Titel:
Gegenstandswert bei Unterlassungsanspruch des Betriebsrats in einer mitbestimmungsrechtlichen Angelegenheit
Normenketten:
RVG § 23 Abs. 3 S. 2 Hs. 2, § 33
BetrVG § 9, § 87 Abs. 1
Leitsatz:
Bei Streitigkeiten um Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG bietet die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Bedeutung der Angelegenheit. Dies gilt sowohl in Fällen, in denen es um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts geht, als auch in solchen Fällen, in denen die Einhaltung und Reichweite einer Betriebsvereinbarung im Streit sind. Bei der Wertermittlung gibt die Staffel des § 9 BetrVG eine Orientierung: Der gesteigerten Bedeutung einer Angelegenheit bei der Betroffenheit einer größeren Zahl von Arbeitnehmern kann im Regelfall dadurch Rechnung getragen werden, dass ausgehend vom Grundfall (bis zu 20 Arbeitnehmern) für die weiteren in § 9 BetrVG vorgesehenen Staffeln jeweils zusätzlich 5.000 EUR zu berücksichtigen sind (Anschluss an LAG Hamburg BeckRS 2023, 11990; s. auch LAG Hamburg BeckRS 2021, 6226; BeckRS 2016, 65272; BeckRS 2010, 68790; LAG Hamm BeckRS 2009, 60494; BeckRS 2005, 42664). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gegenstandswert, Streitwert, Unterlassungsanspruch, Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Betriebsrat, Beteiligungsrecht
Rechtsmittelinstanz:
LArbG München, Beschluss vom 11.09.2024 – 3 Ta 108/24
Fundstelle:
BeckRS 2024, 32954
Tenor
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 35.000,00 € festgesetzt, § 33 Abs. 1 RVG.
Gründe
1
Das Gericht hält es für angemessen, aber auch ausreichend, für das vorliegende Beschlussverfahren den siebenfachen Regelstreitwert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG in Höhe von insgesamt 35.000,00 € in Ansatz zu bringen.
2
Der Antragsteller hat im Rahmen des vorliegenden Beschlussverfahrens gegenüber der Beteiligten zu 2) die Unterlassung begehrt, ohne Zustimmung des Betriebsrats Arbeitnehmer zu Zeiten zur Arbeitsleistung heranzuziehen oder diese entgegenzunehmen, zu denen vereinbarte Dienstpläne keine Arbeitsleistung vorgesehen haben.
3
Streitigkeiten, bei denen es um Wahrung oder Durchsetzung betriebsverfassungsrechtlicher Beteiligungsrechte geht, sind Streitigkeiten nichtvermögensrechtlicher Natur (vgl. Beschluss des LAG Hamburg vom 12.04.2023, Az.: 7 Ta 4/23). Damit richtet sich die Wertfestsetzung für das vorliegende Beschlussverfahren nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist Dabei sind insbesondere der maßgeblich durch die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Sache bestimmte Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber zu berücksichtigen und sind sonstige im Einzelfall wertbildende Umstände ins Auge zu fassen.
4
Ausgehend vom Anknüpfungspunkt von 5.000,00 € ist deshalb zu prüfen, ob wertbestimmende Faktoren erkennbar sind, die eine Abweichung vom Ausgangswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG als gerechtfertigt erscheinen lassen.
5
Bei Streitigkeiten um Beteiligungsrechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG bietet die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer einen gewichtigen Anhaltspunkt für die Bedeutung der Angelegenheit. Dies gilt sowohl in Fällen, in denen es um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts geht, als auch in solchen Fällen, in denen die Einhaltung und Reichweite einer Betriebsvereinbarung im Streit sind. Bei der Wertermittlung gibt die Staffel des § 9 BetrVG eine Orientierung: Der gesteigerten Bedeutung einer Angelegenheit bei der Betroffenheit einer größeren Zahl von Arbeitnehmern kann im Regelfall dadurch Rechnung getragen werden, dass ausgehend vom Grundfall (bis zu 20 Arbeitnehmern) für die weiteren in § 9 BetrVG vorgesehenen Staffeln jeweils zusätzlich 5.000,00 € zu berücksichtigen sind (Beschluss des LAG Hamburg vom 12.04.2023, a.a.O.).
6
Unter Zugrundelegung der Zahl der von der vorliegenden Streitigkeit betroffenen Arbeitnehmer führt dieser Ansatz zur Festsetzung des siebenfachen Hilfswertes, also zur Festsetzung des Gegenstandswertes auf 35.000,00 €. Damit ist jedenfalls die Bedeutung für die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ebenso wie die wirtschaftliche Bedeutung für die Arbeitgeberin im vorliegenden Fall hinreichend berücksichtigt (vgl. Beschluss des LAG Hamburg vom 12.04.2003, a.a.O.). Dabei ist von ca. 970 potentiell durch die Dienstplanregelungen betroffenen Arbeitnehmern auszugehen. Der Antrag beschränkt sich nicht auf eine Abteilung der Beteiligten zu 2), sondern betrifft letztlich sämtliche Arbeitnehmer, deren Arbeitszeiten über Dienstpläne geregelt werden.