Inhalt

OLG Bamberg, Beschluss v. 14.11.2024 – 7 UF 128/24
Titel:

Auslegung des § 7a UVG

Normenketten:
BGB § 1601, § 1603 Abs. 2 S. 1, § 1606, § 1612
UVG § 7, § 7a
SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, § 11a, § 11b
Leitsätze:
1. Beim Einkommen im Sinn von § 7a UVG handelt es sich um jedes Einkommen, das den Anforderungen des § 11 Abs. 1 SGB II entspricht. Die vorgenommene „erweiternde“ Auslegung dahingehend, dass die Norm auch bei einem auf den Leistungsanspruch des Schuldners anzurechnenden Einkommen gilt, solange dieses den Anspruch nach SGB II nicht vollständig ausschließt, ist nicht zulässig. (Rn. 36)
2. Die Einschränkung des § 7a UVG greift demnach nur dann, wenn der Unterhaltspflichtige überhaupt kein Einkommen im Sinn von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bezieht. Auf die Höhe des eigenen Einkommens kommt es gerade nicht an. (Rn. 37)
3. Die Norm soll nach dem Willen des Gesetzgebers aufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen vermeiden. Geregelt wurde in § 7a UVG, wann die Bemühungen nach Auffassung des Gesetzgebers regelmäßig unwirtschaftlich sind: nämlich dann, wenn der Unterhaltspflichtige ausschließlich Leistungen nach SGB II bezieht. (Rn. 39)
Schlagworte:
Unterhaltsschuldner, gesteigerte Erwerbsobliegenheit, Zurechnung fiktiver Einkünfte, Einkommen
Vorinstanz:
AG Lichtenfels, Beschluss vom 18.06.2024 – 001 F 343/22
Fundstellen:
MDR 2025, 524
LSK 2024, 34520
BeckRS 2024, 34520

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen – der Beschluss des Amtsgerichts Lichtenfels vom 18.06.2024 abgeändert wie folgt:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an den Antragsteller für die Zeit vom 01.10.2023 bis 31.01.2024 rückständigen Unterhalt zu bezahlen für das Kind Z. in Höhe von 197,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus diesem Betrag ab 03.01.2024. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller 80%, der Antragsgegner 20%.
3. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.057 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsgegner ist der Vater des am …2015 geborenen Kindes Z., welches im Haushalt ihrer Mutter lebt. Der Antragsteller erbrachte für dieses Kind in der Zeit von 01.10.2023 bis 31.01.2024 Leistungen nach UVG.
2
Der Antragsgegner erreichte 2010 den Hauptschulabschluss. Anschließend nahm er an verschiedenen Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung teil und arbeitete als Helfer in verschiedenen Berufen. Im oben genannten Zeitraum bezog er Leistungen nach SGB II. Daneben war er geringfügig beschäftigt. Im Oktober 2023 wurde ihm ein Nettolohn von 107,50 € ausbezahlt, im November 2023 von 62,49 €, im Dezember 2023 von 661,81 € und ihm Januar 2024 von 484,13 €. Diese Einkünfte wurden teilweise auf die Leistungen nach SGB II angerechnet.
3
Der Antragsteller beantragte in erster Instanz zuletzt, den Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt zu verpflichten für die Zeit vom 01.10.2023 bis 31.01.2024 in Höhe von 100% des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe abzüglich des Kindergeldes für ein erstes Kind zuzüglich Zinsen für den Fall des Verzuges in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
4
Der Antragsgegner beantragte Antragsabweisung. Seiner Meinung nach sei die gerichtliche Geltendmachung nach § 7a UVG ausgeschlossen.
5
Nach Durchführung einer Beweisaufnahme wies das Familiengericht den Antrag mit Beschluss vom 18.06.2024 kostenpflichtig zurück und führte zur Begründung unter anderem aus:
6
Der noch zur Entscheidung stehende Antrag ist insgesamt unbegründet. Ihm steht, soweit ein Unterhaltsanspruch bestehen sollte, die Rechtsausübungssperre aus § 7a UVG entgegen. Unabhängig davon, ob ein Unterhaltsanspruch besteht und übergegangen ist, ist der Antragsteller daher daran gehindert, den Unterhalt gerichtlich geltend zu machen.
7
Die Voraussetzungen von § 7a UVG liegen durchgehend vor, ohne Rücksicht auf tatsächlich bezogene Einkommen. Die Rechtsausübungssperre greift auch dann, wenn der Unterhaltsberechtigte ein Einkommen erzielt. Dies gilt sowohl für ein nach den Regeln des SGB II anrechnungsfreies als auch für ein teilweise auf den Anspruch anzurechnendes Einkommen, solange es nicht zu einem Entfall der Leistungen führt (so OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.09.2023).
8
Der Wortlaut § 7a UVG setzt voraus, dass der Barunterhaltspflichtige kein Einkommen iSv § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bezieht. Einkommen ist dort wiederum definiert als Summe der Geldeinnahmen mit Ausnahme der u.a. in § 11a SGB II oder anderen Gesetzen erfassten anrechnungsfreien Einnahmen und unter Abzug der in § 11b SGB II genannten Beträge. Nach dem Wortlaut der Vorschrift greift die Sperre daher jedenfalls dann noch, wenn zwar Einkommen erzielt wird, dies jedoch entweder aufgrund spezialgesetzlicher Anordnungen oder aufgrund von Abzügen nach § 11b SGB II nicht zu Anrechnungen auf den SGB-II-Anspruch führt. § 7a UVG ist mithin erweiternd dahingehend auszulegen, dass die Norm auch bei einem auf den Leistungsanspruch des Schuldners anzurechnenden Einkommen gilt, solange dieses den SGBII-Anspruch nicht vollständig ausschließt (so OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.09.2023).
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Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung vom 18.06.2024 verwiesen.
10
Der Antragsteller legte gegen die ihm am 26.06.2024 zugestellte Entscheidung mit Schriftsatz vom 15.07.2024, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, Beschwerde ein, mit der er seinen in der ersten Instanz zuletzt gestellten Antrag weiterverfolgt.
11
Der Antragsgegner verteidigt die vom Amtsgericht getroffene Entscheidung und beantragt die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde. Vorsorglich beantragt er die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
II.
12
Die nach §§ 58 ff FamFG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet und führt zur Abänderung der vom Amtsgericht am 18.06.2024 getroffenen Entscheidung.
13
Der Senat hat von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Beschwerdegericht abgesehen, weil von einer erneuten Verhandlung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten waren (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG).
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Das Kind Z. hatte dem Antragsgegner gegenüber für den Zeitraum 01.10.2023 bis 31.01.2024 einen Anspruch auf Barunterhalt in Höhe von insgesamt 272,71 €. Nach § 7 Abs. 1 UVG ist dieser Anspruch auf den Antragsteller übergegangen. Entgegen den Ausführungen des Familiengerichts steht § 7a UVG dem geltend gemachten Anspruch für die Monate Oktober 2023, Dezember 2023 und Januar 2024 nicht entgegen. Allein der Anspruch für November 2023 kann „nicht verfolgt“ werden. Damit verbleibt für den Antragsteller ein Betrag von 197,36 €.
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1) Der Antragsgegner ist als Vater des minderjährigen Kindes Z., welches im Haushalt der Mutter lebt und von dieser betreut wird, grundsätzlich zur Zahlung von Barkindesunterhalt verpflichtet (§§ 1601, 1606, 1612 BGB).
16
Soweit Ansprüche des Kindes für die Zeit vom 01.10.2023 bis 31.01.2024 bestanden, sind diese nach § 7 Abs. 1 UVG in Höhe der vom Antragsteller erbrachten Leistungen auf diesen übergegangen.
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2) Ein Anspruch des Kindes für diese Zeit bestand tatsächlich. Denn die Leistungsfähigkeit des Antragsgegners als Unterhaltsschuldner wird nicht nur nach seinen tatsächlichen Einkünften bestimmt, sondern auch nach den von ihm in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften (Grüneberg / von Pückler, BGB, 82. Auflage, 2023, § 1603 Rn. 4).
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a) Gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB sind Eltern einem minderjährigen unverheirateten Kind gegenüber in gesteigertem Maße zum Unterhalt verpflichtet und müssen deshalb alle verfügbaren Mittel zu ihrem und des Kindes Unterhalt gleichmäßig verwenden. Hieraus und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft. Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach gefestigter Rechtsprechung nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden.
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Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus (BGH, FamRZ 2014, 637). Schließlich darf dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist (BVerfG, FamRZ 2010, 793, 794).
20
Ein gemäß § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, also unter Anspannung aller Kräfte und Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um die Erlangung eines hinreichend entlohnten Arbeitsplatzes zu bemühen. Er muss alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt des Kindes verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten ausschöpfen und auch einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen, um ein die Zahlung des Mindestunterhalts sicherstellendes Einkommen zu erzielen. Bei eigener Arbeitslosigkeit hat sich der Pflichtige durch intensive Suche um eine Stelle zu bemühen; bei Arbeitsstellen mit geringerem Einkommen ist entweder eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Mittel zu erlangen, etwa ergänzende Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten (BGH, FamRZ 2014, 637; Klinkhammer in Wendl / Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Auflage, 2019, § 2 Rn. 366 ff).
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Für die ordnungsgemäße Erfüllung sämtlicher der zuvor dargestellten Voraussetzungen ist der Unterhaltsverpflichtete darlegungs- und beweisbelastet (Grüneberg / von Pückler, BGB, 82. Auflage, 2023, § 1603 Rn. 47). Um den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast zu genügen, muss der Unterhaltsschuldner in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im Einzelnen unternommen hat, und diese dokumentieren.
22
Diesen (strengen) Anforderungen hat der Antragsgegner erkennbar nicht genügt. Konkrete Erwerbsbemühungen wurden nicht vorgetragen.
23
b) Die vom Antragsgegner behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen stehen der Zurechnung fiktiver Einkünfte aus einer Vollzeitbeschäftigung nicht entgegen. Denn wer sich auf eine krankheitsbedingte Einschränkung seiner Erwerbsfähigkeit berufen will, muss grundsätzlich Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden angeben, und hat ferner darzulegen, inwieweit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken (BGH, FamRZ 2017, 109).
24
In erster Instanz erklärte der Antragsgegner allerdings lediglich, er leide unter einer sehr schweren Kindheit. Er sei mit unsicheren Bindungen und Gewalterfahrungen aufgewachsen.
25
Mehrfach habe er wegen seiner Depressionen stationär behandelt werden müssen.
26
Darüber hinaus ist das Ergebnis der vom Familiengericht durchgeführten Beweisaufnahme eindeutig.
27
c) Die Ausführungen des Antragstellers, dem Antragsgegner müsse für den fraglichen Zeitraum ein Einkommen aus einer fiktiven Vollzeitstelle zugerechnet werden, sind folglich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat zwar keine abgeschlossene Berufsausbildung. Gleichwohl verfügt er über eine gewisse Berufserfahrung. Als Beschäftigungsmöglichkeiten wären ihm sämtliche Hilfsarbeiten in Industrie und Handel sowie Tätigkeiten im Dienstleistungsbereich zur Verfügung gestanden.
28
Entgegen der Einschätzung der Beschwerde bestand für den Antragsgegner aufgrund der im Rahmen der Begutachtung bei ihm festgestellten Einschränkungen („leichte depressive Symptomatik“ sowie „leicht reduzierte Stressresistenz“) allerdings trotz gesteigerter Erwerbsobliegenheit keine Verpflichtung, zusätzlich eine Nebentätigkeit in der Freizeit auszuüben. Die Zurechnung weiterer fiktiver Einkünfte kommt damit nicht in Betracht.
29
d) Unter Berücksichtigung des gesetzlichen Mindestlohns hätte der Antragsgegner demnach pro Monat 1.521,41 € (Oktober bis Dezember 2023) bzw. 1.575,43 € (Januar 2024) verdienen können. Nach Abzug der Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen, die auch vom fiktiv zugerechneten Einkommen abzusetzen ist (vgl. BVerfG NJW 2012, 2420 ff), wären ihm Beträge von 1.445,35 € bzw. 1.496,66 € verblieben.
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e) Der Selbstbehalt des Antragsgegners seiner minderjährigen Tochter gegenüber betrug 1.370 € (Oktober bis Dezember 2023) bzw. 1.450 € (Januar 2024). Die genannten Beträge können nicht „wegen ersparter Aufwendungen“ reduziert werden, weil der Antragsgegner zusammen mit seiner Partnerin in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Denn ein sog. Synergieeffekt tritt nur bei einem Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner ein (SüdL Nr. 21.5.3). Die Partnerin des Antragsgegners lebte in jener Zeit allerdings von staatlichen Leistungen.
31
Im Ergebnis war der Antragsgegner damit in den Monaten Oktober bis Dezember lediglich in Höhe von 75,35 € und im Januar 2024 in Höhe von 46,66 € leistungsfähig.
32
3) § 7a UVG steht der Geltendmachung der übergegangenen Ansprüche für die Monate Oktober 2023, Dezember 2023 und Januar 2024 nicht entgegen, weil der Antragsgegner in diesen Monaten über eigenes Einkommen verfügte.
33
Nach der genannten Vorschrift wird ein nach § 7 UVG übergegangener Anspruch nicht verfolgt, solange der Elternteil, bei dem der Berechtigte nicht lebt, Leistungen nach SGB II bezieht und über kein eigenes Einkommen im Sinn von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfügt.
34
a) Der Antragsgegner war im oben genannten Zeitraum geringfügig beschäftigt. Im Oktober 2023 wurde ihm ein Nettolohn von 107,50 € ausbezahlt, im November 2023 von 62,49 €, im Dezember 2023 von 661,81 € und ihm Januar 2024 von 484,13 €. Nach § 11 Abs. 2 SGB II sind die Einnahmen jeweils für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen.
35
b) Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen (alle) Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen sowie Einnahmen, die nach anderen Vorschriften des Bundesrechts nicht als Einkommen im Sinne des SGB II zu berücksichtigen sind.
36
Entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung handelt es sich bei dem Einkommen im Sinn von § 7a UVG um jedes Einkommen, das den Anforderungen des § 11 Abs. 1 SGB II entspricht. Die vorgenommene „erweiternde“ Auslegung dahingehend, dass die Norm auch bei einem auf den Leistungsanspruch des Schuldners anzurechnenden Einkommen gilt, solange dieses den Anspruch nach SGB II nicht vollständig ausschließt (so offenbar OLG Frankfurt MDR 2024, 44), ist nicht zulässig.
37
Der Wortlaut der Norm ist eindeutig. Genannt werden dort nämlich – kumulativ – zwei Tatbestände (Leistungen nach SGB II und kein eigenes Einkommen im Sinn von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Einschränkung des § 7a UVG greift demnach nur dann, wenn der Unterhaltspflichtige überhaupt kein Einkommen im Sinn von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bezieht (vgl. Klinkhammer in Wendl/Dose, a.a.O., § 8 Rn. 275a). Auf die Höhe des eigenen Einkommens kommt es gerade nicht an (BeckOK SozR / Engel-Boland, 73. Ed. 1.6.2024, UnterhVG § 7a Rn. 8).
38
Auch der Zweck der Vorschrift rechtfertigt die vom Amtsgericht vorgenommene Auslegung nicht.
39
Die Norm soll nach dem Willen des Gesetzgebers aufwändige und unwirtschaftliche Rückgriffsbemühungen vermeiden (BT-Drucksache 18/11135 Seite 163). Geregelt wurde in § 7a UVG, wann die Bemühungen nach Auffassung des Gesetzgebers regelmäßig unwirtschaftlich sind: nämlich dann, wenn der Unterhaltspflichtige ausschließlich Leistungen nach SGB II bezieht (Diehl in Handbuch Familienrecht, 12. Auflage, 2021, Kapitel 14 Rn. 233).
40
Es mag dahinstehen, ob die gesetzliche Regelung im Hinblick auf das vorgegebene Ziel besonders geglückt ist. Es gehört aber nicht zu den Aufgaben der Rechtsprechung, Mutmaßungen darüber anzustellen, was der Gesetzgeber „eigentlich“ regeln wollte. Dementsprechend können gesetzliche Vorschriften, wenn der Anwendungsbereich nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht eröffnet ist, nicht angewendet werden.
41
c) Allein im Monat November 2023 – dies hatte der Senat im Beschluss vom 12.09.2024 übersehen – verblieb beim Antragsgegner kein Einkommen im Sinn von § 11 Abs. 1 SGB II, weil nach § 11b Abs. 2 SGB II bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die erwerbstätig sind, an Stelle der Abzüge nach § 11b Abs. 1 Nr. 3 bis 5 SGB II ein Betrag von pauschal 100 € monatlich abzusetzen ist (62,49 – 100 < 0).
42
d) Offen bleiben kann im vorliegenden Fall, ob § 7a UVG auch dann anwendbar ist, wenn Einkommen im Sinn von § 11 Abs. 1 SGB II nur deswegen vorliegt, weil mangels Titulierung ein Abzug für die betroffenen gesetzlichen Unterhaltspflichten nach § 11b Abs. 1 Nr. 7 SGB II fehlt (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.).
43
Abzusetzen wären nach § 11b Abs. 1 Nr. 7 SGB II nämlich nur die tatsächlichen Aufwendungen zur Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung, nicht aber eine bestehende Verpflichtung als solche.
44
Der Antragsgegner leistete in der fraglichen Zeit aber unstreitig keine Beträge zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung zum Unterhalt. Seine Ausführungen im Schriftsatz vom 14.10.2024 ändern am Ergebnis daher nichts.
III.
45
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 Satz 1 und 2 Nr. 1 FamFG, die Wertfestsetzung auf §§ 40, 51 Abs. 1 FamGKG.
46
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen zur Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen § 7a UVG anwendbar ist (§ 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG).