Titel:
Kein Verfahrensfehler infolge der Nichtverlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung
Normenketten:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 S. 4
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 138 Nr. 3, § 173 S. 1
ZPO § 227 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Leitsätze:
Eine informelle Absprache unter Rechtsanwälten über ein beabsichtigtes Tätigwerden als sog. Fluranwalt ohne Mandatsanzeige und ohne gerichtliche Ladung stellt keinen erheblichen Grund für die Verlegung eines von einem anderen Gericht förmlich geladenen Termins zur mündlichen Verhandlung dar, selbst wenn die Absprache zeitlich vor der Ladung erfolgte. (Rn. 15)
1. Als erheblicher Grund für eine Terminverlegung ist unter anderem die Kollision des streitigen mit einem anderen, bereits zuvor geladenen Termin zur mündlichen Verhandlung anerkannt. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist eine Sozietät, Partnerschaft oder Bürogemeinschaft mit der Prozessvertretung beauftragt, liegt bei Verhinderung des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten ein erheblicher Grund nur vor, wenn dargelegt wird, dass die Einarbeitung eines anderen Sachbearbeiters in den Prozessstoff nicht mehr möglich oder unzumutbar ist. Ein Anspruch auf vorrangige Vertretung durch den sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten besteht nicht. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Fall der Nichtbescheidung seines Terminverlegungsantrags kann sich ein Beteiligter nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen, wenn er sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht durch eine Rückfrage bei Gericht über seinen bislang unbeschiedenen Verlegungsantrag informiert hat. (Rn. 9 und 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht, rechtliches Gehör, Antrag auf Terminverlegung wegen Terminkollision, informelle Absprache unter Rechtsanwälten über ein Tätigwerden als sog. Fluranwalt, Darlegung der Verhinderungsgründe, kein Anspruch auf vorrangige Vertretung durch den sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten, Hinweis, eine Verhinderung sei nach derzeitigem Stand nicht glaubhaft gemacht, als Entscheidung über einen Terminverlegungsantrag, Rückfragepflicht bei Nichtbescheidung eines Terminverlegungsantrags, Zulassungsantrag, Terminverlegungsantrag, Terminkollision, Fluranwalt, informelle Absprache ohne förmliche Bestellung, Verschaffung des rechtlichen Gehörs, Sozietät, ausbleibende Bescheidung eines Terminverlegungsantrages, Nachfrageverpflichtung, Organisationsverschulden
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 20.08.2024 – AN 4 K 24.31043
Fundstellen:
BeckRS 2024, 33416
LSK 2024, 33416
NVwZ-RR 2025, 174
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. August 2024 – AN 4 K 24.31043 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
1
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. August 2024 hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 AsylG sind nicht gegeben.
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Der Kläger hat seinen Antrag damit begründet, es liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO), weil das Verwaltungsgericht seinem Verlegungsantrag für den Termin am 20. August 2024 nicht stattgegeben habe. Das Gericht habe die mündliche Verhandlung auf den 20. August 2024 festgesetzt, wobei die Ladungsfrist knapp möglichst eingehalten worden sei. Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15. August 2024 habe er eine Terminverlegung wegen einer Terminkollision beantragt. Zur Begründung sei ausgeführt worden, der Bevollmächtigte habe bereits vor über einer Woche für einen Kollegen einen Scheidungstermin vor dem Amtsgericht Nürnberg um 10:30 Uhr zugesagt gehabt. Eine entsprechende Ladung sei vorgelegt worden. Das Verwaltungsgericht habe erst mit Schreiben vom 19. August 2024, bei seinem Bevollmächtigten per beA zugegangen um 10:36 Uhr, darauf verwiesen, dass die Verhinderung nicht glaubhaft gemacht worden sei. Da das Schreiben nicht mit dem Vermerk „Eilt“ übersandt worden und aus ihm auch nicht hervorgegangen sei, dass die Verhandlung am nächsten Tag bevorstehe, sei es von der Sekretärin des Bevollmächtigten wie ein gewöhnliches Schreiben behandelt worden und in die Posteingangsmappe gelegt worden. Sein Bevollmächtigter habe es erst nach Durchführung der mündlichen Verhandlung im Laufe des 20. August 2024 wahrgenommen, so dass dieser nicht mehr vor dem Termin weitere Ausführungen habe machen können. Hätte sein Bevollmächtigter noch weiter vortragen können, hätte dieser ausgeführt, dass dessen Kollege R. diesen im Juli 2024 darauf angesprochen habe, ob dieser bei einem Scheidungstermin am 20. August 2024 vor dem Amtsgericht Nürnberg als sog. Fluranwalt mitwirken könne. Der Kollege R. habe dort die Antragstellerin vertreten. Der dortige Antragsgegner habe keinen Anwalt gehabt. Damit auf den Versorgungsausgleich und auf Rechtsmittel verzichten werden könne, sei noch ein zweiter Anwalt benötigt worden. In solchen Fällen finde keine Mandatsanzeige im Vorfeld statt, so dass der Fluranwalt auch keine Ladung erhalte. Rechtsanwalt und Mandant lernten sich erst beim Termin kennen. Ein derartiges Vorgehen sei unter Anwälten nicht unüblich. Die Absprache seines Bevollmächtigten mit dem Kollegen sei bereits am 18. Juli 2024 erfolgt, wie sich aus dem vorgelegten WhatsApp-Verkehr ergebe. Somit habe ein Verhinderungsgrund vorgelegen. Dieser sei bereits durch die Ausführungen des Bevollmächtigten und die Vorlage der Ladung glaubhaft gemacht gewesen. Ansonsten sei dies hiermit nachgeholt. Im Übrigen hätte das Gericht seinen Hinweis entweder früher erteilen oder zumindest bei der Übersendung auf die Dringlichkeit aufmerksam machen müssen. Das Gericht dürfe nicht darauf vertrauen, dass seine Schreiben „sofort“ von einem Rechtsanwalt wahrgenommen werden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum das Gericht den Verlegungsantrag im Urteil als „sehr kurzfristig“ bezeichne. Vielmehr habe das Gericht für sein Schreiben vom 19. August 2024 vier Tage benötigt. Da das Verwaltungsgericht den Antrag nicht förmlich abgelehnt habe, habe er darauf vertrauen dürfen, dass ihm stattgegeben werde.
3
Mit diesem Vorbringen ist keine Verletzung des Gebots rechtlichen Gehörs i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
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1. Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924; BayVGH, B.v. 14.3.2018 – 13a ZB 18.30454 – juris Rn. 5). Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B.v. 21.4.1982 – 2 BvR 810/81 – BVerfGE 60, 305/310).
5
Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG umfasst das Recht der Beteiligten, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen und sich dort zu Tatsachen und Rechtsfragen zu äußern. Er schließt dabei auch das Recht eines Beteiligten ein, sich durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. Wird ein Antrag auf Terminverlegung abgelehnt, obwohl ein „erheblicher Grund“ für die Änderung eines Termins i.S.v. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegt, kann dies eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör darstellen. Denn diese Vorschrift dient unter anderem dazu, den Beteiligten die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Rechte im Prozess durch schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag zu ermöglichen, so dass ihre Verletzung den Anspruch auf rechtliches Gehör berührt. Wenn ein solcher Grund vorliegt, verdichtet sich angesichts des hohen Rangs des Anspruchs auf rechtliches Gehör das Ermessen, das § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO einräumt, regelmäßig zu einer entsprechenden Verpflichtung des Gerichts (vgl. BVerwG, B.v. 21.12.2009 – 6 B 32.09 – juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.11.2019 – 5 ZB 19.33789 – juris Rn. 8; NdsOVG, B.v. 22.1.2013 – 11 LA 3/13 – juris Rn. 2 m.w.N.).
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Als erheblicher Grund für eine Terminverlegung ist unter anderem die Kollision des streitigen mit einem anderen, bereits zuvor geladenen Termin zur mündlichen Verhandlung anerkannt (NdsOVG, B.v. 22.1.2013 – 11 LA 3/13 – juris Rn. 2 m.w.N.; vgl. a. BVerwG, B.v. 19.5.1998 – 7 B 95.98 – juris Rn. 2; OVG SH, B.v. 16.2.2021 – Asylmagazin 2021, 230 – juris Rn. 25 m.w.N.; OVG NW, B.v. 27.2.2018 – 10 A 62/17 – juris Rn. 16 f.).
7
Die Berufung auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör setzt allerdings voraus, dass die im konkreten Fall gegebenen Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen, genutzt werden (allgemeiner Grundsatz; vgl. BVerfG, B. v. 10.2.1987 – 2 BvR 314/86 – BVerfGE 74, 220/225 – NJW 1987, 1191; BVerwG, B. v. 21.7.2016 – 10 BN 1.15 – juris Rn. 8; U. v. 3.7.1992 – 8 C 58.90 – NJW 1993, 3185; BayVGH, B.v. 1.4.2021 – 23 ZB 20.30366 – juris Rn. 9 m.w.N.; B. v. 1.12.2015 – 13a ZB 15.30224 – juris Rn. 7; B.v. 5.2.2016 – 9 ZB 15.30247 – juris Rn. 21; OVG Hamburg, B.v. 15.3.2024 – 3 Bf 282/23.AZ – juris Rn. 16 m.w.N.; VGH BW, B. v. 11.5.2017 – A 11 S 1002/17 – juris Rn. 7). Ein Beteiligter, der von der Möglichkeit, sich im Rahmen des Zumutbaren rechtliches Gehör zu verschaffen, nicht Gebrauch gemacht hat, kann sich später nicht darauf berufen, ihm sei das rechtliche Gehör versagt worden. Ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten obliegt es deshalb insbesondere, die Hinderungsgründe für eine Teilnahme an einer anberaumten mündlichen Verhandlung, auf die er sich berufen will, noch vor dem Termin schlüssig und substantiiert darzulegen, so dass das Gericht in die Lage versetzt wird, das Vorliegen eines erheblichen Grundes zu beurteilen und gegebenenfalls eine (weitere) Glaubhaftmachung gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO zu verlangen (BVerwG, B.v. 21.12.2009 – 6 B 32.09 – juris Rn. 4 m.w.N; BayVGH, B.v. 8.11.2019 – 5 ZB 19.33789 – 5 ZB 19.33789 – juris Rn. 15; OVG NW, B.v. 27.2.2018 – 10 A 62/17 – juris Rn. 13 f. m.w.N.; OVG NW, B.v. 7.4.2017 – juris Rn. 8 f. m.w.N.).
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Ist eine Sozietät, Partnerschaft oder Bürogemeinschaft mit der Prozessvertretung beauftragt, liegt bei Verhinderung des sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten ein erheblicher Grund nur vor, wenn dargelegt wird, dass die Einarbeitung eines anderen Sachbearbeiters in den Prozessstoff nicht mehr möglich oder unzumutbar ist; ein Anspruch auf vorrangige Vertretung durch den sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten besteht nicht (BVerwG, B.v. 19.5.1998 – 7 B 95.98 – juris Rn. 2 m.w.N.; BVerwG, B.v. 23.1.1995 – 9 B 1.95 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 8.11.2019 – 5 ZB 19.33789 – juris Rn. 11 m.w.N.; OVG Hamburg, B.v. 15.3.2024 – 3 Bf 282/23.AZ – juris Rn. 20 m.w.N.).
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Im Fall der Nichtbescheidung seines Terminverlegungsantrags kann sich ein Beteiligter nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen, wenn er sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht durch eine Rückfrage bei Gericht über seinen bislang unbeschiedenen Verlegungsantrag informiert hat. Denn dann hat sich dieser nicht ausreichend bemüht, sich im Rahmen des Zumutbaren das rechtliche Gehör zu verschaffen. Ein Beteiligter, der keine Rückmeldung auf seinen Verlegungsantrag erhält, hat eine Rückfragepflicht und muss davon ausgehen, dass der Termin nicht verlegt wird; er darf grundsätzlich nicht darauf vertrauen, seinem Antrag werde stillschweigend stattgegeben (so zutreffend: OVG Hamburg, B.v. 15.3.2024 – 3 Bf 282/23.AZ – juris Rn. 16 m.w.N.).
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2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger im Zulassungsantrag nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG), dass das Verwaltungsgericht das rechtliche Gehör durch dessen Behandlung des Antrags auf Verlegung des Termins am 20. August 2024 verletzt hätte. Insbesondere liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs darin, dass es diesem Verlegungsantrag nicht stattgegeben hat.
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a) Entgegen der Auffassung des Klägers war durch das Schreiben des Bevollmächtigten vom 15. August 2024 nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass ein erheblicher Grund für die Änderung des Termins i.S.v. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegt, weil der Bevollmächtigte aufgrund einer Terminkollision nicht an der mündlichen Verhandlung am 20. August 2024 teilnehmen kann.
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Zur Begründung des Terminverlegungsantrags war mit diesem Schreiben vorgebracht worden, der allein zuständige Sachbearbeiter, Rechtsanwalt K., habe für den 20. August 2024 bereits vor über einer Woche für einen Kollegen einen Scheidungstermin vor dem Amtsgericht Nürnberg um 10:30 Uhr zugesagt. Zur Vorlage kam eine Ladung für einen solchen Termin, die an einen Rechtsanwalt R. gerichtet war.
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aa) Mit diesem Vorbringen war schon nicht hinreichend schlüssig und substantiiert vorgebracht worden, dass der Bevollmächtigte wegen einer Terminkollision den Termin vor dem Verwaltungsgericht nicht wahrnehmen kann. Die vorgelegte Ladung war nicht an den Bevollmächtigten, Rechtsanwalt K., sondern an einen anderen Rechtsanwalt namens R. gerichtet. Aus dem Schreiben erschließt sich auch nicht, welche Bedeutung es haben soll, dass Rechtsanwalt K. an diesem Tag „für einen Kollegen einen Scheidungstermin … zugesagt“ habe. Jedenfalls konnte das Verwaltungsgericht den Angaben des Bevollmächtigten nicht entnehmen, dass ein erheblicher Grund für eine Änderung des Termins vorliegt, weil dieser vom Amtsgericht zuvor zur einer mündlichen Verhandlung am 20. August 2024 um 10:30 Uhr geladen worden wäre. Aus diesem Grund ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht dem Bevollmächtigten mit Schreiben vom 19. August 2024 mitgeteilt hat, dass eine Verhinderung nach derzeitigem Stand nicht glaubhaft gemacht sei.
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Daran kann nichts ändern, dass der Kläger nunmehr im Zulassungsantrag den Hintergrund der informellen Absprache seines Bevollmächtigten mit Rechtsanwalt R. erläutert, wonach dieser als sogenannter Fluranwalt bei einem Scheidungstermin am 20. August 2024 vor dem Amtsgericht Nürnberg tätig werden sollte, ohne eine Ladung zu diesem Termin erhalten zu haben. Zu einer schlüssigen und substantiierten Darlegung des Hinderungsgrundes hätte gehört, diese Erläuterungen bereits gegenüber dem Verwaltungsgericht zur Begründung des Terminverlegungsantrags vorzubringen. Dies gilt zumal der Bevollmächtigte nicht davon ausgehen konnte, dass dem Verwaltungsgericht die von ihm als „nicht unüblich“ bezeichnete Praxis unter Familienrechtsanwälten bekannt ist.
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bb) Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass eine Absprache mit einem Kollegen über die Vertretung als Fluranwalt keinen erheblichen Grund für die Verlegung eines von einem Gericht förmlich geladenen Termins zur mündlichen Verhandlung darstellt, selbst wenn diese Absprache zeitlich vor der Ladung erfolgte. Eine bloß informelle Absprache unter Rechtsanwälten über ein beabsichtigtes Tätigwerden als Fluranwalt ohne Mandatsanzeige und ohne gerichtliche Ladung ist mit der als erheblicher Grund anerkannten Fallgruppe eines zuvor von einem Gericht geladenen Termins nicht vergleichbar. Soweit eine solche informelle Absprache unter Rechtsanwälten wegen einer später erfolgenden gerichtlichen Ladung nicht mehr verwirklicht werden kann, muss ein neuer Fluranwalt gefunden werden, was gemessen an der vom Bevollmächtigten geschilderten Praxis (keine Mandatsanzeige, keine Ladung, Kennenlernen von Mandant und Fluranwalt erst beim Termin) auch möglich und zumutbar ist.
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cc) Mithin war eine Terminkollision des Bevollmächtigen gegenüber dem Verwaltungsgericht schon nicht schlüssig und substantiiert dargelegt worden und lag in der Absprache mit einem Kollegen über ein Tätigwerden als Fluranwalt auch kein erheblicher Grund für eine Terminverlegung. Unbeschadet dessen ist zudem auch nicht dargelegt worden, dass eine Einarbeitung eines anderen Sachbearbeiters der Rechtsanwaltskanzlei nicht mehr möglich oder unzumutbar gewesen wäre. Wie oben bereits ausgeführt wurde, besteht kein Anspruch auf vorrangige Vertretung durch den sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, warum es nicht möglich gewesen wäre, den Termin vor dem Verwaltungsgericht von einem anderen Rechtsanwalt der Kanzlei wahrnehmen zu lassen.
17
b) Eine Gehörsverletzung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht seinen Hinweis mit Schreiben vom 19. August 2024, eine Verhinderung sei nach derzeitigem Stand nicht glaubhaft gemacht, entweder früher hätte erteilen oder zumindest bei der Übersendung auf die Dringlichkeit aufmerksam hätte machen müssen.
18
Das Schreiben des Bevollmächtigten vom 15. August 2024 mit dem Terminverlegungsantrag war ausweislich des Prüfvermerks (Bl. 81 der VG-Akte) erst am Freitag, 16. August 2024, um 20:31 Uhr an das Verwaltungsgericht übermittelt worden. Das Hinweisschreiben des Verwaltungsgerichts vom darauffolgenden Montag, 19. August 2024, ging ausweislich des EGVP Nachricht Versandprotokolls (Bl. 87 der VG-Akte) und auch nach eigenen Angaben des Bevollmächtigten an diesem Tag um 10:36 Uhr dem Bevollmächtigten zu (vgl. zum Nachweis des Zugangs eines als elektronisches Dokument über die Infrastruktur des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs (EGVP) übermittelten Schreibens: BayVGH, B.v. 31.7.2024 – 13a ZB 24.30090 – juris Rn. 11). Daran gemessen liegt die Rüge des Klägers im Zulassungsantrag, das Verwaltungsgericht habe für sein Antwortschreiben vier Tage benötigt, neben der Sache. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht das an einem Freitag nach Dienstschluss um 20:31 Uhr eingegangene Schreiben bereits am Vormittag des nächsten Arbeitstages um 10:36 Uhr und damit unverzüglich beantwortet. Es kann keine Rede davon sein, dass das Verwaltungsgericht seinen Hinweis, eine Verhinderung sei nach dem derzeitigen Stand nicht glaubhaft gemacht, früher hätte erteilen müssen.
19
Es trifft auch nicht zu, dass das Verwaltungsgericht angesichts des am 19. August 2024 um 10:36 Uhr beim Bevollmächtigten zugegangenen Hinweises besonders auf die Dringlichkeit hätte aufmerksam machen müssen. Die mündliche Verhandlung war für Dienstag, 20. August 2024, um 11:10 Uhr angesetzt. Zwischen Zugang des Hinweises und dem Beginn der mündlichen Verhandlung lagen damit mehr als 24 Stunden. Daran gemessen trifft es entgegen der Auffassung des Klägers schon nicht zu, dass das Gericht darauf vertraut hätte, seine Schreiben würden „sofort“ von einem Rechtsanwalt wahrgenommen. Richtig ist vielmehr, dass das Verwaltungsgericht auch ohne besonderen Hinweis auf die Dringlichkeit davon ausgehen durfte, der Bevollmächtigte werde ein am Montagvormittag bei ihm zugegangenes Schreiben noch an diesem Tag bzw. zumindest bis zur mündlichen Verhandlung am späten Dienstagvormittag zur Kenntnis nehmen können. Dies gilt zumal der Bevollmächtigte seinen Terminverlegungsantrag kurzfristig am vorangegangenen Freitag nach Dienstschluss um 20:31 Uhr gestellt hatte und das Verwaltungsgericht annehmen durfte, dass der Bevollmächtigte eine Antwort des Gerichts auf diesen Antrag erwartet und entsprechende organisatorische Vorkehrungen trifft. Soweit daher der Bevollmächtigte darauf hinweist, seine Sekretärin habe den gerichtlichen Hinweis wie ein gewöhnliches Schreiben behandelt und in die Posteingangsmappe gelegt, spricht er nicht den Verantwortungsbereich des Verwaltungsgerichts an, sondern allenfalls eigenes Organisationsverschulden.
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c) Schließlich greift auch die klägerseitige Rüge, da das Verwaltungsgericht den Antrag nicht förmlich abgelehnt habe, habe er darauf vertrauen dürfen, dass ihm stattgegeben werde, nicht durch.
21
Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht den Terminverlegungsantrag zwar nicht ausdrücklich abgelehnt, vielmehr dem Bevollmächtigten des Klägers den Hinweis erteilt hatte, eine Verhinderung sei „nach derzeitigem Stand“ nicht glaubhaft gemacht. Damit hatte das Verwaltungsgericht dem Bevollmächtigten die Möglichkeit eingeräumt, die Glaubhaftmachung der Verhinderung nachzuholen, aber zugleich zum Ausdruck gebracht, dass es dem Terminverlegungsantrag nach dem derzeitigen Stand nicht stattgebe. Insofern liegt auch eine Entscheidung über den Terminverlegungsantrag vor. Diese ist inhaltlich nicht zu beanstanden, weil sie den Kläger im Vergleich zu einer sofortigen Ablehnung des Terminverlegungsantrags, die ebenso möglich gewesen wäre, besserstellt.
22
Unbeschadet dessen könnte sich der Kläger insoweit auch deshalb nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen, weil er sich nicht durch eine Rückfrage beim Verwaltungsgericht über den – aus seiner Sicht – bislang unbeschiedenen Verlegungsantrag informiert hatte. Damit hatte er sich nicht ausreichend bemüht, sich im Rahmen des Zumutbaren das rechtliche Gehör zu verschaffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat ein Beteiligter, der keine Rückmeldung auf seinen Verlegungsantrag erhält, eine Rückfragepflicht und muss davon ausgehen, dass der Termin nicht verlegt wird; er darf grundsätzlich nicht darauf vertrauen, seinem Antrag werde stillschweigend stattgegeben (vgl. OVG Hamburg, B.v. 15.3.2024 – 3 Bf 282/23.AZ – juris Rn. 16 m.w.N.).
23
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.