Titel:
Akteneinsicht in die anlässlich eines Unterhaltsverfahrens geführten Beistandschaftsakten
Normenketten:
SGB VIII § 55, § 56
BGB § 1712
SGB X § 8, § 25
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Obliegt dem Jugendamt eine Prüfpflicht hinsichtlich des Wegfalls wie auch des anfänglichen Bestehens der Antragsvoraussetzungen für die Beistandschaft, liegt in der Entgegennahme des Antrags und der Einrichtung der Beistandschaft folglich eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit iSv § 8 SGB X. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein vor dem Verwaltungsgericht geltend gemachter Anspruch auf Einsicht in die Beistandschaftsakte reicht nur so weit, wie auch ein öffentlich-rechtlicher Akteneinsichtsanspruch besteht. Er umfasst folglich nur diejenigen Aktenbestandteile der Beistandschaftsakte, die sich mit Entstehung und Beendigung der Beistandschaft befassen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein öffentlich-rechtliches Akteneinsichtsrecht in Aktenbestandteile, die die Führung der Beistandschaft betreffen, scheidet aus. Hierfür sind nach § 56 Abs. 1 SGB VIII die Regelungen des Zivilrechts maßgeblich. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Aus dem anhängigen Unterhaltsprozess lässt sich kein Anordnungsgrund für die Einsichtnahme in die vollständige Beistandschaftsakte ableiten. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beistandschaft, Akteneinsichtsrecht des Unterhaltsverpflichteten, Kindesunterhalt, Beistandschaftsakten, Jugendamt, Akteneinsicht, Anspruch, Umfang, Unterhaltsverpflichteter, Familiengericht, Anordnungsanspruch, Anordnungsgrund, zivilrechtlicher Unterhaltsprozess, vorläufiger Rechtsschutz
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 14.02.2024 – M 18 E 23.5867
Fundstellen:
BayVBl 2025, 127
LSK 2024, 33418
BeckRS 2024, 33418
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Der Antragsteller verfolgt mit seiner Beschwerde sein Begehren weiter, im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes Einsicht in verschiedene, seine Tochter M. betreffende Akten des Jugendamts des Antragsgegners zu erhalten.
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1. Der Antragsteller ist Vater der 2012 geborenen C. und der 2015 geborenen M. Ende des Jahres 2021 trennte er sich von der Kindsmutter A., die zum damaligen Zeitpunkt einer Tätigkeit im Jugendamt des Antragsgegners nachging. A. beantragte am 12. Januar 2022 für beide Kinder die Beistandschaft des Jugendamts. Hierüber informierte Letzteres den Antragsteller mit Schreiben vom 13. Januar 2022 und forderte ihn im Hinblick auf die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen zur Vorlage von Einkommensnachweisen auf. Nach einer bereits im Dezember 2021 getroffenen familiengerichtlichen Vereinbarung wurde die vormalige Ehewohnung der Kindsmutter zur alleinigen Nutzung zugewiesen, dem Antragsteller zugleich umfangreiche Umgangsrechte mit seinen Kindern in der Ehewohnung zugebilligt, während deren Ausübung die Kindsmutter die Wohnung nicht nutzen sollte. Der Antragsteller sah darin die Vereinbarung eines sog. Nestmodells. Nach seinen Angaben kam er ab Beginn des Jahres 2022 für alle Unterhaltsleistungen für seine beiden Töchter auf. Ende März 2022 zog die Kindsmutter mit C. und M. aus der vormaligen Ehewohnung aus. Nach Auffassung des Antragstellers etablierte sich in der Folgezeit hinsichtlich der Betreuung der beiden Töchter ein „Wechselmodell“, das für die Tochter C. durch familiengerichtlichen Vergleich vom 2. Juni 2022 explizit festgeschrieben wurde. Hinsichtlich der jüngeren Tochter M. erfolgte die Betreuung nach Maßgabe des Vergleichs während der Schulzeit vierzehntägig durch den Antragsteller jeweils von Freitag bis Dienstag sowie jeweils hälftig durch beide Elternteile in den Schulferien. Nachdem der Antragsteller aufgrund der Tätigkeit seiner Ehefrau im Jugendamt des Antragsgegners mehrfach Bedenken gegen eine „unbefangene“ Sachbearbeitung geltend gemacht hatte, übertrug das Jugendamt diese im Juni 2022 zunächst auf das Jugendamt des Nachbarlandkreises T., das sie nach einer Zuständigkeitsprüfung im August 2022 mangels entsprechender Rechtsgrundlagen für die Fallübernahme an den Antragsgegner zurückübertrug. Anfang August 2022 beantragte die Kindsmutter A. für die Tochter M. beim Antragsgegner zudem die Gewährung von Unterhaltsvorschussleistungen, die M. mit Bescheid vom 22. August 2022 bewilligt wurden. Der Freistaat Bayern übertrug mit Vertrag vom 15. Juni 2023 die auf ihn als Folge der Unterhaltsvorschussleistung übergegangenen Unterhaltsansprüche auf die Tochter M. mit der Verpflichtung zurück, diese durch den bestellten Beistand gerichtlich geltend zu machen und den rückständigen Unterhalt im Leistungsfall an die Staatsoberkasse Bayern abzuführen. Daraufhin strengte das Jugendamt des Antragsgegners am 27. Juni 2023 als Beistand von M. beim Amtsgericht L. einen Unterhaltsprozess gegen den Antragsteller an. Über den für M. vom Antragsteller beanspruchten Kindesunterhalt ist bislang, nach zwischenzeitlichem Berichterstatterwechsel beim Amtsgericht, nicht entschieden. Im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens bestritt der Antragsteller insbesondere die wirksame Begründung der Beistandschaft des Jugendamts für M. und berief sich weiter auf seine bislang, zum Teil in Form des Naturalunterhalts erbrachten Unterhaltsleistungen.
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2. Im Zuge des Unterhaltsprozesses beantragte der Antragsteller mit Email vom 7. November 2023 beim Jugendamt des Antragsgegners „Akteneinsicht in die Vorgangsakte zum Unterhaltsverfahren bzgl. meiner jüngeren Tochter M.“. Ihm sollten „in diesem Zusammenhang alle Unterlagen, Nebenakten und sonstige damit im Zusammenhang stehenden Schriftstücke und Emails“ zur Verfügung gestellt werden. Dies lehnte das Jugendamt mit Scheiben vom gleichen Tag ab. Dem Antragsteller komme als Unterhaltsverpflichteter kein Anspruch auf Akteneinsicht zu. Ein Anspruch nach § 25 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) scheide aus, weil es sich bei der in Rede stehenden Beistandschaft nicht um ein Sozialverwaltungsverfahren im Sinne von § 8 SGB X handle. Was die Führung der Beistandschaft betreffe, verweise § 56 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) auf die §§ 1712 ff. BGB. Nach § 810 BGB bestehe ein Akteneinsichtsrecht des Unterhaltspflichtigen in die Beistandschaftsakte nur hinsichtlich der selbst vorgelegten Unterlagen zur Unterhaltsberechnung. Demnach könne dem Antragsteller keine vollständige Akteneinsicht gewährt werden.
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3. Daraufhin ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung beantragen, den Antragsgegner unter Abänderung des Bescheids vom 7. November 2023 zu verpflichten, ihm „Einsicht in alle Akten, Unterlagen, Schriftstücke und Daten zu gewähren, die mit den durch den Antragsgegner gegen den Antragsteller geführten Unterhaltsverfahren im Zusammenhang stehen“, hilfsweise eine Regelung zu treffen, die seinem Begehren gerecht werde.
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Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Februar 2024 ab. Zwar sei der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 VwGO hierfür grundsätzlich eröffnet. Soweit der Antragsteller sich zur Begründung seines Begehrens auf § 25 SGB X, Art. 29 BayVwVfG bzw. § 1 IFG stütze, stünden öffentlich-rechtliche Normen im Streit, sodass insoweit eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliege. Für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung mangele es dem Antragsteller jedoch bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds. Insoweit habe er nicht auseichend dargelegt, dass er ohne den Erlass der einstweiligen Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre und mit seinem Begehren nicht auf ein Hauptsacheverfahren verwiesen werden könnte. Wenn er vortrage, er benötige die geforderte Akteneinsicht zur Vorbereitung des am Amtsgericht L. anhängigen Prozesses über Kindesunterhalt für seine Tochter M., um die Wirksamkeit der Beistandschaft prüfen zu können, reiche dies für die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht aus. Vertrete ein Beistand das Kind im Unterhaltsprozess, so prüfe das zuständige Gericht die ordnungsgemäße Vertretung des Kindes – und damit die Wirksamkeit der Beistandschaft – nach § 9 Abs. 5 FamFG in Verbindung mit § 56 ZPO von Amts wegen oder auf Antrag. Die vom Antragsteller geltend gemachte Gefahr einer auf falschen Prozessvoraussetzungen beruhenden Entscheidung im Unterhaltsverfahren fehle daher und folglich auch das Bedürfnis für die Gewährung von Akteneinsicht im Wege der einstweiligen Anordnung. Soweit der Antragsteller im Hinblick auf die Dringlichkeit darüber hinaus vorgetragen habe, für ihn sei wesentlich, prüfen zu können, ob der Antragsgegner die Bestellung eines Beistands mit der gebotenen Objektivität bearbeitet habe, komme diesem Umstand keine Bedeutung zu, weil die Beistandschaft nach § 1714 BGB kraft Gesetzes in dem Augenblick entstehe, in dem der entsprechende Antrag beim Jugendamt eingehe. Dem Jugendamt komme diesbezüglich kein Entscheidungsspielraum zu, es besitze weder ein Vorprüfungs- noch ein Ablehnungsrecht. Angesichts dessen könnte sich ein Mangel an Objektivität in der Sachbearbeitung, so er denn vorläge, nicht auswirken. In diesem Kontext gehe das weitere Argument des Antragstellers fehl, dass die Beistandschaft ihm gegenüber nicht nachgewiesen worden sei, weil über die Beistandschaft mangels eines Bestallungsakts auch keine Bestallungsurkunde ausgestellt werde, die ihm hätte vorgelegt werden können. Weiterhin bestünde zugunsten des Antragstellers auch kein Anordnungsanspruch. Denn ein Akteneinsichtsrecht des Unterhaltspflichtigen auf Einsicht in die Beistandschaftsakten dürfte sich nicht nach § 25 SGB X bzw. Art. 29 BayVwVfG, sondern vielmehr nach § 810 BGB richten und im Übrigen nur Einsicht in einzelne, konkret benannte Dokumente beinhalten. Ein öffentlich-rechtliches Verhältnis stehe im vorliegenden Fall jedoch nicht in Rede, da die Beistandschaftsakten das Verhältnis zwischen dem durch den Beistand vertretenen Kind und dem Antragsteller beträfen, sich mithin nicht auf das unterhaltsrechtliche Verhältnis bezögen.
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4. Hiergegen richtet sich nunmehr die Beschwerde des Antragstellers, mit der er unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm „unter Aufhebung des Bescheides vom 07.11.2023 zum Akten- /Geschäftszeichen (…) Einsicht zu gewähren in alle Akten, Unterlagen, Schriftstücke und Daten, die mit dem durch den Antragsgegner gegen den Antragsteller geführten Unterhaltsverfahren betreffend seine Töchter M. und C. im Zusammenhang stehen“, hilfsweise nach gerichtlichem Ermessen eine Regelung zu treffen, die seinem Begehren gerecht wird.
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Bereits der Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses erweise sich als fehlerhaft. So sei nicht die Kindsmutter A. alleine, sondern seien vielmehr beide Elternteile für M. sorgeberechtigt. Soweit ausgeführt werde, der Antragsgegner habe als Beistand „wohl“ einen Antrag „auf Unterhalt“ gestellt, erweise sich dies als verkürzt und unvollständig. Zutreffend nehme das Verwaltungsgericht zwar das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit im Sinne von § 40 VwGO an, was jedoch im Widerspruch dazu stehe, dass sich der Auskunftsanspruch nach zivilrechtlichen Bestimmungen richten solle.
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Zu Unrecht verneine das Gericht ferner die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds. Dieser liege in der Notwendigkeit begründet, Rechtsschutz zu gewähren, bevor eine gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache ergehe. Es müsse ein spezifisches Interesse gerade an der begehrten Regelung bestehen. Dieses liege im vorliegenden Fall darin, dass dem Antragsteller ermöglicht werden müsse zu prüfen, ob die Unterhaltsleistungen, auf die er in Anspruch genommen werde, wirksam entstanden seien und in zulässiger Weise geltend gemacht würden. Entgegenstehende Geheimhaltungsinteressen seien nicht erkennbar. Sofern das Verwaltungsgericht hierzu ausführe, dass die Prozessvoraussetzungen im Unterhaltsprozess von Amts wegen oder auf Antrags zu prüfen seien, verkenne diese Betrachtungsweise den tatsächlichen prozessualen Gang. Das Amtsgericht prüfe insoweit nicht, ob die Beistandschaft nach §§ 1712 ff. BGB wirksam begründet worden sei. Sofern hierzu von der Partei nichts vorgetragen werde, finde ein solcher Gesichtspunkt von Amts wegen keine Berücksichtigung. Damit ein entsprechender Sachvortrag durch den Antragsteller erfolgen könne, sei es im Sinne der „Waffengleichheit“ erforderlich, dass ihm Akteneinsicht in die benannten Unterhaltsakten, insbesondere in die Akten betreffend den Unterhaltsvorschuss, gewährt würde. Hierin liege auch der Normzweck von § 25 SGB X. Die Norm gewährleiste insbesondere Schutz vor Überraschungsentscheidungen. Die Behörde habe den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich sei. Dies sei beim Antragsteller im Hinblick auf die Akten zum Unterhalt bzw. Unterhaltsvorschuss der Fall. Ohne Akteneinsicht könne er weder nachvollziehen, ob die Beistandschaft wirksam begründet und die Ansprüche zwischen den beteiligten Rechtsträgern wirksam abgetreten worden seien. Ohne dass er hierzu Unterlagen vorlege, könne das Amtsgericht L. dies im Unterhaltsprozess auch nicht von Amts wegen prüfen. Insoweit befriedige der vom Verwaltungsgericht benannte zivilrechtliche Anspruch das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers nicht, da er nicht die gesamte Akte, sondern nur einzelne Urkunden und Schriftstücke umfasse. Soweit das Verwaltungsgericht darauf verweise, dass die Beistandschaft kraft Gesetzes eintrete, treffe dies zu. Gleichwohl bleibe es eine verwaltungsrechtliche Obliegenheit des Antragsgegners festzustellen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Handeln des Antragsgegners im Wege der Beistandschaft vorliegen.
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Ferner bestehe zugunsten des Antragstellers auch ein Anordnungsanspruch, zum einen aus § 25 SGB X, da für seine Tochter M., für die er gemeinsam sorgeberechtigt sei, Unterhaltsvorschuss gewährt wurde und weiter gewährt werde. Insofern liege ein laufendes Sozialverwaltungsverfahren vor, in dem der Antragsteller wie die Kindsmutter das Sorgerecht ausübten und in dem er in Anspruch genommen werden solle. Der Antragsteller sei insoweit Beteiligter im Sinne von § 12 SGB X. Ihm komme daher ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Akten des Unterhaltsvorschussverfahrens zu. Darüber hinaus komme dem Antragsteller als sorgeberechtigtem Vater und als möglichem Anspruchsgegner der Rückforderung von Unterhaltsvorschussleistungen ein Akteneinsichtsrecht aus Art. 29 BayVwVfG zu. Ferner sei der Antragsteller auch als verfahrensbeteiligter Dritter nach Art. 13 Abs. 2 BayVwVfG zur Akteneinsicht berechtigt. Unstreitig trete die Beistandschaft kraft Gesetzes ein. Gleichwohl müsse zuvor verwaltungsseitig das Bestehen der Tatbestandvoraussetzungen geprüft werden. Da die Einrichtung einer Beistandschaft auch abgelehnt werden könne, müsse vorab ein ergebnisoffener Prüfprozess durchgeführt werden, an dessen Ende im Falle der Ablehnung ein Verwaltungsakt stünde, der mit der Anfechtungsklage angefochten werden könnte. Vor Erlangung von Akteneinsicht nach Art. 29 BayVwVfG müsse derjenige, der noch nicht formell am Verfahren beteiligt sei, zunächst die behördliche Hinzuziehung durchsetzen. Die Gewährung von Akteneinsicht zur Prüfung der Voraussetzungen einer Hinzuziehung erfolge daher nur nach den ungeschriebenen Grundsätzen des Auskunftsrechts nach behördlichem Ermessen. Insofern gehe die rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts fehl, der Auskunftsanspruch sei allein zivilrechtlicher Natur. Ferner sei festzustellen, dass die Rechte des Antragstellers aus Art. 2, 6, 14 GG die Interessen des Antragsgegners an einem Zurückhalten der Akten deutlich überwiegen würden.
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5. Dem Beschwerdevorbringen trat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 22. März 2024 entgegen. Mit der Beschwerde würde der Antragsteller erstmalig Einsicht in „die Akte der Unterhaltsvorschusskasse“ wünschen. Dieses Akteneinsichtsgesuch sei nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen. Da für die „Akte der Unterhaltsvorschusskasse“ eine gänzlich andere Rechtslage gelte, hätte der Antragsteller diese auch ohne Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes auf Antrag zur Einsicht übermittelt bekommen. Von daher werde mit gleicher Post seinem Bevollmächtigten die „Akte der Unterhaltsvorschusskasse“ zur Einsicht übermittelt. Akteneinsicht in die Beistandschaftsakte sei auf Grund „datenschutzrechtlicher Bestimmungen“ nicht möglich. Zwar sei der Beistand dem Jugendamt zugeordnet, agiere jedoch weisungsunabhängig als Interessensvertreter des Unterhaltsgläubigers. Dies entspreche dem Verhältnis eines Rechtsanwalts zu seinem Mandanten. Der Antragsteller zeige mit seiner Beschwerdebegründung lediglich die Hürden eines zivilrechtlichen Unterhaltsstreits auf, in dem der Unterhaltsgläubiger von einem Beistand und nicht von einem Rechtsanwalt vertreten werde. Dies könne nicht zu Lasten des Unterhaltsgläubigers gehen. Die Einsicht in die Akte eines Rechtsanwalts sei ebenfalls nicht zulässig. Im Übrigen würde die Gewährung von Akteneinsicht im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Hauptsache vorwegnehmen.
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6. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2024 wies der Senat auf die Möglichkeit eines partiellen, auf Einrichtung und Bestand der Beistandschaft bestehenden Akteneinsichtsrechts hin und regte zugleich eine vergleichsweise Einigung dahingehend an, bestimmte – im Einzelnen bezeichnete – Aktenteile der Beistandschaftsakte dem Antragsteller zur Verfügung zu stellen. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass durch die Übermittlung der UVG-Akte an den Antragsteller seinem Akteneinsichtsgesuch – sofern man es als von seinem Auskunftsbegehren umfasst erachten würde – entsprochen worden und damit Erledigung eingetreten sei. In der Folge übermittelte der Antragsgegner die im gerichtlichen Hinweisschreiben benannten Bestandteile der Beistandschaftsakte an den Bevollmächtigten des Antragstellers.
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7. Dieser erklärte das vorläufige Rechtsschutzverfahren trotz der Übermittlung der vom Senat benannten Aktenbestandteile der Beistandschaftsakte sowie der UVG-Akte durch den Antragsgegner nicht für erledigt. Es sei zweifelhaft, ob die vom Senat benannten Unterlagen dem Informationsbedürfnis des Antragstellers vollumfänglich gerecht würden. So ließen die übermittelten Unterlagen insbesondere die für die Auswahl von Frau W. als mit der Beistandschaft betrauten Mitarbeiterin maßgeblichen Erwägungen nicht erkennen, ebenso wenig, ob Frau W. die Eignungsanforderungen, denen ein Beistand genügen müsse, erfülle. Weiter ließen die Aktenbestandteile den Umfang der im Rahmen der Beistandschaft übertragenen Aufgaben nicht erkennen. Insbesondere werde Frau W. auch im Unterhaltsvorschussverfahren tätig, das nicht dem Aufgabenkreis der Beistandschaft zuzurechnen sei. Weiter nährten die übermittelten Bestandteile der Beistandschaftsakte den Verdacht, dass von Bediensteten des Antragsgegners in strafrechtlich relevanter Weise zugunsten der Kindsmutter A. verfahren worden sei; es bestehe insoweit der Anfangsverdacht einer Urkundenverfälschung nach § 267 StGB bzw. der Untreue zulasten des Antragstellers. Soweit der Antragsgegner auch die UVG-Akte übermittelt habe, erweise sich diese als unvollständig. Im Unterhaltsprozess vor dem Amtsgericht L. sei der Antragsteller, nach einem Berichterstatterwechsel, zu einer weiteren Substantiierung seiner Zulässigkeitsbedenken aufgefordert worden; Güteverhandlung und anschließende Hauptverhandlung seien auf den 5. Dezember 2024 terminiert, was die Eilbedürftigkeit der vollständigen Akteneinsicht belege.
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Angesichts der Übermittlung der Akte betreffend das Unterhaltsvorschussverfahren sowie der vom Senat benannten Aktenbestandteile der Beistandschaftsakte an den Antragsteller kommt ihm wohl kein Rechtsschutzbedürfnis, jedenfalls aber kein Anordnungsgrund für den Erlass einer auf Gewährung von Akteneinsicht gerichteten einstweiligen Anordnung (mehr) zu (1.). Für einen über die gewährte Einsicht in die Beistandschaftsakte hinausgehenden Anspruch auf Akteneinsicht hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (2.). Die Beschwerde war daher angesichts des Umstands, dass der Antragsteller den Rechtsstreit hinsichtlich der Akten bzw. Aktenbestandteile, in die der Antragsgegner im Zuge des Beschwerdeverfahrens Akteneinsicht gewährt hat, trotz eines entsprechenden Hinweises durch den Senat nicht für erledigt erklärt hat, insgesamt kostenpflichtig zurückzuweisen (3.).
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1. Dem Antragsteller fehlt, nachdem ihm der Antragsgegner nach Vorlage der Beschwerdebegründung zunächst die bei ihm geführte Unterhaltsvorschussakte sowie nach dem Einigungsvorschlag des Senats vom 7. Oktober 2024 die dort konkret bezeichneten Bestandteile der Beistandschaftsakte zugänglich gemacht hat, wohl das Rechtsschutzbedürfnis, jedenfalls aber ein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung (vgl. hierzu Buchheister in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 123 Rn. 13; Kuhla in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2024, § 123 Rn. 41; für ein Entfallen des Anordnungsgrundes, sofern der Antragsgegner dem Begehren während des gerichtlichen Verfahrens nachkommt Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123, Rn. 34, 53).
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1.1 Entgegen der Auffassung des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts geht der Senat davon aus, dass der Antragsteller sowohl bei seinem Antrag gegenüber dem Jugendamt des Antragsgegners vom 7. November 2023 wie auch bei seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an das Verwaltungsgericht vollständige Akteneinsicht in alle Vorgänge betreffend die Unterhaltsleistung für seine Tochter M. begehrt hat. Dies schließt neben dem Verfahren zur Bestellung der Beistandschaft mit dem Ziel der Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen zweifelsohne auch das zugunsten von M. betriebene Unterhaltsvorschussverfahren ein. Hinsichtlich der Verfahrensakte des Unterhaltsvorschussverfahrens hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers demnach ohne nähere Sachprüfung zurückgewiesen. Gleichwohl führt dieser Umstand nicht zum Erfolg der Beschwerde, mit der der Antragsteller sein vollumfängliches Akteneinsichtsbegehren wiederholt, da der Antragsgegner ihm nach Vorlage der Beschwerdebegründung die begehrte Einsicht durch Übermittlung der UVG-Akte gewährt hat. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt folglich kein Raum mehr. Eine Umstellung des Antrags im Hinblick auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der ursprünglich unterbliebenen Akteneinsichtsgewährung ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht möglich (Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Januar 2024, § 123 VwGO Rn. 36; Buchheister in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 123 Rn. 13); der Antragsteller ist insoweit auf ein mögliches Hauptsacheverfahren zu verweisen.
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Dass der Antragsgegner, wie der Antragsteller vorträgt, die Unterhaltsvorschussakte nur unvollständig vorgelegt hätte und er daher nach wie vor zur Vorlage der mutmaßlich fehlenden Aktenbestandteile verpflichtet wäre, ist im Zuge des Beschwerdeverfahrens nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Soweit er das Fehlen eines „Anschreibens“ des Bundesverwaltungsamts bei der Übermittlung seiner Verdienstbescheinigungen rügt, übersieht er, dass das Bundesverwaltungsamt das ursprüngliche Anforderungsschreiben versehen mit einem entsprechenden Stempel und der Unterschrift des Sachbearbeiters, dem Antragsgegner „urschriftlich zurück“ übermittelt hat. Der E-Mail-Verlauf auf Bl. 52 der Akte bezieht sich auf die Aktenzeichenmitteilung durch das Landesamt für Finanzen an den Antragsgegner (Bl. 49 ff.) über das Besondere Behördenpostfach. Ein Hinweis auf fehlende Akteninhalte lässt sich daraus ebenfalls nicht ableiten. Demzufolge ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die UVG-Akte dem Antragsteller vollständig übermittelt worden ist und ihm kein weitergehendes Akteneinsichtsrecht zukommt.
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1.2 Auch soweit der Antragsgegner dem Antragsteller auf Vorschlag des Senats diejenigen Aktenbestandteile der Beistandschaftsakte übermittelt hat, die sich auf das Zustandekommen sowie den Fortbestand der Beistandschaft des Jugendamts für M. beziehen (zur diesbezüglichen Abgrenzung von der „Führung“ der Beistandschaft vgl. nachfolgend sub 2.), fehlt es jedenfalls am Vorliegen eines Anordnungsgrunds für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Dies gilt gleichermaßen für diejenigen (umfänglichen) Bestandteile der Beistandschaftsakte, die die wechselseitige Kommunikation des Antragstellers mit dem Jugendamt beinhalten. Diese sind dem Antragsteller offensichtlich bekannt, sodass sich insoweit die Gewährung von Akteneinsicht im Wege der einstweiligen Anordnung erübrigt.
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2. Soweit der Antragsteller darüber hinaus sein Begehren aufrechterhält, ihm mittels Erlasses einer einstweiligen Anordnung vollständige Einsicht in die Beistandschaftsakte zu verschaffen, kommt ihm hierfür weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zu.
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2.1 Bei der in den §§ 1712 ff. BGB geregelten Beistandschaft handelt es sich um ein familienrechtliches Institut, in das das örtlich zuständige Jugendamt als Behörde über das Jugendhilferecht nach § 55 f. Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) eingebunden ist (vgl. Walther in Wiesner/Wapler, SGB VIII, 6. Aufl. 2022 Rn. 6 „Fürsorge im zivilrechtlichen Gewand“). Einem zum Beistand eines Kindes bestellten Jugendamt obliegt nach § 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB insbesondere die Aufgabe der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie der Verfügung über diese Ansprüche. Antragsberechtigt für die Einrichtung einer Beistandschaft ist nach § 1713 Abs. 1 Satz 1 BGB derjenige Elternteil, dem für den Aufgabenkreis der beantragten Beistandschaft die alleinige elterliche Sorge zusteht bzw. nach § 1713 Abs. 1 Satz 2 BGB bei gemeinsamer elterlicher Sorge derjenige Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet. Nach § 1714 Satz 1 BGB tritt die Beistandschaft ein, sobald der Antrag des antragsberechtigten Elternteils dem zuständigen Jugendamt zugeht. Die Beistandschaft endet nach § 1715 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der antragstellende Elternteil dies schriftlich verlangt, ferner nach § 1715 Abs. 2 BGB ab dem Zeitpunkt, sobald der antragstellende Elternteil keine der in § 1713 BGB genannten Voraussetzungen mehr erfüllt.
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§ 55 Abs. 1 SGB VIII weist seinerseits die Aufgabe der Beistandschaft in den durch das Bürgerliche Gesetzbuch vorgesehenen Fällen dem zuständigen Jugendamt zu, das sie nach § 55 Abs. 2 SGB VIII wiederum einzelnen seiner Bediensteten überträgt. Anders als bei der Pflegschaft und der Vormundschaft bedingt die Beistandschaft nach Maßgabe von § 55 Abs. 5 SGB VIII keine obligatorische funktionelle, organisatorische oder personelle Trennung von den übrigen Aufgaben des Jugendamts. Der Bedienstete des Jugendamts als Beistand wird nach § 55 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII in dem durch die Aufgabenübertragung festgelegten Rahmen als gesetzlicher Vertreter des Kindes oder Jugendlichen tätig. Auf die Führung der Beistandschaft sind nach § 56 Abs. 1 SGB VIII die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden, soweit das Achte Buch Sozialgesetzbuch nichts anderes bestimmt.
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Aus diesem zwischen dem Achten Buch Sozialgesetzbuch und dem Bürgerlichen Gesetzbuch bestehenden Regelungskontext folgt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zwingend eine Prüfpflicht des Jugendamts hinsichtlich der Antragsberechtigung des die Beistandschaft beantragenden Elternteils bei Antragseingang. Zwar tritt die Beistandschaft unmittelbar kraft Gesetzes nach § 1714 Satz 1 BGB mit dem Zugang des Antrags beim Jugendamt ein. Sie endet aber zugleich – möglicherweise lediglich nach einer logischen Sekunde – in dem Moment, in dem die Antragsvoraussetzungen nach § 1713 BGB nicht mehr vorliegen. Der automatische Eintritt der Beistandschaft setzt demnach voraus, dass der entsprechende Antrag zulässig ist, d.h. dass insb. die Antragsberechtigung nach § 1713 BGB gegeben sein muss (so Kunkel/Leonhardt/Sievertsen in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 8. Aufl. 2022, vor § 52a Rn. 47). Demzufolge muss das Jugendamt nicht nur bei einem späteren Wegfall der Antragsvoraussetzungen die Beistandschaft beenden, sondern – sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Antragsberechtigung fehlt – die Führung der Beistandschaft auch unmittelbar nach Antragseingang ablehnen. Obliegt dem Jugendamt jedoch eine Prüfpflicht hinsichtlich des Wegfalls wie auch des anfänglichen Bestehens der Antragsvoraussetzungen für die Beistandschaft (zur Prüfpflicht vgl. v.Sachsen Gessaphe, Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2024, § 1714 Rn. 4), liegt in der Entgegennahme des Antrags und der Einrichtung der Beistandschaft folglich eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit im Sinne von § 8 SGB X. Lehnt das Jugendamt es ab, die Beistandschaft zu übernehmen, erfolgt dies regelmäßig in der Form eines (feststellenden) Verwaltungsakts, gegen den Widerspruch eingelegt und der verwaltungsgerichtliche Klageweg beschritten werden kann (so Staudinger/Dürbeck [2023] BGB § 1714 Rn. 4; Hoffmann in Münder/Wiesner/Meysen, Kinder- und Jugendhilferecht, 2. Aufl. 2011, Ziffer 3.10.2.1; Pöcker in BeckOK BGB, Stand 1.8.2024, § 1714 Rn. 6, der jedoch lediglich für den Fall der „Versagung“ der Beistandschaft verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Form der Anfechtungsklage mit Feststellungsantrag für gegeben erachtet und zugleich das Handeln des Jugendamtes bei Antragseingang nicht auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtet sieht; insgesamt a.A. Uhl in BeckOGK-BGB, § 1714 Rn. 21). Folglich handelt es sich auch bei der Annahme des Antrags und der Einrichtung der Beistandschaft um einen öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Verwaltungsvorgang (insoweit bejahen die Möglichkeit des Erlasses eines feststellenden VAs Kunkel/Leonhardt/Sievertsen in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 8. Aufl. 2022, vor § 52a Rn. 46). Demgegenüber sind alle Rechtsfragen im Kontext mit der Führung der Beistandschaft nach § 56 Abs. 1 SGB VIII im Zivilrechtsweg zu klären (so beispielsweise OVG Münster, NJW 2002, 458 für eine Klage gerichtet auf „Akteneinsicht in die Amtspflegschaftsakten“ zur Wahrung der Rechte in unterhaltsrechtlichen Angelegenheiten).
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Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erfordert demnach die Behandlung der vorliegend vom Antragsteller erstrebten Einsicht in die beim Jugendamt des Antragsgegners geführte Beistandschaftsakte eine Differenzierung zwischen den Aktenbestandteilen, die den Bestand der Beistandschaft, d.h. ihre Entstehung und Beendigung, und denjenigen, die die Führung der Beistandschaft betreffen. Ein vor dem Verwaltungsgericht geltend gemachter Anspruch auf Einsicht in die Beistandschaftsakte reicht daher nur so weit, wie auch ein öffentlich-rechtlicher Akteneinsichtsanspruch besteht. Er umfasst folglich nur diejenigen Aktenbestandteile der Beistandschaftsakte, die sich mit Entstehung und Beendigung der Beistandschaft befassen. Ein öffentlich-rechtliches Akteneinsichtsrecht in Aktenbestandteile, die die Führung der Beistandschaft betreffen, scheidet daher aus. Hierfür sind nach § 56 Abs. 1 SGB VIII die Regelungen des Zivilrechts maßgeblich. Demnach geht die Rüge des Antragstellers fehl, wonach er einen Widerspruch zwischen der Bejahung des Verwaltungsrechtswegs durch das Verwaltungsgericht einerseits und den Verweis auf einen zivilrechtlich durchzusetzendes Akteneinsichtsrecht andererseits in dem angefochtenen Beschluss sieht.
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Im vorliegenden Fall war eine nähere Prüfung der Antragsberechtigung der Kindsmutter A. im Zuge der Beantragung der Beistandschaft durch den Antragsgegner nicht etwa deshalb entbehrlich, weil A., wie das Verwaltungsgericht unzutreffend annimmt, für ihre Tochter M. allein sorgeberechtigt gewesen wäre. Bei gemeinsamer elterlicher Sorge wäre im Zuge der Einrichtung der Beistandschaft nach § 1713 Abs. 1 Satz 2 BGB bei Vorliegen entsprechender tatsächlicher Anhaltspunkte zu klären gewesen, ob M. sich im Zeitpunkt der Antragstellung in der alleinigen Obhut von A. befunden hat (zum Begriff der alleinigen Obhut des Antragstellers vgl. etwa Uhl in BeckOGK BGB Stand 1.10.2024, § 1713 Rn. 19 ff.; zur besonderen Problematik der Antragsberechtigung beim Wechselmodell Kunkel/Leonhardt/Sievertsen in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 8. Aufl. 2022, vor § 52a Rn. 34). Auf die begrenzte Reichweite des öffentlich-rechtlichen Akteneinsichtsrechts in die Beistandschaftsakte wirkt sich dies indes nicht aus.
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2.2 Dem Antragsteller fehlt es für die beanspruchte vollständige Akteneinsicht in die Beistandschaftsakte jedenfalls an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds. Soweit er insoweit auf den gegen ihn anhängigen Unterhaltsrechtsstreit und eine insoweit erforderliche Prüfung der gesetzlichen Vertretung von M. durch das Jugendamt als Beistand verweist, begründet dies trotz des für den 5. Dezember 2024 anberaumten Gerichtstermins keine Eilbedürftigkeit für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG handelt es sich bei Verfahren, die die durch Verwandtschaft begründete Unterhaltspflicht betreffen, um sog. Unterhaltssachen, auf die als Familienstreitsache nach §§ 111 Nr. 8, 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG mit vorliegend nicht einschlägigen Ausnahmen die Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden sind. Nach § 56 Abs. 1 ZPO hat dabei das Gericht einen Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Prüfung von Amts wegen beinhaltet insoweit keine Pflicht des Familiengerichts zur Amtsermittlung (vgl. hierzu und zum Folgenden Hübsch/Kersting, BeckOK ZPO, Stand 1.9.2024, § 56 Rn. 2 ff.). Eine Pflicht zur Überprüfung der Prozessvoraussetzungen greift vielmehr erst dann ein, wenn hinreichende Anhaltspunkte für deren Fehlen vorliegen. In diesem Fall hat das Gericht von Amts wegen ohne Bindung an die formellen Beweismittel gegebenenfalls im Wege des Freibeweises Beweis zu erheben. Für die dergestalt unter Ausschöpfung aller Beweismittel von Amts wegen zu ermittelnden Umstände trifft die objektiv beweisbelastete Partei jedoch keine „subjektive“ Beweislast bzw. Beweisführungslast. Nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers prüft das Familiengericht im Rahmen des bei ihm anhängigen Unterhaltsrechtsstreits gegenwärtig die Voraussetzungen der gesetzlichen Vertretung von M durch das Jugendamt als Beistand. Da dem Antragsteller nach dem oben Ausgeführten insoweit keine Beweisführungslast zukommt, vielmehr das Familiengericht von sich aus – eben von Amts wegen – alle erforderlichen Beweise erhebt, trifft den Antragsteller folglich auch keine Pflicht zur Substantiierung von Mängeln im Hinblick auf die Beistandschaft für M.. Insofern lässt sich aus dem anhängigen Unterhaltsprozess kein Anordnungsgrund für die Einsichtnahme in die vollständige Beistandschaftsakte ableiten.
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Sofern der Antragsteller einen Anordnungsgrund weiter darin sieht, dass ihm zur Prüfung der Wirksamkeit des Rückübertragungsvertrags der im Zuge der Unterhaltsvorschussleistung übergegangenen Unterhaltsansprüche eine Überprüfung der Wirksamkeit der Beistandschaft und damit der gesetzlichen Vertretung von M. durch den Beistand möglich sein müsse, greift dies vorliegend zu kurz. Denn die Rückübertragung der auf den Freistaat Bayern im Zuge der Leistung von Unterhaltsvorschuss übergegangenen Unterhaltsansprüche steht ausdrücklich unter der auflösenden Bedingung der Geltendmachung durch den Beistand. Käme das Familiengericht im Rahmen seiner Prüfung der Voraussetzungen der Beistandschaft zu dem Ergebnis einer fehlenden gesetzlichen Vertretungsbefugnis des Beistands, griffe zugleich die auflösende Bedingung des Rückübertragungsvertrags ein, sodass der Antragsteller auch materiell nicht auf die rückübertragenen Unterhaltsansprüche in Anspruch genommen werden könnte. Aus der Notwendigkeit der Prüfung der Wirksamkeit des Rückübertragungsvertrags kann der Antragsteller daher keine weitergehenden Akteneinsichtsansprüche herleiten.
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Gleiches gilt, soweit der Antragsteller Aktenkenntnis hinsichtlich der Auswahl des Beistands und der Reichweite der Beauftragung von Frau W. als Beistand erlangen möchte und überdies rügt, Frau W. sei zu Unrecht im Unterhaltsvorschussverfahren tätig geworden. Insoweit berücksichtigt der Antragsteller nicht, dass Beistand kein konkreter Bediensteter des Jugendamts, sondern vielmehr das Jugendamt selbst als Behörde wird. Fragen der Auswahl des konkreten Bediensteten des Jugendamts, der die Aufgabe des Beistands wahrnimmt, beziehen sich folglich nicht auf das Zustandekommen der Beistandschaft, sondern auf deren Führung, und werden daher von einem öffentlich-rechtlichen Akteneinsichtsrecht nicht erfasst. Was die angeblich unzulässige Tätigkeit von Frau W. im Unterhaltsvorschussverfahren betrifft, wäre diese in einem Rechtsschutzverfahren zu prüfen, das die Bewilligung von Unterhaltsvorschussleistungen an M. zum Gegenstand hat. Im Übrigen ergibt sich aus der UVG-Akte eine „Tätigkeit“ von Frau W. lediglich bei der Unterzeichnung des Rückübertragungsvertrags. Hier wird Frau W. indes in ihrer Funktion als gesetzliche Vertreterin von M. tätig. Im Übrigen ist Frau W. ausweislich der Akte in die Antragsbearbeitung der Unterhaltsvorschussleistungen nicht eingebunden.
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2.3 Darüber hinaus fehlt es ferner auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
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Ein Akteneinsichtsrecht in die Beistandschaftsakte nach § 25 Abs. 1 Satz1 SGB X besteht vorliegend nach summarischer Prüfung nicht. Nach dieser Norm hat die zuständige Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Zwar kann im vorliegenden Fall im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der Einrichtung der Beistandschaft für M. nicht vom „Fehlen“ eines Verwaltungsverfahrens im Sinne von § 8 SGB X ausgegangen werden (vgl. oben sub. 2.1). Allerdings ist der Antragsteller im Beistandschaftsverfahren nicht Beteiligter im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB X, dies sind allein das betroffene Kind, der antragstellende Elternteil und das Jugendamt. Der Antragsteller ist auch nicht nach § 12 Abs. 2 Satz 1 SGB X auf einen entsprechenden Antrag zum Verfahren beigezogen worden mit der Folge, dass ihm als hinzugezogener Verfahrensbeteiligter ein Akteneinsichtsrecht zustünde. Auch lässt sich den vorliegenden Akten nicht entnehmen, dass der Antragsteller einen Antrag auf Beiziehung gestellt hat; er hat dies auch nicht in irgendeiner Form glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf Akteneinsicht zur Vorbereitung eines Antrags auf Beiziehung zum Verfahren scheidet vorliegend bereits deshalb aus, weil er die eigentlich angestrebte Gewährung von Akteneinsicht vorwegnehmen würde.
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Auch soweit der Antragsteller sich auf ein nach Ermessen zu gewährendes allgemeines Akteneinsichtsrecht außerhalb eines Verwaltungsverfahrens bei Bestehen eines eigenen rechtlichen Interesses an der Akteneinsicht beruft (vgl. hierzu insb. Troidl, Akteneinsicht im Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 2020, Rn. 959 ff., ferner Weber in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.6.2024, § 25 SGB X Rn. 10), kann dies im vorliegenden Fall nicht zu einer Akteneinsicht in die vollständige Beistandschaftsakte führen. Denn auch das im Ermessen der Behörde stehende allgemeine Akteneinsichtsrecht besteht nicht unbeschränkt, sondern reicht nur soweit, wie es das rechtliche Interesse des Anspruchsberechtigten gebietet. Demzufolge würde sich im vorliegenden Fall ein möglicher Anspruch des Antragstellers wiederum nur auf diejenigen Aktenbestandteile beschränken, die Entstehung und Beendigung der Beistandschaft zum Gegenstand haben und die der Antragsteller bereits erhalten hat. Ein über den Unterhaltsprozess hinausgehendes rechtliches Interesse an der Akteneinsicht in die Beistandschaftsakte hat der Antragsteller nicht dargelegt.
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Ferner kann sich der Antragsteller für sein Akteneinsichtsbegehren nicht auf das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz stützen, da dieses nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG nicht für Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch gilt.
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Soweit im vorliegenden Kontext als Rechtsgrundlage für einen Auskunftsanspruch Art. 15 DSGVO diskutiert wird (vgl. hierzu Herrmann in BeckOK VwVfG, Stand 1.10.2024, § 39 Rn. 59 ff.), beschränkt sich dieser auf die Verarbeitung personenbezogener Daten des jeweiligen Betroffenen. Der Antragsteller könnte daher allenfalls über ihn betreffende personenbezogene Daten, die in die Beistandschaftsakte Eingang gefunden haben, Auskunft verlangen. Dabei müssten zudem die Einschränkungen des § 68 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII berücksichtigt werden. Das Bestehen eines derartigen „Akteneinsichtsrechts“ qua Auskunftsanspruch hat der Antragsteller indes mit seiner Beschwerde weder dargelegt, noch die Voraussetzungen hierfür glaubhaft gemacht. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens prüft der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO indes nur die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe. Mithin fehlt es im vorliegenden Verfahren auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs.
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3. Angesichts des vorstehend Ausgeführten war die Beschwerde des Antragstellers in vollem Umfang zurückzuweisen. Dies gilt im Hinblick auf die dem Antragsteller im Verlauf des Beschwerdeverfahrens zugänglich gemachte UVG-Akte bzw. die Aktenbestandteile der Beistandschaftsakte auch deshalb, weil die gewährte Akteneinsicht wohl das Rechtsschutzbedürfnis, jedenfalls aber den Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hat entfallen lassen und der Antragsteller – trotz des Hinweises auf die insoweit eingetretene Erledigung – keine Erledigung der Hauptsache erklärt hat. Eine Umstellung des Antrags auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren scheidet im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aus (vgl. Buchheister in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 123 Rn. 13 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 27.1.1995 – 7 VR 16.94 – BeckRS 1995, 20501). Insoweit ist der Antragsteller bei Vorliegen der sonstigen Prozessvoraussetzungen auf ein eventuelles Hauptsacheverfahren zu verweisen. Der Antragsteller trägt folglich nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden in Angelegenheiten des Kinder- und Jugendhilferechts nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben.
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Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.