Titel:
Unzulässigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung - Maßnahme
Normenkette:
StVollzG § 109 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Verwendung der in einem Bericht erfolgten Ausführungen einer Therapeutin stellt keine Maßnahme mit Regelungscharakter dar. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verwertung der Ausführungen dient lediglich der Vorbereitung der Entscheidung über Anträge des Antragsstellers und entfaltet daher selbst keine Regelungswirkung. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Strafvollstreckung, Bericht, Therapeutin, Verwertung, Vorbereitung, Regelungswirkung
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 11.10.2024 – 204 StObWs 482/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 34495
Tenor
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 24.05.2024 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwaltes … wird abgelehnt
3. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 100 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller befindet sich in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt … .
2
Mit Schreiben vom 24.05.2024, hier eingegangen am 27.05.2024, hat der Antragsteller eine gerichtliche Entscheidung nach §§ 109 ff. StVollzG beantragt. Konkret beantragte er zu erkennen, dass die Verwendung der Inhalte aus dem Antrag der Frau … rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt, sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, einen den Tatsachen sprechen Bericht der Frau … anzufordern. Zudem beantragte er die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwaltes.
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Zur Begründung führte Antragsteller aus, dass ihm der Vollzugsinspektor Herr … am 16.05.2024 eine Kopie des Antrags der Psychotherapeutin Frau … auf Verlängerung der einzeltherapeutischen Maßnahme vom 09.04.2024 ausgehändigt habe. Der Vollzugsinspektor habe dem Antragsteller mitgeteilt, dass Inhalte des Berichts in den Vollzugsplan einfließen und auch in künftigen Stellungnahmen Erwähnung finden würden. Der als Antrag dargestellte Bericht der Therapeutin erwecke den Anschein, als sei durch die Anstaltsleitung zuvor auf die Therapeutin eingewirkt worden. Der Bericht enthalte zahlreiche Feststellungen, welche nicht den Tatsachen entsprechen würden. Der Antragsteller führte daraufhin unter Ziffer 3 aus, welche einzelnen Feststellungen der Therapeutin seiner Ansicht nach nicht zutreffend seien und fügte den Antrag der Therapeutin vom 09.04.2024 sowie ein Schreiben der Therapeutin vom 16.01.2024, und ein Schreiben des Antragstellers vom 08.01.2020 an die Therapeutin bei.
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Mit Verfügung vom 30.05.2024 wies das Gericht Antragsteller darauf hin, dass sein Antrag nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage ist lang unzulässig ist, da eine Maßnahme der Antragsgegnerin im Sinne des § 109 StVollzG nicht erkennbar ist. Da bislang noch keine Verwertung der Inhalte stattgefunden habe, diene der Antrag zudem nach vorläufiger Prüfung einem vorbeugenden Rechtsschutzinteresse.
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Antragsteller nahm hierzu mit Schreiben vom 13.06.2024 Stellung und führte aus, dass er den Antrag aufrechterhalte. Die Ausführungen der Psychologen in ihrem Bericht vom 09.04.2024 seien mittlerweile von Antragsgegnerin in nunmehr vier nachteiligen Bescheiden ungeprüft verwendet worden. In der Verwendung des Berichts liege eine Maßnahme vor, die einen Regelungscharakter der gerichtlichen Entscheidung nach §§ 109 ff. StVollzG betreffe.
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Eine weitere Äußerung ist nicht eingegangen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird die genannten Schreiben Bezug genommen.
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Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig und war deshalb zurückzuweisen.
1. Verwendung der Inhalte aus dem Bericht vom 09.04.2024
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Vorliegend fehlt es bereits an einer Maßnahme der Antragsgegnerin im Sinne des § 109 StVollzG.
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Der Antragssteller trägt zunächst vor, dass eine Maßnahme der Antragsgegnerin gegeben sei, da die JVA … den Bericht der Therapeutin im Rahmen der Entscheidung in den Bescheiden vom 05.06.2024 (jeweils Antrag auf Lockerungen) und vom 31.05.2024 (jeweils Antrag auf Lockerungen) zu seinen Lasten verwertet habe. Die Verwendung der Ausführungen der Therapeutin stellt gerade keine Maßnahme mit Regelungscharakter dar.
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Nach § 109 Abs. 1 StVollzG i.V.m Art. 208 BayStVollzG ist Gegenstand des Verfahrens nach § 109 ff. StVollzG eine Maßnahme, mithin eine behördliche Entscheidung zur Regelung (auf unmittelbare Außenwirkung gerichtet) eines Einzelfalls auf dem Gebiet des Strafvollzugs, welche der Vollzugsbehörde zugerechnet werden kann und aufgrund welcher die Möglichkeit einer Rechtsverletzung besteht und geltend gemacht wird. Voraussetzung ist also, dass eine konkrete Maßnahme angegriffen werden soll bzw. der Erlass einer konkreten Maßnahme nach Ablehnung durch die Justizvollzugsanstalt … begehrt wird.
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Die Verwertung der Ausführungen der Therapeutin … stellt vorliegend lediglich eine Vorbereitung zur Entscheidung über die Anträge des Antragsstellers dar und entfaltet daher selbst keine Regelungswirkung. Die Antragsgegnerin ist durch den Bericht der Therapeutin nicht gebunden und trifft ihre Entscheidungen durch Ausübung eines eigenen Ermessens. Erst durch die vom Antragssteller vorgetragenen Bescheide besteht eine Rechtswirkung nach außen und damit auch eine Regelungswirkung gegenüber dem Antragssteller. Der Antragssteller wendet sich jedoch vorliegend ausdrücklich nicht gegen die Bescheide, sondern lediglich gegen die Verwendung des Berichts.
2. Verpflichtung zur Anforderung eines neuen Berichts
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Hinsichtlich des Verpflichtungsantrags fehlt dem Antragssteller vorliegend bereits ein Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis ist jedenfalls dann gegeben, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das von dem Antragsteller angefochtene vollzugsbehördliche Handeln bzw. die Nichtvornahme der von ihm begehrten Maßnahme ihn in seinen Rechten verletzt. Der Antragssteller hat vorliegend zunächst nicht dargelegt, dass er sich mit seinem Anliegen zuvor in geeigneter Weise an die Vollzugsbehörde gewandt hat (BVerfG NStZ-RR 1999, 28). Des Weiteren ist nicht erkennbar wie der Antragsteller durch ein Unterlassen der Anforderung eines neuen Berichts in seinen Rephten verletzt sein könnte. Die Antragsgegnerin hat vorliegend keinerlei Einfluss auf den Inhalt und den Antrag der Therapeutin. Der Antragssteller wendet sich in seinem Antrag ausschließlich gegen die inhaltlichen Ausführungen der Therapeutin. Aus der Begründung des Antragsstellers lässt sich somit gerade kein rechtsmissbräuchliches Handeln der JVA … erkennen. Der Antragsteller kann mithin auch keinen Anspruch auf eine derartige Maßnahme haben. Ein gerichtlicher Hinweis, dass ein vorheriger Antrag erforderlich ist, war vor diesem Hintergrund nicht erforderlich.
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Es bestehen entgegen den Ausführungen des Antragsstellers keinerlei Anhaltspunkte, welche auf eine Beeinflussung der Therapeutin durch die Antragsgegnerin schließen lassen. Der Antragssteiler trägt insoweit auch keine substanziierten Tatsachen vor, sondern äußert lediglich Vermutungen. Allein die Tatsache, dass einige Ausführungen der Therapeutin nicht der Ansicht des Antragsstellers entsprechen und gegeben falls negative Auswirkungen für ihn haben könne, spricht nicht für die Annahme eines „Gefälligkeitsberichts“.
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Aufgrund des Grundsatzes der Amtsermittlung im Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG kommt Beweisanträgen lediglich die Bedeutung von Beweisanregungen zu, deren Ablehnung grundsätzlich keiner weiteren Begründung bedarf (vgl. Callies/Müller-Dietz § 115 Rn. 4).
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Der Antrag auf Bewilligung von Prpzesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes waren abzulehnen, da die Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind. Prozesskostenhilfe ist zu gewähren, wenn der Antragsteller bedürftig ist und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht, auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Erfolgsaussicht bedeutet in diesem Zusammenhapg nicht Erfolgsgewissheit, sondern nur Erfolgswahrscheinlichkeit, welche in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nur summarisch zu prüfen ist.
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Nach summarischer Prüfung bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und war der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe somit zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 StVollzG.
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Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf den §§ 60, 52 Absatz 1 bis 3 GKG.