Titel:
Bindung der Ausländerbehörden oder der Verwaltungsgerichte an strafrechtliche Urteile und die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen
Normenketten:
FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4, Abs. 7, § 3 Abs. 4 Nr. 1
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 98, § 103 Abs. 2, § 105, § 108 Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 5
ZPO § 164, § 165, § 160, § 415, § 417
StPO § 410 Abs. 3
Leitsätze:
1. Das Protokoll über die mündliche Verhandlung stellt eine öffentliche Urkunde dar, die den vollen Beweis des durch das Gericht beurkundeten Vorgangs erbringt, solange nicht eine Berichtigung des Protokolls erfolgt ist. Dies gilt auch für beurkundete wesentliche Vorgänge der Verhandlung iSd § 160 Abs. 2 ZPO, ungeachtet der Vorschriften über die Beweiskraft des Protokolls nach § 105 VwGO iVm § 165, § 160 Abs. 1, Abs. 3 ZPO. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ausländerbehörden können strafrechtliche Urteile – bzw. rechtskräftige Strafbefehle ihrer Entscheidung in der Regel zugrunde legen und brauchen nicht nachzuprüfen, ob der Betroffene tatsächlich eine Straftat begangen hat. Hinsichtlich der tatsächlichen Umstände der abgeurteilten Tat kann lediglich in Sonderfällen anderes gelten, wenn die Ausländerbehörde oder das Verwaltungsgericht ausnahmsweise in der Lage sind, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären, etwa indem sie über bessere Erkenntnismöglichkeiten verfügen, oder ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Familienangehöriger, der nicht Unionsbürger ist, ist unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt nur, wenn er zu dem Unionsbürger, von dem er sein Recht ableitet – hier seine Ehefrau –, nachzieht. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Freizügigkeit, Familienangehöriger, der nicht Unionsbürger ist, Verlustfeststellung, Vorspiegelung falscher Tatsachen zur ehelichen Lebensgemeinschaft, Zugrundelegung strafgerichtlicher Entscheidungen, Gehörsverletzung, Aufruf der Sache bei mündlicher Verhandlung, Beweiswirkung des Protokolls der mündlichen Verhandlung, Familienangehörige, Unionsbürger, Straftat, Bindung an strafrechtliche Urteile, Ausländerbehörden, freizügigkeitsberechtigt, Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 12.01.2023 – M 24 K 21.6718
Fundstelle:
BeckRS 2024, 33398
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger, ein georgischer Staatsangehöriger, seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 10. Dezember 2021 weiter. Mit diesem Bescheid wurde festgestellt, dass er sein Recht auf Einreise und Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland verloren hat; die ihm am 22. Januar 2019 ausgestellte Aufenthaltskarte/EU eingezogen und der Kläger verpflichtet, diese binnen einer bestimmten Frist bei der Beklagten abzugeben. Weiter wurde ihm die Einreise und der Aufenthalt im Bundesgebiet für fünf Jahre untersagt und die Abschiebung nach Georgien angedroht.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder das Vorliegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO noch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
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1. Ein beachtlicher Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor.
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Der Kläger rügt insofern die Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG), weil er in der mündlichen Verhandlung nicht angehört worden sei. Er sei, damals nicht anwaltlich vertreten, ca. 15 Minuten vor Beginn der mündlichen Verhandlung im Gericht erschienen und habe vor dem angegebenen Sitzungssaal gewartet. Als die Tür aufgegangen sei, habe er sich gemeldet, jedoch erfahren, dass die Sitzung geschlossen sei und er nach Hause gehen könne. Er habe angenommen, dass die Sitzung verlegt worden sei. Entgegen dem Vermerk im Sitzungsprotokoll sei sein Name nicht oder nur undeutlich aufgerufen worden. Das Verwaltungsgericht hätte nicht ohne ihn entscheiden dürfen und einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen müssen.
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Zur Wahrung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist das Gericht zwar verpflichtet, bei einer mündlichen Verhandlung durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass erschienene Verfahrensbeteiligte den Aufruf ihrer Sache (§ 103 Abs. 2 VwGO) zur Kenntnis nehmen und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör wahrnehmen können. Die Anforderungen an die Art und Weise des Aufrufens einer Sache hängen von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich dürfen sich rechtzeitig zum anberaumten Zeitpunkt ihrer Sache erschienene Verfahrensbeteiligte darauf verlassen, dass das Gericht den Aufruf ihrer Sache in einen Warteraum oder in den Wartebereich vor dem Sitzungssaal übermittelt. Allerdings bestehen in diesem Zusammenhang auch Obliegenheiten der Verfahrensbeteiligten. Geladene und erschienene Verfahrensbeteiligte haben die Pflicht, sich in geeigneter Weise darum zu kümmern, dass sie von dem Aufruf ihrer Sache erfahren, insbesondere haben sie den von ihnen vernehmbaren Aufrufen einer Sache Aufmerksamkeit zu schenken. Kommt ein Beteiligter dieser Obliegenheit nicht nach, so liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor (BayVGH, B.v. 4.10.2016 – 22 ZB 16.884 – Rn. 8 mit Nachweisen im Einzelnen; BVerfG, B.v. 5.10.1976 – 2 BvR 558/75 – BVerfGE 42, 364 = juris Rn. 20; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 103 Rn. 8 f.).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass das Verwaltungsgericht durch einen fehlenden oder unzureichenden Aufruf der Sache dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hätte.
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Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung hat die Vorsitzende der Kammer die mündliche Verhandlung um 11.44 Uhr – also bereits deutlich nach der in der Ladung bestimmten Uhrzeit (11.00 Uhr) – eröffnet und die Sache aufgerufen. Nach den Feststellungen, dass für die Klagepartei niemand erschienen ist und dass der Kläger ordnungsgemäß geladen worden war, wurde die Sitzung unterbrochen, „um die Streitsache nochmals laut und vernehmlich vor den Räumlichkeiten des Sitzungssaals aufzurufen“. Nach der Fortsetzung der Sitzung wurde festgestellt: „Auf nochmaligen vernehmlichen Aufruf vor dem Sitzungssaal und bei Nachfrage bei der Pforte erscheint für die Klagepartei niemand.“ Daraufhin wurde unter Beachtung von § 102 Abs. 2 VwGO ohne Vertretung seitens der Klagepartei verhandelt und die mündliche Verhandlung geschlossen.
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Diesen Feststellungen im Protokoll kann der Kläger mit der bloßen Behauptung, ein Aufruf der Sache sei nicht oder jedenfalls nicht (für ihn) vernehmlich erfolgt, nicht die Grundlage entziehen. Denn das Protokoll über die mündliche Verhandlung stellt eine öffentliche Urkunde nach § 98 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 1, § 417 ZPO dar, die den vollen Beweis des durch das Gericht beurkundeten Vorgangs erbringt, solange nicht eine Berichtigung des Protokolls nach § 105 VwGO i.V.m. § 164 ZPO erfolgt ist. Dies gilt auch für beurkundete wesentliche Vorgänge der Verhandlung im Sinn des § 160 Abs. 2 ZPO, ungeachtet der Vorschriften über die Beweiskraft des Protokolls nach § 105 VwGO i.V.m. § 165, § 160 Abs. 1, Abs. 3 ZPO (vgl. BVerwG, B.v. 26.4.2022 – 4 BN 28.21 – juris Rn. 8; OVG NW, B.v. 30.8.2023 – 1 A 1460/21.A – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 27.3.2017 – 11 ZB 17.30219 – juris Rn. 7; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 105 Rn. 30 u. 32).
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2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind ebenfalls nicht dargelegt. Solche bestünden nur dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 17; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33). Dies ist hier nicht der Fall.
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Die Begründung des Zulassungsantrags wendet sich insoweit nur gegen das vom Verwaltungsgericht bejahte Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für die Feststellung des Verlusts des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 2 Abs. 4 FreizügG/EU (jetziger Fassung; wortgleich mit der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geltenden und von ihm angewandten Fassung des § 2 Abs. 7 FreizügG/EU a.F.).
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Das Verwaltungsgericht hat hierzu dargelegt, es stehe zu seiner Überzeugung fest, dass der Kläger im Rahmen der Erklärung vom 22. Januar 2019 zu seinen ehelichen Verhältnissen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die Voraussetzungen für sein Freizügigkeitsrecht vorgetäuscht habe (§ 2 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU bzw. § 2 Abs. 7 Satz 1 FreizügG/EU a.F.). Die Erklärung, dass er mit seiner Ehefrau in einer gemeinsamen Wohnung lebe und mit ihr einen gemeinsamen Hausstand führe, sei unzutreffend gewesen; dies ergebe sich aus den Ergebnissen der polizeilichen Ermittlungen und dem Strafbefehl des Amtsgerichts München vom 10. Mai 2021. Die entgegenstehenden Angaben des Klägers seien widersprüchlich und schon deshalb nicht glaubhaft. Im Übrigen stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit einer Unionsbürgerin nachgezogen sei oder sie zu diesem Zweck begleitet habe (§ 2 Abs. 4 Satz 2 FreizügG/EU bzw. § 2 Abs. 7 Satz 2 FreizügG/EU a.F.). Die Ehe sei, wie dargelegt, nur vorgetäuscht worden, um ein Freizügigkeitsrecht zu erlangen.
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a) Der Kläger macht zunächst geltend, dass nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 FreizügG/EU Ehegatten, die nicht Unionsbürger sind, bei Scheidung ein Aufenthaltsrecht behalten, wenn sie die dort genannten Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder Nr. 5 AufenthG erfüllen und wenn die Ehe bis zur Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens mindestens drei Jahre bestanden hat, davon mindestens ein Jahr im Bundesgebiet. Dies treffe vorliegend zu; der Kläger sei immer noch mit seiner Ehefrau verheiratet, ein Scheidungsantrag sei bisher nicht gestellt worden.
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Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Es geht hier um ein Fortbestehen des Aufenthaltsrechts im Falle einer Scheidung oder Aufhebung der Ehe; wie der Kläger aber selbst hervorhebt, ist beides nicht erfolgt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Umstand, dass die Voraussetzungen der Freizügigkeit des Klägers von Anfang an nicht bestanden haben.
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b) Des Weiteren trägt der Kläger vor, er habe mit seiner Ehefrau seit seinem Einzug in deren Wohnung im Dezember 2018 bis zu seiner Festnahme im August 2019 zusammengelebt. Erst nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft im August 2019 habe diese ihn aus der Wohnung geworfen. Bis dahin sei eine intakte, wenn auch „deutlich streitgeladene“ Ehe geführt worden. Die Ehefrau habe gegenüber der Polizei ausgesagt, dass sie mit dem Kläger keine eheliche Lebensgemeinschaft führe, weil sie während der Wohnungsdurchsuchung Angst bekommen habe, in den ihn betreffenden Diebstahlsfall hineingezogen zu werden. Er selbst habe gegen den Strafbefehl aus finanziellen Gründen kein Rechtsmittel eingelegt; zudem habe er zum damaligen Zeitpunkt die Reichweite dieser strafrechtlichen Entscheidung nicht einschätzen können.
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Auch dieses Vorbringen rechtfertigt es nicht, das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern. Dieser Tatsachenvortrag widerspricht dem rechtskräftig festgestellten Sachverhalt in dem gegen den Kläger ergangenen Strafbefehl vom 10. Mai 2021 und in dem gegen seine Ehefrau ergangenen Strafurteil vom 23. Juni 2021. In beiden Entscheidungen ist jeweils festgestellt, dass der Kläger und seine Ehefrau in der gegenüber der Ausländerbehörde am 22. Januar 2019 abgegebenen Erklärung wahrheitswidrig angegeben hatten, eine eheliche Lebensgemeinschaft in der gemeinsamen Wohnung zu führen; sie hätten jedoch nicht zusammengelebt und die falschen Angaben gemacht, um die Erteilung einer Aufenthaltskarte/EU für den Kläger zu erreichen.
16
Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung die Ausländerbehörden und die Verwaltungsgerichte an strafrechtliche Urteile – bzw. rechtskräftige Strafbefehle, die Urteilen gleichgestellt sind (§ 410 Abs. 3 StPO) – und die darin enthaltenen tatsächlichen Feststellungen rechtlich nicht gebunden. Sie können diese aber ihrer Entscheidung in der Regel zugrunde legen und brauchen daher nicht nachzuprüfen, ob der Betroffene tatsächlich eine Straftat begangen hat. Hinsichtlich der tatsächlichen Umstände der abgeurteilten Tat kann lediglich in Sonderfällen anderes gelten, wenn die Ausländerbehörde oder das Verwaltungsgericht ausnahmsweise in der Lage sind, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären, etwa indem sie über bessere Erkenntnismöglichkeiten verfügen, oder ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 24.2.1998 – 1 B 21.98 – juris Rn. 4; ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. BayVGH, B.v. 20.1.2023 – 10 CS 22.1382 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 2.5.2022 – 10 CS 21.1706 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 26.10.2020 – 10 ZB 20.2140 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 5.9.2018 – 10 ZB 18.1121 – juris Rn. 6; ferner OVG NW, B.v. 8.12.2015 – 18 A 2462/13 – juris Rn. 9 ff.).
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Hier besteht kein Anlass, die strafgerichtlichen Entscheidungen in diesem Sinne in Frage zu stellen. Es ist nicht substantiiert und nachvollziehbar dargelegt worden, warum die in den strafgerichtlichen Entscheidungen festgestellten Sachverhalte unzutreffend sein sollten. Der Kläger ebenso wie seine Ehefrau haben die jeweilige Verurteilung rechtskräftig werden lassen. Unklar bleibt, wieso der Kläger „aus finanziellen Gründen“ nicht gegen den Strafbefehl vorgegangen sein soll. Es ist auch unglaubhaft, dass er sich über dessen Tragweite nicht bewusst gewesen sein will, nachdem ihm zum Vorwurf gemacht wurde, in der Erklärung, die zur Erteilung seiner Aufenthaltskarte/EU geführt hatte, bewusst falsche Angaben gemacht zu haben. Im Fall der Ehefrau des Klägers wurde in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht eine Beweisaufnahme mit Zeugenvernehmung durchgeführt; die Ehefrau hatte sich nicht geäußert. Angesichts dieser Feststellungen genügt es nicht, wenn der Kläger bzw. seine Ehefrau in der nachgereichten schriftlichen Erklärung nunmehr einen anderen Sachverhalt vortragen, ohne in irgendeiner Weise nachvollziehbar darzulegen, warum dieser Vortrag nicht bereits in den jeweiligen Strafverfahren geltend gemacht worden ist. Daher müssen der Kläger und seine Ehefrau die rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidungen gegen sich gelten lassen.
18
Somit steht fest, dass der Kläger das Vorliegen seines Rechts auf Freizügigkeit durch die Vorspiegelung falscher Tatsachen vorgetäuscht hat (§ 2 Abs. 4 Satz 1 FreizügG/EU; vgl. Hailbronner in Hailbronner, Ausländerrecht, Stand 1.8.2024, § 2 FreizügG/EU Rn. 168 f.) und ebenso, dass er seiner Ehefrau nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachgezogen ist (§ 2 Abs. 4 Satz 2 FreizügG/EU; vgl. Hailbronner in Hailbronner, Ausländerrecht, Stand 1.8.2024, § 2 FreizügG/EU Rn. 175 ff.). Denn als Familienangehöriger, der nicht Unionsbürger ist, ist er unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt nur, wenn er zu dem Unionsbürger, von dem er sein Recht ableitet – hier also seine Ehefrau –, nachzieht (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU). Die Feststellung des Nichtbestehens des Freizügigkeitsrechts gemäß § 2 Abs. 4 FreizügG/EU (§ 2 Abs. 7 FreizügG/EU a.F.) ist zu recht erfolgt.
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Zur Ermessensausübung der Ausländerbehörde sowie zu den weiteren Verfügungen in dem streitgegenständlichen Bescheid ist in der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung nichts vorgetragen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
21
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).