Titel:
Ein Online-Coaching fällt nicht unter das Fernunterrichtsschutzgesetz
Normenketten:
BGB § 14, § 138 Abs. 1, Abs. 2, § 155, § 627
FernUSG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, § 7, § 12
Leitsätze:
1. Ein Online Coaching mittels einer live Videokonferenz ist kein Fernunterricht, weil es an einer räumlichen Trennung iSd § 1 Abs. 1 Nr. 1 FernUSG fehlt. (Rn. 38 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einem Coaching mit einem Programm zum Business-Aufbau mit einem Schwerpunkt auf dem Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung fehlt auch eine Überwachung des Lernerfolges iSd § 1 Abs. 1 Nr. 2 FernUSG. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das FernUSG ist nicht auf Unternehmer anwendbar. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei einem 9-monatigen Coaching zum Preis von 20.000 EUR, in dem Strategien zum Marketing, zum Content-Writing, zum Copy-Writing, zum Vertrieb des Angebots und zur Angebotserstellung aufgezeigt werden sollen, liegt kein auffälliges Missverhältnis iSd § 138 Abs. 2 BGB vor, weil die vom Schuldner zu erbringende Leistung nicht um 100% oder mehr über dem Wert der Gegenleistung liegt. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine Ausbeutung iSd § 138 Abs. 2 BGB ist gegeben, wenn sich jemand die Zwangslage, bzw. das fehlende Urteilsvermögen des Vertragspartners bewusst zu Nutze macht und dabei Kenntnis von dem Missverhältnis der beiden Leistungen hat. (Rn. 58 – 64) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Coaching, Leistungsangebot, räumliche Trennung, Lernkontrolle, Nichtigkeit eines Vertrages, Sittenwidrigkeit, Zwangslage
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 16.05.2024 – 3 U 984/24e
Fundstellen:
BeckRS 2024, 3463
MMR 2024, 696
NJOZ 2024, 815
LSK 2024, 3463
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagtenpartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des je- weils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 20.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Coaching Vertrag.
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Die Beklagte betreibt ein Coaching Unternehmen. Sie bietet Kurse und Seminare zur Persönlichkeitsentwicklung und Business-Aufbau an. Die Klägerin nahm im Jahr 2022 an einem Coaching der Beklagten teil.
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Im April 2022 stieß die Klägerin auf eine Werbung für einen kostenfreien Workshop der Beklagten. Die Klägerin war eine der mehreren Hundert Teilnehmerinnen dieses Workshops.
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In Folge dessen kam es zu einem Kennenlern-Call zwischen der Geschäftsführerin der Beklagten und der Klägerin am 13.06.2022.
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Am 14.06.22 buchte die Klägerin sodann bei der Beklagten ein Coaching mit dem Namen ... für 20.000 €. Für das Coaching wurde eine Programmdauer vom 20.06.2022 bis 19.03.2023 festgelegt. In dem Coaching geht es um Positionierung, um den Aufbau einer eigenen F.-Gruppe, um Interaktionsstrategien und das Durchführen von Live-Calls auf F., um den Aufbau einer treuen und kaufkräftigen Community, um das Schaffen einer Verbindung zur Community und um das Thema Copywriting, um eigene Angebote gewinnbringend zu verkaufen.
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In der am 14.06.2022 von den Parteien unterzeichneten Kundenvereinbarung wurde folgender Leistungsumfang festgelegt.
1.1. Das Programm – „“ ist ein 9-monatiges CoachingProgramm, das den Kunden in den Bereichen Persönlichkeitsentwicklung & Business Aufbau unterstützt.
1.2. Im Programmzeitraum von 9 Monaten werden dem Kunden die Programminhalte in Form von Zoom-Webinaren, Audio- und/oder visuellen Präsentationen und periodischen persönlichen Coachingeinheiten 1:1 und über den Messenger zur Verfügung gestellt. Der Kunde hat innerhalb dieser 9 Monate
- Zoom mindestens 3x pro Woche
- Zugang zur exklusiven Business F. Gruppe
- VIP Chat Support via Wh.-A.
- Zugang zum Mitgliederbereich, der auch über die 9 Monate hinaus bestehen bleibt
- 1:1 Coachings nach Bedarf
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Am 17.02.2023 teilte die Klägerin der Beklagten in einem Zoomcall mit, das Vertragsverhältnis kündigen zu wollen. Als Grund nannte die Klägerin die fehlende Unterstützung in Form der 1:1 Coachings. Daraufhin erwiderte die Beklagte, dass sie nahezu täglich live ein Coaching anbietet und alle Teilnehmer am Ende Fragen stellen könnten. Zudem teilte die Beklagte mit, dass eine Kündigung nicht möglich sei, sondern das Programm lediglich ausgesetzt werden könne.
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Am 22.03.2023 teilte die Klägerin der Beklagten dann in einem Brief mit, dass sie die gezahlten 20.000 € zurückfordert. Als Grund hierfür benannte die Klägerin erneut das fehlende 1:1 Coaching, sowie dass sie in einer Notsituation mit unrealistischen Versprechungen zum Vertragsschluss animiert worden sei.
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Die Beklagte antwortete mit E-Mail vom 04.04.2023. Sie verweigerte hierin die Rückzahlung der 20.000 €.
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Die Klägerin schaltete sodann einen Anwalt ein, der die Beklagte mit Schreiben vom 02.05.2023 zur Rückzahlung der 20.000 € unter einer Frist bis zum 17.05.2023 aufforderte.
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Die Beklagte wies diese Forderung mit Schreiben ihrer Anwältin vom 17.05.2023 zurück und bot lediglich an, der Klägerin einen zusätzlichen kostenfreien Monat und einen zweistündigen Workshop mit der Geschäftsführerin der Beklagten zu gewähren.
12
Die Klägerin behauptet sich im Januar 2022 am Ende ihrer Kräfte gefühlt, und eine Krankheitsdiagnose ihrer Tochter erhalten zu haben. Dies sei ihre Hauptmotivation zum Abschluss des Vertrags gewesen.
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Die Klägerin behauptet zudem es sei zu dem Vertragsschluss lediglich deshalb gekommen, weil die Beklagte mit diversen Versprechungen wie beispielsweise einem 6-stelleigen Monatsverdienst geworben habe. Zudem behauptet die Beklagte, dass auch damit geworben wurde, dass man als Kunde eine persönliche 1:1 Begleitung durch die Geschäftsführerin der Beklagten, nämlich ... erhalten solle.
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Um dieses Coaching-Programm der Beklagten bezahlen zu können behauptet die Klägerin einen Kredit i.H.v. 10.000 € aufgenommen zu haben.
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Die Klägerin behauptet am 01.08.2022, am 07.12.2022, am 21.01.2023 sowie am 22.01.2023 um ein 1:1 Coaching mit der Geschäftsführerin der Beklagten () gebeten zu haben.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass es bereits an einem wirksamen Vertragsschluss fehle. Wegen eines versteckten Dissenses sei kein Vertrag geschlossen worden. Über den Inhalt des Programms „...“ hätten die Parteien keine Einigung getroffen. Zwar sei eine schriftliche Vereinbarung über die Inhalte des Coachings getroffen worden. Diese sei allerdings auslegungsbedürftig. Die Klägerin meint sie sei insbesondere wegen der Formulierung „1:1 Coaching nach Bedarf“ davon ausgegangen, dass es sich um eine persönlichere und engmaschigere Betreuung handeln würde. Wenn sich die Vertragsparteien über einen Punkt des Inhalts des Vertrages nicht einig sind dann gälte § 155 BGB. Gemäß § 155 BGB gälte das Vereinbarte nur dann, wenn anzunehmen ist, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen werden würde. Wenn dies nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien nicht anzunehmen ist, dann könne nicht von einem wirksamen Vertragsschluss ausgegangen werden.
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Die Klägerin ist zudem der Ansicht der Vertrag sei sittenwidrig. Sie sei in einer Notsituation mit unrealistischen Versprechungen in den Vertrag gelockt worden. Im Januar 2022 habe die Tochter der Klägerin eine Krankheitsdiagnose erhalten und bei der Klägerin sei der Druck gewachsen Geld zu verdienen. Daher habe sich die Klägerin auf den Vertrag eingelassen.
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Zudem wurde von der Beklagten ein vages Leistungsangebot festgesetzt welches die marktüblichen Preise für vergleichbare Angebote um ein Vielfaches übersteigt. Bei dem Vertrag handle es sich um ein wucherähnliches Rechtsgeschäft da zwischen der Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis bestünde. Die von der Beklagten angebotenen Leistungen seien am Markt um ein Vielfaches günstiger und zudem von qualifizierten Einrichtungen mit entsprechender Zulassung zu erhalten. All dies sei beim Angebot der Beklagten nicht der Fall gewesen. Zudem ließen sich auch entsprechende betriebswirtschaftliche Kenntnisse im Bereich Sales und Marketing von Fernuniversitäten mit einem staatlich anerkannten Abschluss erwerben. Der Preis für ein derartiges Fernstudium berechnet sich auf ca. 3.000 € weshalb der Preis für das Coaching der Beklagten überzogen sei.
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Schlußendlich sei der Vertrag laut Klägerin ohnehin gem. §§ 7 Abs. 1 i.V.m. 12 FernUSG nichtig da die vorausgesetzte Zulassung fehlt. Die Klägerin ist der Meinung, dass das FernUSG anwendbar sei da insbesondere der Anwendungsbereich nach § 1 FernUSG eröffnet sei. Der Begriff des „Fernunterrichts“ sei an die räumliche Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem gebunden. Da das Coaching nicht persönlich sondern online stattgefunden hat läge hier Fernunterricht im Sinne des FernUSG vor. Die Klägerin ist auch der Ansicht, dass das FernUSG auch auf einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern anwendbar sei. Zudem sieht sich die Klägerin selbst ohnehin nicht als Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB.
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Die Klägerin meint der Vertrag sei durch ihren Brief vom 22.03.2023 gekündigt worden. Ein Kündigungsrecht nach § 627 BGB für Coachingverträge bestünde mit der Folge dass solche Verträge jederzeit fristlos gekündigt werden können.
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Die Klägerin beantragt,
I) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 20.000 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.05.2023 zu zahlen.
II) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.295,43 € zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.05.2023 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Beklagte trägt vor: als die Klägerin sich im Juni 2022 bei ihr vorstellte, habe sie ihr von einem Hauptjob in dem sie angestellt sei und von zusätzlichen Einnahmen freiberuflicher Art in Höhe von ca. 30.000 € die sie erweitern wollte, berichtet. Von finanziellen Problemen habe die Beklagte nichts gewusst.
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Der Klägerin sei von Anfang an klar gewesen, dass es sich um ein Gruppencoaching handelte.
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Dies ergäbe sich aus zahlreichen Nachrichten der Beklagten so auch beispielsweise aus einer Wh.-A. Nachricht der Klägerin in der sie mitteilt sie sei „glücklich hier in der Gruppe zu sein“. Auch habe die Klägerin jederzeit die Möglichkeit gehabt persönliche Coachings zu ihrer Situation in den Coaching Calls zu erhalten. Dies habe die Klägerin jedoch vor allem zum Ende hin nicht mehr wahrgenommen sondern die Tipps und Nachfragen als „störend“ empfunden.
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Die Beklagte bestreitet zudem, der Klägerin 6-stellige Monatsumsätze versprochen zu haben. Die Beklagte wirbt zwar mit 6-stelligen Umsätzen, jedoch schreibt sie direkt im Text darunter hinzu, dass es sich um 6-stellige Jahresumsätze handelt.
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Zudem trägt die Beklagte vor die Klägerin sei sehr glücklich mit den Ergebnissen des Coachings gewesen und erzählte in zahlreichen Videos, Kommentaren und Nachrichten von ihren Erfolgen, die sie rein auf das Coaching-Programm zurückgeführt habe. Die Klägerin habe der Beklagten mitgeteilt ihren Umsatz dank des Coachings von 30.000 € auf 70.000 € erhöht zu haben.
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Die Beklagte ist der Ansicht, der Vertragsschluss könne nicht sittenwidrig sein da die Klägerin bei Vertragsschluss bestätigt habe, dass „für den Fall, dass es sich um einen Existenzgründer oder eine Privatperson handelt die Zahlung der Programmgebühr keine signifikante und existenzbedrohende finanzielle Last für ihn oder für seine Familie darstellt.“
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Zudem ist die Beklagte auch der Ansicht, dass das FernUSG nicht anwendbar sei. Der in § 1 FernUSG definierte Anwendungsbereich würde sich nicht auf den vorliegenden Fall erstrecken. Es sei beim Begriff des „Fernunterrichts“ nicht auf die räumliche Trennung der Vertragsparteien sondern vielmehr auf eine zeitliche Trennung abzustellen. Da das Coaching in zeitlicher Hinsicht stets synchron und live stattfand, sei ein Fernunterricht hier zu verneinen. Zudem sei die nach § 1 Abs. 1 S.2 FernUSG erforderliche Lernkontrolle nicht gegeben. Zum einen habe die Klägerin lediglich die Möglichkeit zur Selbstkontrolle eingeräumt bekommen. Zum anderen sei eine Lernkontrolle bei einem Coaching dieses Inhalts (Persönlichkeitsentwicklung) schon gar nicht möglich. Auch sie das FernUSG auf einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern nicht anwendbar. Bei der Klägerin handle es sich um eine Unternehmerin gem. § 14 BGB.
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Im übrigen wird zur Ergänzung auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Terminprotokoll vom 05.02.2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und aber unbegründet.
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Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht München sachlich und örtlich zuständig.
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Das Landgericht ist gem. § 1 ZPO, § 23 Nr. 1, 71 I GVG sachlich zuständig, weil der Streitwert gem. § 4 ZPO 20.000 € und somit mehr als 5000 € beträgt.
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Das Landgericht München ist auch örtlich zuständig. Dies ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aus § 26 Abs. 1 FernUSG.
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I. Nach § 26 Abs. 1 FernUSG wäre jenes Gericht für den Rechtsstreit zuständig, in dessen Bezirk die Teilnehmerin, hier also die Klägerin, ihren allgemeinen Gerichtsstand hat. Der allgemeine Gerichtsstand der Klägerin gem. § 12 ZPO ist in München, da sie dort ihren Wohnsitz hat.
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Allerdings ist das FernUSG im vorliegenden Fall gar nicht anwendbar. Hierfür müsste es sich bei dem Coaching durch die Beklagte um Fernunterricht handeln, was vorliegend nicht der Fall ist.
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„Fernunterricht“ im Sinne des § 1 Abs. 1 S.1 FernUSG ist die auf vertraglicher Grundlage erfolgende entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind. Der Begriff „räumlich getrennt“ wird von der bisherigen Rechtsprechung unterschiedlich ausgelegt.
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1. In einem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.07.2023, (Az. 304 O 277/22) wird ausgeführt dass zwar die Teilnahme mittels einer Videokonferenz nicht als Fall einer räumlichen Trennung i.S.d. § 1 FernUSG anzusehen ist, da es auf den direkten Kontakt zwischen dem Lehrendem und dem Lernendem bei der Wissensvermittlung ankomme. Wenn man streng auf den Wortlaut abstellt bedeutet „räumlich getrennt“, dass sich die Vertragspartner während des Unterrichts nicht am selben Ort aufhalten. Nach dem Wortlaut wäre also auf die physische räumliche Trennung abzustellen.
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Diese Ansicht wurde auch vom OLG Köln unterstützt, das in einer Entscheidung in einer Bußgeldsache von einer räumlichen Trennung ausging, wenn weniger als die Hälfte des Lehrstoffes im herkömmlichen Nah- oder Direktunterricht vermittelt wurde (OLG Köln, Beschluss vom 24. November 2006 – 81 SsOWi 71/06 – 210 B Rn. 10). Allerdings dürfte eine solch strenge Orientierung am Wortlaut in der heutigen digitalen Zeit als veraltet anzusehen sein. Das FernUSG trat am 1. Januar 1977 in Kraft. Zu dieser Zeit gab es weder Online Coaching noch digitalen Unterricht, sodass der Gesetzgeber solche Eventualitäten damals noch gar nicht berücksichtigen konnte. Lediglich auf die räumliche Trennung im physischen Sinne abzustellen würde dem heutigen digitalen Zeitalter also nicht gerecht werden. Die Frage der Synchronität ist in einigen anderen Urteilen so entschieden worden, dass es auf eine zeitliche Komponente ankommt, nicht auf die räumliche Distanz .Das bedeutet es müsste eine zeitliche Trennung zwischen dem vom Lehrenden „Unterrichteten“ und dem vom Lernenden „Gelernten“ geben. Zoom Calls gelten daher immer als synchron, soweit sie live stattfinden. Was vom Lehrenden gesagt wird, wird unmittelbar durch den Lernenden aufgenommen und verarbeitet. Eine zeitliche Trennung gibt es in solchen Konstellationen nicht.
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2. Dies war hier der Fall. Alle Coachings der Beklagten fanden live statt. Solch eine synchrone Anwesenheit trägt dazu bei, dass alle Teilnehmer zu Wort kommen und sich austauschen können. Zwar konnten einige Seminare der Beklagten auf der Plattform nochmal zur Wiederholung abgespielt werden, was für eine zeitliche Trennung sprechen mag. Jedoch fanden die ursprünglichen Kurse in Echtzeit mit der Möglichkeit des gegenseitigen Austauschs statt. Die Tatsache, dass sich die Kunden die Aufzeichnung danach erneut ansehen konnten, beeinträchtigt die Synchronizität nicht. Eine zeitliche Trennung ist daher im vorliegenden Fall nicht gegeben, sodass die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 S.1 FernUSG vorliegt.
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3. Für das Vorliegen eines Fernunterrichts müsste zudem gem. § 1 Abs. 1 S.2 FernUSG eine „Überwachung des Lernerfolgs“ gegeben sein.
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Dieses Tatbestandsmerkmal ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen. An die Überwachung des Lernerfolgs sind demnach eher geringe Anforderungen zu stellen. Eine Überwachung des Lernerfolgs ist bereits dann als gegeben anzusehen, wenn der Lernende nach dem Vertrag den Anspruch hat zum Beispiel in einer begleitenden Unterrichtsveranstaltung durch mündliche Fragen zum erlangten Stoff eine individuelle Kontrolle des Lernerfolgs durch den Lehrenden zu erhalten (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009, III ZR 310/08, NJW 2010, 608). In dem zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Coaching Vertrag wird keine Lernkontrolle erwähnt. Die Klägerin hat hier keine Prüfungsaufgaben erhalten und hatte auch nicht die Gelegenheit sich über ihren Lernerfolg bei der Beklagten rückzuversichern. Das vorliegende Online Coaching stellt keinen Lehrgang oder ein Studium oder ähnliches dar. Zwar konnte die Klägerin bei Verständnisproblemen jederzeit bei Mitarbeitern der Beklagten nachfragen. Von der Beklagten wurde hier ein Raum für etwaige Rückfragen angeboten und ein Netzwerk zum Austausch bereitgestellt. Allerdings ist die Kontrolle des Lernerfolgs nicht als Selbstkontrolle zu verstehen. Vielmehr muss hierfür eine Kontrolle durch den Lehrenden oder seinen Beauftragten stattfinden. Zusätzlich ist eine Lernerfolgskontrolle bei solchen Inhalten wie sie die Beklagte lehrt ohnehin schwer möglich. Bei dem Coaching handelt es sich um ein Programm zum Business-Aufbau mit einem Schwerpunkt auf dem Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung. Dieses Wissen ist einer Kontrolle nicht wirklich zugänglich. Hierbei bestimmte „Lernerfolge“ zu erzielen ist ebenfalls unmöglich, da es sich im einen individuellen Fortschritt der einzelnen Teilnehmer des Coachings handelt.
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4. Zudem ist das FernUSG auf Unternehmer nicht anwendbar. In der Gesetzesbegründung des FernUSG steht, dass das Gesetz Teilnehmer am Fernunterricht unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes schützen soll. Zwar handelt es sich im Coachingbereich bei den Käufern häufig um Verbraucher, die sich mit Hilfe des Coachings eine Selbständigkeit aufbauen möchten und dann gegebenenfalls bereits als Existenzgründer gelten. Dieses vermeintliche Problem lässt sich allerdings dahingehend lösen indem man auf die Verbrauchereigenschaft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt. Der Ansicht, dass das FernUSG leidglich auf Verbraucher anwendbar sein soll entspricht auch die gegenwärtige Regelung des § 3 Abs. 3 FernUSG, wonach bei einem Fernunterrichtsvertrag zu den wesentlichen Eigenschaften, über die der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 246 a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch zu informieren hat, näher bezeichnete Aspekte gehören. Es bedarf somit der Entscheidung ob die Klägerin bei Vertragsschluss als Unternehmerin im Sinne des § 14 BGB oder als Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB gehandelt hat. Ein Unternehmer gem. § 14 BGB ist jede natürliche oder juristische Person, die am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen ein Entgelt anbietet. Der Klägerin wird seit 4 Jahren und 4 Monaten eine Unternehmereigenschaft nachgewiesen. Sie bietet im Internet ähnliche Coachings wie die der Beklagten an. Dies ergibt sich einerseits aus dem LinkedIn Profil der Klägerin in welchem sie seit September 2019 als Unternehmerin gelistet ist. Zudem bietet die Klägerin einige Webinare und Live-Coachings in ihrer F.-Gruppe an. Weiterhin finden sich zahlreiche Angebote der Klägerin auf den Seiten „...“ und „...“. Die Klägerin ist daher als Unternehmerin gem. § 14 BGB anzusehen sodass der vorliegend geschlossene Vertrag nicht von den Regelungen des FernUSG umfasst ist.
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Demnach ergibt sich die örtliche Zuständigkeit nicht aus § 26 Abs. 1 FernUSG.
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II. Allerdings ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des LG München aus § 29 Abs. 1 ZPO. Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis ist hiernach das Gericht zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Der Erfüllungsort bestimmt sich nach § 269 BGB. Dies ist am der Wohnsitz der Beklagten also ..., da hier der geschuldete Erfolg eintritt.
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Die Klage ist unbegründet.
47
I. Es kam zu einem wirksamen Vertragsschluss zwischen der Klägerin und der Beklagten.
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1. Am 14.06.2022 unterschrieb die Klägerin die Kundenvereinbarung für das Coaching. Die Kundenvereinbarung enthielt einen Katalog mitsamt Leistungen die von der Beklagten erbracht werden sollen. Hier findet sich unter anderem die Formulierung „1:1 Coaching nach Bedarf“. Die Klägerin trägt vor nichts davon gewusst zu haben, dass die Natur des Programms eher ein Gruppen Coaching darstellt. Allerdings wurde dies durch die Beklagte widerlegt, indem mehrere Wh.-A. Nachrichten sowie F.-Posts der Klägerin vorgelegt wurden, in denen klar ersichtlich ist, dass die Klägerin wohl wusste dass es sich hauptsächlich um Gruppen Coachings handeln würde und sie hiermit auch sehr zufrieden war. Zudem wurde im Vorfeld in der F.-Gruppe kommuniziert, wie die Coachings im ... abgehalten werden. Es war ersichtlich, dass es wöchentlich live Zoom-Calls geben wird und es einen Mitgliederbereich geben wird sowie einen ChatSupport. Die 1:1 Coachings würden nach Bedarf stattfinden, falls die Fragen in den wöchentlichen Calls oder im persönlichen Wh.-A. Chat nicht gelöst werden können. Dies ist aus den von der Beklagten vorgelegten Screenshots des F. Chats ersichtlich. Die Klägerin hingegen kann keinerlei Beweise vorlegen, die das Gericht von Ihrer Unwissenheit bzgl. dieser Tatsache überzeugen könnte. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Parteien über den Inhalt des Vertrags einig waren und es zu einem wirksamen Vertragsschluss gem. §§ 145,147 ff BGB gekommen ist. Ein versteckter Dissens liegt hier nicht vor.
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2. Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist auch nicht nichtig.
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a) Der Coaching-Vertrag ist nicht aufgrund einer fehlenden Zulassung gem. §§ 7 Abs. 1 i.V.m. 12 FernUSG nichtig. Der Anwendungsbereich gem. § 1 Abs. 1 FernUSG ist bereits nicht eröffnet (siehe oben).
51
b) Es liegt auch keine Nichtigkeit des Vertrags gem. § 138 BGB vor.
52
aa) Der Vertrag ist nicht sittenwidrig gem. § 138 Abs. 1 BGB.
53
Ein gegenseitiger Vertrag ist als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und außerdem mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und der objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. bb) Der objektive Tatbestand des § 138 BGB ist nicht erfüllt.
54
Bei dem Coaching-Vertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag der beiden Parteien.Es liegt kein auffälliges Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung vor.
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Maßgeblich ist hierfür die „Grenze des Doppelten“. Ein auffälliges Missverhältnis i.S.d. § 138 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die vom Schuldner zu erbringende Leistung um 100% oder mehr über dem Wert der Gegenleistung liegt. Der Wert der Gegenleistung der Klägerin beträgt 20.000 €. Die Klägerin meint, dass die Leistungen der Beklagten um ein Vielfaches günstiger am Markt zu erhalten sind und zudem von qualifizierteren Einrichtungen mit entsprechender Zulassung angeboten werden und zudem die Möglichkeit besteht, einen qualifizierten und staatlich anerkannten Abschluss zu erhalten. Allerdings legt die Klägerin keinerlei solcher Angebote als Beweis vor. Die Klägerin trägt lediglich vor, dass sich ein Preis für ein derartiges Fernstudium auf 3.000 € beläuft. Wie oben allerdings bereits ausgeführt handelt es sich bei dem von der Beklagten angebotenen Coaching gerade nicht um ein Fernstudium weshalb die Preise hier auch nicht vergleichbar sind.
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Vorliegend handelt es sich um ein 9-monatiges Coaching in dem Strategien zum Marketing, zum Content-Writing, zum Copy-Writing, zum Vertrieb des Angebots und zur Angebotserstellung aufgezeigt werden sollen. Es geht zudem um das Lösen von persönlichen Blockaden und Umsetzungsstrategien. Die Coachinginhalte sind darauf ausgerichtet, Menschen zu zeigen, wie ein eigenes Unternehmen Spaß machen kann und hohe Umsätze generieren kann. Es gibt einen durchgängigen Chat-Support auf Wh.-A.. Zudem bietet die Beklagte beinahe täglich, an manchmal sogar 2 mal täglich live Zoom Calls an bei denen die Teilnehmer am Ende Fragen stellen können. Bei Bedarf kann jederzeit um ein 1:1 Coaching gebeten werden. Dort wird jedes Mal persönlich auf die Situation und Fragen der Coachees eingegangen. Auch der persönliche Wh.-A. Support mit über 700 persönlichen Nachrichten zwischen der Klägerin und der Beklagten zeigt, dass der Klägerin im vorliegenden Fall ein Hohes Maß an Unterstützung zugekommen ist. Zudem wurde in einem Urteil des OLG Köln vom 6. Dezember 2023 (OLG Köln, Urt. v. 6.12.2023 – 2 U 24/23), ein Programm von ähnlicher Dauer und sehr ähnlichem Inhalt zu dem Programm der Beklagten mit über 27.000 € Gebühr als rechtens erachtet. Das Gericht würdigte hier den Umstand, dass es sich nicht um ein Coaching handelt, dass einem Fernlehrgang an einer Hochschule nicht gleichgesetzt werden kann, sondern um einiges umfangreicher ist, als solch ein Fernlehrgang. Dies ist auch hier der Fall. Anders als bei einem Fernlehrgang wird individuell auf die Bedürfnisse der Coachees eingegangen sodass persönliche Probleme gelöst werden können. Der Preis von 20.000 € steht somit in keinem groben Missverhältnis zur Leistung der Beklagten.
57
c) Auch der subjektive Tatbestand des § 138 BGB ist nicht erfüllt.Es liegt kein der in § 138 Abs. 2 BGB genannten Merkmale vor.
58
aa) Es liegt keine Zwangslage vor.
59
Eine Zwangslage wäre gegeben, wenn bei der Klägerin ein zwingender Bedarf nach der Leistung der Beklagten bestanden hätte. Dies war vorliegend nicht der Fall. Es gibt einige Coaching-Anbieter die ähnliche Programme wie das der Beklagten anbieten, sodass die Klägerin sicherlich die Wahl zwischen mehreren Anbietern hatte und man folglich im vorliegenden Fall von keiner Zwangslage ausgehen kann.
60
bb) Es liegt kein mangelndes Urteilsvermögen der Klägerin vor. Dies wäre der Fall, wenn die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre die beiderseitigen Leistungen zu bewerten und Vor- und Nachteile des Geschäfts sachgerecht gegeneinander abzuwägen. Entscheidend ist, ob der Betroffene im konkreten Fall zu einer geeigneten Beurteilung in der Lage ist. Dies war der Fall, die Klägerin war dazu im Stande abzuwägen ob sie die Leistung der Beklagten in Anspruch nehmen möchte. bb) Zudem liegt auch keine erhebliche Willensschwäche auf Seiten der Klägerin vor.
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Eine solche wäre gegeben, wenn der Betroffene zwar den Inhalt und die Folgen des Geschäfts durchschaut, sich aber wegen einer verminderten psychischen Widerstandsfähigkeit nicht sachgerecht zu verhalten mag. Mangelndes Urteilsvermögen und Willensschwäche ergänzen sich hierbei ähnlich wie Einsichts- und Steuerungsfähigkeit. Die Klägerin ist alleinerziehend und trägt vor, dass sie im Januar 2022 am Ende ihrer Kräfte war, da ihre Tochter eine Krankheitsdiagnose erhalten hatte und der Druck wuchs, Geld zu verdienen.
62
Dies habe sie dazu animiert den Vertrag abzuschließen. Die Klägerin trägt auch vor einen Kredit in Höhe von 10.000 € extra für das Coaching aufgenommen zu haben. Diese Tatsache spräche eigentliche sehr für eine erhebliche Willensschwäche. Sich zu verschulden um ein Coaching Programm gerichtet auf Persönlichkeitsentwicklung bezahlen zu können, lässt durchaus darauf schließen, dass sich die Klägerin in einem Zustand des mangelnden Urteilsvermögens befunden hat. Allerdings legt die Klägerin keinerlei Beweise für die Existenz eines solchen Kredits vor. Vielmehr berichtete die Klägerin im Juni 2022 als sie sich bei der Beklagten vorstellte, von einem Hauptjob, in dem sie angestellt sei und von zusätzlichen Einnahmen freiberuflicher Art in Höhe von ca. 30.000 €, die sie erweitern wolle. Von finanziellen Problemen war nicht die Rede in keinem Gespräch die Rede. Auch für die von der Klägerin behauptete Privatinsolvenz liegen keine Beweise vor. cc) Es ist keine Ausbeutung im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB gegeben.
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Eine Ausbeutung wäre gegeben, wenn die Beklagte sich die Zwangslage, bzw. das fehlende Urteilsvermögen der Klägerin bewusst zu Nutze gemacht hätte und dabei Kenntnis von dem Missverhältnis der beiden Leistungen hat. Vorliegend ist keine verwerfliche Gesinnung der Beklagten erkennbar. Die Klägerin wurde beim Vertragsschluss nicht überrumpelt und musste auch keine sonderlich schnelle Entscheidung treffen. Es gab ein kostenloser Webinar, durch das potentiell interessierte Kunden das Coaching Programm testen und die Coaches kennenlernen konnten. Zudem wurde sich vor Vertragsschluss auch nochmal über F. ausgetauscht. Eine Ausbeutung ist auch nicht im Bezug darauf erkennbar, dass die Beklagte der Klägerin mit „falscher Reklame“ Hoffnungen gemacht hat. Ausdrucksweisen wie „easy-peasy“ werden offensichtlich zu Werbezwecken genannt. Hierauf darf sich eine normal verständige Person nicht verlassen. Dabei ist je nach Einzelfall eine Einschätzung aus der Perspektive eines aufmerksamen, informierten, verständigen Durchschnittsverbrauchers vorzunehmen. Ein solcher ist mit der Tatsache vertraut, dass reklamehafte Anpreisungen in der Natur der Werbung liegen. Er würde die Werbung daher kritisch betrachten und nichtssagende Anpreisungen, Floskeln und Übertreibungen nicht wörtlich nehmen.
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Zudem scheitert eine Ausbeutung auch bereits daran, dass die Klägerin sich in den ersten 7 Monaten des Coaching Programms als eine äußerst zufriedene Kundin gezeigt hat. Sie danke der Geschäftsführerin der Beklagten mehrmals für das tolle Coaching und berichtete in der Wh.-A. Gruppe von beruflichen Erfolgen sowie einer Verdopplung ihrer freiberuflichen Einnahmen. Diese Erfolge führte die Klägerin in mehreren Nachrichten auf das Coaching der Klägerin zurück. Lediglich in den letzten 2 Monaten des Coaching Programms zog sich die Klägerin zurück und nahm an den Gruppen Zoom Calls nicht mehr teil.
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3) Die Beklagte kann den Coaching-Vertrag auch nicht gem. § 142 anfechten, da kein Anfechtungsgrund vorliegt. Insbesondere liegt kein Eigenschaftsirrtum i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB vor, da sich die Parteien in der Vereinbarung ausdrücklich auf 1:1 Coaching nach Bedarf geeinigt haben. Auch über einem persönlichen Coaching mit der Geschäftsführerin konnte die Klägerin nicht irren, da dies in der Vereinbarung nicht erwähnt wurde.
66
II) Da die Klage vollumfänglich abgewiesen wird stehen der Klägerin auch der geltend gemachte Anspruch auf Verzugszinsen nicht zu. Gleiches gilt für die Nebenforderungen, welche das Schicksal der Hauptforderung teilen. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren.
67
I) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO, da die unterliegende Partei die Kosten tragen muss.
68
II) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
69
III) Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.