Titel:
Rechtmäßigkeit des Verfahrens und Wahrung der Chancengleichheit im Prüfungswesen
Normenketten:
JAPO § 5 Abs. 3, § 7, § 11 Abs. 1 S. 3, Abs. 6, § 65 Abs. 2 S. 1
VwGO § 80
Leitsätze:
1. Der Besitz eines nicht zugelassenen Hilfsmittels nach Ausgabe der Prüfungsaufgaben (§ 11 Abs. 1 S. 3 JAPO) begründet unabhängig von der tatsächlichen Nutzung einen Verstoß gegen die Chancengleichheit (BeckRS 1972, 106529). Die Bewertung der Prüfungsarbeit mit "ungenügend" (0 Punkte) ist verhältnismäßig und rechtmäßig, da sie dem Schutz der Prüfungsintegrität dient. (Rn. 11 – 19 und 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Umlaufverfahren ist nach § 7 JAPO zulässig, sofern den Mitgliedern des Prüfungsausschusses der entscheidungserhebliche Sachverhalt schriftlich vorliegt. Eine Sitzung ist nicht zwingend erforderlich, es sei denn, sie wird ausdrücklich verlangt. (Rn. 7 – 10 und 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Besitz eines unzulässigen Hilfsmittels, Verhältnismäßigkeit, Chancengleichheit, unzulässige Hilfsmittel, Juristische Staatsprüfung, Umlaufverfahren
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 08.10.2024 – M 4 S 24.5493
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33494
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Bewertung seiner Bearbeitung der Aufgabe 1 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2024/1 mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte).
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Bei einer Hilfsmittelkontrolle nach Ausgabe der Prüfungsaufgaben wurde festgestellt, dass das vom Antragsteller mitgeführte Hilfsmittel „Kroiß/Neurauter, Formularsammlung für Rechtspflege und Verwaltung“ (im Folgenden: Formularsammlung) mehrere Unterstreichungen und Anmerkungen mit Bleistift enthielt. Mit Bescheid vom 12. August 2024 wurde dem Antragsteller der Beschluss des Prüfungsausschusses für die Zweite Juristische Staatsprüfung, seine Bearbeitung der Aufgabe 1 der Zweiten Juristischen Staatsprüfung 2024/1 mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) zu bewerten, mitgeteilt. Die sofortige Vollziehbarkeit dieses Beschlusses wurde angeordnet. Der Antragsteller erhob am 11. September 2024 gegen den Bescheid Klage und beantragte gleichzeitig, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Oktober 2024 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ab. Zur Begründung führt es insbesondere aus, die Beschlussfassung des Prüfungsausschusses im Umlaufverfahren sei nicht zu beanstanden. Zudem lägen die Voraussetzungen von § 11 Abs. 1 Satz 3 und 1 JAPO vor, da der Antragsteller im Besitz eines nicht zugelassenen Hilfsmittels gewesen sei und nicht habe nachweisen können, dass dieser Besitz weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruht habe. Ein minder schwerer Fall gemäß § 11 Abs. 6 JAPO komme nicht in Betracht.
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Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Rechtsschutzziel weiter. Der Antragsgegner tritt dem entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkte Prüfung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage nach der im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Bewertung der Erfolgsaussichten der Klage, die aufgrund der Konsequenzen sowohl für den Antragsteller als auch für den Antragsgegner über eine rein summarische Prüfung hinauszugehen hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2024 – 7 CS 24.567 – juris Rn. 8; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 99 ff.), voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der streitgegenständliche Bescheid des Antragsgegners ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
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1. Entgegen den Ausführungen des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO zutreffend für ausreichend erachtet. Der Inhalt der Begründung muss erkennen lassen, welche Überlegungen die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung veranlasst haben und sich auf den konkreten Einzelfall beziehen. Formelhafte Ausführungen oder die bloße Wiederholung des Gesetzestextes reichen nicht aus (vgl. Buchheister in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 80 RN. 25). Aus der Begründung des Antragsgegners wird ersichtlich, dass er sich im Klaren darüber war, dass es sich bei der Anordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO um einen rechtlichen Ausnahmefall handelt, zudem wird deutlich, aus welchen Erwägungen er sich dazu entschieden hat, im vorliegenden Fall den Suspensiveffekt auszuschließen. Ob diese Ausführungen inhaltlich tragen, ist keine Frage des Begründungserfordernisses nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (Hoppe in Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 55).
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2. Der Bescheid vom 12. August 2024 ist formell rechtmäßig. Ohne Erfolg rügt der Antragsteller, der Prüfungsausschuss habe zu Unrecht im Umlaufverfahren entschieden, zudem hätten den Mitgliedern des Prüfungsausschusses schon nicht alle für die Entscheidung relevanten Informationen vorgelegen, da ihnen das sichergestellte Hilfsmittel nicht zur Verfügung gestanden habe.
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§ 7 JAPO, der die maßgeblichen Regelungen für den Prüfungsausschuss beinhaltet, enthält keine Anordnung eines grundsätzlichen Sitzungszwangs. Dies ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 2 Nr. 4 JAPO, der dem Prüfungsausschuss die Zuständigkeit über die „Entscheidung“ in den Fällen der §§ 11 und 12 JAPO zuweist, noch aus der – hier nicht einschlägigen – Regelung des § 7 Abs. 5 Satz 4 JAPO. Damit bleibt es dem Prüfungsausschuss unbenommen, jeweils im Einzelfall zu entscheiden, auf welchem Weg er zu einer Entscheidung im Sinne von § 11 Abs. 1 JAPO gelangt. Der Senat hält es nicht für zwingend erforderlich, dass sich die Mitglieder des Prüfungsausschusses für diese Entscheidung stets zu einer Sitzung zusammenfinden müssen. Vielmehr wird in der Regel auch ein schriftliches Umlaufverfahren ausreichen, sofern den Mitgliedern des Prüfungsausschusses der entscheidungserhebliche Sachverhalt schriftlich mitgeteilt wird. Eine Sitzung wird (erst) nötig sein, wenn dies ausdrücklich gewünscht wird.
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Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Antragsteller angeführten Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Oktober 1994 – 6 UE 2077/90 – (juris). Denn diesem liegt eine im Vergleich zum vorliegenden Fall völlig andere Ausgangslage zu Grunde. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte über eine Entscheidung des „Prüfungsausschusses“ gemäß § 5d Abs. 4 Satz 1 DRiG zu befinden. Danach kann das Prüfungsorgan einer mündlichen Staatsprüfung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote abweichen, wenn dies auf Grund des Gesamteindrucks den Leistungsstand des Kandidaten besser kennzeichnet. Zum einen ist für diese Entscheidung in Bayern ein funktional anderes Organ berufen, nämlich gemäß § 65 Abs. 2 Satz 1 JAPO die „Prüfungskommission für die mündliche Prüfung“. Schon deshalb ist die Anwendung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall fernliegend. Zum anderen ist die Entscheidung über die Frage, ob die Prüfungskommission aufgrund des Gesamteindrucks eines Kandidaten in der mündlichen Prüfung von der rechnerisch ermittelten Gesamtnote abweicht, mit der Frage, ob die Voraussetzungen von § 11 Abs. 1 Satz 3 und 1 JAPO vorliegen, inhaltlich nicht zu vergleichen.
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers lagen den Mitgliedern des Prüfungsausschusses sämtliche entscheidungsrelevanten Fakten vor. In der Sachverhaltsdarstellung des vorgelegten Bescheidentwurfs sind die gerügten Eintragungen im Einzelnen aufgeführt. Da weder deren Existenz noch die Art und Weise der Eintragungen vom Antragsteller im Anhörungsverfahren bestritten worden waren, war eine Inaugenscheinnahme des als unzulässig beanstandeten Hilfsmittels durch die Mitglieder des Prüfungsausschusses nicht erforderlich. Die Verstöße waren im Bescheidentwurf hinreichend konkret beschrieben.
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3. Der in der Hauptsache angegriffene Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Als Rechtsgrundlage für seine Entscheidung zieht der Antragsgegner zutreffend § 11 Abs. 1 Satz 3 und 1 JAPO heran. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 JAPO ist die Arbeit eines Prüfungsteilnehmers, der versucht, das Ergebnis einer Prüfungsarbeit durch Unterschleif, Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu eigenem oder fremdem Vorteil zu beeinflussen, mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) zu bewerten. Unterschleif mit der Rechtsfolge der Bewertung der Arbeit mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) liegt auch dann vor, wenn der Prüfungsteilnehmer ein nicht zugelassenes Hilfsmittel nach Ausgabe der Prüfungsaufgaben besitzt, sofern er nicht nachweisen kann, dass der Besitz weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruht (§ 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO).
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a) Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Antragsteller nach Ausgabe der Prüfungsaufgabe 1 im Besitz eines nicht zugelassenen Hilfsmittels war. Gemäß Abschnitt IV Nr. 1 Satz 1 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz – Landesjustizprüfungsamt – vom 15. Oktober 2003 über die Hilfsmittel für die Zweite Juristische Staatsprüfung (Hilfsmittelbekanntmachung ZJS), in der maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 6. April 2023, darf das Hilfsmittel „Kroiß/Neurauter, Formularsammlung für Rechtspflege und Verwaltung“, das gemäß Abschnitt I Nr. 2.9 grundsätzlich zugelassen ist, keine Eintragungen enthalten.
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b) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragsteller den Nachweis, dass der Besitz des nicht zugelassenen Hilfsmittels weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruhte (§ 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO), nicht erbracht hat.
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Der Antragsteller bringt vor, das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an den nach § 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO möglichen Entlastungsbeweis. Die Tatsache des Besitzes eines unzulässigen Hilfsmittels allein könne nicht für die Annahme einer Sorgfaltspflichtverletzung genügen. Es habe für den Antragsteller kein Anlass bestanden, die streitgegenständliche Formularsammlung „Seite für Seite“ auf Eintragungen zu kontrollieren, auch nicht vor dem Hintergrund, dass er sich im Besitz von zwei Exemplaren dieses Buchs befunden habe. Denn der Antragsteller habe während der Examensvorbereitung dafür Sorge getragen, dass es nicht zu einer Verwechslung des unkommentierten mit dem der Vorbereitung dienenden kommentierten Exemplars kommen konnte. Er sei sich am Tag der Prüfung überhaupt nicht bewusst gewesen, im Besitz eines nicht zugelassenen Hilfsmittels zu sein. Hiermit dringt er nicht durch.
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Der Grundsatz der Chancengleichheit erfordert es, allen Prüflingen insbesondere hinsichtlich der Hilfsmittel gleiche Prüfungsbedingungen zu gewährleisten (vgl. bereits BVerwG, U.v. 13.10.1972 – VII C 17.71 – juris Rn. 12). § 5 Abs. 3 JAPO sieht deshalb vor, dass die Prüfungsteilnehmer nur die vom Prüfungsausschuss zugelassenen Hilfsmittel benutzen dürfen und dass sie diese selbst zu beschaffen haben. Bereits mit der Ladung zum schriftlichen Teil der Zweiten Juristischen Staatsprüfung wurde der Antragsteller auf die Hilfsmittelbekanntmachung ZJS hingewiesen. Nach deren Abschnitt IV Nr. 1 Satz 1 und 2 darf die streitgegenständliche Formularsammlung keine Eintragungen enthalten. Diese Regelung ist eindeutig und unmissverständlich. Der Antragsteller war somit über die zulässigen Hilfsmittel und die Folgen des Besitzes unzulässiger Hilfsmittel informiert. Von einem Prüfungsteilnehmer einer juristischen Staatsprüfung ist zu erwarten, größtmögliche Sorgfalt auf die Zulässigkeit der mitgeführten Hilfsmittel zu verwenden, insbesondere Sorge dafür zu tragen, dass die Hilfsmittel keine bzw. nur zulässige Eintragungen enthalten. Dies gilt im vorliegenden Fall im Besonderen, da der Antragsteller nach eigenem Vortrag zwei Exemplare der Formularsammlung für Rechtspflege und Verwaltung besaß und er in einem Exemplar zu Übungszwecken Eintragungen vorgenommen hatte. Hierauf weist auch das Verwaltungsgericht zu Recht hin. Nicht relevant ist in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Antragstellers zum Erwerbszeitpunkt des zweiten Exemplars und zur Aufbewahrung der Exemplare während der Examensvorbereitung. Denn entscheidend ist, dass der Antragsteller beim Zusammenstellen seiner Unterlagen für die Prüfung unter Aufwendung größtmöglicher Sorgfalt hätte sicherstellen müssen, dass es sich bei der in der Prüfung mitgeführten Formularsammlung um ein zulässiges Hilfsmittel (konkret eine Formularsammlung ohne jegliche Eintragungen) handelt. Dass der Antragsteller nach eigenem Vortrag das streitgegenständliche Exemplar ohne genauere Durchsicht mit sich geführt hat, entspricht nicht der vorliegend erforderlichen Sorgfalt.
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c) Der Antragsgegner musste vorliegend auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls von einem minder schweren Fall im Sinne des § 11 Abs. 6 JAPO ausgehen und von der Bewertung der Aufgabe 4 mit „ungenügend“ (0 Punkte) absehen.
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§ 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO sanktioniert das Fehlverhalten eines Prüflings, der nach Ausgabe der Prüfungsaufgabe im Besitz nicht zugelassener Hilfsmittel ist. Diese Regelung steht – wie alle Eingriffsbefugnisse (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2004 – 7 CE 04.2058 – juris Rn. 24 zur Abiturprüfung) – unter dem Vorbehalt, dass sie in jedem Einzelfall in einer den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügenden Weise ausgeübt wird (vgl. BayVGH, U. v. 19.12.2022 – 7 B 21.3133 – juris Rn. 38), damit die Rechtsfolge eines Unterschleifs nicht außer Verhältnis zur Schwere des Unterschleifs steht (vgl. BVerwG, U.v. 27.2.2019 – 6 C 3.18 – juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 8.4.2024 – 7 CS 24.567 – juris Rn. 16). Zwar ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit individuell in Bezug auf den betroffenen Prüfling zu beachten. Jedoch kann im Rahmen mehrerer zulässiger („verhältnismäßiger“) Sanktionen durchaus berücksichtig werden, dass die durch Täuschung in Frage gestellte Chancengleichheit eine auch für andere erkennbare Abschreckung gebietet (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2024 – 7 ZB 24.632 – zur Veröffentlichung vorgesehen – Rn. 12; Jeremias in Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl. 2022, Rn. 245). Maßstab für die Beurteilung, ob ein minder schwerer Fall des Unterschleifs gegeben ist, sind der Grad der Verletzung der „Spielregeln des Wettbewerbs“ und das Maß der Beeinträchtigung der Chancengleichheit. Minder schwere Fälle liegen nach dem Umfang der Täuschungsmöglichkeiten und dem Täuschungserfolg deutlich im unteren Bereich der vorkommenden Fälle.
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Dies zugrunde gelegt sieht der Senat mit dem Verwaltungsgericht keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände, die die Annahme eines minder schweren Falls (§ 11 Abs. 6 JAPO) rechtfertigen würden. Entgegen den Einlassungen des Antragstellers liegt die Verletzung der Chancengleichheit und der „Spielregeln des fairen Wettbewerbs“ bereits in der abstrakten Nutzungsmöglichkeit der unzulässigen Formularsammlung und ihrer grundsätzlichen Eignung, das Prüfungsergebnis beeinflussen zu können. Entscheidend ist, ob das unzulässige Hilfsmittel der Prüfungsbearbeitung abstrakt förderlich sein kann. Hieran besteht bezüglich der durch Unterstreichungen und Eintragungen gekennzeichneten Formularsammlung kein Zweifel. Auf die vom Antragsteller vorgebrachte fehlende Förderlichkeit der Eintragungen für die konkrete Aufgabenbearbeitung kommt es dabei nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 11.3.2008 – 7 ZB 07.612 – juris Rn. 10). Ob dem Antragsteller bewusst war, dass er nach Ausgabe der Prüfungsaufgaben im Besitz eines unzulässigen Hilfsmittels war und er dieses zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht benutzt hatte, ist vorliegend ebenfalls nicht relevant. Hätte er durch Benutzung der Formularsammlung versucht, das Ergebnis der Prüfung zum eigenen Vorteil zu beeinflussen, hätte er sich im Unterschied zum bloßen Besitz des unzulässigen Hilfsmittels nicht durch den Nachweis fehlenden Verschuldens entlasten können (vgl. BayVGH, U.v. 21.1.2016 – 7 BV 15.1233 – juris Rn. 19). Die mit der Bewertung der Arbeit als „ungenügend“ (0 Punkte) verbundene Schwere des Eingriffs in die Berufsfreiheit des Antragstellers steht im vorliegenden Fall in angemessenem Verhältnis zum Interesse des Beklagten an der Wiederherstellung und am Schutz der Chancengleichheit der übrigen Prüfungsteilnehmer. Dafür spricht schon die Anzahl der in der Formularsammlung enthaltenen Eintragungen.
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Auch die vom Antragsteller angeführte „Vorexamenspanik“ und ein damit einhergehender „Kontrollverlust“ stehen dem nicht entgegen. Denn unabhängig von der Frage, ob diese Umstände überhaupt geeignet wären, den Verstoß gegen die Prüfungsordnung in einem milderen Licht erscheinen zu lassen, hat der Antragsteller etwaige Gesundheitsstörungen nicht glaubhaft gemacht.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 Satz 1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Eyermann, VwGO).