Inhalt

VGH München, Beschluss v. 11.11.2024 – 3 CE 24.1481
Titel:

Vorläufiger Rechtsschutz gegen den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens

Normenketten:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123 Abs. 1, § 146 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs eines Stellenbesetzungsverfahrens setzt voraus, dass die Bewerber hiervon rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen und der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert wird. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein sachlicher Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens liegt in der Regel vor, wenn dem Dienstherrn im Wege einer einstweiligen Anordnung rechtskräftig untersagt worden ist, den von ihm Ausgewählten zu ernennen oder ihm einen höherwertigen Dienstposten zu übertragen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Bezugnahme und Auseinandersetzung mit der rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung genügt für die plausible Darlegung der Erwägungen des Dienstherrn, warum eine Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens unter Heilung des beanstandeten Mangels nicht in Betracht kommen soll. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstpostenbesetzung, Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens, sachlicher Grund, Beamter, Stellenausschreibung, Bewerbung, Bewerbungsverahrensanspruch, Konkurrentenklage, Abbruch, Darlegung, Heilung, vorläufiger Rechtsschutz, einstweilige Anordnung, Beschwerde
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 12.08.2024 – Au 2 E 24.1816
Fundstellen:
FDArbR 2025, 933466
BeckRS 2024, 33466

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, das Stellenbesetzungsverfahren für den Dienstposten „Chief Information Officer“ (A 13/A 14) bei der Autorisierten Stelle Bayern fortzusetzen, zu Recht abgelehnt. Die Gründe, die die Antragstellerin fristgemäß nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt hat und auf deren Prüfung der Senat in der Sache beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
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Der zulässige, innerhalb der Monatsfrist (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 24) nach Zugang der Mitteilung über den Abbruch des Verfahrens gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unbegründet. Zwar folgt der erforderliche Anordnungsgrund aus dem Umstand, dass im Interesse der Rechtssicherheit umgehend zu klären ist, ob die betreffende Stelle doch in dem vom Dienstherrn abgebrochenen Auswahlverfahren zu vergeben ist oder ein weiteres Verfahren eingeleitet werden darf (stRspr BVerwG, B.v. 29.7.2020 – 2 VR 3.20 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 20.9.2019 – 3 CE 19.1166 – juris Rn. 5 m.w.N.). Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil die Antragstellerin die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs auf Fortsetzung des abgebrochenen Auswahlverfahrens nicht glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
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1. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (BVerfG, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 22). Dabei ist allerdings dem aus Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 94 Satz 2 BV abgeleiteten Bewerbungsverfahrensanspruch auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen. Deshalb erfordert der Abbruch, durch den sich maßgeblich die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lässt, in materieller Hinsicht die Darlegung eines sachlichen Grundes, wenn der Dienstherr – wie hier – die maßgebliche Stelle mit dem ursprünglichen Zuschnitt weiterhin vergeben will (andernfalls wäre die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung beschränkt, ob sich die Entscheidung zum Abbruch als willkürlich oder rechtsmissbräuchlich erweist; vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2022 – 2 VR 1.22 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 3 CE 18.504 – juris Rn. 4; B.v. 31.8.2020 – 6 CE 20.1325 – juris Rn. 11). Sachliche Gründe für die Beendigung des Auswahlverfahrens sind solche, die den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genügen. Das ist etwa nicht der Fall, wenn die Gründe das Ziel verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – juris Rn. 27; zu den in der Rechtsprechung anerkannten sachlichen Gründen vgl. u.a. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 4.8.2023 – 3 CE 23.978 – juris Rn. 6; Hoffmann in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand Juli 2018, § 19 LBG NRW Rn. 32 m.w.N.; Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand April 2024, Art. 16 LlbG Rn. 18b; Hoffmann in GKÖD Bd. I, Stand 2/18, § 22 BBG Rn. 31 ff.).
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Wird der Abbruch eines Auswahlverfahrens diesen Anforderungen nicht gerecht, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen, da ansonsten die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens durch eine Auswahlentscheidung in einem neuen Auswahlverfahren in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt werden. Beim Abbruch kann deshalb jeder Bewerber eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel anstreben, den Dienstherrn zur Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens zu verpflichten, um so zu verhindern, dass die Stelle ohne tragfähigen Grund nochmals ausgeschrieben wird (BVerfG, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 15.2.2016 – 3 CE 15.2405 – juris Rn. 67).
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Grundlage der gerichtlichen Überprüfung können – ähnlich wie bei Eilrechtsschutzbegehren nach einer getroffenen Auswahlentscheidung – nur die Gründe sein, die der Dienstherr bei seiner Abbruchentscheidung genannt hat; spätere Ergänzungen können nur berücksichtigt werden, wenn sie die zuvor genannten Gründe lediglich konkretisieren, nicht aber, wenn sie sich als Nachschieben oder Auswechseln von Gründen darstellen (BVerwG, B.v. 25.7.2022 – 2 VR 1.22 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 21.2.2022 – 3 CE 21.3087 – juris Rn. 12).
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2. Diesen rechtlichen Rahmen zugrunde gelegt, durfte der Dienstherr das streitbefangene Auswahlverfahren abbrechen, weil er bei fortbestehender Besetzungsabsicht ein neues Auswahlverfahren für erforderlich gehalten hat. Er hat das Stellenbesetzungsverfahren unter Beachtung der formellen (2.1) und materiellen (2.2) Kriterien in rechtmäßiger Weise abgebrochen. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Abbruch das Ziel verfolgen würde, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (2.3). Der aus dem Stellenbesetzungsverfahren herzuleitende Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin, dessen Sicherung sie begehrt, ist mit dem rechtmäßigen Abbruch des Verfahrens untergegangen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2020 – 2 C 12.20 – juris Rn. 32; BayVGH, B.v. 15.2.2016 – 3 CE 15.2405 – juris Rn. 66).
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2.1 Formell setzt die Rechtmäßigkeit des Abbruchs voraus, dass die Bewerber hiervon rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen und der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich der sachliche Grund für den Abbruch evident aus dem Vorgang selbst ergibt (BVerfG, B.v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11 – juris Rn. 23; BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – juris Rn. 28; U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 20 jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Antragsgegners vom 23. Juli 2024 (elektr. Behördenakte S. 317 f.) an die Bewerber. In dieser Abbruchmitteilung hat der Antragsgegner unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er das Stellenbesetzungsverfahren ohne Stellenbesetzung endgültig beenden will.
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Zur Begründung teilte er den Bewerbern mit, dass das Auswahlverfahren an einem nicht behebbaren Mangel leide. Insbesondere auf Grund der (rechtskräftigen) Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg (U.v. 14.5.2024 – Au 2 K 24.152) sei der Dienstherr zur Auffassung gelangt, dass die Ausschreibung zur Besetzung der streitgegenständlichen Stelle den vom Dienstherrn gewünschten Zweck nicht erreichen könne. Unter Zugrundelegung der Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts mache die ursprüngliche Ausschreibung vom 3. August 2023 die Verfahrensweise im Auswahlverfahren zur Besetzung der Stelle in der 4. Qualifikationsebene nicht hinreichend deutlich. Der Dienstherr habe nicht festgelegt, ob von einem gesonderten Auswahlverfahren für interne Bewerber oder von einem Gesamtauswahlverfahren für interne und externe Bewerber auszugehen sei. Eine entsprechende Festlegung sei aber wesentlich für die an das Auswahlverfahren zu stellenden Anforderungen. In der Folge habe bereits von Beginn der Ausschreibung an eine erhebliche Ungewissheit im Raum gestanden, wodurch die Möglichkeit bestanden habe, dass sich potenzielle – geeignete – Bewerber von einer Anmeldung ihres Interesses eventuell haben abhalten lassen. Hierbei handele es sich um einen im aktuellen Auswahlverfahren nicht mehr behebbaren Mangel, da bereits die Ausschreibung fehlerbehaftet gewesen sei. Bei richtiger, dem Willen des Dienstherrn entsprechender Ausschreibung, wäre es möglicherweise zu einem anderen Bewerberfeld gekommen. Auf Grund der möglichen Wirkung gegenüber anderen potenziell – geeigneten – Bewerbern werde die Ausschreibung dem verfassungsrechtlich gebotenen Ziel der Bestenauslese und bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung nicht gerecht. Insofern sei der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens weder missbräuchlich noch willkürlich. Die Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens unter „Heilung“ des Mangels komme nicht in Betracht.
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Damit hat der Antragsgegner den für den Abbruch maßgeblichen Grund schriftlich dokumentiert und die Bewerber hierdurch in die Lage versetzt, darüber befinden zu können, ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden soll, weil die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt (BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 20; Hoffmann in Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand Juli 2018, § 19 LBG NRW Rn. 32 m.w.N.).
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2.2 Die in der Abbruchmitteilung angegebene Begründung legt auch einen inhaltlich tragfähigen Sachgrund dar.
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Ein sachlicher Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens, der den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG genügt, liegt in der Regel vor, wenn dem Dienstherrn im Wege einer einstweiligen Anordnung rechtskräftig untersagt worden ist, den von ihm Ausgewählten zu ernennen oder ihm einen höherwertigen Dienstposten zu übertragen; der Dienstherr darf dann das bisherige Verfahren abbrechen, um in einem neuen Verfahren eine dem Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung zu treffen, solange die Abbruchentscheidung nicht willkürlich und in der Absicht der Benachteiligung oder Bevorzugung eines bestimmten Bewerbers erfolgt (BVerfG, B.v. 24.9.2015 – 2 BvR 1686/15 – juris Rn. 18; BVerwG, B.v. 25.7.2022 – 2 VR 1.22 – juris Rn. 8). Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – ein Verwaltungsgericht mit Urteil rechtskräftig festgestellt hat, dass die Auswahlentscheidung des Dienstherrn rechtswidrig war.
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Vorliegend kann dahinstehen, ob bei einer vorausgehenden gerichtlichen Beanstandung einer Auswahlentscheidung der Dienstherr im Abbruchvermerk zumindest plausibel darzulegen hat, warum das bisherige Auswahlverfahren nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 27; weitergehend: OVG NW, B.v. 25.1.2022 – 1 B 1729/21 – juris Rn. 45, 56 ff.; HessVGH, B.v. 1.10.2020 – 1 B 1552/20 – juris Rn. 15; von Glasenapp, NordÖR 2011, 253 ff./255 f.; Baden, PersV 2023, 164, 167 f.; Stuttmann, NVwZ 2019, 724, 727; Conrad in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: April 2024, Art. 16 LlbG Rn. 18b) oder es in dieser Fallkonstellation grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob der gerichtlich festgestellte Rechtsfehler im laufenden Auswahlverfahren behoben werden kann (OVG NW, B.v. 26.8.2022 – 6 B 564/22 – juris Rn. 22 m.w.N.; VGH BW, B.v. 8.11.2021 – 4 S 1431/21 – juris Rn. 31; hierzu tendierend wohl BVerwG, B.v. 25.7.2022 – 2 VR 1.22 – juris Rn. 8; BVerwG, B.v. 31.05.2013 – 2 C 25.13 – juris Rn. 6; anders wohl noch BVerwG, U.v. 10.12.2020 – 2 C 12.20 – juris Rn. 30 f. m.w.N).
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Nach Auffassung des Senats wird ein solches Darlegungserfordernis des Dienstherrn dem verfassungsrechtlich abgestützten subjektiven Bewerbungsverfahrensanspruch des einzelnen Beamten am besten gerecht und verhindert zugleich, die Stelle im Nachfassen nach anderen als den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien zu besetzen. Zwar gewährt Art. 33 Abs. 2 GG keinen Schutz vor der Erweiterung des Bewerberkreises (BayVGH, B.v. 5.4.2019 – 3 CE 19.314 – juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 26.8.2022 – 6 B 564/22 – juris Rn. 32). Der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens ohne plausible Darlegung eines nicht behebbaren Mangels würde jedoch den im Auswahlverfahren unterlegenen, im Eilverfahren aber erfolgreichen Bewerber – wie die Antragstellerin – ohne Grund benachteiligen, obwohl die Erwägungen des Gerichts eine Behebung des Mangels im bisherigen Auswahlverfahren ermöglichen würden. Der Dienstherr kann das Auswahlverfahren abbrechen, wenn das bisherige Verfahren „nach seiner Einschätzung an nicht behebbaren Mängeln mit der Folge leidet, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheint“ (BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 18). Aus Sicht des Senats gilt dies nicht nur, wenn die Auswahlbehörde selbst einen solchen Mangel erkennt und das Verfahren abbricht, sondern auch dann, wenn ein Verwaltungsgericht eine Beanstandung ausgesprochen und die Stellenbesetzung untersagt hat. Einen gravierenden Unterschied beider Fallgruppen vermag der Senat nicht zu erkennen. In beiden Konstellationen besteht die Notwendigkeit, der Gefahr vorzubeugen, dass der Dienstherr die (behördlich oder gerichtlich) festgestellte Rechtswidrigkeit der getroffenen Auswahlentscheidung für eine seinen personalpolitischen Zielsetzungen entgegenkommende, etwa den Kreis der möglichen Bewerber durch Änderung des Anforderungsprofils abweichend steuernde Neuausschreibung ausnutzt, obwohl eine Behebung des Mangels im bisherigen Auswahlverfahren mit dem bisherigen Bewerberkreis möglich wäre. Bei Zugrundelegung der Gegenauffassung, die einem Abbruch des Besetzungsverfahrens nach verwaltungsgerichtlicher Beanstandung des Auswahlverfahrens im Wesentlichen nur für den Fall eine Grenze setzt, dass der Abbruch allein der Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers dient, könnte dieser Gefahr nur unzureichend entgegengewirkt werden. Denn es wäre dann jeweils zu belegen, dass der Abbruch allein der Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers dient, was für den betreffenden Bewerber jedoch regelmäßig mit nicht unerheblichen Schwierigkeiten verbunden sein wird. Sollte der vorliegende Fehler im Stellenbesetzungsverfahren mit dem von Art. 33 Abs. 2 GG angestrebten Ziel der Bestenauslese in Einklang gebracht werden können, ist kein Grund ersichtlich, weshalb dem Dienstherrn der Abbruch allein wegen einer gerichtlichen Beanstandung des Auswahlverfahrens möglich sein sollte. Zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung hat der Dienstherr (aber auch die Bewerber) ein legitimes Interesse an einer möglichst zügigen Stellenbesetzung. Der Aufgabe des Auswahlverfahrens entspricht es gerade, das bisherige Verfahren möglichst rasch durch eine dem Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung zu Ende zu führen. Durch Behebung des Fehlers während des Stellenbesetzungsverfahrens, z.B. durch eine neue rechtmäßige Auswahlentscheidung ohne neue Stellenausschreibung, kann dieses Ziel in aller Regel am schnellsten erreicht werden. Die Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens ist dem Dienstherrn vor dem Hintergrund möglicher weiterer von der Rechtsprechung anerkannter Abbruchgründe, insbesondere unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenplanstellen, auch zumutbar. So kann der Dienstherr etwa aufgrund des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums ein Stellenbesetzungsverfahren abbrechen, wenn kein Bewerber seinen Erwartungen entspricht bzw. es an einer hinreichenden Anzahl leistungsstarker Bewerber fehlt (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.2012 a.a.O. Rn. 27; U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris Rn. 19; BVerfG, B.v. 25.1.2017 – 2 BvR 2076/16 – juris Rn. 27) oder wenn er sich entschlossen hat, die Stelle neu zuzuschneiden (BVerwG, B.v. 27.2.2014 – 1 WB 7.13; BayVGH, B.v. 13.6.2007 – 3 CE 07.807 – jew. juris). Darüber hinaus sind weitere Fallgestaltungen für einen mit personalwirtschaftlichen Argumenten sachlich begründeten Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens denkbar (BayVGH, B.v. 18.2.2011 – 3 CE 10. 2443 – juris Rn. 38).
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Der Streit kann vorliegend jedoch dahinstehen, weil der Antragsgegner in seiner Abbruchmitteilung jedenfalls plausibel aufgezeigt hat, warum die im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Mai 2024 dargelegten Mängel des bisherigen Auswahlverfahrens nach seiner Auffassung nicht behebbar sind und daher eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung nur in einem weiteren Auswahlverfahren möglich erscheint. Dabei reicht es aus, wenn – wie hier – der Dienstherr die für seine Einschätzung maßgebliche Erwägung in konkreter Art und Weise unter Beachtung der Aussagen der (für ihn negativen) gerichtlichen Entscheidung offenlegt; damit wird ihm auch keine – möglicherweise komplexe – Prüfung abverlangt, ob und wie die gerichtlich beanstandeten Mängel im bisherigen Auswahlverfahren beseitigt werden können. Vielmehr muss er der Funktion der ihm obliegenden Dokumentationspflicht gerecht werden; hierzu genügt es, die maßgeblichen Erwägungen konkret darzulegen und auf diese Weise kurz zu begründen, warum eine Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens unter „Heilung“ des beanstandeten Mangels nicht in Betracht kommen soll (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 27).
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Diese Anforderungen hat der Antragsgegner erfüllt, indem er in der Abbruchmitteilung unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Mai 2024 (Au 2 K 24.152) darauf hinweist, dass seiner Auffassung nach die Ausschreibung vom 3. August 2023 die Verfahrensweise im Auswahlverfahren zur Besetzung der Stelle in der 4. Qualifikationsebene nicht hinreichend deutlich gemacht habe. Der Dienstherr habe nicht festgelegt, ob von einem gesonderten Auswahlverfahren für interne Bewerber oder von einem Gesamtauswahlverfahren für interne und externe Bewerber auszugehen sei. Eine entsprechende Festlegung sei aber wesentlich für die an das Auswahlverfahren zu stellenden Anforderungen. In der Folge habe bereits von Beginn der Ausschreibung an eine erhebliche Ungewissheit im Raum gestanden, wodurch die Möglichkeit bestanden habe, dass sich potenzielle – geeignete – Bewerber von einer Anmeldung ihres Interesses eventuell haben abhalten lassen. Hierbei handele es sich um einen im aktuellen Auswahlverfahren nicht mehr behebbaren Mangel, da bereits die Ausschreibung fehlerbehaftet gewesen sei.
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Dies genügt zur schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung, weshalb aus Sicht des Antragsgegners eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung nur in einem weiteren Auswahlverfahren möglich erscheint. Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei im Wesentlichen gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 49; BayVGH, B.v. 9.8.2019 – 3 CE 19.895 – juris Rn. 12; B.v. 22.3.2018 – 3 CE 18.398 – juris Rn. 13; SächsOVG, B.v. 6.6.2017 – 2 B 64/17 – juris Rn. 20). Die Bezugnahme und Auseinandersetzung mit der rechtskräftigen gerichtlichen Feststellung, dass sich aus der Stellenausschreibung die für die an das Auswahlverfahren zu stellenden Anforderungen nicht hinreichend feststellen lassen, genügt für die plausible Darlegung der Erwägungen des Dienstherrn, warum eine Fortführung des ursprünglichen Auswahlverfahrens unter „Heilung“ des beanstandeten Mangels nicht in Betracht kommen soll. Für den Bewerberkreis war nicht hinreichend klar erkennbar, nach welchen Kriterien die Auswahlentscheidung getroffen wird. Mit dem Hinweis in der Ausschreibung, dass das LKA eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch von der Zustimmung zu einer Sicherheitsüberprüfung und dessen Ergebnis abhängig macht, könnte bei potentiellen Bewerbern der Eindruck vermittelt worden sein, es komme für die Auswahlentscheidung – selbst bei einer reinen Konkurrenz unter Beamten als interne Bewerber – allein auf das Ergebnis eines Vorstellungsgesprächs und nicht auf die Ergebnisse ihrer dienstlichen Beurteilungen an. Jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt enthält die Stellenausschreibung auch unter Berücksichtigung der Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten der Bayerischen Polizei (Bestellungsrichtlinien – RBestPol; IMS v. 24.2.2022 Az. C3-0302.3-2), die nach Ziff. 3.4.4 keine Anwendung finden soll, wenn es um Dienstposten geht, auf denen Arbeitnehmer verbeamtet werden sollen, unklare Merkmale, deren Bedeutung, Gewichtung und Beziehung zueinander offenbleibt.
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2.3 Anhaltspunkte dafür, dass der Abbruch allein der Benachteiligung oder der Bevorzugung eines Bewerbers dienen sollte, etwa indem ein unerwünschter Kandidat aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle ausgeschlossen werden soll, liegen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hatte in seinem Urteil im Konkurrentenstreitverfahren (Au 2 K 24.152) die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung deutlich herausgearbeitet, ohne zugleich einen Eignungsvorsprung der Antragstellerin zu konstatieren. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin bei einer weiteren Stellenausschreibung als Bewerberin ausgeschlossen wäre. Gegen eine Benachteiligungs-/Bevorzugungsabsicht des Dienstherrn spricht zudem der Ablauf des Auswahlverfahrens. Zunächst war der streitgegenständliche Dienstposten im Mitteilungsblatt der Bayerischen Polizei vom 1. März 2023 ausgeschrieben worden. Die Ausschreibung war zu widerrufen, weil die fachspezifischen Voraussetzungen von keinem Bewerber erfüllt wurden. Erst auf die daran anschließende Stellenausschreibung vom 1. August 2023, bei der das Anforderungsprofil im Vergleich zur ersten Ausschreibung reduziert wurde, konnte sich nun auch die Antragstellerin bewerben.
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2.4 Mit ihren Argumenten aus der Beschwerdebegründung vermag die Antragstellerin nicht durchzudringen.
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Die Erwägungen des Senats in seinem Beschluss vom 4. August 2023 (3 CE 23.978 – juris Rn. 6, 18) lassen sich auf die hier vorliegende Streitigkeit nicht übertragen. Dem damaligen Beschluss lag eine sog. „interne Stellenausschreibung“ zugrunde, auf die sich ausschließlich Beamte bewerben konnten. Die darin nur beispielhafte Aufzählung („insbesondere“) der im konstitutiven Anforderungsprofil geforderten, besondere Fachkenntnisse vermittelnden Tätigkeiten war nach Auffassung des Senats nicht geeignet, eine bestimmte Gruppe potentieller Bewerber (hier: Kriminaldauerdienst-Angehörige) von einer Bewerbung abzuhalten. Denn Nr. 4.2.2 Satz 2 RBestPol sah und sieht ausdrücklich vor, dass Verwendungen außerhalb der fachlich zuständigen Kommissariate/Sachgebiete anerkannt werden können, wenn sie nachweislich in Inhalt, Umfang und Anspruch den Tätigkeiten in den aufgeführten Organisationseinheiten entsprechen. Ein entsprechender Hinweis in künftigen Ausschreibungen habe lediglich klarstellenden Charakter. Vorliegend ist jedoch nicht nur eine klarstellende Ergänzung bereits bekannter (insbesondere sich aus der RBestPol ergebender) Informationen beabsichtigt, sondern vielmehr eine Festlegung der an das Auswahlverfahren zu stellenden Anforderungen unter besonderer Berücksichtigung einer an externe und interne Bewerber gerichteten Stellenausschreibung.
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Auch die weiteren Argumente der Antragstellerin verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg, ohne dass hierauf in allen Einzelheiten eingegangen werden müsste.
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3. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG (BVerwG, B.v. 10.12.2018 – 2 VR 4.18 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 3 CE 18.2608 – juris Rn. 36).
24
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).