Titel:
Mangels Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung im Verfahren um die begehrte Erteilung einer Baugenehmigung zur Gebäudeerweiterung und zum Umbau eines bestehenden Wohnhauses
Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 2
VwGO § 86, § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2
Leitsätze:
1. Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hier hat der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt. Die Aufklärungsrüge dient jedoch nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten zu kompensieren. Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts musste sich diesem auch keine weitere Sachaufklärung aufdrängen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nichtprivilegiertes Vorhaben im Außenbereich., Nichtprivilegiertes Vorhaben im Außenbereich, Aufklärungsrüge, Amtsermittlungsgrundsatz, Sachaufklärung
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 14.12.2023 – Au 5 K 22.1418
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33432
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Gebäudeerweiterung und zum Umbau seines bestehenden Wohnhauses. Das Baugrundstück, auf dem während des 2. Weltkrieges ein eingeschossiges Gebäude für militärische Zwecke (Flakstellung) errichtet und das in der Folgezeit mehrfach umgebaut wurde, ist umgeben von landwirtschaftlichen Flächen im Norden des Siedlungsbereichs der Stadt N. Für wesentliche bauliche Anlagen auf dem Baugrundstück, insbesondere das zweigeschossige Wohngebäude, besteht eine bestandskräftige Beseitigungsanordnung vom 3. April 2020 (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2022 – 15 ZB 22.1178).
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Der Bauantrag des Klägers zur „Gebäudeerweiterung und Umbau des bestehenden Wohnhauses“ wurde vom Landratsamt Augsburg mit Bescheid vom 27. Mai 2022 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die hiergegen gerichtete Klage des Klägers mit Urteil vom 14. Dezember 2023 abgewiesen. Nachdem der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass sein Vorhaben einem privilegierten Betrieb im Außenbereich diene und öffentliche Belange beeinträchtigt würden, bestünde kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, dass sich die Situation wegen einer genehmigten bzw. akzeptierten Wohnnutzung in der unmittelbaren Umgebung geändert habe und die seinem Bauvorhaben entgegenstehenden Argumente erheblich an Gewicht verloren hätten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der verschiedenen Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Darlegungen des Klägers im Zulassungsverfahren, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) führen nicht zur Zulassung der Berufung.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
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In rechtlich nicht zu beanstandender Weise ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen deshalb zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils und sieht von einer weiteren Begründung ab. Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen folgendes zu bemerken:
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Der Einwand des Klägers, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass in der unmittelbaren Umgebung ein Vorhaben genehmigt worden sei oder zumindest Bestandsschutz genieße und sich dadurch der Charakter des gesamten Gebietes ändere, trifft nicht zu. Vielmehr führt das Verwaltungsgericht aus (UA 14 f.), dass das in Bezug genommene Vorhaben nichts daran ändere, dass das Bauvorhaben des Klägers öffentliche Belange beeinträchtige. Sofern die Zulassung der Wohnnutzung rechtmäßig sei, seien bereits die Ausgangssachverhalte nicht vergleichbar. Sei die Genehmigung rechtswidrig erteilt, bestehe jedenfalls kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Dem tritt der Kläger nicht substantiiert entgegen. Dass öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB durch die behauptete neue Situation möglicherweise weniger beeinträchtigt würden als bisher, genügt nicht, die Genehmigungsfähigkeit seines Bauvorhabens darzulegen oder zu begründen. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 16. Dezember 2022 (15 ZB 22.1178) festgestellt, dass das im Außenbereich liegende Vorhaben keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB genießt und öffentliche Belange beeinträchtigt. Das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren rechtfertigt keine andere Bewertung, zumal sich die Lage seines Grundstücks im bauplanungsrechtlichen Außenbereich – auch unter Berücksichtigung der behaupteten Wohnnutzung in unmittelbarer Umgebung – offensichtlich nicht verändert hat.
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2. Die Rechtssache weist auch nicht die geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Der Kläger trägt insoweit nichts über das zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO Dargelegte hinaus vor, woraus sich solche Schwierigkeiten ergeben könnten. Der Sachverhalt des vorliegenden Falles ist geklärt und lässt sich – wie die obigen Ausführungen zeigen – ohne weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften beurteilen.
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3. Zu dem geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO fehlt jeglicher Vortrag. Der Kläger erfüllt damit bereits die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht.
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4. Der vom Kläger behauptete Verfahrensmangel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor.
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Soweit der Kläger vorbringt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem das Urteil des Verwaltungsgerichts beruhe, weil das Verwaltungsgericht Feststellungen aufgrund einer unvollständigen Tatsachenermittlung der bisherigen Nutzung und der Erweiterung der Bebauung des Grundstücks getroffen habe, Beweisangeboten nicht nachgegangen sei und die neue Situation in dem Gebiet nicht genauer geprüft habe, macht der Kläger sinngemäß einen Verstoß gegen das Amtsermittlungsprinzip geltend. Bei der Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 125/09 – juris Rn. 23 m.w.N.). Unabhängig davon, dass sich das Verwaltungsgericht mit der vom Kläger behaupteten genehmigten / geduldeten Wohnnutzung „in unmittelbarer Nähe“ auseinandergesetzt hat (UA S. 14 f.), hat der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausweislich der Niederschrift keinen Beweisantrag gestellt. Die Aufklärungsrüge dient jedoch nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten zu kompensieren (vgl. BVerwG, B.v. 15.7.2019 – 2 B 8.19 – juris Rn. 9; B.v. 15.9.2014 – 4 B 23.14 – juris Rn. 19). Nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts musste sich diesem auch keine weitere Sachaufklärung aufdrängen (vgl. BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 15 ZB 23.1404 – juris Rn. 9)
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Anhang) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).