Titel:
Vorläufiger Rechtsschutz gegen den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens
Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
RL über die Bestellung auf Dienstposten der Bayerischen Polizei
Leitsätze:
1. Der Dienstherr ist berechtigt, ein Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichen Gründen abzubrechen, wenn er etwa die Stelle nicht mehr besetzen will, die Stelle neu zugeschnitten werden soll, wenn kein Bewerber seinen Erwartungen entspricht oder wenn das Verfahren nicht mehr zu einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung führen kann. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Abbruch eines Auswahlverfahrens ist in der Regel bereits dann sachlich gerechtfertigt, wenn dem Dienstherrn im Wege einer einstweiligen Anordnung rechtskräftig untersagt worden ist, den von ihm ausgewählten Bewerber zu ernennen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Darauf, ob der gerichtlich festgestellte Rechtsfehler im laufenden Auswahlverfahren behoben werden kann, kommt es grundsätzlich nicht an. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Einen Schutz vor der Erweiterung des Bewerberkreises gewährt Art. 33 Abs. 2 GG generell nicht, d.h. weder im laufenden noch im neuen Auswahlverfahren. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Recht der Landesbeamten, Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens, sachlicher Grund, Entscheidung eines Gerichts, Mängel in der Ausschreibung, Beamter, Stellenausschreibung, Bewerbung, Bewerbungsverfahrensanspruch, Konkurentenklage, Abbruch, Darlegung, vorläufiger Rechtsschutz
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 11.11.2024 – 3 CE 24.1481
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33467
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin wendet sich gegen den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens.
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Die 1986 geborene Antragstellerin steht als Technische Amtsrätin (Besoldungsgruppe A 12) in den Diensten des Antragsgegners und ist seit 1. Oktober 2014 bei der … des Bayerischen … tätig.
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Im Mitteilungsblatt Nr. … der B. P. vom … war der Dienstposten als Sachgebietsleiter … bei der … (A13 /A14) ausgeschrieben. Darauf bewarben sich die Antragstellerin und der Bewerber …. Das Stellenbesetzungsverfahren wurde auf Hinweis des Bayerischen Staatsministeriums des Innern (StMI) abgebrochen, woraufhin das … am 3. August 2023 die Stelle erneut ausschrieb. Mit Auswahlvermerk des … vom 5. Oktober 2023 wurde der Bewerber … für die Besetzung der Stelle ausgewählt und die Antragstellerin erhielt ein Absageschreiben, gegen das sie Widerspruch einlegte. Ein gegen die Besetzung der Stelle geführtes Verfahren am Verwaltungsgericht Augsburg (Au 2 E 23.1789) wurde mit Beschluss vom 20. November 2023 eingestellt, nachdem der Antragsgegner erklärt hatte, dass im Fall der Übertragung des Dienstpostens an den Bewerber … im Rahmen einer eventuellen notwendigen neuen Auswahlentscheidung der erlangte Bewährungsvorsprung auf dem höherwertigen Dienstposten ausgeblendet werde.
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Mit Widerspruchsbescheid des … vom 22. Dezember 2023 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Dagegen erhob die Antragstellerin am 19. Januar 2024 Klage (Au 2 K 24.152). Mit rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Mai 2024 wurde der Antragsgegner verpflichtet, über die Bewerbung der Antragstellerin als „Chief Information Officer (CIO)“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
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Der Antragsgegner teilte sodann der Antragstellerin mit E-Mail vom 24. Juli 2024 mit, dass das Stellenbesetzungsverfahren abgebrochen werde, da es an einem nicht behebbaren Mangel leide.
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Mit Schriftsatz vom 1. August 2024 hat die Antragstellerin beantragt,
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den Antragsgegner zu verpflichten, das Stellenbesetzungsverfahren für den Dienstposten „Chief Information Officer“ (A 13/A 14) bei der … fortzusetzen.
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Der Antragsgegner stütze sich bei der Abbruchsmitteilung auf einen Rechtsfehler, der aber nicht konkret beschrieben wäre. Das Problem bei der Auswahlentscheidung allein sei gewesen, dass diese unter Umgehung der für Auswahlentscheidungen unter Bestandsbeamten heranzuziehenden dienstlichen Beurteilungen der Bewerber erfolgt sei. Die Ausschreibung an sich sei nicht rechtsfehlerhaft gewesen. In Anbetracht der objektiv feststellbaren Tatsachen erscheine es leider nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner entschlossen sei, eine rechtswidrige Stellenbesetzungsentscheidung rein zur Aufrechterhaltung einer vermeintlichen Autorität von Führungspersonal durchsetzen zu wollen. Ferner sei eine Verzögerung des Auswahlverfahrens durch den Antragsgegner zu befürchten, weil zum 1. Oktober 2024 die Regelbeurteilungen 2024 wirksam würden. Mit der Wirksamkeit neuer Beurteilungen bestünde tatsächlich ein zulässiger Abbruchgrund des Stellenbesetzungsverfahrens, da dann aktuellere Informationen herangezogen werden könnten. Im hiesigen Verfahren fehle es außerdem an jeder konkreten tatsachenbasierten Darlegung, welche Überlegungen die vom Antragsgegner gesehenen potentiellen externen Bewerber anhand der Modalitäten zur Auswahl unter internen Bewerbern abhalten hätten können.
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Das … hat für den Antragsgegner mit Schreiben vom 6. August 2024 beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Der sachliche Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens sei dem Schreiben vom 24. Juli 2024 zu entnehmen. In diesem werde ausgeführt, dass das Auswahlverfahren zur Besetzung der Stelle als „Chief Information Officer (CIO)“ der … an einem nicht behebbaren Mangel leide. Insbesondere aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg (Urteil vom 14. Mai 2024) sei der Dienstherr zur Auffassung gelangt, dass die Ausschreibung zur Besetzung der Stelle als „Chief Information Officer (CIO)“ der … den vom Dienstherrn gewünschten Zweck nicht erreichen könne. Unter Zugrundelegung der Entscheidungsgründe des Gerichts mache die ursprüngliche Ausschreibung die Verfahrensweise im Auswahlverfahren zur Besetzung der Stelle in der 4. Qualifikationsebene nicht hinreichend deutlich. Durch die Ausschreibung habe eine erhebliche Ungewissheit im Raum gestanden, so dass sich potentielle – geeignete – Bewerber von einer Anmeldung ihres Interesses eventuell hätten abhalten lassen. Dies stelle im aktuellen Auswahlverfahren einen nicht mehr behebbaren Mangel dar. Insofern sei der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens weder missbräuchlich noch willkürlich. Der sachliche Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens werde durch die beabsichtigte Änderung der Nr. 1 der Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten der Bayerischen Polizei – Bestellungsrichtlinien/RBestPol gestützt (BI. 232, Anlage 3) gestützt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes ist unbegründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung – vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen – notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei der gebotenen, an den Erfordernissen eines Hauptsacheverfahrens orientierten Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerin hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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1. Ein rechtswidriger Abbruch des Auswahlverfahrens verletzt den grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG. Die Bewerber können daher bereits diese Maßnahme, obwohl sie nur vorbereitenden Charakter besitzt, einer gerichtlichen Kontrolle zuführen. Die Antragstellerin kann effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) allein im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO durch die Fortsetzung des abgebrochenen Stellenbesetzungsverfahrens mit ihr als Bewerberin erlangen, sofern die Stelle auch weiterhin zur Verfügung steht und in einem neuen Auswahlverfahren besetzt werden soll (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 17 ff., 22; BayVGH, B.v. 28.4.2016 – 3 CE 16.583 – juris Rn. 18). Dies ist vorliegend der Fall. Die Stelle soll gemäß der Mitteilung über den Abbruch vom 23. Juli 2024 erneut ausgeschrieben werden.
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Der Antrag ist ferner innerhalb der seitens des Bundesverwaltungsgerichts herangezogenen Monatsfrist nach Zugang der Abbruchmitteilung, der sog. Obliegenheit zur zeitnahen Rechtsverfolgung, gestellt worden (BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 13.11.2020 – 3 CE 20.2213 – juris Rn. 4, 8).
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2. Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendige Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass sich die Antragstellerin ansonsten nicht rechtsschutzintensiv gegen den Abbruch des Auswahlverfahrens zur Wehr setzen könnte. Effektiver Rechtsschutz kann diesbezüglich – wie vorstehend ausgeführt – insbesondere im Hauptsacheverfahren nicht erreicht werden (BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 8.7.2011 – 3 CE 11.859 – juris Rn. 22). Denn die Antragstellerin begehrt die zeitnahe Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens mit dem bestehenden Bewerberkreis. Dies kann selbst im Erfolgsfall durch eine Hauptsacheklage nicht erreicht werden. Das Erfordernis einer zeitnahen Klärung folgt auch aus dem Gebot der Rechtssicherheit. Sowohl der Dienstherr als auch die Bewerber brauchen Klarheit darüber, in welchem Auswahlverfahren die Stelle vergeben wird. Der zeitliche Parallellauf mehrerer auf dieselbe Planstelle bezogener Verfahren mit unterschiedlichen Bewerbern würde zu schwierigen Vergabe- und Rückabwicklungsproblemen führen. Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs muss daher geklärt sein, bevor in einem weiteren Auswahlverfahren eine Entscheidung getroffen und das Amt vergeben wird (BVerwG, a.a.O. Rn 23).
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3. Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Auswahlverfahren wurde vom Antragsgegner zurecht abgebrochen, die Gründe für den Abbruch wurden ferner hinreichend dokumentiert. Der Dienstherr ist berechtigt, ein Stellenbesetzungsverfahren aus sachlichen Gründen abzubrechen, wenn er etwa die Stelle nicht mehr besetzen will, die Stelle neu zugeschnitten werden soll, wenn kein Bewerber seinen Erwartungen entspricht oder wenn das Verfahren nicht mehr zu einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung führen kann (BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – juris Rn. 18, 19). Als sachlicher Grund ist ferner anerkannt, wenn eine erneute Ausschreibung erforderlich wird, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber zu erhalten (BVerwG, B.v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 18). Der Dienstherr kann das Verfahren aber auch dann abbrechen, weil er erkannt hat, dass das Stellenbesetzungsverfahren fehlerbehaftet ist. Ein solcher Abbruch steht ebenfalls im Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG (vorgelagerter Rechtsschutz durch Verfahren; vgl. BVerfG, B.v. 24.9.2015 – 2 BvR 1686/15 – juris Rn. 18). Der Abbruch soll dann sicherstellen, dass die Bewerbungsverfahrensansprüche der Bewerber in einem weiteren, neuen Verfahren gewahrt werden.
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Daneben muss sichergestellt sein, dass die von dem Verfahren Betroffenen von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen (BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – juris Rn. 28).
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a) Ein sachlicher Grund für den Abbruch lag vor, weil im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Mai 2024 Mängel in der Ausschreibung festgestellt wurden (vgl. dort u.a. S. 9, S. 16), so dass eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung nicht mehr zu erwarten war (siehe aa)). Ferner war die Auswahlentscheidung im gerichtlichen Verfahren beanstandet worden (siehe bb)).
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aa) Der Antragsgegner stellte in der Ausschreibung vom 3. August 2023 nicht klar, ob von einem gesonderten Auswahlverfahren für interne Bewerber auszugehen war (wofür die Aktenlage, der Widerspruchsbescheid und Teile der Klageerwiderung sprachen) oder von einem Gesamtauswahlverfahren für interne und externe Bewerber (wie die Ausschreibung und die Ausführungen des Antragsgegners zur Nichtanwendung der RBestPol nahelegten). Die Beantwortung dieser Frage ist jedoch wesentlich für die an das Auswahlverfahren zu stellenden Anforderungen. Während im ersten Fall sachlich von einem reinen Konkurrenzverhältnis unter Beförderungsbewerbern auszugehen wäre, da den erfolgreichen internen Bewerbern der Dienstposten zwar zunächst im Wege der Versetzung zur dortigen Bewährung übertragen werden soll, diese allerdings später – ohne weiteres Auswahlverfahren – nach A 13 befördert werden sollen (sog. „Beförderungs- oder Bewährungsdienstposten“, vgl. BayVGH, B.v. 17.6.2008 – 3 CE 08.884 – juris Rn. 38), müsste man im zweiten Fall von einer Konkurrenz zwischen externen Einstellungsbewerbern und Bewerbern in einem bestehenden Beamtenverhältnis ausgehen.
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Ferner hat der Antragsgegner im damaligen Stellenbesetzungsverfahren in der Ausschreibung nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, wie die Stellenbesetzung zu erfolgen hat. Nach dem Vortrag des Antragsgegners im Verfahren Au 2 K 24.152 war beabsichtigt, den ausgewählten Bewerber aus der 3. Qualifikationsebene zu entlassen und dann in der 4. Qualifikationsebene neu einzustellen. Dies ließ sich jedoch der Ausschreibung so nicht entnehmen, da diese widersprüchlich ausgestaltet war. In der Ausschreibung war darauf hingewiesen worden, dass bei Vorliegen der laufbahnrechtlichen Voraussetzungen die Übernahme in ein Beamtenverhältnis der 4. Qualifikationsebene angestrebt werde. Dies war jedoch im Zusammenhang mit dem folgenden Satz zu lesen, in dem darauf hingewiesen wurde, welche Regularien gelten sollten, wenn der Bewerber bereits Beamter war. Somit wurde deutlich, dass sich der erste Satz auf Bewerber bezog, die sich noch nicht in einem Beamtenverhältnis befanden. Das unterstrich auch die Verwendung des Begriffs „Übernahme“. Für BeamtenBewerber sollte ausweislich der Ausschreibung folgendes gelten: Diese hätten versetzt werden könnten und sollten dabei vorerst („unter Beibehaltung der Besoldungsgruppe“) in ihrem Amt verbleiben. Sodann hätten sie maximal bis A 14 befördert werden können. Wer sich also in der 4. Qualifikationsebene in einem Amt der Besoldungsgruppe A 13 befand, konnte bis A 14 befördert werden. Demgegenüber hätten Angehörige der 3. Qualifikationsebene nur bis zum End- und Verzahnungsamt ihrer Qualifikationsebene, nämlich A 13, befördert werden können. Dass sich Bewerber entlassen und neu einstellen lassen müssten, wurde nicht erwähnt. Auf die Ausführungen im Urteil Au 2 K 24.152 wird Bezug genommen. Die Unklarheiten im Ausschreibungstext lassen sich auch entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht heilen. Darüber hinaus stellt die Erwägung des Antragsgegners im Mitteilungsschreiben über den Abbruch vom 23. Juli 2024, dass aufgrund der Ausschreibung eine erhebliche Ungewissheit für Bewerber aufgetreten war, wodurch die Möglichkeit bestand, dass sich potentielle geeignete Bewerber von einer Anmeldung ihres Interesses eventuell hätten abhalten lassen, einen hinreichenden sachlichen Grund dar. Dies ist auch – entgegen der Auffassung der Antragstellerseite – nicht näher zu konkretisieren.
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bb) Zudem hat das Verwaltungsgericht Augsburg im Urteil vom 14. Mai 2024 die Auswahlentscheidung für rechtswidrig erachtet (siehe dort S. 9 ff.). Somit liegt ein sachlicher, vom Organisationsermessen des Dienstherrn getragener Grund für einen Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens vor, denn ein an Art. 33 Abs. 2 GG zu messender Abbruch eines Auswahlverfahrens ist in der Regel bereits dann sachlich gerechtfertigt, wenn dem Dienstherrn im Wege einer einstweiligen Anordnung rechtskräftig untersagt worden ist, den von ihm ausgewählten Bewerber zu ernennen. Darauf, ob der gerichtlich festgestellte Rechtsfehler im laufenden Auswahlverfahren behoben werden kann, kommt es grundsätzlich nicht an (BVerwG, B.v. 31.05.2013 – 2 C 25.13 – juris Rn. 6; OVG NW, B.v. 26.8.2022 – 6 B 564/22 – juris Rn. 10).
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So liegen die Dinge hier. Das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts rechtfertigt den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens. Damit wurde die Auswahlentscheidung aufgehoben und der Antragsgegner verpflichtet, über die Bewerbung der Antragstellerin als „Chief Information Officer (CIO)“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Hieraus musste der Dienstherr den Schluss ziehen, seine bisherige Verfahrensweise begegne erheblichen Zweifeln im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG. In einer solchen Situation darf er das bisherige Verfahren abbrechen, um in einem anschließenden neuen Verfahren aufgrund eines ggf. aktualisierten Bewerberkreises eine dem Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung zu treffen (vgl. OVG NW, a.a.O. unter Verweis auf BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – juris Rn. 20). Diese Auffassung trägt im Übrigen sowohl dem objektivrechtlichen als auch dem subjektivrechtlichen Gehalt des Bestenausleseprinzips des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung. Dem im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren erfolgreichen Beamten – hier der Antragstellerin – steht es – wie allen anderen Konkurrenten – offen, sich in dem neu eröffneten Auswahlverfahren um die (Beförderungs-)Stelle zu bewerben; setzt sie sich hier als Bestgeeignete durch und stehen keine weiteren Gründe entgegen, wird sie auszuwählen sein. Einen Schutz vor der Erweiterung des Bewerberkreises gewährt Art. 33 Abs. 2 GG generell nicht, d.h. weder im laufenden noch im neuen Auswahlverfahren (vgl. BayVGH, B.v. 5.4.2019 – 3 CE 19.314 – juris Rn. 10; OVG SH, B.v. 20.11.2019 – 2 MB 10/19 – juris Rn. 5; SächsOVG, B.v. 2.9.2020 – 2 B 247/20 – juris Rn. 19).
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Ein Fall, in dem allein die gerichtliche Beanstandung einer Auswahlentscheidung noch keinen sachlichen Grund für einen Abbruch des Bewerbungsverfahrens darstellt, liegt nicht vor. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn dieser allein das Ziel verfolgt, eine unerwünschte Kandidatin aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen oder einen bestimmten Bewerber bei der späteren Auswahlentscheidung zu bevorzugen (BVerwG, B.v. 31.5.2013 – 2 C 25.13 – juris Rn. 7, U.v. 26. 1.2012 − 2 A 7.09 – juris Rn. 27). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist nichts dafür ersichtlich. Auch der Vortrag des Antragsgegners, dass eine Änderung der RBestPol angestrebt wird, weil die bisherige Vorgehensweise gerichtlich beanstandet worden war, unterstreicht dies.
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b) Der Antragsgegner hat den sachlichen Grund für den Abbruch des Besetzungsverfahrens auch hinreichend dokumentiert und erläutert. Die Bewerber werden grundsätzlich nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Erwägungen in die Lage versetzt, mittels Akteneinsicht sachgerecht darüber befinden zu können, ob die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt und ob sie Rechtsschutz in Anspruch nehmen wollen. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation des sachlichen Grundes dem Gericht die Möglichkeit, die Beweggründe für den Abbruch des Auswahlverfahrens nachzuvollziehen. Die Annahme, die maßgeblichen Erwägungen könnten auch erstmals im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens über die Besetzung der betroffenen Stelle dargelegt werden, mindert die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber in unzumutbarer Weise (BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 34).
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4. Damit war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO als unbegründet abzulehnen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Ansatz des Auffangstreitwerts ist angemessen, weil der Antrag nur auf die Fortsetzung des Auswahlverfahrens, nicht jedoch bereits auf die Vergabe des Dienstpostens gerichtet ist. Eine Halbierung des Streitwerts scheidet ungeachtet des Umstands, dass es sich um ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes handelt, schon deshalb aus, weil allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für das Begehren auf Fortführung des abgebrochenen Auswahlverfahrens in Betracht kommt (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 31.8.2020 -