einzelmerkmal „Führungspotential“ nicht erfüllen, aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ausschließen, so hat sie dies – ungeachtet der Frage, ob die Festlegung eines solchen Kriteriums vor dem Hintergrund des Leistungsgrundsatzes zulässig wäre – in objektiver und transparenter Weise in der Ausschreibung festzulegen. Andernfalls setzt sie sich dem Einwand widersprüchlichen Verhaltens aus (vgl. BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – juris Rn. 41; B.v. 19.1.2000 – 3 CE 99.3309 – juris Rn. 25 ff.). Potentielle Bewerber müssen abschätzen können, ob sie sich anhand der in der Ausschreibung transparent festgelegten Kriterien auf eine Stelle oder Funktion bewerben wollen oder vor dem Hintergrund ihres eigenen Eignungs- und Befähigungsprofils von einer Bewerbung Abstand nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – juris Rn. 41; B.v. 19.1.2000 – 3 CE 99.3309 – juris Rn. 25 ff.; VGH BW, B.v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10 – NVwZ-RR 2011, 290, juris Rn. 4). Dies ist vorliegend bei der von der Antragsgegnerin praktizierten Vorgehensweise nicht der Fall, sodass das Auswahlverfahren bereits aus diesem Grund fehlerhaft ist.
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b) Weiter sind auch die Modalitäten der Einwertung von strukturiertem Interview und praktischer Einsatzübung zu 40% neben der Beurteilungslage rechtlich zu beanstanden. Unklar ist bereits, ob die Antragsgegnerin im klassischen gestuften Auswahlverfahren oder im sog. gemischten Verfahren vorgehen wollte (aa). Jedenfalls wären beide Varianten in rechtsfehlerhafter Weise angewendet. Vorausgesetzt, die Antragsgegnerin wollte ein gestuftes Verfahren durchführen, so ist nicht hinreichend begründet, wieso insbesondere dem Beigeladenen zu 2) im Verhältnis zum Beigeladenen zu 1) eine im Wesentlichen gleiche Beurteilungslage attestiert wurde mit der Folge, ihn zu einem Auswahlgespräch einzuladen (bb). Wäre von einem gemischten Verfahren auszugehen, so kann den Akten nicht entnommen werden, dass die Organisationsgrundentscheidung, neben der Beurteilungslage zu 40% die Ergebnisse aus Auswahlgesprächen und der praktischen Einsatzübung in die Gewichtung einzubeziehen, bereits mit der Ausschreibung getroffen worden wäre (cc).
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aa) Unklar ist, welches Auswahlverfahren die Antragsgegnerin durchführen wollte. Einerseits ergibt sich aus der Ausschreibung, dass von Anfang an geplant war, die Auswahl nicht nur auf Grund der Beurteilungslage, sondern auch im Wege eines strukturierten Interviews und einer praktischen Einsatzübung zu treffen, was nahelegen mag, dass ein sog. gemischtes Verfahren bezweckt war. Andererseits spricht für die Heranziehung des gestuften Verfahrens, bei dem die Beurteilungslage entscheidend ist und nur bei einer im Wesentlichen gleichen Eignung der Bewerber Auswahlgespräche als Auswahlmittel zur Auflösung einer Pattsituation herangezogen werden dürfen, der Auswahlvermerk vom 23. Juli 2024 (Bl. 880 ff. der Behördenakte), wonach die Antragsgegnerin eine im Wesentlichen gleiche Beurteilungslage mehrerer Bewerber annimmt und aus diesem Grund Auswahlgespräche durchführt.
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bb) Da eine im Wesentlichen gleiche Beurteilungslage, die im gestuften Verfahren Auswahlgespräche erst ermöglicht, jedenfalls für den Beigeladenen zu 2) nicht hinreichend begründet wurde, ist nicht nachvollziehbar, wieso dieser an den Auswahlgesprächen teilgenommen hat.
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Nach der Rechtsprechung zum „klassischen gestuften Auswahlverfahren“ (hierzu umfassend BayVGH, B.v. 17.5.2013 – 3 CE 12.2469 – juris Rn. 31 ff. m.w.N.) ist die Heranziehung von wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren erst möglich, wenn nach einer vollständigen Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen ein Beurteilungsgleichstand vorliegt. Ist danach eine im Wesentlichen gleiche Beurteilungslage gegeben, kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen. Zur Auflösung der „Pattsituation“ kann der Dienstherr nach seinem Ermessen ergänzend auch auf die Ergebnisse von Vorstellungs- bzw. Auswahlgesprächen oder Assessment-Centern neben der dienstlichen Beurteilung abstellen (vgl. BayVGH, B.v. 17.5.2013 – 3 CE 12.2470 – juris Rn. 40 m.w.N.).
47
Eine im Wesentlichen gleiche Beurteilungslage liegt dann vor, wenn die Gesamturteile gleichwertig sind. Dies ist der Fall, wenn ein identisches Gesamturteil im selben Statusamt vorliegt oder wenn bei Beurteilungen aus verschiedenen Statusämtern ein Statusrückstand durch leistungsbezogene Kriterien kompensiert wird, wobei die gesamten Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2007 – 3 CE 07.1050 – juris Rn. 33). Im Ausgangspunkt gilt, dass es an der Gleichwertigkeit fehlt, wenn das gleiche Prädikat in unterschiedlichen Statusämtern erzielt worden ist (BayVGH, B.v. 6.8.2007 – 3 CE 07.1498 – juris Rn. 29). Bei Beurteilungen in verschiedenen Statusämtern ist anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob sie als gleichwertig mit dem Ergebnis einer „Pattsituation“ angesehen werden können (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2021 – 3 CE 21.1466 – juris Rn. 4; VG München, B.v. 8.10.2019 – M 5 E 19.2141 – juris Rn. 41 f.). Im Rahmen der Einzelfallprüfung können z.B. der Abstand der Gesamtprädikate und ihr Verhältnis zu der anhand einer Punkteskala vergebbaren Höchstpunktezahl, aber auch die Gewichtung und Wertung der Ergebnisse in einzelnen Beurteilungsmerkmalen („Binnendifferenzierung“) anhand eines spezifischen Anforderungsprofils der zu besetzenden Stelle von Bedeutung sein (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2009 – 3 CE 09.2350 – juris Rn. 38; VG München, B.v. 8.10.2019 – M 5 E 19.2141 – juris Rn. 41 f.). Ein derartiger Ausgleich kommt z.B. in Betracht, wenn ein Bewerber in einem niedrigeren Statusamt sich zunächst einem statusbedingten Vorsprung eines Mitbewerbers gegenübersieht, weil dieser in seiner Beurteilung das gleiche Gesamtprädikat in einem um eine Stufe höheren Statusamt erlangt hat, er diesen Vorsprung jedoch bei signifikanten Unterschieden in gerade für den zu besetzenden Dienstposten besonders wichtigen Einzelmerkmalen zu seinen Gunsten ausgleichen kann (vgl. BayVGH, B.v. 8.8.2007 – 3 CE 07.1050 – juris Rn. 33 m.w.N.).
48
Die im Auswahlvermerk vom 23. Juli 2024 (Bl. 880 ff. der Behördenakte) enthaltenen Ausführungen werden diesem Erfordernis, die Gleichwertigkeit der Beurteilungslage zu prüfen, insbesondere mit Blick auf die Beigeladenen nicht gerecht. So heißt es pauschal, dass 14 Beamte aufgrund der nahezu gleichen Gesamtpunktzahl der dienstlichen Beurteilung im Wesentlichen gleich geeignet seien und mit diesen Bewerbern deshalb ein Auswahlverfahren durchzuführen sei. Dabei wird beispielsweise nicht näher begründet, wieso der Beigeladene zu 2), der im Statusamt A 7 ein Gesamturteil von 10 Punkten erzielt hat, eine im Wesentlichen gleiche Eignung wie der Beigeladene zu 1) aufweisen soll, der dasselbe Gesamturteil im höheren Statusamt A 8 nachweisen kann. Ausführungen zu einer etwaigen Kompensation dieses Statusrückstands durch Einzelmerkmale der dienstlichen Beurteilung enthält der Auswahlvermerk nicht. Dementsprechend kann eine im Wesentlichen gleiche Eignung der Bewerber nicht nachvollzogen werden, sodass jedenfalls mit Blick auf den Beigeladenen zu 2) der Übergang in das weitere Auswahlverfahren – im gestuften Verfahren – rechtlich fehlerhaft ist.
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cc) Will der Dienstherr unabhängig von der Frage, ob eine im Wesentlichen gleiche Eignung der Bewerber vorliegt, die Auswahl auch auf Grundlage von Auswahlgesprächen treffen, so ist zur verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs erforderlich, dass der Dienstherr dies mit der Ausschreibung abstrakt oder im Einzelfall festlegt. Denn bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Gewicht ein wissenschaftlich fundiertes Auswahlverfahren als Entscheidungsgrundlage zur Anwendung kommt, handelt es sich um eine Organisationsgrundentscheidung, die der Dienstherr nicht im laufenden Auswahlverfahren in Kenntnis der Bewerber- und Beurteilungslage treffen kann (zu alldem VG München, B.v. 22.3.2024 – M 5 E 23.5825 – juris Rn. 48 ff.). Denn mit dieser Grundentscheidung nimmt der Dienstherr unmittelbar Einfluss auf das Ergebnis des Auswahlverfahrens, indem er darüber entscheidet, ob einem Bewerber, der nach der Beurteilungslage im Leistungsvergleich unterlegen wäre, die Möglichkeit gegeben wird, diesen Rückstand über ein Auswahlgespräch zu kompensieren.
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Den Akten kann nicht entnommen werden, dass die Gewichtung, die Beurteilungslage zu 60% und die Auswahlgespräche zu 40% bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen, bereits mit der Ausschreibung getroffen worden wäre, obwohl das Element des Vorstellungsgesprächs bereits von Anfang an vorgesehen war (vgl. Ausschreibung, Bl. 4 f. der Behördenakte unter „Zusatzinformationen“). Diese Gewichtungsentscheidung ist erstmals im Auswahlvermerk vom 23. Juli 2024 (Bl. 880 ff. der Behördenakte) aktenkundig. Steht die Gewichtung der Auswahlmittel nicht bereits im Zeitpunkt der Ausschreibung fest, setzt sich der Dienstherr dem Verdacht aus, erst im laufenden Auswahlverfahren in Kenntnis der Bewerber- und Beurteilungslage diese Entscheidung zu treffen und damit das Auswahlverfahren gezielt zu steuern (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – RiA 2018, 131, juris Rn. 13; eingehend VG München, B.v. 22.3.2024 – M 5 E 23.5825 – juris Rn. 52 ff.). Um sicherzustellen, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch der Bewerber hinreichend Geltung erlangen kann, sind verfahrensmäßige Absicherungen zu treffen, die einer gezielten Steuerung des laufenden Auswahlverfahrens entgegenwirken. Dies ist vorliegend nicht erfolgt, sodass die Auswahlentscheidung aus diesem Grund rechtswidrig ist.
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Daneben ist es äußerst fragwürdig, für die Bewertung der Ergebnisse im weiteren Auswahlverfahren (strukturiertes Interview sowie praktische Einsatzübung) den Rangplatz des jeweiligen Bewerbers für die Bepunktung heranzuziehen, da die Höhe der vergebenen Punkte nicht (nur) von den Leistungen der Bewerber, sondern auch (nicht unwesentlich) von der Anzahl der sich im (wissenschaftlich fundierten) Auswahlverfahren befindlichen Bewerber abhängt. Dadurch besteht die Gefahr, dass die dienstliche Beurteilung zur Marginalie wird, was gerade nicht zulässig ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 13 a.E.).
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dd) Der Antragsteller wäre bei einer erneuten Auswahlentscheidung auch nicht chancenlos. Denn seine Auswahl erschiene ernstlich möglich (BayVGH, B.v. 18.4.2018 – 3 CE 18.618 – juris Rn. 1 ff.). Der Antragsteller weist verglichen mit dem Beigeladenen zu 2) ein um einen Punkt niedrigeres Gesamtprädikat im höheren Statusamt auf, sodass eine Pattsituation angenommen werden könnte. Auch wenn der Beigeladene zu 1) im selben Statusamt ein um einen Punkt höheres Gesamtprädikat aufweist, erscheint es nicht unmöglich, dass der Antragsteller, sollte sich die Antragsgegnerin für ein gemischtes Verfahren entscheiden, diesen Punktrückstand über Auswahlgespräche kompensieren kann. Anhaltspunkte dafür, dass die dienstliche Beurteilung des Antragstellers nicht mehr hinreichend aktuell wäre, sind nicht ersichtlich.
53
4. Auch der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben, jedoch nicht, soweit über das Erfordernis einer neuen Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts überschießend eine rechtskräftige Auswahlentscheidung beantragt worden ist.
54
Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung der Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangener Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung der ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung der Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
55
Der Dienstherr ist wegen des Gebots des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich verpflichtet, vorläufig beide ausgeschriebenen Stellen des Gruppenführers im Einsatzdienst, über deren Besetzung im vorliegenden Auswahlverfahren entschieden wurde, freizuhalten. Ein tatsächlich effektiver Rechtsschutz im vorliegenden Fall bedeutet, dass der Beamte bezüglich aller Bewerber seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen kann. Er hat einen Anspruch darauf, dass über jede Besetzung rechtsfehlerfrei entschieden wird, sofern sich dieser Rechtsschutzantrag nicht als rechtsmissbräuchlich darstellt, etwa, weil von vornherein ausgeschlossen ist, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt ist und der auf eine Mehrzahl an Mitbewerbern gerichtete Rechtsschutzantrag ersichtlich nicht der Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs, sondern dazu dient, Druck auf den Dienstherrn ausüben (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5/12 – BVerwGE 145, 112, juris Rn. 19 f.).
56
Im vorliegenden Fall bestehen keine Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen. Es handelt sich um einen Rechtsschutzantrag gegen die ausgewählten zwei Bewerber. Der Rechtsschutzantrag dient der Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers. Aufgrund der erheblichen Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens, das das Verhältnis des Antragstellers zu beiden Beigeladenen betrifft, kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein neues Auswahlverfahren durchzuführen ist, in dem eine völlig neue Reihenfolge der Bewerber möglich wäre. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass jedenfalls bei einer Entscheidung für das sog. gemischte Verfahren eine neue Ausschreibung (inklusive Gewichtung) erfolgen müsste. Vor diesem Hintergrund ist es – auch wenn der Antragsteller letztlich nur einen Dienstposten beanspruchen kann (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2017 – 6 CE 17.1220 – juris Rn. 14 ff. m.w.N.) – sachgerecht, nicht nur die Freihaltung eine der beiden ausgeschriebenen Stellen anzuordnen.
57
In zeitlicher Hinsicht besteht der Anordnungsgrund jedoch nicht bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers (so noch VG München, B.v. 9.11.2017 – M 5 E 17.3441 – juris; B.v. 25.8.2017 – M 5 E 17.1539 – juris), weil es ihm nach einer erneuten Auswahlentscheidung durch die Antragsgegnerin zuzumuten ist, um Rechtsschutz nachzusuchen, wenn er dies wiederum für erforderlich halten sollte (vgl. hinsichtlich des dementsprechenden Tenors: VG Ansbach, B.v. 24.4.2019 – AN 2 E 19.00164 – juris; BayVGH, B.v. 18.4.2012 – 7 CE 12.166 – BayVBl 2012, 599 – juris; B.v. 11.8.2010 – 7 CE 10.1160, BayVBl 2011, 602 – juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 4.7.2008 – 1 L 316/08 – juris; OVG NW, B.v. 6.5.2008 – 1 B 1786/07 – juris; B.v. 13.10.2009 – 6 B 1232/09 – RiA 2010, 90 – juris; zum Ganzen: VG München, B.v. 2.2.2021 – M 5 E 20.5212 – juris). Nur insoweit wird der weitergehende Antrag des Antragstellers abgelehnt.
58
Sollte der Dienstherr nach einer erneuten Auswahlentscheidung gleichwohl rechtzeitigen vorläufigen Rechtsschutz vereiteln oder sich sogar über dessen erfolgreiche Inanspruchnahme hinwegsetzen, steht dem Antragsteller die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Möglichkeit der Anfechtung der Ernennung der ausgewählten Bewerber offen (BVerwG, U.v. 4.11.2020 – 2 C 16/09 – BVerwGE 138, 102, juris Rn. 37 ff).
59
5. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens ganz zu tragen, da der Antragsteller nur zu einem geringen Teil (zeitlicher Umfang des Anordnungsgrundes) unterlegen ist, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten jeweils selbst, da sie sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Das ergibt bei einer im Streit stehenden Stelle der Besoldungsgruppe A 9 Stufe 10 einen Betrag von 13.154,95 EUR (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390 für die Besoldung nach Bundesrecht; hier: 52.619,79 EUR / 4).