Inhalt

VGH München, Beschluss v. 22.11.2024 – 20 B 24.15
Titel:

Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverfügung zu Veranstaltungsverboten und Betriebsuntersagungen anlässlich der Corona-Pandemie

Normenketten:
IfSG § 28 Abs. 1 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4, § 173
ZPO § 307
Leitsätze:
1. Ein nachträgliches Feststellungsinteresse darauf gestützt, das Verfahren diene der Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses, ist vorliegend im Hinblick auf den bereits zugesprochenen zivilgerichtlichen und schon in Bestandskraft erwachsenen Schadensersatz entfallen. Ein über den geltend gemachten Schadensersatz hinausreichendes wirtschaftliches Interesse ist nicht erkennbar. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein durch die Allgemeinverfügung erfolgter willkürlicher und allein deshalb schwerwiegender Grundrechtseingriff ist ebenfalls nicht erkennbar, da nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts noch keinen Verstoß gegen das Willkürverbot begründet. Hinzukommen muss vielmehr eine krasse Missdeutung der einschlägigen Norm, so dass die vorgenommene Rechtsanwendung jeden sachlichen Grundes entbehrt (ebenso BVerfG BeckRS 2004, 22142). (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, Feststellungsinteresse, Anerkenntnis, Willkürverbot, Grundrechtseingriff
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 16.11.2022 – M 26b K 20.1221
Fundstellen:
BayVBl 2025, 310
BeckRS 2024, 33446
LSK 2024, 33446

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. November 2022 richtet; im Übrigen wird sie verworfen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.960,00 EUR festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Die mit der Berufung des Klägers weiterverfolgte Fortsetzungsfeststellungsklage richtet sich auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ziff. 5 der Allgemeinverfügung „Veranstaltungsverbote und Betriebsuntersagungen anlässlich der Corona-Pandemie“ vom 16. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 143) i.d.F. der „Allgemeinverfügung zur Änderung der Allgemeinverfügung über Veranstaltungsverbote und Betriebsuntersagungen anlässlich der Corona-Pandemie“ vom 17. März 2020 (BayMBl. 2020 Nr. 148).
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1. Der Kläger betreibt als Einzelunternehmer ein Juweliergeschäft in Bayern. Am 16. März 2020 erließ der Beklagte die o.g. Allgemeinverfügung, die in ihrer Fassung vom 17. März 2020 in Ziff. 5 ein Verbot der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art enthielt. Am 18. März 2020 erhob der Kläger Anfechtungsklage gegen Ziff. 5 der Allgemeinverfügung und stellte zugleich einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, der in beiden Instanzen erfolglos blieb (VG München, B.v. 20.3.2020 – M 26 S 20.1222 – juris; BayVGH, B.v. 30.3.2020 – 20 CS 20.611 – juris). Nachdem die nach Ziff. 8 der Allgemeinverfügung i.d.F. vom 17. März 2020 bis zum 30. März 2020 befristete Vorschrift durch Zeitablauf unwirksam geworden worden war, stellte der Kläger seine Klage mit Schriftsatz vom 8. April 2020 auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage um. Sein Feststellungsinteresse stützte er zum einen auf „möglicherweise künftig drohende Maßnahmen“ und zum anderen auf die Vorbereitung einer Schadensersatzklage gegen den Beklagten, da er mit seinem Ladengeschäft einen rechnerischen Überschuss von etwa 1.480,00 EUR pro Woche erziele. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. November 2022 abgewiesen. Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 4. Januar 2024 zugelassenen Berufung trägt der Kläger u.a. vor, die angegriffene Allgemeinverfügung sei formell und materiell rechtswidrig gewesen. Sie sei schon nicht ordnungsgemäß bekanntgemacht worden und verstoße gegen den Grundsatz der Aktenmäßigkeit der Verwaltung. Im Hinblick auf das angegriffene Verbot der Öffnung von Ladengeschäften handele es sich bei der Allgemeinverfügung um die falsche Handlungsform; zudem hätten die Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG nicht vorgelegen. Schließlich habe der Beklagte mit dem Erlass des Verbots eine ermessensfehlerhafte und unverhältnismäßige Regelung getroffen.
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2. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 9. April 2024 erklärt, er erkenne an, „dass die Untersagung der Öffnung des Ladengeschäfts des Klägers durch Nr. 5 der Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 rechtswidrig gewesen“ sei. Der Kläger hat dem Erlass eines Anerkenntnisurteils ausdrücklich widersprochen und die Klage um den Feststellungsantrag erweitert, „dass eine Rechtsverordnung des Beklagten mit dem Inhalt der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 16. März 2020 in der geänderten Fassung vom 17.03.2020 im Hinblick auf die in Nr. 5 (Änderungsfassung) angeordnete Untersagung der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels rechtswidrig gewesen wäre“.
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3. Mit Teil-Anerkenntnis- und Endurteil vom 18. September 2024 (15 O 18781/23) hat das LG München I den Beklagten in dem auf Leistung von Schadensersatz gerichteten Zivilverfahren antragsgemäß zu einer Zahlung von 2.960,00 EUR zzgl. Prozesszinsen verurteilt. Daraufhin hat der Senat den Beteiligten mit Schreiben vom 17. Oktober 2024 (jeweils zugestellt am 18. Oktober 2024) mitgeteilt, dass mit dem Urteil des Landgerichts München I das Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers voraussichtlich entfallen sein dürfte; außerdem hat er die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der vom Kläger mit Schriftsatz vom 16. Mai 2024 zusätzlich gestellte Antrag eine unzulässige Klageänderung darstellen dürfte. Mit Fristsetzung bis zum 15. November 2024 wurden die Beteiligten schließlich zu einer möglichen Entscheidung durch Beschluss nach § 130a VwGO angehört.
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4. Mit Schriftsatz vom 15. November 2024 hat der Kläger mitgeteilt, an seiner Berufung festzuhalten und zur Begründung seines Feststellungsinteresses zusätzlich geltend gemacht, mit der angegriffenen Allgemeinverfügung habe der Beklagte willkürlich gehandelt. Die zuständigen Fachbehörden hätten die – infektionsschutzrechtlich zudem ungeeignete – Maßnahme der Schließung von Einzelhandelsgeschäften nicht empfohlen; insofern müsse sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Hintergrund ihres Erlasses sei allein das damalige Profilierungsbestreben des bayerischen Ministerpräsidenten gewesen. Das Vorliegen der Willkür müsse das Gericht als doppelt relevante Tatsache als wahr unterstellen.
II.
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Der Senat entscheidet über die Berufung nach Anhörung der Beteiligten nach § 130a Satz 1 VwGO durch Beschluss, weil er sie – soweit sie nicht bereits unzulässig ist (vgl. § 125 Abs. 2 VwGO) – einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
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1. Soweit der Kläger mit der Berufung seine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit Ziff. 5 der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 16. März 2020 i.d.F. vom 17. März 2020 weiterverfolgt, ist die Berufung zulässig, aber unbegründet.
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a) Das besondere Feststellungsinteresse für die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zwischenzeitlich entfallen und die Klage damit unzulässig geworden.
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aa) Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO setzt die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage voraus, dass der Kläger ein besonderes Interesse an der nachträglichen rechtlichen Überprüfung eines erledigten Verwaltungsakts geltend machen kann; ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein und sich insbesondere aus den Gesichtspunkten der konkreten Wiederholungsgefahr, der Rehabilitierung, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch ergeben. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Klägers zu verbessern (vgl. nur BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 2 C 27.15 – juris Rn. 13 m.w.N.).
10
bb) Soweit der Kläger sein nachträgliches Feststellungsinteresse darauf gestützt hat, das Verfahren diene der Vorbereitung eines Schadensersatzprozesses, ist dieses Interesse aufgrund des Urteils des Landgerichts München I (15 O 18781/23) vom 18. September 2024 entfallen. Mit diesem Urteil wurde der Beklagte zur Leistung von Schadensersatz für den durch die etwa zweiwöchige Geschäftsschließung aufgrund der angegriffenen Allgemeinverfügung in der vom Kläger beantragten Höhe von 2.960,00 EUR zzgl. Prozesszinsen verurteilt. Das Urteil des Landgerichts ist nach § 511 Abs. 2 ZPO nicht mehr mit der Berufung angreifbar. Damit kann die verwaltungsgerichtliche Entscheidung die rechtliche Position des Klägers im Hinblick auf den zivilgerichtlichen Schadensersatzprozess nicht mehr verbessern; ein über den geltend gemachten Schadensersatz hinausreichendes wirtschaftliches Interesse ist nicht erkennbar.
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cc) Soweit der Kläger sein Feststellungsinteresse sinngemäß mit „möglicherweise künftig drohenden Maßnahmen“ begründet hat, ist eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr (vgl. dazu nur BVerwG, U.v. 24.4.2024 – 6 C 2.22 – juris Rn. 17) für eine der angegriffenen Allgemeinverfügung vom 16. März 2020 vergleichbare Untersagung der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels in absehbarer Zukunft nicht zu erkennen. Insbesondere ist in tatsächlicher Hinsicht unter den derzeitigen Umständen ein neuerlicher Eintritt einer Pandemielage nicht – erst recht nicht in näherer Zukunft – absehbar. Zudem gäbe es für eine der angegriffenen Bestimmung vergleichbare Allgemeinverfügung aktuell schon keine gesetzliche Grundlage: Nachdem die Feststellung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG am 25. November 2021 ausgelaufen ist und damit – jedenfalls im Hinblick auf Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 – die Schließung von „Betrieben, Gewerben, Einzel- oder Großhandel“ auf der Grundlage von § 28a Abs. 1 Nr. 15 IfSG nicht mehr zulässig ist, fehlt es derzeit auch aus Rechtsgründen an einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr.
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dd) Soweit der Kläger schließlich mit Schriftsatz vom 15. November 2024 noch den Gesichtspunkt eines willkürlichen und allein deshalb schwerwiegenden Grundrechtseingriffs (in diese Richtung offenbar BVerwG, U.v. 24.4.2024 – 6 C 2.22 – juris Rn. 33) geltend gemacht hat, fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für ein willkürliches Handeln des Beklagten bei Erlass der angegriffenen Allgemeinverfügung. Nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründet selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts noch keinen Verstoß gegen das Willkürverbot; hinzukommen muss vielmehr eine krasse Missdeutung der einschlägigen Norm, so dass die vorgenommene Rechtsanwendung jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl. nur BVerfG, B.v. 8.4.2004 – 2 BvR 1811/03 – juris Rn. 14 m.w.N.). Ein solcher Rechtsverstoß liegt hier weder nahe noch erscheint er aufgrund des Vortrags des Klägers auch nur plausibel. Insbesondere lässt der Kläger außer Acht, dass zeitgleich mit der angegriffenen Allgemeinverfügung des Beklagten inhaltlich identische oder zumindest vergleichbare Schließungen von Ladengeschäften des Einzelhandels auch in zahlreichen anderen Bundesländern galten (vgl. z.B. § 4 Abs. 1 Nr. 12 CoronaVO i.d.F. vom 20. März 2020, GBl. 2020 S. 120 [Baden-Württemberg]; § 3a Abs. 1 SARS-CoV-2-EindmaßnV v. 17. März 2020, GVBl. 2020 S. 213 [Berlin]; § 1 Nr. 9 der „4. VO zur Bekämpfung des Corona-Virus“ v. 17. März 2020, GVBl. 2020 S. 167 [Hessen]; § 1 Abs. 1 SARS-CoV-2-BekämpfV v. 17. März 2020, GVBl. 2020 S. 82 [Mecklenburg-Vorpommern]; Ziff. 5 der Allgemeinverfügung „Veranstaltungsverbote und Betriebsuntersagungen anlässlich der Corona-Pandemie“ v. 16. März 2020, ABl. I S. 170B [Saarland]; § 4 Abs. 1 SARS-CoV-2-BekämpfV v. 17. März 2020, GVBl. 2020 S. 158 [Schleswig-Holstein]). Vor diesem Hintergrund erscheint der Vortrag des Klägers, die angegriffene Geschäftsschließung beruhe allein auf einem in der Person des bayerischen Ministerpräsidenten angesiedelten sachfremden Motiv, schon nicht nachvollziehbar. Der Senat muss die Behauptung eines willkürlichen Verwaltungshandelns zur Begründung eines Feststellungsinteresses auch nicht als wahr unterstellen. Selbst wenn die vom Kläger insoweit zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu sog. doppelrelevanten Tatsachen auf den – im Unterschied zum Zivilprozess vom Untersuchungsgrundsatz geprägten – Verwaltungsprozess übertragbar wäre (skeptisch – bezogen auf die Rechtswegeröffnung – etwa Ehlers/Schneider in Schoch/Schneider, VerwaltungsR, Stand Januar 2024, § 40 VwGO Rn. 213), handelt es sich bei der Bewertung einer Verwaltungsentscheidung als willkürlich um eine reine Rechts- und keine Tatsachenfrage. Auch im Übrigen ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers keine Anhaltspunkte für ein besonderes Gewicht des mit der angegriffenen Allgemeinverfügung verbundenen Grundrechtseingriffs; nachdem der Beklagte den durch die angegriffene Betriebsschließung entstandenen wirtschaftlichen Schaden aufgrund des rechtskräftigen Urteils des LG München I vollumfänglich zu ersetzen hat, kommt dem Eingriff auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbezugs der Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, B.v. 23.3.2022 – 1 BvR 1295/21 – juris Rn. 28) kein solches Gewicht mehr zu, dass eine nachträgliche Überprüfung der angegriffenen Allgemeinverfügung gerechtfertigt erscheint (vgl. dazu auch BVerwG, U.v. 16.5.2023 – 3 CN 6/22 – juris Rn. 72). Einen allgemeinen Klärungsanspruch zur Prüfung einer unwirksam gewordenen Allgemeinverfügung gewährt § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (in Übereinstimmung mit Art. 19 Abs. 4 GG) gerade nicht (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO; 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 108 m.w.N.).
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b) Der Erlass eines Anerkenntnisurteils i.S.d. § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO kam hier schon deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagte im Zeitpunkt des Wegfalls des Feststellungsinteresses des Klägers kein wirksames Anerkenntnis abgegeben hatte: Unabhängig davon, ob der Beklagte über den Streitgegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage – die verbindliche Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts – verfügen kann (vgl. zu diesem Erfordernis nur BVerwG, U.v. 22.5.2012 – 1 C 6.11 – juris Rn. 25; Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 107 Rn. 15; Wöckel in Eyermann, a.a.O., § 156 Rn. 1), hat er mit Schriftsatz vom 9. April 2024 lediglich anerkannt, „dass die Untersagung der Öffnung des Ladengeschäfts des Klägers durch Nr. 5 der Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 rechtswidrig gewesen“ sei. Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts bzw. (hier) einer Allgemeinverfügung als solcher; eine Beschränkung der Feststellung der Rechtswidrigkeit auf einzelne Ladengeschäfte kommt nicht in Betracht. Dass die Rechtskraft einer entsprechenden gerichtlichen Feststellung – jedenfalls bei teilbarer Regelungswirkung der Allgemeinverfügung – nur gegenüber den jeweiligen Klägern wirkt, ändert nichts daran, dass der gerichtliche Ausspruch nur allgemein auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit beschränkt ist. Insofern hätte ein wirksames Anerkenntnis insoweit vorausgesetzt, dass die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Allgemeinverfügung allgemein – und nicht nur beschränkt auf das Ladengeschäft des Klägers – anerkannt wird.
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2. Der vom Kläger erst im Rahmen des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz vom 16. Mai 2024 zusätzlich gestellte Antrag festzustellen, „dass eine Rechtsverordnung des Beklagten mit dem Inhalt der Allgemeinverfügung des Beklagten vom 16. März 2020 in der geänderten Fassung vom 17.03.2020 im Hinblick auf die in Nr. 5 (Änderungsfassung) angeordnete Untersagung der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels rechtswidrig gewesen wäre“, ist unzulässig; insofern ist die Berufung nach § 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu verwerfen (vgl. SächsOVG, B.v. 27.6.2014 – 5 B 570/13 – juris Rn. 11 ff.). Bei dem nachgeschobenen Antrag handelt es sich um eine Klageänderung in der Form der nachträglichen Klagehäufung, die nach § 91 Abs. 1 VwGO unzulässig ist: Einerseits hat der Beklagte der Klageänderung mit Schriftsatz vom 23. Mai 2024 ausdrücklich widersprochen (§ 91 Abs. 1 Var. 1, Abs. 2 VwGO); andererseits ist sie nach Auffassung des Senats (unabhängig von der Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben für eine nachträgliche objektive Klagehäufung aus § 44 VwGO) schon deshalb nicht sachdienlich i.S.d. § 91 Abs. 1 Var. 2 VwGO, da der nachgeschobene Antrag als solcher prozessual unzulässig ist: Eine rein hypothetische, tatsächlich nie erlassene Rechtsverordnung kann weder tauglicher Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, U.v. 25.10.2017 – 6 C 46.16 – juris Rn. 12; Marsch in Schoch/Schneider, VerwaltungsR, Stand Januar 2024, § 43 VwGO Rn. 17 ff.; Happ in Eyermann, VwGO, § 43 Rn. 18 ff.) noch eines Normenkontrollantrags nach § 47 VwGO sein (vgl. BVerwG, B.v. 2.6.1992 – 4 N 1.90 – juris Rn. 14 ff.; Panzer/Schoch in Schoch/Schneider, VerwaltungsR, Stand Januar 2024, § 47 VwGO Rn. 16; Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 47 Rn. 11 ff.). Zudem hat der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis für die beantragte Feststellung nicht nachvollziehbar dargelegt.
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3. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 GKG. Der erst im Rahmen der Berufungsinstanz gestellte zusätzliche Antrag ist nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, weil über ihn nicht entschieden, sondern seine Einbeziehung in das Berufungsverfahren wegen unzulässiger Antragserweiterung gemäß § 91 VwGO abgelehnt wurde (vgl. SächsOVG, B.v. 27.6.2014 – 5 B 570/13 – juris Rn. 16).