Inhalt

VG München, Urteil v. 18.11.2024 – M 26a K 23.2698
Titel:

Anforderung eines Nachweises über vollständigen Schutz gegen Masern

Normenketten:
IfSG § 20 Abs. 9
IfSG § 20 Abs. 12 S. 1 Nr. 1
IfSG § 20 Abs. 13
Schlagwort:
Anforderung eines Nachweises über vollständigen Schutz gegen Masern
Fundstelle:
BeckRS 2024, 35284

Tenor

I. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kläger tragen 2/3 und die Beklagte 1/3 der Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Streitgegenständlich ist die gegenüber den Klägern ergangene Anordnung der Beklagten, einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern für ihren am ... 2012 geborenen Sohn, der eine Grundschule in M. besucht, bzw. einen Nachweis über eine medizinische Kontraindikation gegen eine entsprechende Impfung vorzulegen.
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Mit Schreiben der Grundschule ... vom … Oktober 2020 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass für den Sohn der Kläger § 20 Abs. 9 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht als erfüllt bewertet werden könne, da kein entsprechender Nachweis vorgelegt worden sei.
3
Mit Schreiben vom 29. Juni 2022 wurden die Kläger gebeten, bis zum 11. August 2022 einen entsprechenden Nachweis im Sinne des § 20 Abs. 9 IfSG vorzulegen.
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Mit Schreiben vom 23. September 2022 wurden die Kläger erneut gebeten, nun bis zum 24. Oktober 2022 einen entsprechenden Nachweis vorzulegen.
5
Mit Schreiben per E-Mail vom … Oktober 2022 bat die Klägerin zu 1) um einen Termin für ein Impfberatungsgespräch. Der von der Beklagten vorgeschlagene Termin am 5. Dezember 2022 wurde von der Klägerin zu 1) wegen eines anderen Termins abgelehnt.
6
Mit Schreiben vom 13. Januar 2023 wurden die Kläger zum Erlass einer zwangsgeldbewehrten und gebührenpflichtigen Anordnung nach § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG angehört. Zugleich wurden sie gebeten, die geforderten Nachweise bis 14. Februar 2023 vorzulegen.
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Am … Februar 2023 bat die Klägerin zu 1) um einen persönlichen Termin und teilte mit, dass sie eine Impfunverträglichkeit bei ihrem Sohn vermute, die aber derzeit nicht ärztlich bestätigt sei.
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Mit Schreiben vom … Februar 2022 teilte die Klägerin zu 1) mit, dass sie selbst seit ihrem siebten Lebensjahr nach einer Impfung an schweren, teilweise unerträglichen Kopfschmerzen leide und dies ihrem Sohn nicht zumuten könne und wolle. Ein Arzttermin für eine Familienanamnese sei verschoben worden, da sie die langen Wartezeiten von einem halben Jahr abgeschreckt hätten. Aus den veröffentlichten Masernfallzahlen des RKI und den Todesfallzahlen des PEI ergebe sich, dass die Impfung mindestens fünf Mal gefährlicher sei als die Masernerkrankung. Wie sie von anderen Eltern wüssten, würden die Gesundheitsämter in ganz Deutschland nach Absprache keine Atteste oder Impfunfähigkeitsbescheinigungen mehr akzeptieren. Sofern sie noch einen Arzt fänden, der bereit sei, eine Familienanamnese durchzuführen, so würde dieses Attest nicht anerkannt werden.
9
Am … Februar 2023 sprachen die Kläger persönlich bei der Beklagte vor. Dabei gaben sie an, ein schriftlicher Nachweis zur Impfunfähigkeit oder zu Kontraindikationen liege nicht vor, da der Kinderarzt keine ausführliche Anamnese durchführe und daher auch keinen Nachweis ausstelle. Der Bruder des Sohnes der Kläger sei an einem Weichgewebstumor verstorben, die Kläger wollten mögliche Komplikationen auch in Verbindung mit einer Masernimpfung ausschließen lassen. Es gebe Wartezeiten bis zu einem Jahr, um einen Arzt zu finden, der ein entsprechendes Attest ausstelle. Im Attest seien aus Sicht der Kläger keine genauen medizinischen Angaben zu machen. Die Klägerin zu 1) wies darauf hin, dass in den in Deutschland vertriebenen Impfstoffen Bestandteile enthalten seien, die möglicherweise Zellveränderungen auslösten.
10
Mit Schreiben vom 15. März 2023 wurde den Klägern eine Frist bis 14. April 2023 zur Vorlage eines Nachweises nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG gesetzt.
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Mit Schreiben vom … April 2023 wiesen die Kläger darauf hin, dass ihrer Bitte um Auflistung sämtlicher Kontraindikationen sowie der in den Impfstoffen verwendeten Inhaltsstoffen nicht vollständig nachgekommen worden sei. Die Beklagte werde daher aufgefordert, eine entsprechende Auflistung vorzulegen. Zudem werde eine Fristverlängerung gefordert, bis die geforderte Auflistung durch die Beklagte vorgelegt werde, und zusätzlich eine Fristverlängerung um vier Monate zur Vereinbarung eines Arzttermins für die erforderliche ausführliche Familienanamnese und spezielle diagnostische Abklärung beim Sohn der Kläger.
12
Mit Bescheid vom 3. Mai 2023, zugestellt am 6. Mai 2023, wurden die Kläger unter Ziffer I. aufgefordert, bis zum 2. Juni 2023 einen der folgenden Nachweise für ihr Kind vorzulegen:
13
- eine Impfdokumentation nach § 22 Abs. 1 und 2 IfSG oder ein ärztliches Zeugnis, auch in Form einer Dokumentation nach § 26 Abs. 2 Satz 4 SGB V als Nachweis darüber, dass insgesamt zwei Masern-Schutzimpfungen durchgeführt wurden oder
14
- ein ärztliches Zeugnis über eine (labordiagnostizierte) Immunität gegen Masern oder
15
- ein ärztliches Zeugnis darüber, dass aus medizinischen Gründen nicht oder erst später geimpft werden kann (Kontraindikation mit Angabe der Dauer) oder
16
- eine Bestätigung einer staatlichen Stelle oder der Leitung einer zuvor besuchten, nach § 20 Abs. 8 IfSG betroffenen Einrichtung darüber, dass ein entsprechender Nachweis dort bereits vorgelegt wurde.
17
Nach Ziffer II. des Bescheides ist die Anordnung unter Ziffer I. kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Für den Fall, dass die Kläger der Anordnung aus Ziffer I. nicht spätestens bis 2. Juni 2023 nachkommen, wurde unter Ziffer III. ein Zwangsgeld in Höhe von 400,00 EUR angedroht und sofort fällig gestellt. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens (Ziffer IV.), für die Anordnung wurde eine Gebühr in Höhe von 120,00 EUR festgesetzt, die Auslagen betragen 2,49 EUR (Ziffer V.).
18
Gegen diesen Bescheid ließen die Kläger mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 24. Mai 2023, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 2. Juni 2023, Klage erheben und beantragen zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2024,
19
den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2023 mit Ausnahme der Ziffern II und III aufzuheben.
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Zugleich wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (M 26a S 23.2699). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Kläger aufgrund eines staatlichen Strafverfolgungsszenarios, das dazu führe, dass praktisch sämtliche Ärzte aus Angst vor Strafverfolgung wegen der Ausstellung unrichtiger Gesundheitszeugnisse die Bescheinigung über das Vorliegen einer Kontraindikation verweigern würden, ein entsprechendes Attest nicht beibringen könnten. Die Anordnung der Beklagte laufe auf eine Impfanordnung hinaus, weil Masern in Deutschland in den letzten Monaten und Jahren kaum aufgetreten seien und daher eine natürliche Immunität nicht nachgewiesen werden könne. Der medizinisch notwendige Ausschluss einer Kontraindikation vor Erlass einer Impfanordnung sei von der Beklagte nicht berücksichtigt worden. Eine verbindliche Vorlageaufforderung mit entsprechender Rechtsfolgenandrohung habe nicht ausgesprochen werden dürfen. Dabei sei gleichgültig, ob auf eine fehlende Verwaltungsaktkompetenz der erlassenden Behörde oder auf den Inhalt der Vorlageaufforderung abgestellt werde. Die Beklagte habe einen Nachweis anfordern können, jedoch nicht im Sinne einer verbindlichen Anordnung, sondern allein im Sinne einer informatorischen Aufforderung, um das weitere Verfahren entsprechend gestalten zu können. Der Sohn der Kläger sei bereits 10 Jahre alt, so dass er eine natürliche Einsichtsfähigkeit besitze und körperliche Eingriffe gegen seinen Willen nicht ohne weiteres zulässig seien. Die Entscheidung über die Verfassungsgemäßheit des § 20 IfSG im Bereich der Schulpflicht sei bislang keiner Entscheidung zugeführt worden. Die Kläger könnten derzeit kein ärztliches Attest für ihren Sohn erhalten, weil die ihrer Meinung nach zu einer Kontraindikation führenden Umstände nicht in der Liste der gültigen Kontraindikationen des RKI erscheinen würden, wobei das PEI in anderen Fällen bestätigt habe, dass die Beurteilung über das Vorliegen einer Kontraindikation im Einzelfall dem Arzt obliege und somit nicht standardmäßig nach Liste erfolgen könne. Nahezu alle ärztlichen Atteste über das Vorliegen von Kontraindikationen würden von der Beklagte und zahlreichen anderen Gesundheitsämtern meist ohne ärztliche Untersuchung mit Begutachtung nach Aktenlage verworfen. Angesichts der Betonung der Freiwilligkeit der Impfentscheidung und der Ablehnung eines Impfzwangs durch das Bundesverfassungsgericht sei offenkundig, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen dem Bürger als Grundrechtssubjekt ein Weg offenstehen müsse, die Freiwilligkeit der Impfentscheidung umzusetzen. Vorliegend sei dies nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides unter der Prämisse einer geltenden Schulpflicht nicht mehr der Fall, die Anordnung zur Vorlage in Bescheidform sei daher offensichtlich rechtswidrig.
21
Die Kläger beantragten darüber hinaus die Aussetzung des Verfahrens.
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Die Beklagte beantragt,
23
die Klage abzuweisen.
24
Der Beklagten fehle nicht die Kompetenz zum Erlass der Anordnung. Mit Änderung des IfSG vom 17. September 2022 sei der gesetzliche angeordnete Sofortvollzug in § 20 Abs. 12 Satz 7 IfSG auf die Nachweisanforderung ausgedehnt worden. Der Gesetzgeber mache damit seine Intention deutlich, dass es sich bei der Anordnung nicht um eine vorbereitende Verfahrenshandlung handele. Die konsequente Kontrolle der Nachweisvorlage wäre bei Schulpflichtigen anderweitig nicht möglich. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 33 Nr. 3 IfSG i.V.m. § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG lägen unstrittig vor. Die streitgegenständliche Anordnung sei nach pflichtgemäßem Ermessen ergangen und sei verhältnismäßig. Es sei den Klägern zumindest nicht unmöglich, ihr Kind jederzeit ärztlich begutachten zu lassen. Inwieweit die von den Klägern geltend gemachte Impfunfähigkeit den Anforderungen des § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG entspreche bzw. ob und wie verbindlich sich eine Plausibilitätskontrolle an den Empfehlungen des RKI sowie der STIKO orientieren dürfe, sei derzeit nicht entscheidungserheblich, da der Beklagten bisher keine solche Bescheinigung zur Prüfung vorgelegt worden sei. Auch die Möglichkeit eines Beratungsgesprächs mit der zuständigen Amtsärztin sei nicht wahrgenommen worden. Die verpflichtende Nachweisvorlage sei erforderlich, da der Nachweispflicht bisher nicht nachgekommen worden sei und bei Schülerinnen und Schülern kein Betretungsverbot ausgesprochen werden könne.
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Mit Schreiben vom 20. Juni 2023 vertiefte die Bevollmächtigte der Kläger ihre Ausführungen. Die Beklagte sei um Mitteilung gebeten worden, wie der Begriff der Kontraindikation zu verstehen sei. Bereits im Gesetzgebungsverfahren habe es massive Kritik gegeben, dass der Begriff der Kontraindikation nicht gesetzlich näher definiert worden sei. Es handele sich um eine gewollte Unklarheit, die vorliegend dazu geführt habe, dass die Kläger bislang kein Attest beibringen konnten. Es fehle dem streitgegenständlichen Bescheid an der notwendigen Bestimmtheit, weil nicht ausreichend festgelegt sei, was die Kläger zu tun haben. Es sei nicht möglich, durch gewissenhafte Voruntersuchungen vorherzusagen, wer in besonderem Maß Gefahr laufe, eine mittelgradige oder schwere Impfnebenwirkung bis hin zu einem Impfschaden zu erleiden. Es sei unklar, ob auch psychische Sonderumstände sowie eine in Rede stehende genetische Sonderdisposition, die bei den Klägern bereits zum krankheitsbedingten Verlust eines Kindes geführt habe, eine Rolle spielen würden. Der ICD-Code lege nahe, dass auch psychische Faktoren einen Krankheitswert haben, vorliegend seien diese aber nicht in der RKI-Liste der Kontraindikationen erfasst. Für bereits durch den Tod eines Kindes traumatisierte Eltern mit einhergehenden Verlustängsten bedeute die in unklarer medizinischer Situation selbstredend massiv angstbesetzte Impfung des verbleibenden Kindes eine weitere Traumatisierung und wirke sich bei den Eltern selbstverständlich gesundheitsschädlich aus. Denn sollte auch dieses Kind erkranken, werde sich im Nachhinein niemals ausschließen lassen, dass es einen Zusammenhang mit der stattgebenden Impfung gab. Die Kläger und ihr Sohn befänden sich im Zusammenhang mit dem Tod des anderen Kindes in psychologischer Betreuung. Eine Retraumatisierung durch eine medizinische Behandlung, insbesondere eine solche mit Spritzen, könne beim Sohn der Kläger nicht ausgeschlossen werden. Er stehe auch selbst der Masernimpfung ablehnend gegenüber, zumal er erfahren musste, dass die behandelnden Mediziner seinen Bruder trotz aller Bemühungen und Interventionen nicht retten konnten. Die Kläger wüssten bis heute nicht, ob die Sondersituation, in der sie sich befinden, eine Kontraindikation begründen könne und welche (immunologischen) Gründe zum Tod ihres jüngeren Sohnes geführt hätten. Ärzten, die aus Sorge vor Strafverfolgung keine Atteste ausstellten, erginge es genauso. Das Bundesverfassungsgericht habe wegen der Ausgangslage für Schulkinder bislang keine Entscheidung über die Verfassungsgemäßheit der Masern-Impfnachweispflicht getroffen und betone, im Grundsatz solle die freie Entscheidung bei den Eltern verbleiben. Die Kläger wären gerne bereit, ihre Bemühungen um die Ausstellung eines gültigen Attestes zu belegen, zu einer Masernimpfung ihres Sohnes sind sie unter keinen Umständen bereit.
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Mit Schreiben vom 19. Juli 2023 ließen die Kläger durch ihre Bevollmächtigte mitteilen, dass der Kläger zu 2) kürzlich einen Nervenzusammenbruch nebst einhergehender Panikattacken erlitten habe, er befinde sich in entsprechend fachärztlicher Akutbetreuung. Einer der wesentlich beitragenden Belastungsfaktoren sei die Ungewissheit über den Ausgang des hiesigen Verfahrens sowie die Verlustängste, die der Kläger zu 2) im Sinne einer Retraumatisierung nach dem Tod des jüngeren Sohnes im Zusammenhang mit einer Masernimpfung sowie dem staatlichen Zwangsszenario erlebe.
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Mit Schreiben vom 31. Juli 2023 übersandte die Bevollmächtigte der Kläger ein Attest des …Klinikums M. über einen stationären Aufenthalt des Klägers zu 2) in der Psychiatrie im Zeitraum vom 12. Juli 2023 bis 17. Juli 2023. Zugleich wurde eine eidesstattliche Versicherung des Klägers zu 2) vorgelegt, wonach die Zwangsgeldforderung der Beklagten die Kläger in eine ähnliche Situation bringe wie die Krebserkrankung des jüngeren Sohnes. Zusätzlich zu Trauer und Verlust habe Ohnmacht und Kontrollverlust zur Entwicklung eines Traumas geführt. Die aktuelle Ohnmachtssituation aufgrund der Sorge um die Gesundheit des Sohnes, das Gefühl der Abhängigkeit vom Gesundheitsamt, der Rechtsanwältin und dem Gericht und die Sorge vor dem finanziellen Ruin aufgrund des Zwangsgeldes oder der Alternative, ohne vorherige ärztliche Abklärung einen Impfnachweis vorzulegen, habe das alte Trauma wieder ausgelöst.
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Mit Beschluss vom 1. August 2023 wurde der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (M 26a S 23.2699) abgelehnt. Hiergegen legten die Kläger Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 21. September 2023 (20 CS 23.1432) änderte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Beschluss vom 1. August 2023 und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer III. des Bescheides vom 3. Mai 2023 an, da die Beklagte bei Erlass der Zwangsgeldandrohung ihr Entschließungsermessen nicht ausgeübt habe; im Übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen.
29
Daraufhin nahm die Beklagte die Zwangsgeldandrohung in Ziffer III. des Bescheides vom 3. Mai 2023 mit Bescheid vom 26. Oktober 2023 zurück. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2023 erklärte die Prozessbevollmächtigte der Kläger den Rechtsstreit insoweit für erledigt. In der mündlichen Verhandlung vom 18. November 2024 stimmte die Beklagte der Erledigterklärung zu.
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Nachdem die mit Bescheid vom 26. Oktober 2023 zugleich erlassene Zwangsgeldandrohung für den Fall, dass die Kläger der in Ziffer I. des Bescheides vom 3. Mai 2023 festgelegten Nachweispflicht nicht bis spätestens 28. November 2023 nachkommen, vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nach summarischer Prüfung aller Voraussicht nach für zu kurz erachtet wurde (BayVGH, B.v. 22.01.2024 – 20 CS 23.2238 – juris Rn. 11 ff.), erließ die Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 2024 für den Fall, dass die Kläger der in Ziffer I. des Bescheides vom 3. Mai 2023 festgelegten Nachweispflicht nicht bis spätestens 5. April 2024 nachkommen, erneut eine Zwangsgeldandrohung in Höhe von 400,00 EUR (Ziffer II.).
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Mit Beschluss vom 18. September 2024 wurde der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens abgelehnt.
32
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten des Klage- und des Eilverfahrens (M 26a K 23.2698 und M 26a S 23.2699) und des Klageverfahrens gegen die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 31. Januar 2024 (M 26a K 24.528), das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 18. November 2024 und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
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2. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet und war daher abzuweisen.
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2.1. Die fristgerecht erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 42 Abs. 1 Altern. 1 VwGO, da es sich bei der Anordnung in Ziffer I. des streitgegenständlichen Bescheids vom 3. Mai 2023 – jedenfalls seit der Neufassung des § 20 Abs. 12 Satz 7 IfSG vom 16.09.2022, gültig ab dem 17.09.2022 (BGBl. I S. 1454), – um einen Verwaltungsakt handelt, der durch Verwaltungsvollstreckungsrecht durchgesetzt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 25 CS 21.1651 – juris, Rn. 9 mit Verweis auf Gerhardt, 6. Aufl. 2022, IfSG § 20 Rn. 124; a.A. BeckOK InfSchR/Aligbe, 16. Ed. 8.4.2023, IfSG § 20 Rn. 259c). Hierfür spricht, dass der Gesetzgeber mit der Gesetzesänderung vom 16. September 2022 ausweislich der Gesetzesbegründung erreichen wollte, dass künftig auch die Nachweisanforderung des Gesundheitsamtes sofort vollziehbar sein soll (BT-Drs. 20/3328, S. 14). Eine solche Regel zur sofortigen Vollziehbarkeit einer Anordnung bzw. zur aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen gegen die Anordnung macht aber nur dann Sinn, wenn es sich bei der Nachweisanforderung um einen Verwaltungsakt handelt. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob dieser Verwaltungsakt als „Anordnung“ oder „Aufforderung“ oder „Anforderung“ bezeichnet wird; ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz ist daher nicht zu erkennen (vgl. BayVGH, B.v. 21.09.2023 – 20 CS 23.1432).
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2.2. Die zulässige Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet, da der Bescheid vom 3. Mai 2023 – soweit er noch Gegenstand der Anfechtungsklage ist – rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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2.2.1. Rechtsgrundlage für die Anforderung, einen Nachweis nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG vorzulegen, ist § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG. Danach haben Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 Nr. 1 bis 3 IfSG betreut werden, dem Gesundheitsamt, in dessen Bezirk sich die jeweilige Einrichtung befindet, auf Anforderung einen Nachweis nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG vorzulegen (§ 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 IfSG). Soweit – wie hier – die verpflichtete Person minderjährig ist, hat derjenige für die Einhaltung der diese Person nach den Absätzen 9 bis 12 treffenden Verpflichtungen zu sorgen, dem die Sorge für diese Person zusteht (§ 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG). Dabei hat der Gesetzgeber mit § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG nicht nur eine Vertretung des Kindes durch den Personensorgeberechtigten, sondern eine Übertragung der Verpflichtung auf den Sorgeberechtigten statuiert (BayVGH, B.v. 6.10.2021 – 25 CE 21.2383 – juris Rn. 8).
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Das Gericht hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der vorstehenden Regelungen, weshalb der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens (bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des § 20 IfSG in Bezug auf Schulkinder) mit Beschluss vom 18. September 2024 abgelehnt wurde.
39
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 21. Juli 2022 – 1 BvR 469/20, 1 BvR 470/20, 1 BvR 471/20, 1 BvR 472/20 – entschieden, dass die angegriffenen und auch im vorliegenden Verfahren einschlägigen Vorschriften des § 20 Abs. 8 Satz 1 bis 3 i.V.m. Abs. 9 Satz 1 und 6 und Abs. 12 Satz 1 und 3 sowie i.V.m. Abs. 13 Satz 1 IfSG in der Fassung des Gesetzes für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz) vom 10. Februar 2020 (BGBl. I S. 148) zwar sowohl das die Gesundheitssorge für ihre Kinder umfassende Grundrecht der beschwerdeführenden Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG) als auch und vor allem das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete Grundrecht der beschwerdeführenden Kinder auf körperliche Unversehrtheit berühren, sowohl die Eingriffe in das Elternrecht als auch die in die körperliche Unversehrtheit jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt und die beschwerdeführenden Kinder nicht in ihrem Anspruch auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt sind. Auf die umfangreichen Ausführungen dieses Beschlusses wird insoweit verwiesen.
40
Aus dem Umstand, dass Beschwerdeführer der oben zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 21.07.2022 – 1 BvR 470/20 – juris) ausschließlich Eltern von Kindern in Kindertageseinrichtungen im Vorschulalter bzw. Kinder in Kindertageseinrichtungen im Vorschulalter selbst gewesen sind, ergibt sich nichts Anderes. Zutreffend ist, dass der Nachweispflicht bei schulpflichtigen Kindern nicht wie bei Kindern in Kindertageseinrichtungen dadurch begegnet werden kann, dass die Kinder die Gemeinschaftseinrichtung nicht besuchen. Dennoch ergibt sich daraus nicht, dass die Nachweispflicht verfassungswidrig ist. Nach dem Gesetzentwurf zielen die gegenständlichen Vorschriften des Masernschutzgesetzes darauf ab, durch die Schutzimpfungen eine Infektion mit hochansteckenden Masern sowie die mit schweren Komplikationen bis hin zu Todesfällen verlaufenden Masernerkrankungen zu verhindern (vgl. BT-Drs 19/13452, S. 16); der Gesetzgeber verfolgt daher durch die hier in Rede stehenden Regelungen einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck. Das Gericht erachtet die verfahrensgegenständlichen Regelungen zur Erreichung dieses Zweckes auch in Bezug auf Schulkinder für verhältnismäßig (so auch Bayerisches Oberstes Landesgericht, B.v. 28.03.2024 – 201 ObOWi 141/24 – juris Rn. 8-22 im Rahmen eines Bußgeldverfahrens gegenüber Eltern schulpflichtiger Kinder und VG Bayreuth, U.v. 01.07.2024 – B 7 K 23.793 – juris Rn. 23-39, ebenfalls betreffend schulpflichtige Kinder). Dass ungeimpften schulpflichtigen Kindern der Schulbesuch gemäß § 20 Abs. 12 Satz 5 IfSG nicht untersagt werden kann, mildert das Gewicht des Eingriffs in das Grundrecht der Kläger aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG im Ergebnis vielmehr deutlich ab. Zudem sind an die Durchsetzung der Nachweispflicht mittels Verwaltungszwang hohe Anforderungen zu stellen (BayVGH, B.v. 21.09.2023 – 20 CS 23.1432 – juris Rn. 5; B.v. 07.05.2024 – 20 CS 24.428 – juris Rn. 6 ff.). Damit verbleibt auch den Eltern schulpflichtiger Kinder im Ergebnis ein relevanter Freiheitsraum, der die Freiwilligkeit der Impfentscheidung der Eltern als solche nicht aufhebt und diesen damit die Ausübung der Gesundheitssorge für ihre Kinder im Grundsatz belässt.
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2.2.2. Der Bescheid vom 3. Mai 2023 ist formell rechtmäßig, insbesondere ist die erforderliche Anhörung beider Elternteile nach Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) mit Schreiben vom 13. Januar 2023 erfolgt.
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2.2.3. Der Bescheid vom 3. Mai 2023 ist auch materiell rechtmäßig, da die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 13 Satz 1 IfSG vorliegen und Ermessensfehler nicht ersichtlich sind.
43
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides (BayVGH, B.v. 7.7.2021 – 25 CS 21.1651 – juris Rn. 11).
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(a) Der minderjährige Sohn der Kläger, geboren am … … 2012, besuchte eine Grundschule in M. und wurde daher in einer Gemeinschaftseinrichtung nach § 33 Nr. 3 IfSG (Schulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen) im Bezirk der Beklagten betreut.
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(b) Einen Nachweis im Sinne des § 20 Abs. 9 IfSG haben die Kläger bis zum maßgeblichen Zeitpunkt dem Beklagten nicht vorgelegt. Unstreitig wurde weder eine Impfdokumentation nach § 22 Abs. 1 und 2 IfSG oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass beim Sohn der Kläger ein ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht, noch ein ärztliches Zeugnis darüber, dass eine Immunität gegen Masern vorliegt oder der Sohn der Kläger aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann, vorgelegt. Auch eine Bestätigung einer staatlichen Stelle, dass entsprechende Nachweise bereits vorgelegt wurden, ist nicht ersichtlich.
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(c) Der Vortrag der Kläger, dass ein ärztliches Zeugnis über das Vorliegen einer medizinischen Kontraindikation nicht vorgelegt werden könne, führt nicht dazu, dass die Nachweispflicht entfällt.
47
Die Kläger machen geltend, dass aufgrund der Krebserkrankung des jüngeren Sohnes, in deren Folge dieser verstorben ist, eine Familienanamnese erforderlich sei. Ein entsprechender Termin dazu hat jedoch bislang nicht stattgefunden und es wurde nicht vorgetragen, dass ein solcher vereinbart wurde. Vielmehr hätten die langen Wartezeiten die Kläger davor abgeschreckt, einen entsprechenden Termin überhaupt zu vereinbaren. Da nicht ersichtlich war, dass die Kläger einen Termin für eine ärztliche Untersuchung als Voraussetzung für die Vorlage eines Nachweises für eine medizinische Kontraindikation überhaupt konkret in Erwägung ziehen, war die Beklagte nicht verpflichtet, weiter abzuwarten. Zudem ist aus dem Vortrag der Kläger bislang nicht ersichtlich, inwiefern die Krebserkrankung des jüngeren Sohnes mit einer Impfung in Zusammenhang steht und woraus sich in diesem Zusammenhang eine medizinische Kontraindikation für die Impfung gegen Masern hinsichtlich des älteren Sohnes ergeben könnte. Auch, dass die Klägerin zu 1) nach einer Impfung im Kindesalter über lange Zeit schlimme Kopfschmerzen gehabt habe, führt nicht zum Beleg dafür, dass der Sohn der Kläger nicht gegen Masern geimpft werden kann, da dieser Aspekt nicht im Zusammenhang mit der persönlichen gesundheitlichen Disposition des Sohnes steht. Sofern vorgetragen wurde, dass der Sohn der Kläger aufgrund der Erkrankung und des Todes seines Bruders durch eine ärztliche Behandlung mit einer Spritze retraumatisiert werden könnte, liegen hierzu bislang keine Nachweise im Sinne ärztlich-psychologischer Gutachten vor. Die geltend gemachten psychischen Beeinträchtigungen der Kläger durch die Impfung des Sohnes stellen bereits keine medizinische Kontraindikation dar, aufgrund derer der Sohn der Kläger nicht geimpft werden kann.
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Soweit die Kläger vortragen, dass sie ein Attest über eine medizinische Kontraindikation nicht beibringen könnten, da Ärzte aufgrund von staatlichen Strafverfolgungsszenarien entsprechende Atteste nicht ausstellten, ist diese Behauptung für das Gericht nicht erwiesen (vgl. auch BayVGH, B.v. 21.09.2023 – 20 CS 23.1432 – juris Rn. 4). Die Kläger haben nicht vorgetragen, dass konkret Ärzte das Ausstellen eines Attestes verweigert hätten. Vielmehr wurde nur vorgebracht, dass der Kinderarzt der Familie die gewünschte Familienanamnese nicht durchführe. Des Weiteren haben es die Kläger bislang auch unterlassen, zumindest Atteste darüber vorzulegen, welche gesundheitlichen Einschränkungen bei ihrem Sohn vorliegen, die aus ihrer Sicht zu einer medizinischen Kontraindikation führen. Ohne entsprechende Anhaltspunkte dazu, welche konkreten gesundheitlichen Einschränkungen beim Sohn der Kläger vorliegen, war auch die Beklagte nicht verpflichtet, sich näher mit einer medizinischen Kontraindikation zu befassen und zum Beispiel Listen möglicher Kontraindikationen vorzulegen. Es ist nicht ersichtlich, wie eine Liste möglicher Kontraindikationen dazu führen kann, dass der Sohn der Kläger dann einen Nachweis über die bei ihm vorhandene Kontraindikation erbringen kann. Vielmehr müsste zunächst nachgewiesen werden, welche gesundheitlichen Einschränkungen vorhanden sind. Die Beklagte ist grundsätzlich auch nicht verpflichtet, von Amts wegen die Voraussetzungen einer Kontraindikation zu prüfen (vgl. BayVGH, B.v. 21.09.2023 – 20 CS 23.1432 – juris Rn. 4).
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Da bislang kein Attest vorgelegt wurde, verfängt auch der Vortrag nicht, dass dieses nicht anerkannt werden würde. Ein Nachweis für diese Behauptung ist nicht ersichtlich.
50
Auch war die Beklagte vor Bescheiderlass nicht verpflichtet, die Inhaltsstoffe der Impfungen vorzulegen, da die Kläger die Möglichkeit haben, sich diese Informationen selbst z.B. über den Arzt oder die Apotheke zu beschaffen.
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(d) Es liegt auch kein Ermessensfehler der Beklagten vor. Der Erforderlichkeit der Nachweisaufforderung fehlt es auch nicht deshalb, weil die Kläger vorbringen, dass ihr durch die Nachweisaufforderung mittelbar betroffene Sohn einer Impfung ablehnend gegenüber stehe. Da eine entsprechende Nachweisaufforderung durchaus geeignet erscheint, die sorgeberechtigten Pflichtigen anzuhalten, ihre Einstellung zu überdenken, ist auch davon auszugehen, dass in Folge ein Einwirken der Sorgeberechtigten auf ihren mittlerweile zwölfjährigen Sohn aufgrund des Alters und des damit einhergehenden Entwicklungsstandes durchaus möglich erscheint. Dass die Kläger hier Versuche unternommen hätten, entsprechend erzieherisch auf ihren Sohn einzuwirken und somit ihren elterlichen Pflichten nachzukommen, ist nicht ersichtlich und macht die geforderte Handlung daher auch nicht unmöglich. Zudem kann auf die Ängste des Kindes durch eine am Kindeswohl orientierte Aufklärung des Kindes selbst reagiert werden.
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(e) Auch gegen die Frist zur Vorlage eines Nachweises bestehen keine rechtlichen Bedenken. Zwar erweist sich die im Bescheid vom 3. Mai 2023 ursprünglich getroffene Fristsetzung bis zum 2. Juni 2023 als zu kurz (vgl. BayVGH, B.v. 22.01.2024 – 20 CS 23.2238 – juris Rn. 13 im Hinblick auf die mit Bescheid vom 26. Oktober 2023 verfügte Zwangsgeldandrohung). Diese ist jedoch durch die ausreichend lange Fristsetzung in der Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 31. Januar 2024 überholt und bedarf daher auch keiner weiteren Anpassung. Zu beachten ist dabei, dass die Aufforderung zur Nachweisvorlage selbst keiner Frist bedarf; die Setzung einer derartigen Befolgungsfrist ist kein Tatbestandsmerkmal des § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG. Die Fristsetzung in Ziffer I. des streitgegenständlichen Bescheids vom 3. Mai 2023 dient lediglich dem Erfordernis der rechtlich gebotenen Fristsetzung mit Blick auf ein sich anschließendes Verwaltungsvollstreckungsverfahren. Voraussetzung für eine rechtmäßige Androhung von Zwangsmitteln ist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) nämlich die Bestimmung einer angemessenen Erfüllungsfrist, innerhalb derer die auferlegte Handlungspflicht zu erfüllen ist. Insoweit ist die Fristsetzung in Ziffer I. des streitgegenständlichen Bescheids nicht isoliert, sondern in Zusammenhang mit Ziffer II. des Bescheides vom 31. Januar 2024 zu betrachten, die die ursprüngliche Fristsetzung in der – inzwischen zurückgenommenen – Zwangsgeldandrohung in Ziffer III. des Bescheids vom 3. Mai 2023 abgelöst hat. Dass die Beklagte ursprünglich sowohl in der Grundverfügung als auch in der Zwangsgeldandrohung eine – gleichlautende – Frist gesetzt hat, ist insoweit unschädlich. Wird die Zwangsmittelandrohung nach Art. 36 Abs. 2 VwZVG nämlich mit dem Grundverwaltungsakt verbunden, wird den Anforderungen des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG sowohl dadurch genügt, dass die Erfüllungsfrist materiell-rechtlich als Teil der Grundverfügung oder aber in der Androhung als Vollstreckungsfrist formuliert wird; erst recht gilt dies dann, wenn in beiden Verfügungen die (gleichlautende) Frist angegeben wird. Durch die Rücknahme der Ziffer III. des Bescheids vom 3. Mai 2023 und den Erlass der Ziffer II. des Bescheids vom 31. Januar 2024 ist die ursprünglich getroffene Frist in der Grundverfügung somit als gegenstandslos zu betrachten.
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(f) Da gegen die Kostenentscheidungen in Ziffer IV. und V. des streitgegenständlichen Bescheids vom 3. Mai 2023 seitens der Klagepartei keine Einwände erhoben wurden und auch das Vorliegen solcher für das Gericht nicht ersichtlich ist, war die Klage auch insoweit abzuweisen.
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3. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 161 Abs. 2 VwGO sowie § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 159 VwGO.
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3.1. Soweit das Verfahren eingestellt wurde, ist über die Kosten gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die Kosten des Verfahrens insoweit der Beklagten aufzuerlegen, da diese ohne die Erledigung voraussichtlich unterlegen wäre und sie sich durch die teilweise Rücknahme des streitgegenständlichen Bescheids insoweit in die Rolle der Unterlegenen begeben hat.
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Bei der Festlegung der Quote wurde die Bedeutung der Sache berücksichtigt. Insbesondere aufgrund der sehr schwierigen Situation der Kläger im Einzelfall und der mit einer Zwangsgeldandrohung einhergehenden besonderen Belastung für die Kläger erscheint es angemessen, in diesem Einzelfall die Androhung von Zwangsmitteln mit einer Quote von 1/3 im Verhältnis zur Nachweisaufforderung zu setzen.
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3.2. Im Übrigen ergibt sich die Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der unterliegende Teil – vorliegend die Kläger – die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
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4. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).