Titel:
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, Stellenbesetzung, Konstitutives Anforderungsprofil, Maßgeblicher Zeitpunkt, Auswahlentscheidung
Normenketten:
VwGO § 123
GG Art. 33 Abs. 2
Schlagworte:
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, Stellenbesetzung, Konstitutives Anforderungsprofil, Maßgeblicher Zeitpunkt, Auswahlentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 35285
Tenor
I. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle „Professur für Fluidtechnik und technische Strömungsmechanik (W 2)“ an der Hochschule für angewandte Wissenschaften mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 45.079,19 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsgegner schrieb am 22. März 2023 die Stelle „Professur für Fluidtechnik und technische Strömungsmechanik (W 2)“ an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in X. aus. Dort ist u.a. formuliert:
2
„Für die Professur brauchen Sie
3
- ein abgeschlossenes Hochschulstudium
4
- pädagogische Eignung, welche Sie unter anderem durch die Probelehrveranstaltung nachweisen
5
- besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die durch eine Promotion oder durch ein Gutachten über eine promotionsadäquate Leistung nachgewiesen wird
6
- besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis, die nach Abschluss des Hochschulstudiums erworben sein muss und von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen. Der Nachweis der außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübten beruflichen Praxis kann in besonderen Fällen dadurch erfolgen, dass über einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren ein erheblicher Teil der beruflichen Tätigkeit in Kooperation zwischen Hochschule und außerhochschulischer beruflicher Praxis erbracht wurde.“
7
Auf die Ausschreibung gingen 29 Bewerbungen ein. Der Berufungsausschuss beschloss in seiner ersten Sitzung am 1. Juni 2023, 13 Bewerberinnen und Bewerber zu Vorgesprächen einzuladen.
8
In der zweiten Sitzung am 28. Juni und 19. Juli 2023 wurden die Ergebnisse der Vorgespräche erörtert und darauf 7 Bewerberinnen und Bewerber zur Probelehrveranstaltung eingeladen.
9
In der dritten Sitzung am 13. Oktober 2023 wurden die Eindrücke der Probelehrveranstaltungen, zu denen fünf Bewerberinnen und Bewerber erschienen waren, und die Ergebnisse von ProfProfile (interne Personalgutachter) diskutiert. Auf dieser Stufe wurde der Antragsteller ausgeschieden, der in den Akten als Bewerber/in Nr. 5 geführt wird, da er in den Probevorlesungen persönlich nicht habe überzeugen können. Über zwei Bewerber sollten Gutachten erstellt werden.
10
In der vierten Sitzung am 23. November 2023 wurden die Gutachten sowie die Stellungnahme der Gleichstellungsbeauftragten wie auch der Studiendekanin und der studentischen Stellungnahme erörtert. Als Ergebnis wurde der Beigeladene auf Listenplatz 1 und eine andere Bewerberin / ein anderer Bewerber auf Listenplatz 2 gesetzt.
11
Der Senat der Hochschule erklärte in seiner Sitzung am 31. Januar 2024 mit der Berufungsliste sein Einverständnis, das Präsidium der Hochschule in seiner Sitzung am 6. Februar 2024.
12
Dem Antragsteller wurde mit Schreiben vom … Februar 2024 mitgeteilt, dass der Antragsteller nicht auf der Berufungsvorschlagsliste geführt werde und die Stelle an den Beigeladenen vergeben werden solle.
13
Der Antragsteller hat am … März 2024 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Der Beigeladene sei schon zu Beginn der Ausschreibung mit einer Vorlesung aus dem Bereich der ausgeschriebenen Professur betraut und versehe nunmehr nach Emeritierung des bisherigen Stelleninhabers die vollständige Professur kommissarisch. Es sei bereits nicht ersichtlich, wie es zur Abweichung der veröffentlichten Textfassung der Ausschreibung vom genehmigten Ausschreibungstext gekommen sei. Der Beigeladene erfülle die geforderte konstitutive Mindestvoraussetzung einer fünfjährigen beruflichen Tätigkeit im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht. Es sei nicht zulässig, vom Datum einer voraussichtlichen Rufannahme (**9.2024, Bl. 42 der Behördenakte) auszugehen. Soweit ersichtlich, habe sich der Berufungsausschuss mit diesem Kriterium nicht auseinandergesetzt. Es seien auch keine „besonderen Leistungen“ durch den Beigeladenen festzustellen. Was der Beigeladene in seiner berufspraktischen Tätigkeit tatsächlich geleistet habe, werde an keiner Stelle festgestellt. Der Antragsteller bezweifle die „besonderen Leistungen“ des Beigeladenen. Aus den Äußerungen des Beigeladenen aus ProfProfile folgere der Antragsteller den Eindruck des erfolgreichen Bewerbers: „oberflächlich, verantwortungslos (beruflich), nicht integer“. Soweit die Abschlüsse des Beigeladenen in den Akten zu finden seien, belegten diese kein besonderes Leistungsniveau. In Zusammenschau der „Glättung“ der 5-jährigen Berufspraxis durch Abstellen auf die Zeit nach Ruferteilung sowie das völlige Übergehen der Feststellung besonderer Leistungen sei die persönliche Voreingenommenheit des Vorsitzenden der Berufungskommission mit Händen zu greifen. Dieser sei daher befangen. Auch die externen Gutachten seien zur Beurteilung der wissenschaftlichen Leistungen des Beigeladenen völlig unbrauchbar. Die Gutachter hätten bereits vor der Auftragserteilung an der Probevorlesung teilgenommen. Das zeige sich an den nach Ansicht des Antragstellers widersprüchlichen und fachlich unzutreffenden Bewertungen. Die Gutachten stellten Sympathieeinschätzungen ohne Sachverhalt dar. Vergleiche man die Wertungen der ProfProfile ergebe sich bei „Teamfähigkeit“ kein relevanter Unterschied zwischen dem Beigeladenen und dem Antragsteller. Die Personalreferentin R. habe in ihrem Aktenvermerk vom … Oktober 2023 eine angebliche Unmöglichkeit der Feststellung besonderer Leistungen als Berufungsvoraussetzung festgestellt. Die Personalreferentin sei kein Mitglied der Berufungskommission und sei weder zuständig noch fachlich kompetent, über die umfangreichen Entwicklungstätigkeiten des Antragstellers als besondere Leistungen zu entscheiden. Soweit der Berufungsausschuss nicht drei, sondern nur zwei Bewerber liste, sei das nicht leistungsbezogen erörtert. Soweit das entsprechende „Stimmungsbild“ von Frau P. vorbereitet und organisiert werde, sei diese nicht Mitglied der Kommission. Ein Leistungsvergleich sei nicht ersichtlich, nur Ausschlussgründe für die Nichtübernahme auf die Vorschlagsliste. Es sei auch völlig unklar, welche einzelnen Bewertungsmerkmale die Matrix umfasse und wie diese zustande gekommen seien. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Antragsteller persönlich ungeeignet sei.
14
Der Antragsteller hat beantragt,
15
1. Dem Antragsgegner (richtig statt: Der Antragsgegnerin) wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Stelle W 2 – Professur für Fluidtechnik und technische Strömungsmechanik – zu besetzen, solange über die Bewerbung des Antragstellers keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist,
16
2. sowie dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den Beigeladenen in der Forschung oder Lehre im Bereich der streitgegenständlichen Ausschreibung bis zur erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers teilweise oder ganz zu beschäftigen.
17
Die Hochschule hat für den Antragsgegner beantragt,
18
den Antrag abzulehnen.
19
Die Auswahlentscheidung sei formell wie materiell nicht zu beanstanden. Bereits aus den Bewerbungsunterlagen ließen sich keine Anhaltspunkte für eine empathische und offene Kommunikation, eine internationale Vernetzung und Begeisterung für Lehre, Forschung und Transfer entnehmen. Auch hinsichtlich der pädagogischen Anforderungen habe der Antragsteller gegenüber dem Beigeladenen schlechter abgeschnitten. Auch der Eindruck aus der Probelehrveranstaltung wie dem Fragenteil sei nicht überzeugend gewesen. Diese Bewertung sei vom Berufungsausschuss einstimmig erfolgt. Auch die Persönlichkeitseinschätzung durch ProfProfil erfolgte dahin, dass der Antragsteller stark an der Sachebene und weniger an der Beziehungsebene orientiert sei. Das werde dadurch unterstrichen, dass sich der Antragsteller bis zur Probevorlesung geweigert habe, angeforderte Unterlagen als Nachweis seiner Selbstständigkeit vorzulegen. Demgegenüber erfülle der Antragsteller alle Berufungsvoraussetzungen. Das gelte auch für die fünfjährige berufliche Tätigkeit. Es sei gängige Praxis, dass die Berufungsfähigkeit bis zum Berufungszeitpunkt erworben werden könne. Soweit der Antragsteller dessen Eignung in Zweifel ziehe, seien die Grundlagen dieser Bewertung unklar und stellten auch nur die Stellungnahme des Antragstellers dar. Die Mitglieder der Berufungskommission seien auch nicht befangen. Hierfür lägen keinerlei Hinweise vor. Ein einmaliger Gastvortrag im Wintersemester 2022 und ein darauffolgender Lehrauftrag seien keine Umstände, die eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnten. Die befristete Einstellung des Erstplatzierten während einer Konkurrentenstreitigkeit entspreche der üblichen Praxis der Hochschule und decke den Lehrbedarf.
20
Der ausgewählte Bewerber wurde mit Beschluss vom 18. März 2024 zum Verfahren beigeladen. Dieser hat keinen Antrag gestellt, aber vorgetragen, dass das Besetzungsverfahren in rechtlich nicht zu beanstandender Weise erfolgt sei. Der Antragsteller sei als nicht listenfähig eingestuft worden. Die Anwürfe des Antragstellers gegen die fachliche Eignung des Beigeladenen seien unbegründet. Vielmehr sei offen, ob der Antragsteller überhaupt berufungsfähig sei.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
22
Der zulässige Antrag hat teilweise Erfolg. Der Antragsteller hat hinsichtlich des Antrags unter Ziffer 1 einen Anordnungsgrund sowie einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der unter Ziffer 2 formulierte Antrag wird abgelehnt.
23
1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragspartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
24
2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung des Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers als übergangener Bewerber lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95).
25
Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung des Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
26
3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
27
Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller grundsätzlich nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist.
28
Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, das heißt einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 Verfassung für den Freistaat Bayern (BV) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194; BVerwG, U.v. 17.8.2005 – 2 C 36.04 – juris).
29
Die Ermittlung des – gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung – am besten geeigneten Bewerbers hat stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen. Maßgeblich ist insoweit der Aufgabenbereich des Amtes, auf den bezogen die einzelnen Bewerber untereinander zu vergleichen sind und anhand dessen die Auswahlentscheidung vorzunehmen ist (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris Rn. 6).
30
Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Kandidaten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Der Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Auswahl (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
31
Aus der Verletzung dieses Anspruches folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Einstellung oder Beförderung. Vielmehr ist es im Hinblick auf den Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Dienstherrn bei der Auswahlentscheidung grundsätzlich nicht Aufgabe des Gerichts, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris).
32
Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746). Aufgrund der Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts und der Garantie von Art. 19 Abs. 4 GG sind die Verwaltungsgerichte bei der Auslegung und Anwendung des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten gehalten, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes im Eilverfahren besonders Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95).
33
Diese für beamtenrechtliche Konkurrentenstreitverfahren entwickelten und gefestigten Grundsätze (z.B. BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – NVwZ 2003, 200; BVerfG, B.v. 20.9.2007 – 2 BvR 1972/07 – ZBR 2008, 167; BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – BVerwGE 138, 102) gelten für hochschulrechtliche Konkurrentenstreitigkeiten zur Besetzung von Professorenstellen in gleicher Weise (BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris). Erweist sich die Entscheidung, einen Bewerber als Professor zu berufen, als ermessens- oder beurteilungsfehlerhaft, hat ein nicht berücksichtigter Bewerber, dessen Auswahl zumindest möglich erscheint, einen Anspruch darauf, dass über seine Bewerbung erneut entschieden und die Stelle zunächst nicht besetzt wird. Hinsichtlich der fachwissenschaftlichen Eignung ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hochschule eine besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 i.V.m. Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation eines Bewerbers für die Hochschullehrerstelle zusteht. Insoweit kommt den an der Erstellung des Berufungsvorschlags beteiligten Hochschulorganen, insbesondere dem Berufungsausschuss, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die Auswahlentscheidung kann daher gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und ob der Beurteilungsspielraum überschritten ist, etwa weil die Verwaltung anzuwendende Begriffe verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (zum Ganzen: BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris Rn. 18; B.v. 11.8.2010 – 7 CE 10.1160 – juris Rn. 20 m.w.N.). Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (BVerwG, B.v. 20.1.2004 – 2 VR 3.03 – juris).
34
Die der Auswahlentscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen sind schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll, oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. BVerfG, B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – juris; B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 20; OVG NW, B.v. 10.2.2016 – 6 B 33/16 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 5.1.2012 – 7 CE 11.1432 – juris Rn. 24; vgl. zum Dokumentationserfordernis bei der Besetzung von Professorenstellen BayVGH, B.v. 1.2.2017 – 7 CE 16.1989 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 27.4.2017 – 6 A 277/16 – NVwZ-RR 2017, 794, juris Rn. 4; B.v. 10.2.2016 – 6 B 33/16 – NVwZ 2016, 868, juris Rn. 7; OVG SH, B.v. 22.8.2018 – 2 MB 16/18 – juris Rn. 9; OVG LSA, B.v. 1.7.2014 – 1 M 58/14 – NJOZ 2014, 1509, juris; VG München, B.v. 13.11.2017 – M 5 E 17.4125 – juris Rn. 19; VG Berlin, B.v. 11.4.2014 – VG 7 L 100.14 – juris; VG Frankfurt (Oder), U.v. 24.8.2012 – 3 K 241/09 – juris).
35
4. Die Auswahlentscheidung entspricht nicht diesen Grundsätzen und leidet an einem Rechtsfehler.
36
a) Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass für die Frage, ob eine beamtenrechtliche Auswahlentscheidung die Rechte des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, allein die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung maßgeblich ist. Eine erst nach diesem Zeitpunkt eingetretene tatsächliche Veränderung ist für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG daher nicht von Bedeutung (BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – BVerwGE 141, 361, juris Rn. 34; B. v. 12.12.2017 – 2 VR 2.16 – BVerwGE 161, 59, juris Rn. 44).
37
Art. 33 Abs. 2 GG dient – neben dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter – auch dem subjektiven Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Die Verfassungsbestimmung begründet daher ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl, den sog. Bewerbungsverfahrensanspruch (BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – BVerfGE 141, 56, juris Rn. 31). Die Gewährleistung des Grundsatzes der Bestenauswahl in Art. 33 Abs. 2 GG verleiht dem Bewerber in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG das Recht, eine dienstrechtliche Auswahlentscheidung dahingehend gerichtlich überprüfen zu lassen, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über seine Bewerbung entschieden hat (BVerfG, B.v. 9.8.2016 – 2 BvR 1287/16 – NVwZ 2017, 46, juris Rn. 70 m.w.N.). Die in Art. 33 Abs. 2 GG normierten Auswahlgrundsätze und der hierauf bezogene Bewerbungsverfahrensanspruch sind deshalb auf die Auswahlentscheidung bezogen (BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – BVerwGE 155, 152, juris Rn. 16). Die hierfür wesentlichen Auswahlerwägungen hat der Dienstherr schriftlich zu dokumentieren, um eine gerichtliche Kontrolle der Entscheidung zu ermöglichen (BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – NVwZ 2007, 1178, juris Rn. 20 f.; B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – NJW 2016, 309, juris Rn. 14).
38
Den Abschluss des Auswahlverfahrens bringt die Behörde durch die Bekanntgabe der ausgewählten Person verbunden mit der ablehnenden Bescheidung der weiteren Bewerber in der sog. Konkurrentenmitteilung zum Ausdruck (BVerfG, B.v. 3.3.2014 – 1 BvR 3606/13 – NVwZ 2014, 785, juris Rn. 19). Auch wenn sich hieran ein Widerspruchsverfahren anschließt, wird darin keine neue und gleichsam aktualisierte Auswahlentscheidung getroffen. Dies ist weder Gegenstand des auf die Verletzung subjektiver (Bewerbungsverfahrens-)Rechte beschränkten Widerspruchsverfahrens noch besteht hierfür eine Kompetenz der Widerspruchsbehörde. Das Widerspruchsverfahren kann vielmehr allenfalls zu einem Abbruch des Auswahlverfahrens führen, wenn dieses fehlerbehaftet ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – BVerwGE 145, 185, juris Rn. 17). In dem sich anschließenden neuen Auswahlverfahren ist eine den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung auf der Grundlage einer aktualisierten Tatsachengrundlage zu treffen, die für den gesamten – und ggf. erweiterten – Bewerberkreis einheitlich gilt (BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – BVerwGE 145, 185, juris Rn. 20). Im laufenden Auswahlverfahren sind nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage aber nicht zu berücksichtigen (BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – BVerwGE 141, 361, juris Rn. 34).
39
Dies gilt in besonderer Weise, wenn nachträgliche Entwicklungen nur hinsichtlich eines Bewerbers betrachtet werden. Der Bewerbungsverfahrensanspruch ist an ein laufendes Stellenbesetzungsverfahren zur Vergabe eines bestimmten Amtes geknüpft. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln der Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG vorgibt. Ihre Ansprüche stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Sie werden in Ansehung des konkreten Bewerberfeldes inhaltlich konkretisiert. Jede Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Bewerbungen anderer Bewerber aus und stellt eine Verletzung der Bewerbungsverfahrensansprüche dieser Mitbewerber dar (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – BVerwGE 138, 102, juris Rn. 23; vgl. zur verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs auch BVerfG, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – NVwZ 2012, 366, juris Rn. 21 m.w.N.).
40
In Konkurrenzsituationen kommt dem Gebot der Chancengleichheit entscheidende Bedeutung zu. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Bewerber verpflichtet den Dienstherrn während eines laufenden Bewerbungsverfahrens nicht nur zur leistungsgerechten Auswahl, sondern auch zur chancengleichen Behandlung aller Bewerber im Verfahren. Der Dienstherr muss sich fair und unparteiisch gegenüber allen Bewerbern verhalten. Er darf die ihm eingeräumte Organisationsgewalt über die Stellenbesetzung – auch im Hinblick auf die zeitliche Verfahrensgestaltung – nicht gezielt und manipulativ einsetzen, um eine Auswahlentscheidung zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Bewerber zu steuern (BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – BVerwGE 156, 272, juris Rn. 36, 41; vgl. auch BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – BVerwGE 141, 361, juris Rn. 18, 22 zum sachfremden Zuschnitt eines Anforderungsprofils). Dies schließt es aus, dass er Maßnahmen ergreift, die bei objektiver Betrachtung, d. h. aus der Sicht eines unbefangenen Beobachters, als eine Bevorzugung oder aktive Unterstützung eines Bewerbers erscheinen. Er darf nicht bestimmten Bewerbern Vorteile verschaffen, die andere nicht haben (BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – BVerwGE 145, 185, juris Rn. 25; vgl. zum Ganzen jüngst auch: BVerwG, B.v. 26.3.2024 – 2 VR 10/23 – NVwZ 2024, 827, juris Rn. 18 ff.). Diese Grundsätze müssen aufgrund derselben rechtlichen Vorgaben auch in einem Auswahlverfahren betreffend die Berufung eines Hochschullehrers Beachtung finden.
41
b) Im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung – Beschluss über die Berufungsvorschlagsliste für die ausgeschriebene Professur durch das Präsidium der Hochschule am 6. Februar 2024 – verfügte der Beigeladene nicht über eine hauptberufliche einschlägige Praxis von 5 Jahren. Denn der Bewerber nahm eine entsprechende Tätigkeit erst am *. Juli 2019 auf (Bl. 42 der Behördenakte Anl. 2) und kann auch keine Zeiten einer beruflichen Praxis, nach Abschluss des Hochschulstudiums, innerhalb des Hochschulbereichs nachweisen.
42
Damit erfüllte der Beigeladene im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nicht das konstitutive Anforderungsprofil einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis, die nach Abschluss des Hochschulstudiums erworben sein muss und von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen. Nach Aktenlage hat der Beigeladene nach dem Abschluss seines Studiums in Deutschland an einer Hochschule in Großbritannien von 2015 bis 2020 ein Promotionsstudium absolviert und war ab *. Juni 2019 beruflich tätig. Das Erfordernis einer mindestens fünfjährigen beruflichen Tätigkeit ist in der Ausschreibung als zwingend zu erfüllendes Merkmal ausgestaltet, das ohne einen Wertungsspielraum einzuhalten ist. Denn dieses Merkmal ist unter der Rubrik „Für die Professur brauchen Sie“ angegeben und schon von der grammatikalischen Fassung als zwingend ausgestaltet. Diese Formulierung des Ausschreibungstextes entspricht und wiederholt Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes (BayHIG). Dort ist als „Einstellungsvoraussetzung für Professorinnen und Professoren an Hochschulen für angewandte Wissenschaften neben den allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen“ unter Nr. 3 genannt „… besondere Leistungen bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis, die nach Abschluss des Hochschulstudiums erworben sein muss und von der mindestens drei Jahre außerhalb des Hochschulbereichs ausgeübt worden sein müssen; …“. Das wird in Nr. 13.3 Satz 1 der Berufungsrichtlinie vom 31. Oktober 2023 als Kriterium der formalen Berufungsfähigkeit inhaltsgleich wiederholt.
43
Auch wenn der Beigeladene im Jahr 2016 und 2017 Lehrbeauftragter an University of Oxford gewesen ist (Bl. 41 der Behördenakte Anl. 2 / Bl. 79 der Behördenakte Anl. 2: Unterricht im Rahmen der versuchstechnischen Praktika) ist von der Hochschule nicht festgestellt, dass es sich hierbei um eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sinn von Art. 57 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayHIG handelt, die im Umfang von bis zu zwei Jahren auf die berufliche Tätigkeit angerechnet werden kann. Es fehlt auch eine Entscheidung der Hochschule (bis zur Auswahlentscheidung) hierzu, die dem ihr eingeräumten Ermessensspielraum gerecht wird (…“können insgesamt nur bis zu zwei Jahren angerechnet werden; …). Eine Auseinandersetzung mit diesem Punkt ist auch im vorliegenden gerichtlichen Verfahren durch die Hochschule nicht erfolgt.
44
Auch wenn der Begriff der Einstellungsvoraussetzung darauf hindeuten mag, dass diese Voraussetzung im Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses erfüllt sein muss, so ist die fünfjährige Tätigkeit in der Ausschreibung als zwingend zu erfüllende Voraussetzung und damit als konstitutives Anforderungsprofil ausgestaltet. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass diese Voraussetzung in Bl. 41/42 der Behördenakte Anl. 2 in der „Übersicht über die Kandidaten/Kandidatinnen des Berufungsvorschlags 1. Platz“ aufgeführt ist. In dieser Auflistung (ohne Datum, zwischen Schreiben vom …11.2023 und *.12.2023 eingeordnet) ist aufgeführt, dass der Beigeladene bei „vorauss. Rufannahme …09.24“ über eine einschlägige hauptberufliche Praxis von 5 Jahren und 2 Monaten verfügt. Damit ist dieses Merkmal in den (Leistungs-)Vergleich der Konkurrenten eingeflossen. Wie oben dargelegt ist der für den (Leistungs-)vergleich maßgebliche Zeitpunkt die Auswahlentscheidung. Die maßgebliche Auswahl des Beigeladenen unter den Konkurrenten erfolgte mit dem Beschluss des Präsidiums der Hochschule am 6. Februar 2024. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der Bewerber lediglich über eine einschlägige berufliche Tätigkeit von 4 Jahren 6 Monaten und 6 Tagen. Der Umstand, dass der Beigeladene die Dauer der erforderlichen Berufstätigkeit absehbar nach der Auswahlentscheidung erfüllen würde, ist nach den oben dargestellten Grundsätzen, denen eine rechtskonforme Auswahlentscheidung genügen muss, unbeachtlich.
45
c) Der Antragsteller verfügt nach Aktenlage über eine einschlägige berufliche Tätigkeit von mindestens 5 Jahren. Auch wenn er dazu lediglich angegeben hat, dass er seit 2011 bei der von ihm als geschäftsführenden Gesellschafter geleiteten GmbH, die vormals im Bereich Ingenieurdienstleistung und Entwicklung tätig gewesen sei (so Übersicht über den beruflichen Werdegang vom …3.2023, Bl. 3 der Besetzungsakte betreffend den Antragsteller) und sich die Gesellschaft nach dieser Übersicht mit zahlreichen technischen Entwicklungsprojekten / Vorentwicklungsprojekten / Produktoptimierungsprojekten befasst hat, so kann eine einschlägige berufliche Tätigkeit auf dieser Grundlage nicht verneint werden. Das gilt auch mit Blick auf den Vermerk vom … Oktober 2023 (Bl. 56 Anl. 5 der Behördenakte). Obwohl dort angegeben ist, dass aufgrund fehlender Nachweise seiner einschlägigen beruflichen Tätigkeit es als nicht möglich bezeichnet wurde, eine Aussage über dessen Berufungsfähigkeit zu treffen, sind in der genannten Auflistung des Tätigkeitsfeldes der vom Antragsteller geleiteten GmbH zahlreiche technische Projekte genannt, mit denen sich die Gesellschaft befasst hat. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass die Hochschule den Antragsteller zu einer Probevorlesung eingeladen und diese – trotz der im Vermerk vom … Oktober 2023 dokumentierten Bedenken – durchgeführt hat. Die Berufungskommission hat den Antragsteller nicht von vornherein von einem Leistungsvergleich im Rahmen der Probelehrveranstaltungen ausgeschlossen, sondern einen solchen Vergleich nach den Eindrücken der Probevorlesungen durchgeführt. Das unterstreicht, dass die Hochschule davon ausgegangen ist, dass der Antragsteller dieses konstitutive Anforderungsprofil bzw. diese Berufungsvoraussetzung / Einstellungsvoraussetzung erfüllt.
46
d) Bei einem erneuten Auswahlverfahren erscheint die Auswahl des Antragstellers ernstlich möglich (vgl. hierzu nur: BVerfG, B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – BVerwGE 157, 168, juris Rn. 43; BayVGH, B.v. 8.1.2018 – 3 CE 17.2188 – juris Rn. 1 f.). Auch wenn der Antragsteller nicht auf die Berufungsliste gesetzt wurde und ihm (mindestens) ein weiterer Bewerber vorging, wurde er zu einer Probelehrveranstaltung eingeladen. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass für den Antragsteller in einem neuen Auswahlverfahren als „chancenloser Bewerber“ keine ernsthafte Möglichkeit bestehen würde, die Stelle zu erhalten. Dies gilt bereits mit Blick auf die besondere, durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 i.V.m. Art. 138 BV verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz hinsichtlich der Qualifikation eines Bewerbers für die Hochschullehrerstelle. Daher hat das Gericht bei der Annahme, dass ein in einem nicht rechtskonformen Auswahlverfahren nicht ausgewählter Bewerber in einem rechtskonformen Verfahren keine ernsthafte Auswahlchance haben könnte, besondere Zurückhaltung zu üben. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, eine Auswahlentscheidung vorzuprägen, sondern die der Hochschule. Diese hat sich auf diese Erwägung nicht berufen, obwohl die Antragstellerseite bereits frühzeitig auf die fehlende ausreichende Dauer der geforderten Berufstätigkeit hingewiesen hat (Antragsbegründung vom 24.4.2024, S. 3).
47
5. Hingegen hat der Antrag, den Beigeladenen in der Forschung oder Lehre im Bereich der streitgegenständlichen Ausschreibung bis zur erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers teilweise oder ganz zu beschäftigen, keinen Erfolg. Denn nach Mitteilung der Hochschule im Schriftsatz vom … September 2024 (S. 7) ist der Beigeladene lediglich befristet eingestellt worden, um das Lehrdeputat auf dem unbesetzten Lehrstuhl zu erfüllen. Damit wird aber kein zwingend zu berücksichtigender Bewährungsvorsprung durch kommissarische Wahrnehmung der kompletten Aufgaben der zu besetzenden Professur erworben.
48
6. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Der Anteil des Unterliegens des Antragstellers in Ziffer 2 des Antrags ist gegenüber dem Anteil des Obsiegens in Ziffer 1 des Antrags als nur gering zu bewerten (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO). Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, da er weder einen Antrag gestellt noch sonst das Verfahren wesentlich gefördert hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
49
7. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (die Jahresbezüge des Antragstellers würden sich laut Mitteilung des Antragsgegners auf 85.158,38 EUR belaufen; hiervon die Hälfte). Denn es handelt sich vorliegend nicht um die Verleihung eines anderen Amtes, sondern um die (Neu) Begründung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses (BayVGH, B.v. 20.5.2021 – 7 CE 20.2869 – NVwZ-RR 2021, 802, juris Rn. 32). Der Antrag zu Ziffer 2 ist mit der Hälfte des Auffangwertes (§ 52 Abs. 2 GKG) zu bewerten.