Titel:
Erfolglose Klage auf eine weitergehende Förderung nach der sog. AMIF-Richtlinie
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
AMIF-Richtlinie § 14 Abs. 2, Abs. 3 S. 1, S. 2, § 15 Abs. 3
Leitsätze:
1. Mit einer Zuwendung nach der sog. AMIF-Richtlinie werden gem. § 15 Abs. 3 der Förderrichtlinie tatsächliche Projektausgaben gefördert. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Besondere Schwierigkeiten iSv § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind nur anzunehmen bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuwendungen aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, Doppelförderung von Personalkosten, Inhalt von Tätigkeitsnachweisen, Zulassungsantrag, Darlegungsanforderungen, Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, Zuwendung, Personalaufwendungen, Doppelförderung, Mittelkürzung, Teilzeitarbeit, Arbeitszeitnachweise, Projekt IMKO
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 09.04.2024 – AN 15 K 21.465
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33487
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 9. April 2024 – AN 15 K 21.465 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 26.088,11 € festgesetzt.
Gründe
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Die Parteien streiten über eine Förderung nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds vom 30. September 2014 (GMBl 2014, S. 1290 – „AMIF-RL“).
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Der Kläger wendet sich gegen den Abschlussbescheid (§ 28 Abs. 4 AMIF-RL) der Beklagten vom 29. Juli 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Februar 2021, soweit mit diesem auf den Mitarbeiter R. entfallende Personalausgaben im Zeitraum Juli 2015 bis Juni 2016 nur im Rahmen einer Teilzeitstelle als förderfähige Ausgabe eingestuft und in der Folge die Zuwendungssumme aus dem vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 15. September 2015 um 26.088,11 € gekürzt wurde.
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Zur Begründung führte der Widerspruchsbescheid aus, für den Zeitraum Juli bis Dezember 2015 lägen keine ausreichenden Nachweise über eine Vollzeittätigkeit des Mitarbeiters im geförderten Projekt („IKMO“) vor. Auch in den Arbeitsverträgen sei der Mitarbeiter einem anderen Projekt („KoPa“) zugewiesen worden, was mit den Entgeltabrechnungen des Mitarbeiters korrespondiere. Außerdem seien die Personalkosten des Mitarbeiters bis Ende 2015 bereits durch die Berliner Senatsverwaltung gefördert worden, so dass eine unzulässige Doppelfinanzierung bzw. eine „mittelbare Kofinanzierung“ vorliege. Ab Januar 2016 seien zwar die Arbeitsverträge geändert und die Finanzierung des Mitarbeiters durch die Senatsverwaltung auf eine unmittelbare Kofinanzierung umgestellt worden. Die Arbeitszeitnachweise hätten aber auch in der Folgezeit keine Vollzeittätigkeit des Mitarbeiters für das Projekt IKMO dokumentiert.
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Die fristgerecht erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 9. April 2024 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf weitergehende Förderung aus den Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds. Die Beklagte habe die Zuwendungen im Bescheid vom 15. September 2015 nur vorläufig gewährt und sei bei der Änderung folglich nicht an die Voraussetzungen der §§ 48 ff. VwVfG gebunden. Stehe der Bescheid wie hier insgesamt unter dem Vorbehalt der Nachprüfung in einem Verwendungsnachweisverfahren, könne die Behörde den Bescheid auch aus diesem Grund uneingeschränkt überprüfen und abändern. Zuwendungsempfänger treffe eine substantiierte Darlegungslast im Hinblick auf die Erfüllung der Fördervoraussetzungen. Vorliegend habe der Kläger schon keine Vollzeittätigkeit des Mitarbeiters nachgewiesen. Außerdem seien dem Kläger angesichts der (teilweisen) Doppelförderung der Personalkosten auch keine höheren Aufwendungen entstanden. Schließlich habe der Kläger auch nicht davon ausgehen dürfen, dass die Beklage eine „mittelbare Kofinanzierung“ fördere, da eine solche weder beantragt noch genehmigt worden sei. Angesichts des freiwilligen Charakters einer Förderung sowie des weiten Ermessens des Fördergebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien könnten diese Richtlinien nur im Hinblick auf eine willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Empfänger der Förderung überprüft werden. Eine solche liege nicht vor.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung vom 24. Juni 2024 verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte tritt dem Antrag entgegen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil vom 9. April 2024 zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der besonderen rechtlichen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wurden nicht hinreichend dargelegt bzw. liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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a) An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
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aa) Die vom Kläger auf eine angenommene Bindungswirkung des Bescheids vom 15. September 2015 gestützten Einwände, durch den seiner Ansicht nach die Beklagte die Zulässigkeit einer „mittelbaren Kofinanzierung“ in Form der Personalüberlassung anerkannt habe, begründen keine Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, denen in einem Berufungsverfahren nachzugehen wäre.
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Die Mittelkürzung beruht nach den Ausführungen des Widerspruchbescheids, den sich das Verwaltungsgerichts zu eigen gemacht hat (UA S. 14), gerade nicht auf einem zu geringen Eigenanteil des Klägers infolge einer nicht anerkannten Kofinanzierung, sondern auf der Feststellung, dass insoweit keine förderfähigen Aufwendungen angefallen sind. Dass die Beklagte berechtigt war, gem. § 28 Abs. 4 AMIF-RL die Verwendung der bewilligten Mittel zu überprüfen und Fördergelder einzubehalten, soweit keine zuwendungsfähigen Ausgaben nachgewiesen werden, wird auch vom Kläger nicht bestritten.
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Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, werden mit der Zuwendung tatsächliche Projektausgaben gefördert (vgl. § 15 Abs. 3 der Förderrichtlinie). Es erschloss sich daher dem Verwaltungsgericht nicht, weshalb der Kläger Vollzeit-Personalaufwendungen geltend macht, wenn ihm angesichts der vorgetragenen teilweisen Förderung des Mitarbeiters in einem Drittprojekt keine Personalaufwendungen in Höhe einer Vollzeitstelle entstanden sein können (vgl. UA S. 25). Dieser Sachverhalt wird in der Zulassungsbegründung ausdrücklich bestätigt (S.2: „Der Kläger bekam vom Senat kein Geld, aber über den Kooperationspartner TBB einen Mitarbeiter gestellt, dessen Personalkosten er nicht tragen musste.“). Dass der Kläger weitergehende Lohnzahlungen für den Mitarbeiter geleistet hat, trägt er auch in der Zulassungsschrift nicht vor. Auch für den Zeitraum nach der „rückwirkenden“ Umstellung auf eine „unmittelbare Kofinanzierung“ ab dem 1. Januar 2016 gilt nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und dem Vorbringen in der Zulassungsschrift nichts anderes, da dieser Umstellung nur zu entnehmen ist, dass der erforderliche Eigenanteil des Klägers (§ 14 Abs. 2 der Förderrichtlinie), der auch durch Drittmittel finanziert werden kann (§ 14 Abs. 3 Satz 1 der Förderrichtlinie), ab diesem Zeitpunkt nicht mehr durch unzulässige Sachmittel (§ 14 Abs. 3 Satz 2 der Förderrichtlinie), sondern offenbar durch Geldmittel geleistet worden ist. In welcher Höhe dem Kläger Personalaufwendungen für den Mitarbeiter tatsächlich entstanden sind und ob diese hinter dem Ansatz der Beklagten zurückbleiben, lässt sich daraus nicht entnehmen.
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bb) Auch die weitere Rüge des Klägers, er habe die Arbeitszeitnachweise so geführt, wie er dies für korrekt hielt und wie es den tatsächlichen Arbeitsverhältnissen entsprach, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, der Kläger habe eine Vollzeittätigkeit des Mitarbeiters nicht hinreichend nachgewiesen (UA S. 23), waren schon nicht entscheidungserheblich, weil das Verwaltungsgericht schon das Vorliegen von förderfähigen Aufwendungen verneint hat. Sie sind aber auch in der Sache nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat der Kläger keine Tätigkeitsnachweise vorgelegt, in denen eine Vollzeitbeschäftigung für das Projekt IKMO ausgewiesen war. Hätte der Kläger den Mitarbeiter wie in der Zulassungsschrift vorgetragen inhaltlich ausschließlich für das Projekt IKMO eingesetzt, hätte sich dies auch in den Tätigkeitsnachweisen niederschlagen müssen, die – wie das Verwaltungsgericht zu Recht betont – die rein tatsächlich erbrachte Arbeit dokumentieren und der Behörde die Prüfung ermöglichen sollen, ob die geleisteten Zahlungen auf einer realen Leistung basieren. Sieht sich der Kläger aus in seiner Sphäre liegenden Gründen nicht zur Ausstellung solcher Tätigkeitsnachweise in der Lage – offenbar weil er sich gegenüber Dritten zu einer abweichenden Ausstellung verpflichtet sah („Er musste dies alleine schon des Kofinanzierers, des Berliner Senates, wegen, denn auch diesem musste der Einsatz des bei KoPa formal angestellten, aber im Projekt IMKO inhaltlich tätigen Mitarbeiters nachgewiesen werden.“) – kann er sich nicht darauf berufen, die tatsächliche Leistungen seien abweichend von den Angaben in den Tätigkeitsnachweisen erbracht worden.
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b) Entgegen der Ansicht des Klägers weist die Rechtssache auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), die die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich machen würden.
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Besondere Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind nur anzunehmen bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2024 – 6 ZB 23.1745 – juris Rn. 14; B.v. 8.12.1998 – 2 ZB 98.3166 – juris Rn. 6). Dafür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, zumal die vom Kläger als schwierig bezeichneten Rechtsfragen im Zusammenhang mit der „Genehmigung einer mittelbaren Kofinanzierung“ für den Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich sind.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).