Inhalt

VGH München, Beschluss v. 29.11.2024 – 6 ZB 24.30980
Titel:

Kein grundsätzlicher Klärungsbedarf hinsichtlich der Gefahrendichte in Nigeria

Normenketten:
EMRK Art. 3
AufenthG § 60 Abs. 5
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 1
Leitsätze:
1. Eine auf tatsächliche Verhältnisse gestützte Grundsatzrüge erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind (vgl. auch VGH München BeckRS 2024, 34713). (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf ist nicht dargetan, da im Hinblick auf die Größe und Einwohnerzahl Nigerias (mit über 200 Millionen Einwohnern) kein Anlass für die Annahme besteht, dass entgegen der auf die aktuelle Erkenntnislage gestützten Annahme des Verwaltungsgerichts die für die Bejahung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG iVm Art. 3 EMRK notwendige Gefahrendichte erreicht sein könnte. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zulassungsgrund, grundsätzliche Bedeutung, Rechtsmittelführer, Entscheidungserheblichkeit, Klärungsbedürftigkeit, Abschiebungsverbot, Richtigkeit des Urteils, Gefahrendichte, Grundsatzrüge, Nigeria, erniedrigende Behandlung, schlechte humanitäre Bedingungen
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 19.09.2024 – M 13 K 24.31811
Fundstelle:
BeckRS 2024, 34711

Tenor

I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 19. September 2024 – M 13 K 24.31811 – wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1
Der Antrag der Kläger, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechenden Weise dargelegt.
2
Um die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache darzulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zudem ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, ferner erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 16.2.2017 – 6 ZB 16.1586 – juris Rn. 25 m.w.N.). Eine auf tatsächliche Verhältnisse gestützte Grundsatzrüge erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind (BayVGH, B.v. 12.6.2018 – 6 ZB 18.31347 – Rn. 3; B.v. 10.1.2018 – 6 ZB 18.30037 – Rn. 4; OVG NW, B.v. 23.2.2017 – 4 A 685/14.A – juris Rn. 5).
3
Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsschrift nicht. Sie wirft als grundsätzlich bedeutsam die (Tatsachen-)Frage auf, „ob aufgrund der schlechten humanitären Bedingungen in Nigeria die Rahmenbedingungen eine Gefahrenlage begründen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK führen kann“. Abgesehen davon, dass diese Frage schon ihrer Formulierung nach („kann“) nicht entscheidungserheblich ist und sich zudem nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beantworten ließe, werden für ihre Klärungsbedürftigkeit keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt. Der Zulassungsantrag verweist vor allem auf ethnische und religiöse Konflikte, gewaltsame Zusammenstöße zwischen Nomaden und Farmern sowie tödliche Angriffe der Gruppe „Boko Haram“ und verschiedener militanter Gruppen auf Zivilpersonen, Entführungen, bewaffnete Konflikte, Abwesenheit von Rechtsstaatlichkeit, eine unzureichende medizinische Versorgung und erneute politische und wirtschaftliche Krisen. Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf ist damit aber nicht dargetan. Diese Hinweise geben mit Blick auf die Größe und Einwohnerzahl Nigerias (mit über 200 Millionen Einwohnern) keinen Anlass für die Annahme, dass entgegen der auf die aktuelle Erkenntnislage gestützten Annahme des Verwaltungsgerichts die für die Bejahung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit Art. 3 EMRK notwendige Gefahrendichte (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167) erreicht sein könnte. Hierzu legt die Zulassungsschrift nichts Substantiiertes dar. Soweit sie rügt, das Gericht habe sich mit den Tatsachen nicht ausreichend auseinandergesetzt, macht sie der Sache nach ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils geltend, die keinen Zulassungsgrund im Sinn des § 78 Abs. 3 AsylG darstellen.
4
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 78 Abs. 5 Satz 1 AsylG).
5
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.
6
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).