Inhalt

OLG München, Beschluss v. 02.12.2024 – 31 W 1827/24 e
Titel:

Keine Beschwerde gegen Vorschussanforderung für Gutachten

Normenketten:
ZPO § 567, § 402, § 397
GKG § 67 Abs. 1
Leitsatz:
Eine Beschwerde gegen die Anordnung einer Vorschusszahlung für ein Gutachten ist nicht statthaft.  (Rn. 7 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde, Vorschussanforderung, Beweisbeschluss
Vorinstanz:
LG München I, Beschluss vom 24.07.2024 – 15 O 3585/21
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33937

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klagepartei gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 24.07.2024, Az. 15 O 3585/21, wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.
1
Die Klagepartei wendet sich mit der Beschwerde gegen die Anordnung der Zahlung eines weiteren Kostenvorschusses für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens.
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Im erstinstanzlichen Verfahren erließ das Landgericht am 26.10.2022 einen Hinweis- und Beweisbeschluss, mit dem die Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie die Einzahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 5.000,00 € durch die Klagepartei angeordnet wurde. Der Vorschuss wurde eingezahlt. Nach weiterem Sachvortrag der Parteien erließ das Landgericht am 19.10.2023 einen ergänzenden Beweisbeschluss, mit dem der Auftrag an den Sachverständigen erweitert bzw. präzisiert wurde. Zugleich ordnete es die Einzahlung eines weiteren Kostenvorschusses durch die Klagepartei in Höhe von 14.000,00 € an. Auch diesen Vorschuss zahlte die Klagepartei. Nachdem das Gutachten des Sachverständigen am 22.07.2024 eingegangen war, ordnete das Landgericht mit Beschluss vom 24.07.2024 die Einzahlung eines weiteren Vorschusses durch die Klagepartei in Höhe von 3.000,00 € an, da der bisher eingezahlte Vorschuss für die Bezahlung der Rechnung des Sachverständigen nicht ausreichend sei.
3
Gegen diesen der Klagepartei am 05.08.2024 zugestellten Beschluss legte sie mit Schriftsatz vom 14.08.2024, eingegangen am selben Tag, Beschwerde unter Bezugnahme auf §§ 66, 67 GKG und § 8 Abs. 2 S.1 JVEG ein. Zugleich beantragte sie, die Übersendung des Gutachtens nicht von der Zahlung des weiteren Kostenvorschusses abhängig zu machen. Das Landgericht übersandte das Gutachten sodann an die Parteien, ohne dass die Klagepartei den weiteren Vorschuss einzahlte.
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Mit Verfügung vom 24.09.2024 hatte das Landgericht die Klagepartei darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nicht statthaft sein dürfte. Die Klagepartei hielt an der Beschwerde fest. Mit Schriftsatz vom 16.10.2024 wurde die Beschwerde durch Bezugnahme auf Ausführungen der Klagepartei, die als Anlage vorgelegt wurden (Anlage zu Bl. 273/274 d.A.), begründet. Darin argumentiert sie zum einen, die Forderung des Sachverständigen sei überhöht. Zum anderen zweifelt sie (mittelbar) dessen Sachkunde an.
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Mit Beschluss vom 12.11.2024 half das Landgericht der Beschwerde nicht ab und verfügte am selben Tag die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht München zur Entscheidung über die Beschwerde, wo sie am 22.11.2024 eingingen.
II.
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1. Zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde ist gem. § 568 S.1 ZPO der Einzelrichter berufen.
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2. Anders als die Klagepartei offenbar meint, handelt es sich vorliegend nicht um eine Beschwerde nach dem GKG, sondern eine sofortige Beschwerde gem. §§ 567 ff. ZPO, die allerdings nicht statthaft ist.
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a) Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist nicht die Frage, ob die Übersendung des Gutachtens von der Einzahlung des weiteren Vorschusses abhängig gemacht werden durfte. Zum einen hat das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss eine solche Bedingung nicht ausgesprochen, zum anderen hat es das Gutachten an beide Parteien übersandt, ohne dass der Vorschuss eingezahlt wurde.
9
b) Soweit sich die sofortige Beschwerde gegen die Einzahlung eines weiteren Vorschusses wendet, ist sie bereits nicht gem. § 567 ZPO statthaft.
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aa) Weder ist deren Anfechtbarkeit im Gesetz bestimmt (§ 567 Abs. 1 Nr.1 ZPO) noch handelt es sich um eine unter § 567 Abs. 1 Nr.2 ZPO fallende Entscheidung (vgl. BGH NJW-RR 2009, 1433, beck-online).
11
Grundlage für die Anforderung des Vorschusses sind die §§ 402, 379 ZPO (vgl. dazu BeckOK ZPO/Thönissen/Scheuch, 54. Ed. 1.9.2024, ZPO § 402 Rn. 23.6, beck-online). Es handelt sich vorliegend nicht um eine von Amts wegen angeordnete Beweiserhebung. Beweisführer ist die Klagepartei, die bereits erstmals mit Schriftsatz vom 07.07.2021 und sodann mit Schriftätzen vom 27.09.2021, 08.12.2021 sowie 25.02.2022 die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zu Beweiszwecken beantragt hatte.
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b) Ebenso wie der Beweisbeschluss als solcher grundsätzlich nicht isoliert anfechtbar ist (vgl. § 355 Abs. 2 ZPO; BGH ZfBR 2022, 653; zitiert nach beck-online), ist die daran anknüpfende und in §§ 379, 402 ZPO ihre Rechtsgrundlage findende Anordnung der Zahlung eines Vorschusses nicht gesondert anfechtbar. Eine derartige Anordnung kann ebenso wie die Beweisaufnahme und deren Ergebnis nur in Zusammenhang mit dem gegen die Entscheidung in der Hauptsache vorgesehenen Rechtsmittel angegriffen werden (vgl. BGH NJW-RR 2009, 1433; OLG Dresden BeckRS, 16613; BeckOK ZPO/Thönissen/Scheuch, 54. Ed. 1.9.2024, ZPO § 379 Rn. 6; jeweils zitiert nach beck-online).
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Auch aus § 67 Abs. 1 Satz 1 GKG kann die Statthaftigkeit der Beschwerde nicht hergeleitet werden, denn die Aufforderung, einen Auslagenvorschuss für die Beweiserhebung zu leisten, stützt sich nicht auf das GKG, sondern ist abschließend in § 379 geregelt (vgl. Stein/Jonas/Berger, 23. Aufl. 2015, ZPO § 379 Rn. 4, beck-online).
14
Dass der vom Bundesgerichtshof genannte Ausnahmefall vorliegt, in dem die sofortige Beschwerde ausnahmsweise zulässig ist, weil der Beweisbeschluss (hier: die daran anknüpfende Anordnung der Zahlung eines Vorschusses) eine Verletzung von Grundrechten einer Partei zur Folge hätte, die sich im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr oder nicht mehr vollständig beheben ließe (vgl. BGH ZfBR 2022, 653; beck-online), hat die Beschwerdeführerin weder vorgetragen noch ist dies aus dem Akteninhalt ersichtlich.
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c) Die weiteren von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen (z.B. ob ein Fall des § 8a Abs. 3 bzw. Abs. 4 JVEG vorliegt oder ein solcher des § 412 Abs. 1 ZPO vorgelegen haben könnte) sind nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.
III.
16
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Soweit Gerichtskosten anfallen, ergibt sich die Plicht zu deren Tragung bereits aus dem Gesetz (vgl. Nr. 1812 KV GKG). Im Übrigen kann im Beschwerderechtszug keine Kostenentscheidung ergehen, wenn bereits die Ausgangsentscheidung als Teil der Hauptsache keine Kostenentscheidung enthalten darf und das Beschwerdeverfahren daher nur einen Bestandteil des Hauptsacheverfahrens bildet (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1289, beck-online).
IV.
17
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, denn die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.