Titel:
Covid-19-Erkrankung einer Lehrerin: Keine Berufskrankheit bei geringer Durchseuchung des Tätigkeitsumfelds
Normenketten:
BayBeamtVG Art. 46 Abs. 1, Abs. 3 S. 1
BKV Anlage 1 Nr. 3101
Leitsätze:
1. Die Infektion einer Lehrerin mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann mangels örtlicher und zeitlicher Bestimmbarkeit der Ansteckung nicht als Dienstunfall nach Art. 46 Abs. 1 S. 1 BayBeamtVG anerkannt werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die für die Anerkennung als Berufskrankheit nach Art. 46 Abs. 3 S. 1 BayBeamtVG erforderliche besondere Infektionsgefahr ist bei einer pandemisch verbreiteten Krankheit erst bei Vorliegen besonderer, für die dienstliche Verrichtung typischer Umstände gegeben, die zu einer im Vergleich zur übrigen Bevölkerung höheren Übertragungsgefahr geführt haben, insbesondere, wenn die dienstliche Verrichtung das Außerachtlassen empfohlener und üblicherweise vorgesehener Infektionsschutzmaßnahmen (Abstand, Masken, Testpflichten, Hygieneschutzkonzepte) bedingt. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
COVID-19 als Berufskrankheit einer Lehrerin, Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes, Corona, Covid-19, Lehrer, Berufskrankheit, Dienstunfall, Durchseuchung, Infektionsgefahr
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.11.2024 – 3 ZB 24.1398
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33476
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Anerkennung der COVID-19-Erkrankung der Klägerin als Dienstunfall.
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Die am … geborene Klägerin stand im fraglichen Zeitraum, März 2021, als Oberstudienrätin (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst des Beklagten und war als Lehrerin am …-Gymnasium in … tätig. Sie wurde am Mittwoch, dem 31.03.2021 positiv auf COVID-19 getestet. Ihre letzte Unterrichtstätigkeit fand am Freitag, dem 26.03.2021 statt. Hierauf folgten die Osterferien 2021.
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Unter dem 02.01.2022 stellte die Klägerin einen Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls. Hierin gibt sie als Datum und Ort des Unfalls den 26.03.2021 sowie das …-Gymnasium … an. Ausweislich ihrer Unfallschilderung sei es im Rahmen ihrer Unterrichtstätigkeit während des Unterrichts zu einer Ansteckung mit COVID-19 gekommen und sie leide seither am „Long-Covid-Syndrom“. Zu jenem Zeitpunkt hätten an der Schule noch keine Tests für das prinzipiell bestehende Testkonzept zur Verfügung gestanden, so dass dieses in der Praxis nicht habe umgesetzt werden können.
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Der Stellungnahme der Schulleitung vom 11.01.2022 zu diesem Antrag ist zu entnehmen, dass das …-Gymnasium seit Beginn der Pandemie alle Vorschriften der jeweils geltenden Rahmenhygienepläne konsequent umgesetzt habe. Dabei seien immer alle Mitglieder der Schulfamilie über die geltenden Regeln informiert worden. Verstöße seien aufgegriffen und ggf. geahndet worden. Zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt sei der Rahmenhygieneplan Bayern vom 15.03.2021 gültig gewesen. Am 26.03.2021, dem letzten Schultag vor den Osterferien, hätten sich am …-Gymnasium die Klassenstufen fünf bis zehn im Wechselunterricht befunden, um den nötigen Raumvorgaben zu entsprechen. Die Oberstufe sei in Klassenzimmern untergebracht gewesen, in denen die Abstandsregeln ebenfalls hätten umgesetzt werden können. Es habe Maskenpflicht geherrscht und die Hygieneregeln seien ohne Ausnahme umgesetzt worden. Am 26.03.2021 habe die Klägerin neben ihrer unterrichtlichen Tätigkeit an einer Besprechung des Personalrates und der Schulleitung teilgenommen, wobei alle FFP2-Masken getragen hätten, die Klägerin eine medizinische Schutzmaske, wie sie gemäß dem gültigen Rahmenhygieneplan vorgeschrieben gewesen sei. In jenem Zeitraum seien der Schulleitung keine aktiven Corona-Erkrankungen in der Schüler- oder Lehrerschaft bekannt gewesen. Deswegen erscheine die Wahrscheinlichkeit, sich während der Dienstzeit mit COVID-19 infiziert zu haben, äußerst gering.
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Mit Bescheid vom 02.03.2022, der ausweislich der Behördenakte am 04.03.2022 versandt wurde, lehnte das Landesamt für Finanzen den Antrag auf Anerkennung eine Infektion mit SARS-CoV-2 als Dienstunfall im Sinne des Art. 46 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) ab. Auch für die Anerkennung von Infektionskrankheiten als Dienstunfall müsse im Hinblick auf die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ein für die Erkrankung ursächliches, auf äußerer Einwirkung beruhendes Unfallereignis zeitlich und örtlich feststehen. Ein solches sei aus den vorliegenden Informationen jedoch nicht erkennbar. Das für die Erkrankung maßgebliche Infektionsereignis könne zeitlich nicht eindeutig festgestellt werden. Unabhängig davon könnten nur solche Ereignisse als Dienstunfall anerkannt werden, bei denen ein Kausalzusammenhang zwischen Dienst und Unfallereignis bestehe. Die Infektion mit SARS-CoV-2 stelle hingegen eine Allgemeingefahr dar. In der Infektionsgefahr verwirkliche sich aufgrund der Pandemiesituation grundsätzlich ein allgemeines Lebensrisiko, welches regelmäßig ohne jede Beziehung zu den Anforderungen des Dienstes stehe. Auch die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG lägen nicht vor. Hierfür wäre erforderlich, dass im fraglichen Zeitraum eine Tätigkeit ausgeübt worden sei, bei der die Gefahr, an COVID-19 zu erkranken, typischerweise besonders erhöht gewesen sei. Eine allgemeine Ansteckungsgefahr, wie im Fall der Klägerin im Rahmen des Unterrichts oder einer Personalratsbesprechung, sei dafür nicht ausreichend.
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Mit Schreiben vom 04.04.2022 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch. Dieser wurde im Wesentlichen damit begründet, es habe vorliegend aufgrund der Dienstausübung eine besondere, über die Allgemeingefahr einer Ansteckung hinausgehende Infektionsgefahr vorgelegen. Anders als der Schulleiter angegeben habe, seien die Vorschriften des geltenden Rahmenhygieneplans nicht umgesetzt worden. Insbesondere sei ein ausreichendes, infektionsschutzgerechtes Lüften nicht ermöglicht worden. Gemäß Ziffer 4.3.2 des ab 15.03.2021 gültigen Rahmenhygieneplans Schulen sei mindestens alle 45 Minuten eine Stoßlüftung bzw. Querlüftung durch vollständig geöffnete Fenster über mindestens fünf Minuten vorzunehmen gewesen. Sofern CO2-Ampeln oder Messgeräte nicht vorhanden gewesen seien, sei grundsätzlich alle 20 Minuten eine zusätzliche Stoßlüftung bzw. Querlüftung vorzunehmen gewesen, was im vorliegenden Fall jedoch nicht möglich gewesen sei, da der Unterrichtsraum über eine Lüftungsanlage verfüge, die die Raumluft aber nicht ausreichend austausche. Dies sei durch den späteren Einsatz von CO2-Ampeln nachgewiesen worden. Deshalb habe die Schulleitung später bei der Stadt zusätzliche Luftreiniger beantragt, was abgelehnt worden sei. Abgesehen von der Lüftungsanlage verfüge der Unterrichtsraum nur über drei schmale Fenster, die mit fest installierten, engen Verschattungselementen versehen seien, so dass kaum ein Luftaustausch möglich sei. Beim Öffnen der Fenster schalte sich zudem gleich in mehreren Unterrichtsräumen die Lüftungsanlage aus, teilweise ließen sich die Fenster ohnehin nur kippen. Ferner habe die Schule keinerlei Selbsttests durchgeführt, auch Spender mit Desinfektionsspray seien nicht vorhanden gewesen. Die Schüler hätten nur sogenannte Community-Masken tragen müssen. In den nach dem 26.03.2021 folgenden Ferien hätten dann auch keine Tests bei den Schülern mehr stattgefunden. Die Klägerin habe in dieser Situation drei Stunden am Stück Unterricht halten müssen, hinzu komme die Aufsichtspflicht in den Pausen. Im Ergebnis sei somit davon auszugehen, dass die Klägerin durch ihre dienstliche Tätigkeit einer besonderen Gefahr der Erkrankung ausgesetzt gewesen sei. Anhaltspunkte für eine Ansteckung im privaten Umfeld bestünden nicht. Die Klägerin habe in jenem Zeitraum ausschließlich Kontakt mit Familienmitgliedern gehabt, die sich aber durchgehend erst bei der Klägerin angesteckt hätten.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.2022 wies das Landesamt für Finanzen den Widerspruch zurück. Der form- und fristgerecht eingelegte Widerspruch sei unbegründet. Es sei weder im Antrag noch in der Widerspruchsbegründung nachgewiesen worden, dass am 26.03.2021 tatsächlich ansteckende Personen an der Schule anwesend gewesen seien und die Klägerin Kontakt zu diesen gehabt habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob der seinerzeit geltende Rahmenhygieneplan nicht oder nur unzureichend umgesetzt worden sei, da dies allein kein Nachweis für die Anwesenheit ansteckender Personen sei. Eine Anerkennung eines Dienstunfalls nach Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG scheide damit aus. Auch die Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG seien nicht gegeben. In Frage komme hier eine Erkrankung nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Zur Anerkennung einer Erkrankung an COVID-19 als Berufskrankheit sei der einzelfallbezogene Nachweis erforderlich, dass im fraglichen Zeitraum eine Tätigkeit ausgeübt worden sei, bei der die Gefahr, an COVID-19 zu erkranken, typischerweise besonders erhöht gewesen sei. Dies würde voraussetzen, dass die konkrete dienstliche Tätigkeit insgesamt und ihrer Art nach erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit, an dieser Infektionskrankheit zu erkranken, in sich berge. Die besondere Gefährdung durch eine Infektion müsse dabei für die dienstliche Verrichtung unter den tatsächlichen Umständen typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden gewesen sein. Die Tätigkeit als Lehrerin beinhalte kein höheres Risiko für eine Ansteckung. Es sei zudem nicht nachgewiesen, dass an der Schule Coronapositive bzw. ansteckende Personen anwesend gewesen seien oder ein erhöhtes Ansteckungsgeschehen vorgelegen habe.
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Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 09.08.2022 Klage erheben. Klagebegründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch der Klägerin auf Anerkennung ihrer COVID-19 Infektion als Dienstunfall ergebe sich aus Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber u.a. den oftmals bestehenden Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der erforderlichen Genauigkeit bei der Bestimmung des Ansteckungszeitpunktes dadurch Rechnung getragen, dass die Krankheiten in Anlage 1 zur BKV unter bestimmten Voraussetzungen als Dienstunfall anerkannt werden können. Die durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung COVID-19 falle als Infektionserkrankung unter Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV. Hiernach stellten Infektionskrankheiten dann eine Berufserkrankung dar, wenn die betroffene Person im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt gewesen sei. Durch die Variante „durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ habe der Verordnungsgeber den Unfallschutz auf Personen ausgedehnt, die zwar nicht einem mit besonderen Infektionsgefahren verbundenen Betrieb angehört hätten, aber durch ihre Tätigkeit im Einzelfall einer Ansteckungsgefahr besonders ausgesetzt gewesen seien. Entscheidend sei die Frage, ob die Gefährdung der Klägerin die Ansteckungsgefahr überstiegen habe, der ein Beamter immer ausgesetzt sein könne, der im Dienst mit anderen Menschen in Kontakt komme. Die Ansteckungsgefahr an Schulen habe auch am 26.03.2021 schon grundsätzlich die Ansteckungsgefahr überschritten, der ein Beamter bei Kontakt mit anderen Menschen im Dienst immer ausgesetzt sei. Der Virologe ... habe beispielsweise in seinem Podcast vom 16.03.2021 festgestellt, dass Schulen ein Ort der Verbreitung des Virus seien, sowie, dass durch die Schulöffnungen in den folgenden Wochen ein Ansteigen der Inzidenz in den Schulen zu sehen sein werde. Die Klägerin habe eine Klasse mit 14 Schülern in einem relativ kleinen Klassenzimmer mit einer Fläche von ca. 30 Quadratmetern unterrichtet. Der Unterricht sei regelmäßig in dem Zimmer erfolgt und auch am 26.03.2021 mindestens drei Stunden am Stück.
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Abgesehen von den Defiziten im Hinblick auf die Umsetzung von Hygienemaßnahmen sei zu berücksichtigen, dass beim Aufenthalt in Räumen aufgrund der Anreicherung und Verteilung der Aerosole im Raum sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung auch über eine größere Distanz als 1,5 m erhöhen könne. Längere Aufenthaltszeiten und häufiges Einatmen erhöhten die Inhalationsdosis. Auch Maßnahmen wie ständiges Lüften oder Tragen einer eng anliegenden Maske könnten bei stundenlangem Aufenthalt in einem Raum mit infektiösen Aerosolen keinen zuverlässigen Schutz mehr gegen eine Ansteckung bieten, was auch aus dem epidemiologischen Steckbrief des RKI s hervorgehe. Angesichts der gesamten Umstände sei die Klägerin in einem ähnlich hohen Maße einem besonderen Ansteckungsrisiko ausgesetzt gewesen, wie dies bei einer Beschäftigung in einem allgemein mit Infektionsgefahren verbundenen Betrieb der Fall sei, sofern Schulen in der damaligen Situation nicht ohnehin entsprechend einzustufen seien.
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Eine Infektion der Klägerin außerhalb des Dienstes sei ausgeschlossen, da sie sich bereits seit zwei Wochen vor dem 26.03.2021 abgesehen von ihrem Dienst in freiwillige häusliche Isolation begeben habe und dort nur Kontakt mit ihrem Ehemann und den drei gemeinsamen Kindern gehabt habe. Der Ehemann der Klägerin, wie auch die drei Kinder hätten sich aber erst bei der Klägerin angesteckt. Bei ihnen sei ausweislich der vorliegenden Genesenenzertifikate eine Infektion mit COVID-19 erst am 06.04.2021 festgestellt worden. Soweit der Beklagte davon ausgehe, die Klägerin könne sich bei ihren Familienmitgliedern angesteckt haben, die alle erst nach der Klägerin erkrankt seien, sei dies lebensfremd und eine bloße Vermutung ins Blaue hinein. Im Übrigen sei auch die Beweisvereitelung seitens des Beklagten zu berücksichtigen, da von der Schule keine Tests der Schüler und der Lehrerschaft durchgeführt worden seien. Die Klägerin habe zudem mehrfach (mindestens drei Mal) beim Gesundheitsamt angerufen und um Nachverfolgung gebeten, wodurch Infektionen bei Schülern und Lehrern aufgefallen wären. Sie sei jedoch bei den ersten beiden Anrufen vom Gesundheitsamt hingehalten worden, beim dritten Anruf sei ihr mitgeteilt worden, dass es für eine Nachverfolgung mittlerweile zu spät sei. Lehrer hätten außerdem durchaus in verstärktem Maße Kontakt zu Infektionsträgern und seien daher einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Die Lage für Lehrer sei grundsätzlich mit der Situation beispielsweise in der Wohlfahrtspflege vergleichbar.
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Was die unzureichenden Lüftungsmöglichkeiten angehe, könne auf die vorgelegten Lichtbilder der Fenster verwiesen werden. Weitere Erkrankungen seien seinerzeit nur deshalb nicht bekannt geworden, weil die Schule keine Tests durchgeführt habe und das Gesundheitsamt keine Nachverfolgung vorgenommen habe. Sobald an den Schulen Tests durchgeführt worden seien, seien auch die entsprechenden Infektionszahlen nach oben gegangen. Fakt sei auch, dass bei der Variante, an der die Klägerin erkrankt sei, Kinder oft keine Symptome aufgewiesen hätten. Nachdem infolge der Beweisvereitelung durch den Beklagten der Klägerin die Beweismöglichkeiten genommen worden seien, sei von einer entsprechenden Beweislastumkehr oder zumindest einer Beweiserleichterung auszugehen.
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Die Klägerin beantragt,
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 02.03.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.2022 verpflichtet, die am 31.03.2021 diagnostizierte Erkrankung der Klägerin an SARS-CoV-2 als Dienstunfall anzuerkennen.
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Der Beklagte beantragt,
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Soweit die Klägerin meine, sich bei ihrer Unterrichtstätigkeit am 26.03.2021 infiziert zu haben, gebe es hierfür keinen Nachweis. Im Gegenteil erscheine es relativ unwahrscheinlich, dass sie sich überhaupt im schulischen Bereich infiziert habe, da nach Angabe der Schulleitung weder in der Schüler- noch in der Lehrerschaft anderweitige Corona-Erkrankungen bekannt geworden seien. Soweit sie vortrage, im Inkubationszeitraum ausschließlich Kontakt mit ihren Familienangehörigen gehabt zu haben, erscheine dies unglaubhaft, da es auch im täglichen Leben, z.B. beim Einkaufen, zu Kontakten mit anderen Personen komme. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen sein sollte, stelle es keinen Nachweis einer Infektion im schulischen Bereich dar. Die Klägerin habe vorgetragen, ihre Familienangehörigen seien nach ihr erkrankt. Angesichts der relativ großen Spanne der Inkubationszeit bei Corona-Erkrankungen sei es durchaus denkbar, dass sich die Klägerin bei ihren Familienangehörigen infiziert habe und die Erkrankung bei diesen nur später ausgebrochen sei.
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Die Erkrankung der Klägerin könne vorliegend auch nicht gemäß Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG mit einem Dienstunfall gleichgestellt werden, weil die Klägerin der Gefahr der Erkrankung nach Art ihrer dienstlichen Tätigkeit nicht besonders ausgesetzt gewesen sei. Ihre Erkrankung könne vorliegend schon deshalb nicht als Berufskrankheit im Sinne der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV eingestuft werden, da die Tätigkeit als Lehrerin nach ihrer Art nicht mit einer abstrakten Gefahrenlage verbunden gewesen sei, die mit einer Tätigkeit im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in Laboratorien vergleichbar wäre. Zu verweisen sei insoweit auch auf die Rechtsprechung, nach der die Infektionsgefahr zum einen vom Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes und zum andern von der Übertragungsgefahr bei der konkreten Tätigkeit abhänge. Einen nachgewiesenen Infektionsfall im Tätigkeitsumfeld der Klägerin gebe es nicht. Eine besonders gesteigerte Infektionsgefahr im Vergleich zur übrigen Bevölkerung sei nicht erkennbar. Es treffe zwar zu, dass die Klägerin in ihrem dienstlichen Umfeld mit anderen Personen wie Lehrern und Schülern in Kontakt komme, was jedoch bei vielen Berufsgruppen der Fall sei. Was die Einhaltung des Rahmenhygieneplans am …-Gymnasium angehe, werde auf die Stellungnahme der Schulleitung verwiesen.
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Mit Beweisbeschluss der Kammer vom 26.04.2024 wurde angeordnet, die stellvertretende Schulleiterin des …-Gymnasiums … in der mündlichen Verhandlung als Zeugin zu vernehmen.
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Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 11.06.2024 wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
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1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der vorliegenden Klage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Soweit der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Einhaltung der Widerspruchsfrist geäußert hat (vgl. S. 5 des Sitzungsprotokolls), ist allein darauf hinzuweisen, dass das Landesamt für Finanzen den Widerspruch als „form- und fristgerecht“ (S. 3 des Widerspruchsbescheids) angesehen hat und in der Folge in eine Sachprüfung eingetreten ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, ist die Einhaltung der Widerspruchsfrist keine vom Verwaltungsgericht von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung. Hat die Widerspruchsbehörde auf einen verspäteten Widerspruch aufgrund ihrer Sachherrschaft eine Entscheidung in der Sache getroffen und sich nicht auf die Versäumung der Widerspruchsfrist berufen, so darf das später angerufene Verwaltungsgericht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Klage – auch soweit sie sich gegen den Ursprungsbescheid richtet – nicht von sich aus wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig abweisen (vgl. etwa BVerwG, U.v. 28.10.1982 – 2 C 4/80 – juris Rn. 10 m.w.N.).
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2. Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Anerkennung ihrer Infektion mit SARS-CoV-2 bzw. ihrer Erkrankung an COVID-19 als Dienstunfall. Dementsprechend sind der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 02.03.2022 sowie der Widerspruchsbescheid vom 04.07.2022 rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Ein Anspruch der Klägerin auf Anerkennung ihrer Infektion als Dienstunfall ergibt sich weder aus Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG (a.) noch aus Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG (b.).
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a. Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Grundsätzlich kann auch die im Dienst erfolgte Ansteckung mit einer Infektionskrankheit einen Dienstunfall darstellen (vgl. BVerwG, U.v. 28.01.1993 – 2 C 22.90 – juris Rn. 7).
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Die Ansteckung mit einer Infektionskrankheit stellt keine Folge einer schädlichen Dauerbelastung dar, sondern bildet vielmehr ein plötzliches, auf äußeren Einwirkungen beruhendes Ereignis (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 20; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 23). Zwar steigt das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus SARS-CoV-2, je länger sich eine Person in einem mit Aerosolen belasteten Raum aufhält und je höher die entsprechende Viruslast in der Luft ist. Jedoch erfolgt die Ansteckung selbst zu einem bestimmten Zeitpunkt, in dem Viren beispielsweise durch respiratorische Aufnahme in den Körper des Betroffenen gelangen und sich dort vermehren (vgl. RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19; Stand: 26.11.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html; zuletzt abgerufen am 11.06.2024).
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Der Anerkennung als Dienstunfall steht entgegen dem Beklagtenvortrag auch nicht bereits entgegen, dass sich in dem Schaden lediglich eine allgemeine, letztlich jeden treffende Gefahr realisiert hat. Zwar liegt dann kein Dienstunfall vor, wenn es sich um eine sog. „Gelegenheitsursache“ handelt, bei der zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Dies wird vor allem bei Fällen angenommen, in denen aufgrund einer krankhaften Veranlagung des Beamten oder eines anlagebedingten Leidens letztlich auch ein alltäglich vorkommendes Ereignis den Erfolg herbeigeführt hätte. Ein solches Grundleiden der Klägerin, welches sich lediglich bei Gelegenheit des Dienstes verwirklicht hat, lag hier jedoch nicht vor. Der Anerkennung als Dienstunfall kann auch nicht entgegengehalten werden, dass sich im Falle der Klägerin lediglich das in Zeiten der Pandemie bestehende allgemeine Ansteckungsrisiko realisiert hat und die Klägerin kein gegenüber dem normalen Bürger erhöhtes besonders Ansteckungsrisiko aufzuweisen hat. Jedenfalls setzt der Begriff des Dienstunfalls nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG gerade nicht voraus, dass der Beamte bei seiner Tätigkeit einer höheren Gefährdung als die übrige Bevölkerung ausgesetzt ist oder sich in dem Körperschaden eine der konkreten dienstlichen Verrichtung innewohnende typische Gefahr realisiert hat (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 10 f.; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 21).
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Vorliegend kommt eine Anerkennung als Dienstunfall nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG jedoch mangels örtlicher und zeitlicher Bestimmbarkeit der Ansteckung der Klägerin mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nicht in Betracht. Es kann kein eindeutiger Ansteckungszeitpunkt und -ort mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestimmt werden. Die Forderung eines örtlich und zeitlich bestimmbaren Ereignisses legt zum einen den Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge fest und dient zum anderen der Begrenzung des Risikos des Dienstherrn. Dieser soll nur für Schadensereignisse einstehen müssen, die einem Nachweis zugänglich sind (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 14 f.). Das Tatbestandsmerkmal der zeitlichen Bestimmbarkeit stellt regelmäßig das Hauptproblem bei der Anerkennung einer Infektionserkrankung als Dienstunfall dar, da sich typischerweise nicht genau feststellen lässt, zu welchem Zeitpunkt eine Ansteckung erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Tatbestandsmerkmal „zeitlich bestimmbar“ die bloße Eingrenzbarkeit des Zeitraums der Infektion oder die abstrakte Bestimmbarkeit ihres Zeitpunktes nicht ausreichend. Insbesondere reicht bei Infektionen nicht aus, dass die Inkubationszeit und der Ort, an dem sich der Beamte während dieser Zeit aufgehalten hat, bekannt sind. Vielmehr müssen Ort und Zeitpunkt der Infektion feststehen (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 22; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 24). Deshalb müssen die Angaben zu den Umständen des konkreten Ereignisses in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in ihrer Gesamtheit so bestimmt sein, dass das Ereignis Konturen erhält, auf Grund derer es von anderen Geschehnissen eindeutig abgegrenzt werden kann. Jede Verwechslung mit einem anderen Ereignis muss ausgeschlossen sein (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/06 – juris Rn. 6; VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – Rn 12 K 20.3147 – juris Rn. 30). Es ist daher anzuerkennen, dass sich der Zeitpunkt der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit, der eine längere, über mehrere Tage reichende Inkubationszeit anhaftet, fast ausnahmslos nicht mit der gemäß Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG erforderlichen Genauigkeit feststellen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6; U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – NVwZ 2010, 708/709).
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Eine diesem Maßstab entsprechende, hinreichend genaue Bestimmung des Ortes und des Zeitpunktes der Ansteckung lässt sich im Fall der Klägerin nicht vornehmen. Soweit die Klägerin meint, sie habe sich am 26.03.2021 während des Unterrichts angesteckt (vgl. S. 2 des Antrags auf Anerkennung eines Dienstunfalls), erscheint dies zwar möglich, steht aber keineswegs mit der erforderlichen Sicherheit fest (vgl. dazu auch VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 21.2496). Es lassen sich keine hinreichend sicheren Rückschlüsse auf einen genauen Ansteckungszeitpunkt und -ort ziehen. Nach dem epidemiologischen Steckbrief zu SARS-CoV-2/Covid-19 betrug die mittlere Inkubationszeit der Virusvarianten bis November 2021 5,8 Tage (95% Konfidenzintervall 5,0 bis 6,7 Tage); die 95%-Perzentile wird mit 11,7 Tagen (95% Konfidenzintervall 9,7 bis 14,2 Tagen) angegeben (vgl. RKI, Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und Covid-19; Stand: 26.11.2021 https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html; zuletzt abgerufen am 11.06.2024). Somit lässt sich auch danach der Ansteckungszeitpunkt nicht auf einen festen Tag eingrenzen. In Fällen der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit fordert das Bundesverwaltungsgericht zumindest die Eingrenzbarkeit des Ansteckungszeitpunktes auf einen Zeitraum von längstens einem Tag (vgl. Kazmaier in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz des Bundes und der Länder, Stand: September 2023, § 31 BeamtVG Rn. 35 mit Verweis auf BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08). Es genügt dabei nicht, den Zeitpunkt abstrakt anhand der für das Coronavirus bekannten Inkubationszeit zu errechnen (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 07.07.2005 – 5 LB 51/05 – juris Rn. 22).
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Ist es demnach nicht möglich, mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachzuweisen, wann und wo bzw. bei welcher Person sich die Klägerin angesteckt hat, geht das im Anwendungsbereich des Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG zu Lasten der Beamtin. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelten im Dienstunfallrecht grundsätzlich die allgemeinen Beweisgrundsätze. Dabei ist für das Vorliegen eines Dienstunfalls grundsätzlich der volle Beweis zu erbringen, das heißt, er muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.1981 – 2 C 17/81 – juris Rn. 18 m.w.N.; BVerwG, U.v. 28.04.2011 – 2 C 55/09 – juris Rn. 12 f.). Die Unaufklärbarkeit einer entscheidungserheblichen Tatsache, wie hier der zeitlichen und örtlichen Bestimmbarkeit der Infektion, geht zulasten desjenigen, der die materielle Beweislast dafür trägt (vgl. VG München, U.v. 20.06.2023 – M 5 K 21.4421 – juris Rn. 22; VG Bremen, U.v. 10.11.2023 – 7 K 1101/22 – juris Rn. 25), also hier der Klägerin. Der Schwierigkeit, dass sich der Zeitpunkt der Ansteckung mit einer Infektionskrankheit fast ausnahmslos nicht mit der erforderlichen Genauigkeit feststellen lässt, hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass Infektionskrankheiten, die in der Anlage 1 der BKV aufgeführt sind, fiktiv als Dienstunfälle nach Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG gelten, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6).
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Es ist daher dem Gericht verwehrt, der Klägerin hinsichtlich ihrer Corona-Infektion im Anwendungsbereich von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG eine Beweiserleichterung in Form des prima-facie-Beweises (Anscheinsbeweis) einzuräumen oder gar eine Umkehr der Beweislast anzunehmen. Dies würde sonst bedeuten, für die Anerkennung eines Dienstunfalls einen eingrenzbaren Zeitraum ausreichen zu lassen. Diese Annahme stünde der gefestigten Rechtsprechung entgegen, wonach es im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Unfallfürsorge für die zeitliche Bestimmbarkeit eben nicht genügt, dass sich ein über mehrere Tage erstreckender Zeitraum nach Anfangs- und Schlusstag eingrenzen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 25.02.2010 – 2 C 81/08 – juris Rn. 14; VG München, U.v. 20.06.2023 – M 5 K 21.4421 – juris Rn. 23; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 24). Selbst wenn man die Möglichkeit des Anscheinsbeweises einräumen würde, schiede dieser vorliegend aus. Der Anscheinsbeweis kommt grundsätzlich im Rahmen von Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG bei typischen Geschehensabläufen in Betracht, und zwar in Fällen, in denen ein gewisser Tatbestand nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und infolgedessen wegen des typischen Charakters des Geschehens die konkreten Umstände des Einzelfalles für die tatsächliche Beurteilung ohne Bedeutung sind (vgl. BVerwG, B.v. 11.03.1997 – 2 B 127/96 – juris Rn. 5; U.v. 22.10.1981 – 2 C 17/81 – juris Rn. 18). Im Hinblick auf die Inkubationszeit und die Möglichkeiten einer anderweitigen Infektion muss es vorliegend nicht typischerweise oder geradezu zwangsläufig zu einer Infektion während der Unterrichtstätigkeit am 26.03.2021 gekommen sein (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 45 ff.; BayVGH, U.v. 05.06.2024 – 3 B 22.809 – juris Rn. 13).
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b. Darüber hinaus liegen auch die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Infektion der Klägerin mit SARS-CoV-2 als Dienstunfall gemäß Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG nicht vor.
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aa. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber unter anderem den oben genannten, oftmals bestehenden Beweisschwierigkeiten mit Hinblick auf die erforderliche Genauigkeit bei der Bestimmung des Ansteckungszeitpunktes dadurch Rechnung getragen, dass die Krankheiten in Anlage 1 der BKV unter bestimmten Voraussetzungen als Dienstunfall anerkannt werden können (vgl. BVerwG, B.v. 19.01.2006 – 2 B 46/05 – juris Rn. 6; VG Karlsruhe, U.v. 22.01.2014 – 4 K 1742/11 – juris Rn. 25). Demnach gilt gem. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG auch die Erkrankung an einer in Anlage 1 der BKV genannten Krankheit als Dienstunfall, wenn der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war. Die durch den Erreger SARS-CoV-2 ausgelöste Erkrankung COVID-19 fällt als Infektionserkrankung unter Nr. 3101 der Anlage 1 der BKV (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147 – juris Rn. 39; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 25; VG Augsburg, U.v. 21.10.2021 – Au 2 K 20.2494 – juris Rn. 25 f.; BayVGH, U.v. 05.06.2024 – 3 B 22.809 – juris Rn. 18). Nach Nr. 3101 der Anlage 1 der BKV stellen Infektionskrankheiten dann eine Berufserkrankung dar, wenn die betroffene Person im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war.
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Vorliegend kommt nur eine Anerkennung im Sinne der vierten Variante der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV in Betracht, wonach der Beamte durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt gewesen sein muss. Die heutige Regelung der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV wurde durch die Nr. 37 der Anlage 1 zur 7. BKV vom 20.06.1968 (BGBl. I S. 721) geschaffen. Dabei wurde insbesondere die Alternative „durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt“ eingeführt. Zuvor war der sozialversicherungsrechtliche Unfallschutz bei Infektionskrankheiten an die Beschäftigung an bestimmten, in der Verordnung genannten Arbeitsplätzen gebunden (Nr. 37 der 6. BKV vom 28.04.1961, BGBl. I S. 505), was zum Teil zu unbilligen Härten führte. So erhielten beispielsweise Handwerker, die sich bei der Arbeit in einer Lungenheilanstalt mit Tuberkulose infiziert hatten, keine Leistungen aus der Unfallversicherung, weil sie nicht in einem Krankenhaus beschäftigt waren. Deshalb dehnte der Verordnungsgeber den Unfallschutz auf Personen aus, die zwar nicht einem mit besonderen Infektionsgefahren verbundenen Betrieb angehören, aber durch ihre Tätigkeit im Einzelfall einer Ansteckungsgefahr besonders ausgesetzt waren. Aus dieser Zielsetzung lässt sich ableiten, dass die genannte Alternative eine der spezifischen Tätigkeit innewohnende besondere Gefährdung voraussetzt. Der Betroffene muss durch seine Tätigkeit in einem Angehörigen des Gesundheitsdienstes oder der Wohlfahrtspflege vergleichbaren, erheblich höheren Maße als die übrige Bevölkerung einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt gewesen sein. Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um ein derart erhöhtes Ansteckungsrisiko handelt, ist nicht die der Tätigkeit generell anhaftende Gefährdung, sondern sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. VGH BW, U.v. 21.01.1986 – 4 S 2468/85; VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 26).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gilt im Sinne des Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG bzw. hierzu inhaltsgleichen § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG i.V.m. der Anlage 1 der BKV die in Nr. 3101 aufgeführte Infektionskrankheit nur dann als Dienstunfall, wenn die zur Zeit der Infektion konkret ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß im Ganzen gesehen ihrer Art nach unter den besonderen zur Zeit der Krankheitsübertragung bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung in sich birgt (vgl. BVerwG, U.v. 28.01.1993 – 2 C 22.90 – juris Rn. 11 f.; BayVGH, B.v. 29.06.1998 – 3 B 95.3890 – juris Rn. 11; B.v. 27.08.1998 – 3 ZB 98.568 – juris Rn. 2; Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Stand: Dezember 2021, § 31 BeamtVG Rn. 187). Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG setzt nicht voraus, dass die durch die Art der dienstlichen Verrichtung hervorgerufene Gefährdung generell den Dienstobliegenheiten anhaftet; vielmehr genügt es, wenn die eintretende Gefährdung der konkreten dienstlichen Verrichtung ihrer Art nach eigentümlich ist, allerdings nur dann, wenn sich die Erkrankung als typische Folge des Dienstes darstellt. Dabei kommt es nicht auf die individuelle Veranlagung des Beamten an. Die besondere Gefährdung muss für die dienstliche Verrichtung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein. Entscheidend für die Beurteilung, ob es sich um ein derart erhöhtes Ansteckungsrisiko handelt, sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG soll insofern nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist. Maßgeblich ist, dass die Gefährdung aus der konkreten Tätigkeit selbst herrührt. Denn der Gesetzgeber hat sich in Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG dafür entschieden, auf die Art der jeweiligen Tätigkeit abzustellen und nicht auf sonstige dienstliche Bedingungen, wie insbesondere die Beschaffenheit der Diensträume. Die generelle Ansteckungsgefahr, der ein Beamter ausgesetzt sein kann, wenn er im Dienst mit anderen Menschen in Kontakt kommt, genügt nicht (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 05.06.2024 – 3 B 22.809 – juris Rn. 22 f. m.w.N.).
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Mit dem Merkmal des „besonderen Ausgesetztseins“ verlangt die Verordnung, dass die von dem Beamten ausgeübte dienstliche Tätigkeit erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit der Erkrankung gerade an derjenigen Krankheit in sich birgt, an welcher der Beamte erkrankte. Aus der Verwendung des Begriffs „nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung“ in Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG wird auch gefolgert, dass die besondere Gefährdung für die dienstliche Verrichtung typisch sein muss. Ähnlich wie bei Nr. 3101 der Anlage 1 der BKV ist dabei nicht allgemein auf den generellen Inhalt der dienstlichen Verrichtung des Beamten abzustellen. Vielmehr kommt es auch hier darauf an, ob der Beamte durch die konkret von ihm auszuführende dienstliche Verrichtung unter den besonderen zu der fraglichen Zeit bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen der abstrakten Gefahr der betreffenden Erkrankung besonders ausgesetzt war (vgl. BVerwG, U.v. 04.09.1969 – II C 106.67 – juris Rn. 14; VGH BW, U.v. 21.01.1986 – 4 S 2468/85; VG Gießen, U.v. 11.05.2000 – 5 E 1269/98 – juris Rn. 28 f.).
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Für den insoweit anzusetzenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab können etwa auch die von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung zum Vorliegen einer Berufskrankheit entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden. Danach beurteilt sich die Frage, ob die versicherte Person einer besonders erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt ist, entscheidend nach dem Grad der Durchseuchung des Tätigkeitsbereichs und dem Übertragungsrisiko der im Gefahrenbereich vorgenommenen Verrichtungen (vgl. VG Bremen, U.v. 10.11.2023 – 7 K 1101/22 – juris Rn. 37; vgl. VG Würzburg, U.v. 26.10.2021 – W 1 K 21.536 – juris Rn. 30; VG Karlsruhe, U.v. 22.01.2014 – 4 K 1742/11 – juris Rn. 30). Das Übertragungsrisiko wird danach an Häufigkeit, Intensität, Art und Dauer von Kontakten, aber auch an getroffenen Schutzmaßnahmen bemessen (vgl. Günther/Michaelis, NWVBl. 2023, 182/184).
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Ist unter Berücksichtigung der Art der dienstlichen Tätigkeit und der Beschaffenheit des Tätigkeitsumfeldes eine generelle Gefährdung nicht denkbar, scheidet die Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV schon deshalb aus. Insoweit ist zunächst entscheidend, ob die im Rahmen der dienstlichen Tätigkeit verrichteten Arbeiten ihrer Art nach unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Arbeitsumfeldes mit einer abstrakten Gefahrenlage einhergehen (vgl. BSG, U.v. 02.04.2009 – B 2 U 33/07 R – juris Rn. 17). Liegt hingegen eine mit der dienstlichen Tätigkeit verbundene abstrakte Gefährdung vor, kommt es darüber hinaus darauf an, ob der Beamte infolge seiner konkret ausgeübten Verrichtungen einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war, die sich dann nach der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes sowie der Übertragungsgefahr richtet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, U.v. 15. 09. 2011 – B 2 U 22/10 R – juris Rn. 17; U.v. 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R – juris Rn. 22 ff.) der mehrere Verwaltungsgerichte gefolgt sind (vgl. VG Bayreuth, U.v. 04.10.2022 – B 5 K 21.909 – juris Rn. 28; VG Sigmaringen, U.v. 02.02.2022 – 5 K 1819/21 – juris Rn. 31; VG Karlsruhe, U.v. 22.01.2014 – 4 K 1742/11 – juris; VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 76) ist der Grad der Durchseuchung hinsichtlich der kontaktierten Personen als auch der Objekte festzustellen, mit oder an denen zu arbeiten ist.
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Das weitere Kriterium der mit der konkreten dienstlichen Verrichtung verbundenen Übertragungsgefahr richtet sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten (bzw. Beamten) verrichteten gefährdenden Handlungen (vgl. BSG, U.v. 02.04.2009 – B 2 U 30/07 R – juris Rn. 24 f.). Jedoch bedarf zu Zeiten einer Pandemie das Kriterium der Durchseuchung vor dem Hintergrund der stets gegebenen Möglichkeit einer zufälligen Infektion außerhalb des Dienstes einer kritischen Betrachtung (vgl. VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147 – juris Rn. 57). Denn unter Pandemiebedingungen kann eine Kleinepidemie eine zufällige, voneinander unabhängige Infektion nicht mit dem Maß an Sicherheit ausschließen, wie das bei Krankheiten der Fall ist, die nicht pandemisch verbreitet waren bzw. sind. Daher reicht auch ein hoher Grad an Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes bei einer pandemisch verbreiteten Krankheit grundsätzlich nicht aus, um eine besondere Infektionsgefahr zu begründen. Hinzukommen muss vielmehr immer eine im Vergleich zur übrigen Bevölkerung besondere mit der konkreten dienstlichen Verrichtung verbundene Übertragungsgefahr. Hierfür genügt nicht eine Infektionsgefahr, die aus der bloßen Zusammenarbeit mit anderen Menschen herrührt. Denn die bloße Zusammenarbeit mit anderen Menschen ist gerade nicht einer konkreten dienstlichen Tätigkeit eigentümlich, sie ist vielmehr generell in einer Beschäftigung im Arbeitsleben und nicht nur im Beamtentum und der konkreten dienstlichen Verrichtung angelegt. Es bedarf daher besonderer, für die dienstliche Verrichtung typischer Umstände, die zu einer im Vergleich zur übrigen Bevölkerung höheren Übertragungsgefahr geführt haben. Hierunter fällt es insbesondere, wenn die dienstliche Verrichtung das Außerachtlassen empfohlener und üblicherweise vorgesehener Infektionsschutzmaßnahmen (Abstand, Masken, Testpflichten, Hygieneschutzkonzepte) bedingt. Erst bei Vorliegen dieser besonderen Umstände ist ein Beamter bei einer pandemisch verbreiteten Krankheit und der Durchseuchung seines Arbeitsplatzes grundsätzlich der Infektionsgefahr besonders, also in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt. Die Durchseuchung des Arbeitsumfeldes auf der einen und die Übertragungsgefahr der versicherten Verrichtungen auf der anderen Seite stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. An den Grad der Durchseuchung können umso niedrigere Anforderungen gestellt werden, je gefährdender die spezifischen Arbeitsbedingungen sind. Je weniger hingegen die Arbeitsvorgänge mit dem Risiko der Infektion behaftet sind, umso mehr erlangt das Ausmaß der Durchseuchung an Bedeutung (vgl. BayVGH, U.v. 05.06.2024 – 3 B 22.809 – juris Rn. 27).
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Dies entspricht auch dem dienstunfallrechtlichen Grundgedanken, dem Beamten besonderen Schutz bei Unfällen zu gewähren, die sich außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der dienstlichen Sphäre ereignen. Das ist der Fall, wenn der Beamte den Unfall bei einer Tätigkeit erleidet, die im engen natürlichen Zusammenhang mit seinen eigentlichen Dienstaufgaben oder dienstlichen notwendigen Verrichtungen oder dem dienstlichen Über- und Unterordnungsverhältnis steht, bei der also der Beamte gewissermaßen „im Banne“ des Dienstes steht (BVerwG, U.v. 13.8.1973 – VI C 26.70 – juris Rn. 24; VG Regensburg, U.v. 29.11.2022 – RN 12 K 20.3147 – juris Rn. 58). Der Gesetzgeber ist von dem allgemeinen Grundsatz ausgegangen, dass die Folgen schicksalsmäßiger – d.h. von niemandem verschuldeter – schädlicher Einwirkungen von dem Geschädigten selbst zu tragen sind, also regelmäßig nicht auf einen schuldlosen Dritten – hier den Dienstherrn – abgewälzt werden können; und er hat den öffentlich-rechtlichen Dienstherren in Abweichung von diesem Grundsatz das (wirtschaftliche) Risiko für eine von einem Beamten im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit erlittenen Infektion nur ausnahmsweise auferlegt (vgl. BVerwG, U.v. 11.02.1965 – II C 11.62 – BeckRS 1965, 31317469). Die Durchseuchung einer Dienststelle bzw. des konkreten Tätigkeitsbereichs eines Beamten allein kann jedoch bei einer pandemisch verbreiteten Krankheit nicht mehr der rein dienstlichen Sphäre zugeordnet werden und steht auch nicht im engen natürlichen Zusammenhang zu eigentlichen Dienstaufgaben.
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bb. Legt man dies zugrunde, war die Klägerin nach der Art ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr, an COVID-19 zu erkranken, nicht i.S.v. Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV besonders ausgesetzt.
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Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die von der Rechtsprechung geforderte abstrakte Gefährdungslage (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 05.06.2024 – 3 B 22.809 – juris Rn. 33 ff. m.w.N.) angesichts der Unterrichtstätigkeit der Klägerin als Lehrerin an einem Gymnasium mit Wechselunterricht zu bejahen ist, da in der hier zu entscheidenden Fallgestaltung die Klägerin jedenfalls infolge ihrer konkret ausgeübten Verrichtung keiner erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war, welche sich nach der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes sowie der Übertragungsgefahr richtet. So bestehen schon keine Anhaltspunkte für einen erhöhten Grad der Durchseuchung unter den am …-Gymnasium unterrichteten Schülern oder im Lehrerkollegium. Dementsprechend ist hier auch nicht einmal der Kontakt zu einer sog. Indexperson ersichtlich. Die in der mündlichen Verhandlung als Zeugin vernommene stellvertretende Schulleiterin, Studiendirektorin …, hat glaubhaft und nachvollziehbar – sowie in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des seinerzeitigen Schulleiters vom 10.01.2022 (Bl. 6 der Beklagtenakte) – geschildert, dass ihr im fraglichen Zeitraum weder durch das Gesundheitsamt noch auf anderem Weg Infektionen aus dem Lehrerkollegium oder der Schülerschaft zur Kenntnis gebracht worden sind. Auch wenn sich die Kontaktnachverfolgung vonseiten des Gesundheitsamtes teilweise als defizitär erwiesen haben mag, sind der Schule – anders als in anderen Phasen der Pandemie – doch keine gehäuften Infektionen bekannt geworden. Auch die Klägerin hat im Übrigen ein gehäuftes Auftreten von Infektionen in der Lehrer- oder Schülerschaft im betreffenden Zeitraum nicht behauptet.
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Was die Einhaltung des im fraglichen Zeitraum gültigen Rahmenhygienekonzepts anbelangt, vermag die Kammer hier ebenfalls nach Einvernahme der Zeugin … nicht zu erkennen, dass die Unterrichtstätigkeit als dienstliche Verrichtung in relevantem Maße das Außerachtlassen empfohlener und üblicherweise vorgesehener Infektionsschutzmaßnahmen (Abstand, Masken, Testpflichten, Hygieneschutzkonzepte) bedingt hätte. So hat sich zur Überzeugung des Gerichts vielmehr herausgestellt, dass die Lüftungsanlage im betreffenden Klassenzimmer durchaus und auch bei geöffnetem Fenster funktioniert hat, was sich auch mit den Angaben des Hygienebeauftragten, Studiendirektor …, in seinen (dem Gericht in der mündlichen Verhandlung in Ausdruck vorgelegten) Nachrichten vom 12.03.2021 und 15.03.2021 deckt. Die Raumsituation mag sich hinsichtlich der Möglichkeiten zum Lüften nicht als optimal erwiesen haben. Jedoch kann hier nicht von für die Dienstverrichtung typischen Umständen gesprochen werden, die zu einer für die Klägerin im Vergleich zur übrigen Bevölkerung höheren Übertragungsgefahr geführt haben, zumal – wie ausgeführt – die dienstliche Tätigkeit und nicht das Tätigkeitsumfeld im Vordergrund stehen muss. Anders als in anderen Fallkonstellationen gibt es hier auch keine Hinweise darauf, dass es in relevantem Umfang zu „Tätigkeiten am Menschen“ mit unmittelbarem Körperkontakt oder zu „gesichtsnahen Tätigkeiten“ gekommen wäre (vgl. hingegen BayVGH, U.v. 05.06.2024 – 3 B 22.809 – juris Rn. 37). Im Gegenteil hat die Klägerin die Einhaltung der Hygieneregeln betont und in diesem Kontext selbst unterstrichen, sie habe ihre Mund-Nasen-Bedeckung nicht einmal zum Trinken im Unterrichtsraum abgenommen (vgl. S. 2 des Sitzungsprotokolls).
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Bei Gesamtwürdigung dieser Umstände gibt es keinen Grund zu der Annahme, die Klägerin sei nach der Art ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr, an COVID-19 zu erkranken, besonders ausgesetzt gewesen. Denn die zur Zeit der Infektion konkret ausgeübte dienstliche Tätigkeit barg erfahrungsgemäß im Ganzen gesehen nach ihrer Art unter den bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und Begleitumständen keine besonders hohe Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Virus zu infizieren.
43
cc. Die Klägerin kann sich im Rahmen von Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG auch nicht auf einen Anscheinsbeweis dergestalt berufen, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere die Unterrichtstätigkeit am 26.03.2021 zu einem (erheblich) erhöhten Ansteckungsrisiko geführt habe. Denn ein Anscheinsbeweis greift nur bei typischen Geschehensabläufen, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs hinweist. Typizität bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nur, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist. Eine solche Typizität ist aufgrund der Neuartigkeit und noch nicht vollständigen Erforschung der COVID-19-Erkrankung nicht erkennbar (vgl. BVerwG, U.v. 28.04.2011 – 2 C 55/09 – juris Rn. 18). Darüber hinaus könnte alleine aus einem – hier nicht ersichtlichen – gehäuften Auftreten von Infektionen im Dienstbereich der Klägerin nicht auf eine besondere Gefährdungslage im Wege des Anscheinsbeweises geschlossen werden. In diesen Fällen der bloßen Häufung eines Infektionsgeschehens würde die Anwendung eines Anscheinsbeweises, um daraus das besondere Ausgesetztsein im Sinne des Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG abzuleiten, die ausgeführte Zwecksetzung dieser Bestimmung und den gesetzgeberischen Willen unterlaufen, indem der besondere Dienstunfallschutz nicht mehr nur bestimmten – besonders gefährdeten – Beamten zuteilwürde, sondern prinzipiell und ohne nähere Prüfung der maßgeblichen Art der dienstlichen Verrichtung allen Beamten, wenn (mitunter zufällig) ein erhöhtes Infektionsgeschehen aufgetreten ist (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2022 – 23 K 8281/21 – juris Rn. 100).
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Nach alledem kann die Klägerin nicht beanspruchen, dass ihre Infektion mit SARS-CoV-2 und ihre Erkrankung an COVID-19 als Dienstunfall i.S.v. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG anerkannt wird.
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Als im Verfahren Unterlegene hat die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO. § 711 findet dabei keine entsprechende Anwendung.