Inhalt

OLG München, Urteil v. 25.07.2024 – 29 U 6194/21
Titel:

Differenzschadensersatz für vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug (hier: VW Passat Variant 2.0 l TDI)

Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2, § 826
Fahrzeugemissionen-VO Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
EG-FGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
ZPO § 287
Leitsätze:
1. Einen Differenzschaden bejahend auch: KG BeckRS 2024, 13983; OLG Celle BeckRS 2023, 32827; OLG Dresden BeckRS 2023, 22299; BeckRS 2023, 32835; BeckRS 2024, 28982; OLG Hamburg BeckRS 2023, 26911; BeckRS 2024, 13979; OLG Hamm BeckRS 2023, 25175; BeckRS 2023, 29622; BeckRS 2023, 32870; OLG München BeckRS 2024, 5142; BeckRS 2024, 5496; BeckRS 2024, 5589; BeckRS 2024, 6664; BeckRS 2024, 6950; BeckRS 2024, 7525; BeckRS 2024, 8552; BeckRS 2024, 8714; BeckRS 2024, 11301; BeckRS 2024, 23145; BeckRS 2024, 24738; BeckRS 2024, 27999; BeckRS 2024, 27994; BeckRS 2024, 34038; OLG Nürnberg BeckRS 2024, 34040; OLG Oldenburg BeckRS 2024, 643; BeckRS 2024, 5526; OLG Saarbrücken BeckRS 2024, 31665; OLG Schleswig BeckRS 2023, 35465; BeckRS 2024, 3307; OLG Stuttgart BeckRS 2023, 35483; BeckRS 2024, 394; für Wohnmobil: OLG Naumburg BeckRS 2023, 27644. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Geltendmachung des Differenzschadens anstelle des großen Schadensersatzes ist nicht als Klageänderung anzusehen, weil der Lebenssachverhalt im Übrigen unverändert ist. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Übereinstimmungsbescheinigung ist unzutreffend, wenn das betreffende Kraftfahrzeug mit einer gem. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, weil die Bescheinigung dann eine tatsächlich nicht gegebene Übereinstimmung des konkreten Kraftfahrzeugs mit Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 ausweist (stRspr BGH BeckRS 2023, 15117). (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
4. Bei Vorliegen einer Fahrkurvenerkennung, für die seitens der Herstellerin ein Software-Update bereitgestellt wird, das die mit ihr verbundenen unzulässigen Funktionalitäten beseitigt, kann die Höhe des dem Käufer entstandenen Vermögensschadens gem. § 287 ZPO mit 5 % des gezahlten Kaufpreises geschätzt werden, da der objektive Wert des Fahrzeugs durch das mit der Abschalteinrichtung verbundene Risiko der Betriebsstilllegung in diesem Umfang gemindert ist. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Restwert des Fahrzeugs kann in Höhe des Händlereinkaufspreises gemäß Gebrauchtwagenbewertung erstellt mit SilverDAT geschätzt werden (§ 287 ZPO). (Rn. 88) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, EA 288, unzulässige Abschalteinrichtung, Thermofenster, Fahrkurvenerkennung, Schutzgesetzverletzung, Übereinstimmungsbescheinigung, Differenzschaden, unvermeidbarer Verbotsirrtum, Restwert, Nutzungsentschädigung
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Urteil vom 02.08.2021 – 53 O 804/20 Die
Fundstelle:
BeckRS 2024, 34032

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 02.08.2021, Az. 53 O 804/20 Die, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.440,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 21.07.2020 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt die Klägerin.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts Ingolstadts in obiger Fassung sind vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klagepartei begehrt den Ersatz des Differenzschadens für ein angeblich mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehenes Fahrzeug.
2
Die Klagepartei erwarb am 24.05.2016 einen VW Passat Variant 2.0 I TDI mit 110 KW und der FIN … bei dem Autohaus ... GmbH in ... zu einem Kaufpreis von 28.800,00 € brutto mit einem Kilometerstand von 25.370 km. Das Fahrzeug mit der Schadstoffklasse Euro 6 wurde von der Beklagten hergestellt. Es ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 288 ausgestattet. Bei der Baureihe EA 288 handelt es sich um die Nachfolgebaureihe zu der vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffenen Baureihe EA 189. Der Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs verfügt über ein System zur Abgasrückführung, das in Abhängigkeit von der Außentemperatur deaktiviert wird. Darüber hinaus verfügt das Fahrzeug über eine Software, die erkennt, ob das Fahrzeug einen Prüfzyklus durchfährt (Fahrkurvenerkennung/Zykluserkennung).
3
Für die Baureihe EA 288 gibt es – anders als für die Baureihe EA 189 – keinen Bescheid des Kraftfahrtbundesamts (KBA) bzw. einer anderen zuständigen Genehmigungsbehörde, die das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung feststellt. Das Fahrzeug unterliegt auch keinem Rückruf.
4
Das KBA führte nach Bekanntwerden der EA189-Thematik im Auftrag des BMVI Untersuchungen zu Motoren verschiedener Hersteller durch, zu denen auch solche des Typs EA 288 gehörten.
5
Die Klagepartei behauptet, das Fahrzeug sei vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffen. Es sei mit einer illegalen Abschalteinrichtung versehen, um im Falle eines Abgastests die zulässigen Abgaswerte zu erreichen. Auch das in der Baureihe EA 288 vorhandene sog. Thermofenster sei als unzulässige Abschalteinrichtung einzuordnen. Anhaltspunkte für das Vorliegen der unzulässigen Abschalteinrichtung bei den EA 288-Motoren ergäben sich aus der Applikationsrichtlinie der Beklagten zu den EA 288-Motoren und aus Presseberichten und Testergebnissen der Deutschen Umwelthilfe.
6
Die Klagepartei hat erstinstanzlich zuletzt beantragt:
1.1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 21.808,53 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29. März 2020 zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke VW vom Typ Passat B8 2.0 TDI Variant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief.
Hilfsweise beantragt die Klagepartei:
2.2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 durch die Beklagte in das Fahrzeug der Marke VW vom Typ Passat B8 2.0 TDI Variant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … resultieren.
Weiter beantragt die Klagepartei:
3.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
4.
Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.077,74 freizustellen.
7
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
8
Die Beklagte trägt vor, im Fahrzeug der Klagepartei seien keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut. Der Vortrag der Klagepartei sei insoweit unsubstantiiert und ins Blaue hinein. Das KBA habe die EA 288-Motoren untersucht und festgestellt, dass diese nicht die aus den EA 189-Motoren bekannte Umschaltlogik enthielten. Es werde auf dem Prüfstand auch kein optimierter Modus angewendet. Auch das eingesetzte Thermofenster stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar, denn zwischen – 24 °C bis + 70 °C sei die Abgasrückführung zu 100 % aktiv. Bei der vorliegend verwendeten Fahrkurvenerkennung handele es sich nicht um eine unzulässige Abschaltvorrichtung. Sie sorge lediglich dafür, dass der NOx-Speicher-Katalysator (NSK) am Ende der Vorkonditionierungsfahrt, also vor dem eigentlichen Prüfzyklus, entleert ist, um zutreffende Messergebnisse zu erlangen.
9
Mit Urteil vom 02.08.2021, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht Ingolstadt die Klage vollumfänglich abgewiesen.
10
Mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug wiederholt und vertieft, greift die Klagepartei das Urteil des Landgerichts vollumfänglich an und verfolgt ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt die Klagepartei vor, dass die Beklagte sich neben den Abschaltvorrichtungen in Form eines Thermofensters sowie einer Fahrkurvenerkennung einer weiteren – der Klagepartei unbekannten – Abschaltvorrichtung bediene, weil anderenfalls es nicht erklärlich sei, warum das streitgegenständliche Fahrzeug den zulässigen Emissionswert nicht in allen Betriebszuständen einhalte.
11
Die Klagepartei hat in der Berufungsinstanz zunächst unter Abänderung des am 02.08.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Ingolstadt (Az. 1. Instanz: 53 O 804/20 Die) wie folgt beantragt:
1.1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 21.770,78 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29. März 2020 zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke VW vom Typ Passat B8 2.0 TDI Variant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein, Kfz-Brief und Serviceheft.
Hilfsweise:
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 durch die Beklagte in das Fahrzeug der Marke VW vom Typ Passat B8 2.0 TDI Variant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … resultieren.
3.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistung im Annahmeverzug befindet.
4.
Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1) bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.077,74 freizustellen.
Die Klagepartei beantragt zuletzt nach Umstellung der Klage auf Ersatz des Differenzschadens mit Schriftsatz vom 19.06.2024:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Entschädigungsbetrag bezüglich des Fahrzeugs der Marke VW mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch mindestens EUR 4320,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit betragen muss.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.077,74 freizustellen.
12
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
13
Die Beklagte verteidigt das Ersturteil und macht geltend, es fehle an einer sittenwidrigen Schädigungshandlung der Beklagten. Das KBA habe in amtlichen Auskünften bestätigt, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen zum Einsatz kämen. Die Fahrkurvenerkennung und das Thermofenster im streitgegenständlichen Fahrzeug würden keine solche darstellen. Jedenfalls läge kein Verschulden vor, denn die Beklagte wäre einem unvermeidbaren Verbotsirrtum erlegen.
14
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.06.2024 Bezug genommen.
II.
15
Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nummer 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere gemäß § 519 Abs. 1, Abs. 2, § 517 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 520 Abs. 2, Abs. 3 ZPO begründete Berufung der Klagepartei hat teilweise Erfolg.
16
1. Die erstmalige Geltendmachung des Differenzschadens im Berufungsverfahren ist zulässig.
17
Die Geltendmachung des Differenzschadens anstelle des großen Schadensersatzes ist nicht als Klageänderung anzusehen, weil der Lebenssachverhalt im Übrigen unverändert ist (vgl. BGH, Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 –, juris Rn. 53).
18
2. Der mit Klageantrag zu 1) begehrte Differenzschaden steht der Klagepartei in Höhe von 1.440,00 € zu.
19
a) Die Klagepartei hat gegen die Beklagte jedoch keinen Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus § 826, § 31 BGB.
20
aa) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Schon zur Feststellung der objektiven Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Die Verwerflichkeit kann sich aus einer bewussten Täuschung ergeben. Insbesondere bei mittelbaren Schädigungen kommt es ferner darauf an, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht. Ob ein Verhalten sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB ist, ist dabei eine Rechtsfrage, die der uneingeschränkten Kontrolle des Revisionsgerichts unterliegt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 14 f. m.w.N.; Urteil vom 8. März 2021 – VI ZR 505/19, NJW 2021, 1669 Rn. 17 f.; Urteil vom 16. September 2021 – VII ZR 192/20, NJW 2022, 321 Rn. 20).
21
Nach diesen Grundsätzen kann ein objektiv sittenwidriges Handeln der Beklagten nicht allein daraus abgeleitet werden, dass im Fahrzeug der Klagepartei Einrichtungen vorhanden sind, die die Abgasemissionen beeinflussen und möglicherweise als unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne von Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren sind. Der darin liegende Gesetzesverstoß wäre für sich genommen nicht geeignet, den Einsatz emissionsbeeinflussender Einrichtungen im Verhältnis zur Klagepartei als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände. Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die verantwortlich handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der emissionsbeeinflussenden Einrichtungen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19, NJW 2021, 921 Rn. 19; Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, NJW 2021, 1814 Rn. 28; Urteil vom 13. Juli 2021 – VI ZR 128/20, VersR 2021, 1252 Rn. 13; Urteil vom 20. Juli 2021 – VI ZR 1154/20, VersR 2021, 1575 Rn. 13; Urteil vom 16. September 2021 – VII ZR 190/20, NJW 2021, 3721 Rn. 16).
22
bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe fehlen vorliegend greifbare Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten (unten (1) und (2)) bzw. solche für das Vorliegen der behaupteten unzulässigen Abschaltvorrichtungen (unten (3) und (4)).
23
(1) Aus dem Einsatz einer temperaturgesteuerten Abgasrückführung (Thermofenster) kann die Klagepartei einen Anspruch aus § 826 BGB nicht herleiten.
24
Soweit in dem streitgegenständlichen Fahrzeug ein solches Thermofenster eingebaut ist, rechtfertigt dies den Vorwurf der Sittenwidrigkeit nicht. Denn der Einsatz eines Thermofensters – dessen Unzulässigkeit unterstellt – reicht für sich genommen nicht aus, um einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zu begründen (BGH NJW 2021, 921, Rn. 16; BGH BeckRS 2021, 30607, Rn. 15). Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung des Thermofensters in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, zeigt die Klagepartei nicht auf.
25
Gegen ein besonders verwerfliches Verhalten der Beklagten spricht, dass die Rechtslage bei der Beurteilung der Zulässigkeit des von allen Herstellern eingesetzten Thermofensters angesichts der kontrovers geführten Diskussion über Inhalt und Reichweite der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a VO (EG) Nr. 715/2007 als unsicher anzusehen war. Eine möglicherweise nur fahrlässige Verkennung der Rechtslage genügt aber für die Feststellung der besonderen Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten – ebenso wie für den erforderlichen Schädigungsvorsatz – nicht (BGH NJW 2020, 1962 Rn. 62).
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Auch aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber dem KBA folgen keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Denn nach den zum Zeitpunkt der hier gegenständlichen Emissionsgenehmigung geltenden Genehmigungsvorschriften waren keine Angaben des Herstellers zu den Emissionsstrategien gefordert. Die genaue Beschreibung der Emissionstrategien wurde erst ab 16.05.2016 mit der Verordnung (EU) 2016/646 eingeführt, mithin nach der Erteilung der Typengenehmigung für das in Rede stehende Fahrzeug. Aber selbst wenn die Beklagte dabei – erforderliche – Angaben zu den Einzelheiten der temperaturabhängigen Steuerung unterlassen haben sollte, wäre die Typgenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu prüfen (BGH BeckRS 2021, 30607, Rn. 26). Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung des KBA und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden, hat die Klagepartei nicht vorgetragen und vermag der Senat auch nicht erkennen.
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(2) Auch im Hinblick auf die Fahrkurvenerkennung kommt ein Anspruch aus § 826 BGB nicht in Betracht.
28
Sofern die verwendete Abschalteinrichtung nicht grenzwertkausal ist oder auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb im Grundsatz in gleicher Weise funktioniert, kommt eine Haftung nach §§ 826, 31, 830 BGB nur in Betracht, wenn die konkrete Ausgestaltung der Abschalteinrichtung angesichts der sonstigen Umstände die Annahme eines heimlichen und manipulativen Vorgehens oder einer Überlistung der Typgenehmigungsbehörde rechtfertigen kann. Diese Annahme setzt jedenfalls voraus, dass die Beklagte bei der Entwicklung der Abschalteinrichtung in dem Bewusstsein handelte, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahm. Fehlt es daran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (st. Rspr., vgl. BGH BeckRS 2023, 37216, Rn. 12; BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 – III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 12; – III ZR 303/20, juris Rn. 13 m.w.N.).
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Danach fehlen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der Abschalteinrichtung in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Denn nach den von der Beklagten vorgelegten Auskünften des Kraftfahrtbundesamtes hat dieses, in Bezug auf diverse Ausführungen des Motors der Baureihe EA 288 (Anlage BE 72, BE 78) mitgeteilt, dass die Deaktivierung der Fahrkurvenerkennung nicht zu einer Überschreitung der Grenzwerte geführt habe. Dem ist die Klagepartei nicht substantiiert entgegengetreten. Greifbare Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte habe das KBA über Funktionsweise und Wirkung der Fahrkurve getäuscht, liegen nicht vor.
30
(3) Der Klagepartei steht der geltend gemachte Anspruch auch nicht deshalb zu, weil das streitgegenständliche Fahrzeug über eine sonstige unzulässige Abschaltvorrichtung verfügt.
31
Nach allgemeinen Regeln trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung als solcher im Sinne der Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 den Kläger als Anspruchsteller, weil es sich um einen anspruchsbegründenden Umstand handelt (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 35; Urteil vom 28. September 2021 – VI ZR 29/20, VersR 2022, 63 Rn. 15, jeweils zu § 826 BGB). Der Kläger muss Tatsachen vortragen, die in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 geeignet und erforderlich sind, den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu rechtfertigen, ohne allerdings seinen Tatsachenvortrag durch die Angaben weiterer Einzelheiten substantiieren zu müssen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2021 – VIII ZR 280/20, NJW 2022, 935 Rn. 17 m.w.N. zur st. Rspr.). Die Anforderungen an den Tatsachenvortrag des Klägers zum Vorhandensein einer Abschalteinrichtung dürfen dabei nicht überspannt werden. Der Kläger darf aber nicht willkürlich, aufs Geratewohl und ohne greifbare Anhaltspunkte Behauptungen aufstellen (vgl. entsprechend zu § 826 BGB nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 – VI ZR 128/20, VersR 2021, 1252 Rn. 20 ff.; Beschluss vom 4. Mai 2022 – VII ZR 733/21, juris Rn. 20 f.).
32
Greifbare Anhaltspunkte für das Vorhandensein sonstiger unzulässiger Abschalteinrichtungen, die dem KBA – aus welchen Gründen auch immer – verborgen geblieben wären, bestehen nicht. Fehlt es wie hier nämlich an einem Rückruf des streitgegenständlichen Fahrzeugs, so bedarf es anderer gewichtiger Indizien für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung (OLG München BeckRS 2021, 9658 Rn. 36). Solche sind jedoch nicht vorgetragen.
33
Unergiebig ist zunächst der Verweis auf die Diskrepanz zwischen den auf dem Prüfstand erzielten Messergebnissen und den Messergebnissen im normalen Betrieb, die sich bei einer Messung der Deutschen Umwelthilfe ergeben hätte. Zum einen bezieht sich die Messung nicht auf das streitgegenständliche Modell, sondern auf einen Audi A3 Sportback 2.0 TDI quattro. Zum anderen ergibt sich aus erhöhten Abgaswerten außerhalb des Prüfstandes nicht, dass eine unzulässige Abschaltvorrichtung vorhanden sein muss (BGH BeckRS 2021, 37995 Rn. 30; OLG München BeckRS 2022, 29312 Rn. 18). Vielmehr liegt auf der Hand, dass eine eventuelle Überschreitung der Grenzwerte ohne weiteres darauf zurückzuführen sein kann, dass der Motor im realen Fahrbetrieb aufgrund der konkreten Verkehrsverhältnisse deutlich mehr Schadstoffe emittiert als in einem zu Vergleichszwecken festgelegten, standardisierten Fahrzyklus. Da der europäische Gesetzgeber für die Schadstoffnormen Euro 5 und Euro 6 im Jahr 2013 die Messung allein im Prüfstandbetrieb festgelegt hatte, kommt es nicht darauf an, ob im Normalbetrieb die der Zulassung zugrundeliegenden Werte im NEFZ eingehalten werden (BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21, Rn. 30 – juris; OLG Braunschweig BeckRS 2019, 38719). Damit ist jedoch der Schlussfolgerung, überhöhte Schadstoffemissionen im realen Fahrbetrieb deuteten auf das Vorliegen einer unzulässigen Abschaltvorrichtung hin, der Boden entzogen, insbesondere weil das KBA in einer Vielzahl von amtlichen Auskünften mitgeteilt hat, dass die EA 288-Motoren keine unzulässige Abschaltvorrichtung aufwiesen.
34
Es ist auch nicht statthaft, alle Fahrzeuge der Beklagten dahingehend gleichsam über einen Kamm zu scheren, dass, wenn eine unzulässige Abschalteinrichtung in einem Motor eines Fahrzeugherstellers vorliege, dies im Regelfall die gesamte Motorenreihe oder gar alle Fahrzeuge dieses Herstellers bzw. dieses Konzerns betreffe (OLG Hamm BeckRS 2021, 31189 Rn. 78; OLG Koblenz BeckRS 2019, 18418 Rn. 22). Ein solcher Erfahrungssatz kann nicht angenommen werden, schon weil damit sämtliche Motoren einer Motorenfamilie bzw. einer Baureihe ohne Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen technischen Merkmale einem Generalverdacht unterworfen würden (OLG München BeckRS 2021, 9658 Rn. 23; OLG Brandenburg BeckRS 2020, 41726 Rn. 29).
35
Soweit sich die Klagepartei auf einen Rückruf des Fahrzeugmodells VW T6 wegen einer Überschreitung des Euro-6 Grenzwertes beruft, lässt dies auch keine Rückschlüsse auf eine weiter Abschaltvorrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu, denn das streitgegenständliche Fahrzeug ist von diesem Rückruf gerade nicht betroffen.
36
(4) Auch das Vorhandensein eines On Board Diagnose Systems (OBD) stellt keine unzulässige Abschalteinrichtung dar. Bei einem OBD-System handelt es sich nicht um eine Abschalteinrichtung in Sinne von Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG, weil es die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems selbst weder aktiviert, verändert, verzögert noch deaktiviert, Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 18.07.2022 – 5a U 522/22, Rn 12 – juris). Vielmehr überwacht das OBD-System u.a. die Abgasrückführung und zeigt dem Fahrer gegebenenfalls Fehler über eine Kontrollleuchte an. Damit stellt jedoch auch ein – nach dem Vortrag der Klagepartei – manipuliertes OBD keine Abschaltvorrichtung dar.
37
(5) Soweit die Klagepartei behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über eine mit dem Motor EA 189 vergleichbare Umschaltlogik (S. 19 d. SS vom 29.10.2020 und BB S. 9 = Bl. 300 d.A.) und/oder eine Vorrichtung, die die Abgasrückführungsrate (AGR) ab 2.750 Umdrehungen auf null reduziere (S. 17 d. SS vom 29.10.2020), ist die Beklagte diesem Vortrag entgegengetreten. Greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen entsprechender Abschaltvorrichtungen sind dem pauschalen Vortrag der Klagepartei nicht zu entnehmen.
38
b) Eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheitert bei dem hier vorliegenden Kauf eines Gebrauchtwagens jedenfalls an der erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden (vgl. BGH BeckRS 2021, 30607, Rn. 40; BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 – VI ZR 5/20 Rn. 17 ff., ZIP 2020, 1715).
39
c) Die Beklagte haftet auch nicht nach §§ 831, 826 BGB. Insoweit fehlt es schon an der Darlegung einer zumindest bedingt vorsätzlichen Schädigungshandlung der für die Beklagte tätigen Personen. Die allgemeinen Ausführungen der Klagepartei beziehen sich erneut lediglich pauschal auf einen Motor, der über eine Abschaltvorrichtung verfügt, die erkennt, ob der NEFZ durchlaufen wird (Bl. 231 ff. d.A.). Bei einer Abschaltvorrichtung in Form eines Thermofensters handelt es sich jedoch nicht um eine Abschaltvorrichtung, die erkennt, dass der NEFZ durchlaufen wird.
40
Im Übrigen war die Auslegung, dass es sich bei einem Thermofenster bzw. der Fahrkurvenerkennung nicht um eine unzulässige Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 handelt, jedenfalls zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs eine zulässige Auslegung des Gesetzes. Damit liegen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mitarbeiter und eventuelle Repräsentanten der Beklagten in dem Bewusstsein handelten, mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs möglicherweise gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen, und damit einen Gesetzesverstoß sowie eine Schädigung des Käufers des Fahrzeugs zumindest billigend in Kauf genommen haben.
41
d) Soweit die Klagepartei die geltend gemachten Ansprüche auch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG stützt, fehlt es an jedem Vortrag zu einer konkreten Werbeaussage.
42
e) Vertragliche Ansprüche oder solche aus vorvertraglicher Haftung (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 3 BGB) scheiden mangels rechtsgeschäftlicher oder rechtsgeschäftsähnlicher Beziehungen zwischen den Parteien aus.
43
f) Soweit die Klagepartei ihren Anspruch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 325 Abs. 2 und 6 StGB stützt, fehlt es an einer Luftverunreinigung durch die Beklagte. Denn diese erfolgt nicht bereits durch das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs, sondern erst durch den Betrieb des Fahrzeugs. Dieser erfolgt jedoch nicht durch die Beklagte.
44
g) Der Klagepartei steht jedoch ein Anspruch in Höhe von 1.440,00 € aus § 823 Abs. 2 BGB, §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV zu.
45
aa) Bei §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV handelt es sich um Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (BeckOK BGB/Förster, 70. Ed. 1.5.2024, BGB § 823 Rn. 290; BGH NJW 2023, 2270 Rn. 25 ff.; BGH NJW 2023, 2259 Rn. 18 ff.).
46
bb) Die Beklagte hat für das streitgegenständliche Fahrzeug eine unzutreffende Übereinstimmungsbescheinigung erteilt. Unzutreffend ist eine Übereinstimmungsbescheinigung, wenn das betreffende Kraftfahrzeug mit einer gem. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet ist, weil die Bescheinigung dann eine tatsächlich nicht gegebene Übereinstimmung des konkreten Kraftfahrzeugs mit Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 ausweist (BGH NJW 2023, 2259, Rn. 34).
47
cc) Das streitgegenständliche Kraftfahrzeug ist mit einer Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 ausgestattet.
48
(1) Nach Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 ist eine Abschalteinrichtung ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
49
Während in Bezug auf die Funktionsänderung auf Teile des Emissionskontrollsystems abgestellt werden kann, kommt es für die Wirkung der Funktionsänderung auf das Emissionskontrollsystem in seiner Gesamtheit an. Maßstab für die Frage der Zulässigkeit einer Funktionsänderung in Abhängigkeit von bestimmten Parametern ist nach Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 nicht die Einhaltung des gesetzlichen Emissionsgrenzwerts, sondern die Wirksamkeit des unverändert funktionierenden Emissionskontrollsystems unter den Bedingungen des normalen Fahrbetriebs. In diesem Zusammenhang bedarf es eines Vergleichs der Wirksamkeit des unverändert funktionierenden und derjenigen des verändert funktionierenden Gesamtsystems, und zwar jeweils unter den Bedingungen des normalen Fahrbetriebs im gesamten Unionsgebiet. Ob die Grenzwerte unter den Bedingungen des NEFZ auch bei veränderter Funktion eingehalten würden, ist hingegen mit Rücksicht auf den Wortlaut des Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 nicht von Bedeutung. Die Prüfung im NEFZ lässt nur in Bezug auf die dabei wirksamen Emissionskontrollsysteme Prognosen für den gewöhnlichen Fahrbetrieb zu und auch das nur dann, wenn die Wirksamkeit der betreffenden Systeme im gewöhnlichen Fahrbetrieb nicht verringert wird. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) Nr. 715/2007 knüpft an die Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems in seiner Gesamtheit an und nicht an die Einhaltung der Grenzwerte im NEFZ (BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 51).
50
(2) Nach allgemeinen Regeln trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung den Kläger als Anspruchsteller, weil es sich um einen anspruchsbegründenden Umstand handelt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 35; Urteil vom 28. September 2021 – VI ZR 29/20, VersR 2022, 63 Rn. 15, jeweils zu § 826 BGB). Der Kläger muss Tatsachen vortragen, die in Verbindung mit Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 geeignet und erforderlich sind, den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zu rechtfertigen, ohne allerdings seinen Tatsachenvortrag durch die Angaben weiterer Einzelheiten substantiieren zu müssen (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2021 – VIII ZR 280/20, NJW 2022, 935 Rn. 17 m.w.N. zur st. Rspr.). Die Anforderungen an den Tatsachenvortrag des Klägers zum Vorhandensein einer Abschalteinrichtung dürfen dabei nicht überspannt werden. Der Kläger darf aber nicht willkürlich, aufs Geratewohl und ohne greifbare Anhaltspunkte Behauptungen aufstellen (vgl. entsprechend zu § 826 BGB nur BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 – VI ZR 128/20, VersR 2021, 1252 Rn. 20 ff.; Beschluss vom 4. Mai 2022 – VII ZR 733/21, juris Rn. 20 f.).
51
(3) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat die insoweit darlegungsbelastete Klagepartei eine Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters nicht substantiiert vorgetragen. Vielmehr hat sie lediglich ohne jeden weiteren tatsächlichen Anhaltspunkt „ins Blaue hinein“ behauptet, die Abgasreinigung sei nur innerhalb eines Temperaturkorridors zwischen + 20° C und + 30° C wirksam, ab einer Außentemperatur von unter + 17 °C und über + 30 °C schalte „sich das Thermofenster ganz ab“ [gemeint dürfet die Abgasrückführung sein]. Demgegenüber hat die Beklagte ausdrücklich angeführt, die Abgasrückführung sei zwischen – 24° C und + 70° C voll wirksam. Die Beklagte hat hierzu insbesondere dargelegt, dass im Rahmen der Untersuchungskommission Diesel Versuche unternommen wurden, bei denen die Standardparameter des NEFZ einschließlich der Umgebungstemperatur gezielt verändert wurden. Sie hat vorgetragen, dass auch bei diesen Kontrollversuchen unter veränderten Bedingungen Schadstoffwerte gemessen wurden, die belegen, dass das Emmissionskontrollsystem wirksam war. Im Hinblick auf dieses substantiierte Bestreiten hat die Klagepartei der sie treffenden Darlegungslast nicht dadurch genügt, dass sie den Vortrag der Beklagten zur Weite des Thermofensters schlicht bestreitet und eine Wirksamkeit der Abgasreinigung allein unter sehr viel engeren Temperaturbedingungen lediglich behauptet (so auch OLG München BeckRS 2023, 35936, Rn. 46). Soweit die Klagepartei vorträgt, die Beklagte habe in anderen Verfahren eingeräumt, die Abgasrückführungsrate (AGR) werde auch im Temperaturbereich zwischen – 24°C und + 70°C korrigiert und damit angepasst, lässt sich dieser Vortrag – entgegen der Ansicht der Klagepartei – nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, da in diesen Verfahren andere Fahrzeuge mit unterschiedlichen Motoren und (teilweise) abweichender Abgasreinigung streitgegenständlich waren (OLG Karlsruhe: Euro 5, AG Breisach: 1.4 TDI, LG Bremen: 2.0 TDI mit SCR).
52
Die – nach dem Vortrag der Beklagten – vorhandene Motorkonfiguration, bei der außerhalb des Temperaturfensters von – 24° C und + 70° C die Abgasrückführung deaktiviert wird, bildet die in Europa zu erwartenden Klimabedingungen vollständig ab, sodass das Thermofenster bereits tatbestandlich keine Abschalteinrichtung darstellt (OLG München BeckRS 2023, 35936, Rn. 48).
53
(4) Auch soweit die Klagepartei vorträgt, das streitgegenständliche Fahrzeug verfüge über eine weitere Abschalteinrichtung (vgl. oben unter 2.a) bb) (3) bis (5)), fehlt es an substantiiertem Vortrag. Auf die obigen Ausführungen unter 2.a) bb) (3) bis (5) wird insoweit verwiesen.
54
(5) Nach dem Vortrag der Parteien handelt es sich jedoch bei der im streitgegenständlichen Fahrzeug vorhandenen Fahrkurvenerkennung um eine unzulässige Abschalteinrichtung.
55
(a) Die Klagepartei behauptet, der NOx-Speicher-Katalysator (NSK) erfülle die Funktion, schädliche NOx-Emissionen aufzufangen, damit diese nicht in die Umwelt gelangten. In regelmäßigen Abständen müsse sich dieser regenerieren. Anhand eines internen Zählers erkenne der NSK, wann er voll beladen sei und sich regenerieren müsse. Das streitgegenständliche Fahrzeug erkenne den Prüfstand, wodurch der Zähler auf Null gestellt werde, sodass der Katalysator länger ohne Regeneration betrieben werden könne, was zu niedrigeren Emissionen führe im Vergleich zum Realbetrieb, bei dem die Regeneration zu einem beliebigen Zeitpunkt abhängig von der Beladung des NSK stattfinde. Das künstliche Hinauszögern der Regeneration des NSK führe also zwangsläufig zu besseren Abgaswerten (S. 18 d. Schriftsatzes vom 29.10.2020).
56
(b) Die Beklagte trägt insoweit vor (S. 16 ff. der Klageerwiderung vom 20.10.2020; S. 39 ff. d. Berufungserwiderung), dass NSK-Fahrzeuge als Abgasnachbehandlungssystem den NOx-Speicher-Katalysator enthielten. Auf diesem würden auf einer katalytisch beschichteten Oberfläche die NOx während des Fahrbetriebs zunächst in einem Speicher eingelagert, was wiederum eine daran anknüpfende regelmäßige Regeneration erforderlich mache. Die Regeneration des NSK sei ein chemischer Vorgang, durch den die eingelagerten Stickoxide größtenteils aus der Speicherstruktur entfernt und in die Komponenten Stickstoff (N2) und Kohlendioxid (CO2) reduziert würden. Die Anzahl der NSK-Regeneration wirke sich auf CO2- und Schadstoffemissionen aus (Klageerwiderung, S. 17 und Berufungserwiderung, S. 40). Im realen Fahrbetrieb werde der NSK entweder in Abhängigkeit von seinem Beladungszustand (beladungsgesteuert) oder in Abhängigkeit von der zurückgelegten Wegstrecke (streckengesteuert ca. alle 5 Kilometer) regeneriert, je nachdem welches der beiden Ereignisse zuerst eintrete. Bis zum Modelljahreswechsel in der Kalenderwoche 22 des Jahres 2016 habe sich die NSK-Regeneration daher im realen Straßenbetrieb je nach Fahrprofil bei den EA 288 EU 6-Motoren strecken- und beladungsgesteuert ca. alle 5 gefahrene Kilometer bzw. nach voller Beladung vollzogen, je nachdem, welches Ereignis vorher eingetreten sei (gefahrene Strecke oder volle Beladung). Die Fahrkurvenerkennung habe hingegen zur Folge, dass allein eine streckengesteuerte und keine beladungsgesteuerte Regeneration stattfinde (Klageerwiderung, S. 18 und Berufungserwiderung, S. 40 = Bl. 396 d.A.). Damit sei sichergestellt, dass der NSK an zwei bestimmten Punkten des eine Strecke von 11 km umfassenden NEFZ regeneriere, nämlich zum ersten Mal im ersten Drittel des außerstädtischen Teils (bei ca. 70 km/h) und zum zweiten Mal kurz vor dem Ende des außerstädtischen Teils und gleichzeitig kurz vor Ende des NEFZ (bei ca. 100 km/h). Durch die ausschließlich streckengesteuerte Regeneration an zwei definierten Punkten werde sichergestellt, dass sämtliche NOx-Emissionen, die während des NEFZ entstehen, erfasst werden, und gleichzeitig verhindert, dass NOx-Emissionen aus vorangegangenen Fahrten hinzugerechnet werden.
57
(c) Nach dem Vortrag der Beklagten, den die Klagepartei insoweit nicht bestritten hat, stellt die Software, die das Durchfahren des NEFZ erkennt und infolgedessen die beladungsgesteuerte Regeneration des NSK deaktiviert, ein Konstruktionsteil dar, dass ein Teil des Emissionskontrollsystems, nämlich die beladungsgesteuerte Regeneration des NSK, deaktiviert.
58
(d) Die Aktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration des NSK führt unter Zugrundelegung des Vortrags der Parteien zwingend zu einer Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen des normalen Fahrbetriebs.
59
Für die Frage, die Aktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration des NSK die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems verringert, kommt es auf seine Gesamtheit an. In diesem Zusammenhang bedarf es eines Vergleichs der Wirksamkeit des unverändert funktionierenden und derjenigen des verändert funktionierenden Gesamtsystems, und zwar jeweils unter den Bedingungen des normalen Fahrbetriebs im gesamten Unionsgebiet (BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 51). Mithin ist vorliegend die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems mit aktivierter beladungsgesteuerter Regeneration mit der Wirksamkeit des Systems mit deaktivierter beladungsgesteuerter Regeneration zu vergleichen.
60
(aa) Danach führt die Aktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration des NSK unstreitig zu einer Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems. Denn die Deaktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration des NSK führt unter den Bedingungen des normalen Fahrbetriebs dazu, dass lediglich alle fünf Kilometer eine Regeneration des NSK durchgeführt wird. Bei Aktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration kann es – möglicherweise abhängig von der Fahrweise bzw. Streckenprofil oder auch regelmäßig – hingegen dauerhaft zu einer beladungsgesteuerten Regeneration des NSK bereits nach Zurücklegung einer kürzeren Strecke als 5 km kommen. Denn insoweit hat die Beklagte vorgetragen, dass die Regeneration spätestens nach 5 km erfolgt, sofern nicht zuvor eine beladungsgesteuerte Regeneration stattfindet. Mithin kann die Aktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration unter den Bedingungen eines normalen Fahrbetriebs zu einer erhöhten Anzahl an Regenerationen des NSK im Vergleich zum Fahrbetrieb mit deaktivierter beladungsgesteuerter Regeneration führen. Da die Klagepartei vorgetragen hat, dass ein Hinauszögern der Regeneration des NSK zu niedrigeren Emissionen führt (Schriftsatz vom 29.10.2020, S. 18) und sich nach dem Vortrag der Beklagten die Anzahl der Regenerationen des NSK auf CO2- und Schadstoffemissionen auswirkt, steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Aktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration des NSK zu einer verringerten Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems jedenfalls im Hinblick auf CO2-Emissionen (und sonstigen Schadstoffemissionen) führt.
61
Darüber hinaus führt die Deaktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration dazu, dass eine Regeneration des NSK unterbleibt, auch wenn seine maximal mögliche Beladung mit NOx erreicht ist und das NOx daher nicht mehr vom NSK aufgenommen werden kann und stattdessen emittiert wird.
62
(bb) Sollte der Sachvortrag der Klagepartei hingegen dahingehend zu verstehen sei, dass die Fahrkurvenerkennung lediglich zu erhöhten NOx-Emissionen führe, ist ebenfalls unstreitig, dass dies zu einer Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems führt. Denn insoweit hat die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt.
63
Nach allgemeinen Regeln trifft die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Abschalteinrichtung den Kläger als Anspruchsteller, weil es sich um einen anspruchsbegründenden Umstand handelt (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 35; Urteil vom 28. September 2021 – VI ZR 29/20, VersR 2022, 63 Rn. 15, jeweils zu § 826 BGB).
64
Dieser Grundsatz erfährt aber eine Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen. In diesem Fall trifft den Prozessgegner eine sekundäre Darlegungslast, im Rahmen derer es ihm auch obliegt, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen. Genügt er seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 2021 – VI ZR 405/19, ZIP 2021, 368 Rn. 16; vom 30. Juli 2020 – VI ZR 367/19, ZIP 2020, 1763 Rn. 16; vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 37 ff. m.w.N.).
65
Nach diesen Grundsätzen obliegt der Beklagten eine sekundäre Darlegungslast, weil die Klagepartei keine näheren Kenntnisse von der Wirksamkeit des streitgegenständlichen Emissionssystems unter den Bedingungen eines normalen Fahrbetriebs mit aktivierter bzw. deaktivierter beladungsgesteuerten Regeneration des NSK hat. Mangels Kenntnis von der Programmierung der Motorsteuerung ist es ihr auch nicht möglich, die Wirksamkeit des Emissionssystems unter den Bedingungen des normalen Fahrbetriebs zu testen, weil sie nicht in der Lage ist, die beladungsgesteuerte Regeneration des NSK zu deaktivieren. Die Beklagte hingegen ist Herstellerin des Fahrzeugs und verfügt über sämtliche Informationen zur Programmierung der Motorsteuerung und über die Möglichkeit, die Emissionswerte des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zu testen. Sie hat an die Fahrkurvenerkennung eine abweichende Emissionsstrategie geknüpft, daher obliegt es ihr auch, zumutbare Nachforschungen zur Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems zu unternehmen.
66
Die Beklagte hat ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Zwar hat die Beklagte behauptet, die Fahrkurvenerkennung habe keinen messbaren Einfluss auf die NOx-Emissionen, was eigene, interne Messungen der Beklagten belegten (S. 7 des Schriftsatzes vom 25.08.2023 = Bl. 527 d. A). Jedoch hat sie es unterlassen, konkret vorzutragen, mit welchem Fahrzeug die Versuche durchgeführt wurden und welche Emissionswerte diese Versuche ergeben haben. Soweit die Beklagte vorträgt, es seien umfangreiche Messungen durchgeführt worden, unter anderem an „zwei EA288 Feldfahrzeugen, die technisch gleiche und zum Teil identische Merkmale (insbesondere Hardwaresystematik, Leistung/Hubraum, Softwareschiene) wie das streitgegenständliche Fahrzeug“ aufgewiesen haben, ist dieser Vortrag an Ungenauigkeit fast nicht zu überbieten. Es ist weder ersichtlich, um welche Fahrzeuge es sich handelt noch ist ersichtlich, auf welche Merkmale des Motors außer Hardwaresystematik, Leistung/Hubraum, Softwareschiene sich die Ausführungen der Beklagten beziehen, geschweige denn, welche Merkmale technisch gleich ausgestaltet und welchen tatsächlich identisch gewesen sein sollen. Unklar ist zudem, was unter „Hardwaresystematik“ und „Softwareschiene“ zu verstehen ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist es daher auch nicht möglich, die Messergebnisse auf das streitgegenständliche Fahrzeug zu übertragen. Denn mangels konkreten Vortrags zu den getesteten Vergleichsfahrzeugen lässt sich bereits nicht feststellen, ob die Testfahrzeuge mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug tatsächlich vergleichbar sind. Im Übrigen liegt schon nach dem Vortrag der Beklagten kein einheitliches Testergebnis vor, dass auf sämtliche vergleichbare Fahrzeuge übertragen werden könnte. Denn die Beklagte trägt selbst vor, dass sich nur bei einem der vermessenen Fahrzeuge sogar herausgestellt habe, dass die Fahrkurvenerkennung keinen (außerhalb der üblichen Messstreuungen liegenden) Einfluss auf die NOx-Emissionen habe. Bei dem zweiten Vergleichsfahrzeug hingegen nicht. Damit verbietet es sich jedoch, von einem der beiden vermeintlich vergleichbaren Fahrzeugen Rückschlüsse auf das streitgegenständliche Fahrzeug zu ziehen.
67
(cc) Diese verringerte Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems erfolgt auch unter den Bedingungen des normalen Fahrbetriebs im Unionsgebiet, da die Deaktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration nur auf dem Prüfstand erfolgt.
68
(b) Die Abschalteinrichtung ist auch nicht ausnahmsweise zulässig nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007.
69
Der Beklagten obliegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine festgestellte Abschalteinrichtung zulässig ist. Das ergibt sich aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis des Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, weil die Verwendung einer Abschalteinrichtung nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 grundsätzlich unzulässig und nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausnahmsweise zulässig ist (BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21 –, BGHZ 237, 245-280, juris Rn. 54).
70
Denn die Beklagte hat bereits nicht substantiiert dargetan, dass die Deaktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration des NSK zum Schutz des Motors vor Beschädigung oder Unfall erforderlich sei. Vielmehr trägt die Beklagte im Wesentlichen vor, dass die Deaktivierung der beladungsgesteuerten Regeneration des NSK erfolgt, um zutreffende Messergebnisse zu erlangen. Im Übrigen ist eine Abschaltvorrichtung, die unter normalen Betriebsbedingungen den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet wäre, unzulässig (EuGH ECLI:EU:C:2022:570 = EuZW 2022, 1080 Rn. 63 – GSMB Invest). Dies ist vorliegend jedoch gerade der Fall, weil die beladungsgesteuerte Regeneration des NSK unter normalen Betriebsbedingungen immer aktiviert ist.
71
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Deaktivierung der Beladungssteuerung auf dem Prüfstand zur Sicherstellung der Erfassung ausschließlich der auf dem Prüfstand ausgestoßenen Emissionen erforderlich ist. Dies wird vielmehr nach dem Vortrag der Beklagten bereits durch die zweite Regeneration zu einem definierten Zeitpunkt am Ende des Zyklus im Precon ebenso wie im NEFZ sichergestellt. Warum die Funktionsweise im normalen Fahrbetrieb (entweder beladungs- oder streckengesteuert, je nachdem welches Ereignis zuerst eintritt) zu einer Verzerrung der Messergebnisse führen würde, hat die Beklagte nicht dargetan.
72
dd) Der Verstoß der Beklagten gegen § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV durch die Erteilung einer unzutreffenden Übereinstimmungsbescheinigung ist auch schuldhaft erfolgt.
73
Die Beklagte hat die aus der Schutzgesetzverletzung folgende Verschuldensvermutung (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21 –, BGHZ 237, 245-280, juris Rn. 59) weder ausgeräumt noch einen unvermeidbaren Verbotsirrtum konkret dargelegt.
74
Der Fahrzeughersteller, der sich unter Berufung auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum entlasten will, muss sowohl den Verbotsirrtum als solchen als auch die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums konkret darlegen und beweisen. Erforderlich ist also zunächst die Darlegung eines Rechtsirrtums (BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21 –, Rn. 63). Dazu hat der Fahrzeughersteller vorzutragen, dass sich sämtliche seiner verfassungsmäßig berufenen Vertreter im Sinne des § 31 BGB über die Rechtmäßigkeit einer unzulässigen Abschalteinrichtung mit allen für die Prüfung nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 bedeutsamen Einzelheiten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Klagepartei (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 62 ff.) in einem Rechtsirrtum befanden (BGH, Urteil vom 25.09.2023 – VIa ZR 1/23 –, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 16.10.2023 – VIa ZR 1511/22 –, juris Rn. 13) oder im Falle einer Ressortaufteilung den damit verbundenen Pflichten genügten (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2023 – VIa ZR 1/23 –, juris Rn. 14).
75
Die Beklagte hat zwar umfangreich zur nachrangigen Frage der Unvermeidbarkeit eines Irrtums (BGH NJW 2023, 2259 Rn. 63) ausgeführt, es fehlt jedoch jeder Vortrag zum Verbotsirrtum sämtlicher ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
76
ee) Durch den schuldhaften Verstoß der Beklagten gegen § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV hat die Klagepartei einen Vermögensschaden in Höhe von 1.440,00 € erlitten.
77
(1) Die Klagepartei hat einen Schaden in Höhe des Betrages erlitten, um den sie das Fahrzeug mit Rücksicht auf die mit der unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Risiken zu teuer erworben hat.
78
(2) Zur Erwerbskausalität kann sich die Klagepartei nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV auf den Erfahrungssatz stützen, dass sie den Kaufvertrag zu diesem Kaufpreis nicht geschlossen hätte (BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 – VIa ZR 335/21 –, juris Rn. 55 f.). Umstände, die diesen Erfahrungssatz widerlegen, sind im Streitfall weder dargetan noch sonst ersichtlich, insbesondere kann sich die Beklagte nicht auf eine Verhaltensänderung berufen. Denn Voraussetzung hierfür wäre, dass die Beklagte ihr Verhalten vor dem Abschluss des konkreten Erwerbsgeschäfts dahin geändert hat, dass sie die Ausrüstung der Fahrzeuge mit Motoren einer dem erworbenen Fahrzeug entsprechenden Baureihe mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in einer Art und Weise bekannt gegeben hat, die einem objektiven Dritten die mit dem Kauf eines solchen Kraftfahrzeugs verbundenen Risiken verdeutlichen muss (BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21 –, juris Rn. 57). Dies hat die Beklagte bis heute nicht getan. Vielmehr bestreitet sie bis heute, dass in Motoren der Baureihe EA 288 eine unzulässige Abschaltvorrichtung verbaut ist.
79
(3) Der Differenzschaden beläuft sich auf 1.440,00 €
(a) Der Senat schätzt die Höhe des der Klagepartei entstandenen Vermögensschadens gemäß § 287 ZPO unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles innerhalb der unionsrechtlich vorgegebenen Bandbreite (vgl. BGH NJW 2023, 2259, Rn. 71 ff.) mit 5 % des gezahlten Kaufpreises. Der Senat geht davon aus, dass der objektive Wert des Fahrzeugs durch das mit der Abschalteinrichtung verbundene Risiko der Betriebsstilllegung in diesem Umfang gemindert ist. Die Höhe des entstandenen Differenzschadens ist einer tatrichterlichen Schätzung nach § 287 ZPO zugänglich. Unter Berücksichtigung der maßgeblichen Umstände (vgl. hierzu BGH NJW 2023, 2259, Rn. 76 f.) handelt es sich in jeder Hinsicht, sowohl was die Art als auch was die möglichen Folgen des Verstoßes angeht, um einen mittelschweren Fall innerhalb der unionsrechtlich vorgegebenen Bandbreite von 5 % bis 15 %, der grundsätzlich die Anwendung des mittleren Prozentsatzes von 10 % rechtfertigt. Der Schaden der Klagepartei ist jedoch auf 5 % zu mindern, weil für das streitgegenständliche Fahrzeug von der Beklagten ein Software-Update bereitgestellt wird, das die mit der Fahrkurvenerkennung verbundenen unzulässigen Funktionalitäten beseitigt. Damit steht eine Möglichkeit zur Verbesserung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zur Verfügung, das die Gefahr der Einschränkung der zweckgerichteten Verwendung des Fahrzeugs beseitigt. Diese Gefahr kann die Klagepartei jedoch jederzeit durch Aufspielen des Softwareupdates beseitigen. Hierzu ist sie im Rahmen des § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet, denn verursacht von mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, so ist der Geschädigte grundsätzlich auf diese beschränkt (BGH, Urteil vom 29.10.2019 – VI ZR 45/19, Rn. 9).
80
Daraus ergibt sich zunächst ein Schaden in Höhe von 1.440,00 €.
81
(b) Auf den Differenzschaden sind im Wege der Vorteilsausgleichung die Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs nach den Grundsätzen für die Berechnung des sogenannten kleinen Schadensersatzanspruchs anzurechnen (vgl. BGH NJW 2023, 2259, Rn. 80). Danach sind Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs auf den Schadensersatzanspruch erst dann und nur insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2022 – VIa ZR 100/21 –, juris Rn. 22).
82
(aa) Der Klagepartei ist ein Nutzungsvorteil i.H.v. 10.460,34 Euro anzurechnen. Dieser berechnet sich wie folgt:

Nutzungsvorteil =

Bruttokaufpreis × gefahrene Strecke (seit Erwerb)

Gesamtlaufleistung ./. Laufleistung bei Kauf

83
(bb) Grundsätzlich gilt für den Nutzungsersatz, dass der Wert des Gebrauchs eines Fahrzeugs nicht genau berechenbar ist. Daher muss er im Bestreitensfall analog § 287 Abs. 1 ZPO nach freiem Ermessen geschätzt werden (BGH NJW 2022, 463 Rn. 52 m.w.N.). Bei der Schätzung des Werts der gezogenen Nutzungen ist die zeitanteilige lineare Wertminderung zugrunde zu legen, die bei Neufahrzeugen ausgehend vom Bruttokaufpreis anhand eines Vergleichs zwischen tatsächlichem Gebrauch (gefahrene km) und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer (erwartete Gesamtlaufleistung) zu bestimmen ist (BGH NJW 2022, 463 Rn. 55 m.w.N.). Die Parteien sind sich hier einig, dass die folgende Formel zum Tragen kommt (statt vieler BGH NJW-RR 2021, 1388 Rn. 13)
84
(cc) Der Senat geht von einer Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs vom Typ VW Passat B8 2.0 TDI Variant in Höhe von 250.000 km aus, da es sich um ein Fahrzeug handelt, das grundsätzlich auf eine umfangreiche und robuste Nutzung ausgelegt ist, die Beklagte selbst für sich in Anspruch nimmt, hochwertige Fahrzeuge anzubieten, die entsprechend gehobene Kaufpreise haben, und noch heute zahlreiche Dieselfahrzeuge der Beklagten mit einem identischen oder ähnlichen Baujahr zugelassen, betriebsbereit und im Verkehr sichtbar sind (Senat, Urteil vom 04.11.2021, Az. 29 U 234/19).
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Da das Fahrzeug zum Kaufzeitpunkt 25.370 km gefahren war, betrug die voraussichtliche Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt 224.630 km. Das Fahrzeug wies zum Schluss der mündlichen Verhandlung einen km-Stand von 106.957 km auf. Unter Anwendung der oben dargestellten Formel ergibt sich bei einem Bruttokaufpreis von 28.800,00 € und von der Klagepartei gefahrenen 81.587 km ein im Wege der Vorteilsausgleichung in Abzug zu bringender Betrag in Höhe von 10.460,34 €.
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(dd) Der Senat schätzt den Restwert auf 13.244,99 €.
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Die Beklagte hat den Restwert des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit 16.886,00 € (Händlerverkaufswert) beziffert.
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Hinsichtlich des Restwerts des Fahrzeugs geht der Senat vom Händlereinkaufspreis gemäß Gebrauchtwagenbewertung erstellt mit SilverDAT aus (§ 287 ZPO). Dabei handelt es sich um denjenigen Betrag, den der Verkäufer eines Gebrauchtwagens bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge zu erzielen vermag, zumal sich in Zeiten weitestgehender Verbreitung des Internets nicht nur gewerbliche, sondern auch private Gebrauchtwagenkäufer bei lebensnaher Würdigung an den im Internet verfügbaren KFZ-Bewertungsmöglichkeiten orientieren werden. Soweit die Beklagte meint, für den Restwert sei auf den Händlerverkaufspreis ab-zustellen, weil es sich hierbei um den Wert des Fahrzeuges für die Klagepartei handele, da sie diesen Betrag aufwenden müsste, wenn sie ein entsprechendes Gebrauchtfahrzeug erwerben möchte, handelt es sich bei dem Händlerverkaufspreis um den Wiederbeschaffungspreis. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dieser jedoch nicht maßgeblich. Vielmehr ist der der Restwert des Fahrzeugs anzusetzen.
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Vorliegend ergab die SilverDAT-Abfrage einen aktuellen Restwert des Fahrzeugs von 13.244,99 €.
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(ee) Der um den Differenzschaden geminderte Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags beläuft sich auf 27.360,00 Euro.
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(ff) Addiert man den Restwert des Fahrzeugs i.H.v. 13.244,99 € und den Nutzungsersatz i.H.v. 10.460,34 €, ergibt dies einen Betrag für die Vorteilsanrechnung von 23.705,33 Euro. Nachdem dieser Betrag im Rahmen der Vorteilsausgleichung aber nur insoweit zu berücksichtigen ist, wie er den um den Differenzschaden geminderten Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags i.H.v. 27.360,00 Euro übersteigt, kommt er vorliegend nicht zum Tragen.
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3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288, 291 ZPO.
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4. Da der Klagepartei bereits dem Grunde nach der ursprünglich geltend gemachte „große“ Schadensersatzanspruch nicht zusteht, besteht kein Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
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Auch auf der Grundlage des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV kann neben dem Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens eine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht verlangt werden (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2023 – VIa ZR 14/22 –, juris Rn. 13). Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB sind weder dargetan noch ersichtlich.
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5. Das Verfahren war nicht analog § 148 ZPO im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des LG Ravensburg im Verfahren 2 O 331/19 auszusetzen (vgl. BGH VIa ZR 716/23 Rn. 15).
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, Abs. 2, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die erstinstanzlichen Kosten hat die Klagepartei nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 auf Satz 2 Satz 1 Nummer 1 ZPO) hat und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.