Inhalt

VGH München, Beschluss v. 28.11.2024 – 22 CS 24.1730
Titel:

Teilerledigung eines Rechtsstreits

Normenkette:
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4, § 158 Abs. 2, § 161 Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei einer Erledigung des gesamten Rechtsstreits im Rechtsmittelverfahren ist darauf abzustellen, ob das Rechtsmittel nach dem bisherigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, wobei auf den mutmaßlichen Prozessausgang abzustellen ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundsätzlich ist auch im Falle einer Teilerledigungserklärung, bei der die einheitliche Kostenentscheidung auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruht, die Kostenentscheidung unanfechtbar. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
vorläufiger Rechtsschutz, Beschwerdeverfahren, übereinstimmende Erledigungserklärung, Teilerledigungserklärung, einheitliche, auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhende erstinstanzliche Kostenentscheidung, Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung, Hauptsacheerledigung, Teilerledigung, Kostenentscheidung, unterschiedliche Rechtsgrundlagen, billiges Ermessen, Unanfechtbarkeit
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 13.09.2024 – M 16 S 24.3737
Fundstellen:
BayVBl 2025, 246
BeckRS 2024, 33449
LSK 2024, 33449

Tenor

I. Soweit der Rechtsstreit im Beschwerdeverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt; insoweit ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 13. September 2024 in Nr. II. und III. wirkungslos.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 13. Juni 2024 – M 28 E 24.533 – zurückgewiesen.
III. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, soweit das Verfahren eingestellt worden ist, sowie die weiteren Kosten des Beschwerdeverfahrens.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter, mit dem sie sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen für sofort vollziehbare Anordnungen der Regierung von O. – Gewerbeaufsichtsamt (im Folgenden: Gewerbeaufsichtsamt) wendet.
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Die Antragstellerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, führte Renovierungsarbeiten an einem in ihrem Eigentum stehenden Wohnhaus durch, die u.a. auch die Errichtung eines Gerüsts erforderlich machten. Nach einem Hinweis auf mögliche Asbestbelastungen sowie auf eine vorschriftswidrige Absicherung der Baustelle erließ das Gewerbeaufsichtsamt am 13. Juni 2024 im Anschluss an eine Kontrolle einen handschriftlich gefertigten Bescheid, der dem Geschäftsführer der Antragstellerin vor Ort ausgehändigt wurde. Darin wurde u.a. die Einstellung der Arbeiten auf der Baustelle (insbesondere im Gebäude) bis zur Erstellung eines Gefahrstoffgutachtens „mit Gefahrstoffkataster“ (Nr. 1.1 und 1.3), die Einstellung der Arbeiten auf dem Arbeits- und Schutzgerüst bis zur Beseitigung bestimmter, im Einzelnen bezeichneter Mängel (Nr. 1.2) sowie die Erhöhung des Treppengeländers im Gebäude auf mindestens 1 m Höhe (Nr. 1.4) angeordnet. Die Anordnungen wurden für sofort vollziehbar erklärt, und für den Fall der Nichterfüllung wurden jeweils Zwangsgelder angedroht.
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Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz am 24. Juni 2024 Klage erhoben und zudem beantragt, die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen. Nach Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vom 8. Juli 2024 teilte das Gewerbeaufsichtsamt mit Schriftsatz vom 24. Juli 2024 mit, dass es die in den Nrn. 1.1 und 1.3 getroffenen Anordnungen als erfüllt ansehe, was es per E-Mail vom 9. August 2024 gegenüber der Bevollmächtigten der Antragstellerin nochmals bestätigte, und stimmte einer eventuellen Erledigterklärung bereits vorab zu. Auf gerichtlichen Hinweis erklärte die Antragstellerin den Antrag zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der Anordnungen Nr. 1.1, Nr. 1.2 und Nr. 1.3 für erledigt, soweit das „Gefahrstoffgutachten zur Asbestbelastung“ vorgelegt worden sei. Sie wies darauf hin, dass ein „Schadstoffkataster“ nicht erstellt worden sei, dass ein solches nicht gefordert werden dürfe und dass die Antragsgegnerin dazu noch abschließend Stellung nehmen müsse. Die Anordnung in Nr. 1.4 sei noch nicht erledigt. Es werde daher beantragt, umgehend über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung bezüglich „aller noch nicht erledigter Unterpunkte des Bescheids zu entscheiden“.
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Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren mit Beschluss vom 13. September 2024 eingestellt, soweit die Hauptsache im Antragsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde (Nr. I. des Tenors), und den Antrag im Übrigen abgelehnt (Nr. II. des Tenors). Die Kosten wurden der Antragstellerin auferlegt (Nr. III. des Tenors). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anordnung in Nr. 1.4 hinsichtlich der Erhöhung des Treppengeländers voraussichtlich rechtmäßig sei und dass es der Antragstellerin in Bezug auf die Anordnungen in Nr. 1.1 und 1.3, soweit diese (hinsichtlich der Erstellung eines Gutachtens mit Gefahrstoffkataster) nicht für erledigt erklärt worden seien, am Rechtsschutzbedürfnis fehle, nachdem der Antragsgegner beide Anordnungen – zu Recht – als erfüllt ansehe. Der Bescheid sei rechtmäßig gewesen und es lägen keine Fehler bei der Anordnung des Sofortvollzugs vor, so dass es billigem Ermessen entspreche, der Antragstellerin auch hinsichtlich des erledigten Teils die Kosten aufzuerlegen.
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Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer fristgerecht erhobenen und begründeten Beschwerde gegen Nr. II. und III. des Beschlusses vom 13. September 2024. In Bezug auf die „Anordnung, ein Schadstoffkataster erstellen zu lassen“ (Nr. 1.1 und 1.3 des Bescheids), haben die Beteiligten das Verfahren am 16. Oktober 2024 (Antragstellerin) bzw. 29. Oktober 2024 (Antragsgegner) übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt.
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Zur Begründung der Beschwerde führt die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass ihr das Verwaltungsgericht die Kosten zu Unrecht auferlegt habe, weil die Baueinstellung unverhältnismäßig gewesen sei. Daher entspreche es billigem Ermessen, wenn der Antragsgegner auch in Bezug auf die Anordnung, ein „Schadstoffkataster“ zu erstellen, die Kosten trage. Die Verpflichtung, das Treppengeländer zu erhöhen, sei rechtswidrig, was das Verwaltungsgericht verkannt habe.
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Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
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1. Soweit die Beteiligten im Beschwerdeverfahren hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 1.1 und 1.3 des Bescheids vom 13. Juni 2024 (bezogen auf ein „Schadstoffkataster“) das Antragsverfahren in der Hauptsache (also nicht lediglich die Beschwerde) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2010 – 7 VR 3.10 – juris Rn. 1 f.).
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Über die Kosten des Verfahrens ist insoweit gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu entscheiden. Kostenpflichtig ist gemäß dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO in der Regel derjenige Beteiligte, der voraussichtlich unterlegen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2010 – 7 VR 3.10 – juris Rn. 2) und dem daher bei Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich die Kosten auferlegt worden wären (BVerwG, B.v. 15.3.1982 – 6 C 56.81 – juris Rn. 4). Bei einer Erledigung des gesamten Rechtsstreits im Rechtsmittelverfahren ist daher darauf abzustellen, ob das Rechtsmittel nach dem bisherigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, wobei auf den mutmaßlichen Prozessausgang abzustellen ist (BayVGH, B.v. 6.3.2020 – 22 B 16.1447 – juris Rn. 31; vgl. auch Brandt in: Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, V. Kosten Rn. 137, jew. m.w.N.; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 161 Rn. 18b). Maßgeblich sind dabei nur die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO; BayVGH, B.v. 18.2.2004 – 1 CS 03.3043 – juris Rn. 9). Davon ausgehend entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes für den für erledigt erklärten Teil der Antragstellerin aufzuerlegen. Die Beschwerde hätte im Hinblick auf die sofortige Vollziehbarkeit der Anordnungen in Nr. 1.1 und 1.3 des Bescheids vom 13. Juni 2024 – in Bezug auf die Beibringung einer gutachterlichen Stellungnahme mit Gefahrstoffkataster – keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das als Prozessvoraussetzung von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfende Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BayVGH, B.v. 11.1.2022 – 15 CS 21.2913 – juris Rn. 27 m.w.N.) insofern entfallen ist, so dass der Antrag unzulässig war.
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Das Gewerbeaufsichtsamt hat im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 24. Juli 2024 ausgeführt, dass es die in Nr. 1.1 und 1.3 getroffenen Anordnungen, ein Gefahrstoffgutachten mit Gefahrstoffkataster erstellen zu lassen, mit der Vorlage des Gutachtens vom 8. Juli 2024 „als erfüllt“ ansehe und dass sich „der Antrag insofern in der Hauptsache erledigt haben“ dürfte. Der Bevollmächtigten der Antragstellerin wurde dies per E-Mail vom 9. August 2024, die diese als Anlage K 6 in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt hat, nochmals ausdrücklich bestätigt. Darin heißt es, dass die Antragstellerin „den Anordnungen unter Ziffern 1.1 bis 1.3 nachgekommen“ sei. Einschränkungen dahingehend, dass die gutachterliche Stellungnahme unvollständig sein könnte, etwa aufgrund eines fehlenden Gefahrstoffkatasters, lassen sich dem nicht entnehmen. Dies deckt sich mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, das im Einzelnen dargelegt hat, warum die Anforderungen an das nach Nr. 1.1 und 1.3 zu erstellende „Gefahrstoffgutachten mit Gefahrstoffkataster“ erfüllt waren. Dem ist die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht entgegengetreten. Durch die Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme vom 8. Juli 2024 ist daher der mit der behördlichen Maßnahme erstrebte Erfolg endgültig eingetreten. Von den in Nr. 1.1 und 1.3 geregelten Anordnungen können keine weiteren, im Verwaltungsakt vorgesehenen Verhaltensgebote oder -verbote für die Antragstellerin mehr ausgehen, so dass sich die Verpflichtung erledigt hat (vgl. BVerwG, B.v. 17.11.1998 – 4 B 100.98 – juris Rn. 9; Goldhammer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Juli 2024, § 43 VwVfG Rn. 126, jew. m.w.N.; Leisner-Egensperger in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 43 Rn. 68). Dies hat zur Folge, dass im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO das Rechtsschutzinteresse entfallen ist (vgl. Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, D Rn. 929 f.; Puttler in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 132, jew. m.w.N.). Eine gerichtliche Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erübrigt sich daher in Bezug auf Nr. 1.1 und 1.3, so dass es auf die im Beschwerdeverfahren problematisierte Frage, ob die Anordnungen im Zeitpunkt des Bescheiderlasses rechtmäßig waren, nicht mehr ankommt.
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Darüber hinaus hat es die Antragstellerin unterlassen, nach Eintritt des erledigenden Ereignisses im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die vom Gesetzgeber vorgesehene prozessuale Konsequenz zu ziehen und das Verfahren hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 1.1 und 1.3 insgesamt für erledigt zu erklären, mit der Folge des § 161 Abs. 2 VwGO, soweit der Antragsgegner zustimmt (vgl. zum Erledigungsstreit im Fall des Widerspruchs Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 113 Rn. 142 ff.). Dem in dieser Regelung zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit (vgl. BVerwG, B.v. 2.2.2006 – 1 C 4.05 – juris Rn. 3; B.v. 17.2.2024 – 2 VR 9.23 – juris Rn. 3) stünde es jedoch entgegen, wenn ein Antragsteller erst im Rechtsmittelverfahren eine Erledigungserklärung unter Berufung auf Erfolgsaussichten, die vor Erledigung bestanden hätten, abgibt, obwohl die Erledigung bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingetreten ist. Es entspricht daher der Billigkeit, dass sich die Antragstellerin aus der von ihr verspätet in die Wege geleiteten übereinstimmenden Erledigungserklärung der Beteiligten keinen Kostenvorteil verschaffen kann gegenüber einer (Teil-) Rücknahme des Antrages bzw. der Beschwerde mit der Kostenfolge des § 155 Abs. 2 VwGO (vgl. dazu auch Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 161 Rn. 18a).
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2. Die zulässige Beschwerde – die sich noch gegen den nicht für erledigt erklärten Teil von Ziffer II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts richtet – hat keinen Erfolg. Das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt insoweit keine Aufhebung oder Abänderung des Beschlusses vom 13. September 2024 (2.1). Soweit sich die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung (Ziffer III.) bezüglich der im erstinstanzlichen Verfahren für erledigt erklärten Anordnungen des Bescheids vom 13. Juni 2024 richtet, ist sie bereits unzulässig (2.2).
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2.1 Soweit das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Anordnung in Nr. 1.4 des Bescheids abgelehnt hat, gibt das Beschwerdevorbringen keinen Anlass, den Beschluss zu ändern.
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2.1.1 Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass die Anordnung, das Treppengeländer im Gebäude von etwa 0,80 m auf mindestens 1 m zu erhöhen, aller Voraussicht nach rechtmäßig sei. Rechtsgrundlage sei Nr. 1.8 Abs. 1 des Anhangs zu § 3 Abs. 1 der Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV), wonach Verkehrswege u.a. für Baustellen, einschließlich Treppen so angelegt und bemessen sein müssten, dass sie je nach ihrem Bestimmungszweck leicht und sicher begangen oder befahren werden könnten und Beschäftigte nicht gefährdet würden. Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) A1.8 konkretisierten diese Anforderung für die freien Seiten der Treppen, Treppenabsätze und Treppenöffnungen u.a. auf Baustellen (vgl. Nr. 3.1 ASR A1.8) dahingehend, dass diese durch Geländer gesichert sein müssten, deren Höhe lotrecht über der Stufenvorderkante mindestens 1,0 m betragen müsse (Nr. 4.5 Abs. 7 ASR A1.8). Eine geringere Höhe des Geländers sei in den in Nr. 7 ASR A1.8 enthaltenen Ausnahmebestimmungen nicht geregelt. Die unverzügliche Erhöhung sei geboten gewesen. Auch die Zwangsgeldandrohung begegne im Ergebnis keinen Bedenken.
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2.1.2 Zur Begründung ihrer Beschwerde verweist die Antragstellerin darauf, dass es sich bei den die Arbeitsstättenverordnung ergänzenden Arbeitsstättenregeln (ASR) nicht um Gesetze, sondern um Technische Regeln handle, deren Ziel es sei, vor allem die Gefährdungsbeurteilung zu erleichtern. Rechtliche Verbindlichkeit bestehe nicht, sondern lediglich eine Vermutungswirkung. Es sei daher möglich, von den Vorgaben abzuweichen und die Schutzziele auf andere Art zu erfüllen. Diese alternative Möglichkeit einer anderen Maßnahme zur Gefahrvermeidung habe die Behörde nicht beachtet – vor allem nicht bei der Androhung eines Zwangsgeldes. Eine Überprüfung der tatsächlichen Gefährdungslage sei nicht vorgenommen worden. Dies führe zur Rechtswidrigkeit der Anordnung und der Zwangsgeldandrohung.
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2.1.3 Damit legt die Antragstellerin keine Gründe dar, aus denen die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben wäre. Es fehlt an Ausführungen dazu, auf welche Weise die Antragstellerin die Schutzziele erfüllen und ein gleichwertiges Schutzniveau erreichen will. Es ist nicht Aufgabe der Gewerbeaufsichtsbehörden, der Antragstellerin alternative Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie eine hinreichende Sicherheit ohne eine Erhöhung des Geländers erzielen kann. Der Antragsgegner weist zu Recht darauf hin, dass im Rahmen der durch zahlreiche Bilder in der Behördenakte dokumentierten Kontrolle keine „gleichwertige“ Lösung vorgefunden worden sei und dass die Antragstellerin dazu auch nichts vorgebracht habe. Vielmehr habe sich bei der Ortseinsicht gezeigt, dass die Treppe als Verkehrsweg für die auf der Baustelle Beschäftigten gedient habe und nur mit einem 80 cm hohen Geländer versehen gewesen sei, was nicht ausreiche, um eine Absturzgefahr zu unterbinden. Zudem hätten Bauarbeiten im Treppenhaus selbst stattgefunden. Dem ist die Antragstellerin nicht entgegengetreten. Worin die gerügten Defizite bei der Überprüfung der Gefährdungslage zu sehen sein sollen, wird aus ihrem Vorbringen ebenso wenig ersichtlich wie die Begründung dafür, dass die Zwangsgeldandrohung rechtswidrig sei. Es fehlt an einer hinreichenden Darlegung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
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2.2 Soweit sich die Antragstellerin gegen die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf den von den Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärten Teil des Verfahrens wendet (§ 161 Abs. 2 VwGO), bleibt die Beschwerde ebenfalls ohne Erfolg.
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Eine Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO ist gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar. Das gilt grundsätzlich auch im Falle einer Teilerledigungserklärung, bei der die einheitliche Kostenentscheidung auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruht (BVerwG, U.v. 3.11.2011 – 7 C 3.11 – juris Rn. 32, m.w.N.; B.v. 7.6.2023 – 7 B 25.22 – juris Rn. 9; SächsOVG, B.v 17.7.2020 – 5 A 501/18 – juris Rn. 2; Neumann/Schaks in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 158 Rn. 33 ff.). Ob hiervon Abweichendes anzunehmen ist, wenn die maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen für die Kostenentscheidung bezüglich des streitigen Teils mit denen nach § 161 Abs. 2 VwGO identisch sind, so dass nicht nur formal, sondern auch sachlich eine einheitliche Kostenentscheidung vorliegt (so BVerwG, U.v. 8.9.2005 – 3 C 50.04 – juris Rn. 31 ff.; Brandt in Brandt/Domgörgen, Handbuch Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess, V. Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, Rn. 133; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.9.2022 – 15 ZB 22.1621 – juris Rn. 11; OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.11.2021 – OVG 1 B 11.19 – juris Rn. 20 f.; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 161 Rn. 4), kann dahinstehen. Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung über die Kosten des erledigten Teils auf die Rechtmäßigkeit der Anordnungen in Nr. 1.1 bis 1.3 und damit nicht auf dieselben Erwägungen gestützt wie die Entscheidung über die Ablehnung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Entscheidungsgrundlage für den nicht erledigten Streitgegenstand war zum einen die Rechtmäßigkeit der Anordnung in Nr. 1.4 des Bescheides, die die Absturzsicherung von Treppen und nicht die Vorlage von Gefahrstoffgutachten zum Gegenstand hat. Zum anderen hat sich das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang mit den Anordnungen in Nr. 1.1 und 1.3 nur insoweit auseinandergesetzt, als diese die (vermeintliche) Pflicht zur Beibringung eines Gefahrstoffkatasters zum Gegenstand hatten, und hat dazu ausgeführt, dass die Anforderungen durch die Vorlage der gutachterlichen Stellungnahme vom 8. Juli 2024 erfüllt waren (vgl. oben 1.). Die Kostenentscheidung hinsichtlich des nicht erledigten Teils wurde – zumindest auch – selbständig tragend darauf gestützt, dass es aus diesem Grund am Eilrechtsschutzbedürfnis fehlte, und nicht allein auf die Rechtmäßigkeit der Anordnungen in Nr. 1.1 und 1.3. Es liegt daher nur in formaler, nicht aber in sachlicher Hinsicht eine einheitliche Kostenentscheidung der Vorinstanz vor (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.11.2021 – a.a.O.).
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2.3 Die Kostenentscheidung bezüglich der Zurückweisung der Beschwerde folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).