Inhalt

OLG München, Hinweisbeschluss v. 21.02.2024 – 19 U 3711/23 e
Titel:

Rechtmäßigkeit einer vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Rückführung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens

Normenketten:
BGB § 130 Abs. 1 S. 1, § 812 Abs. 1 S. 1
BGB § 490 Abs. 2 S. 1, S. 2, S. 3, § 491 Abs. 1 (idF bis zum 10.6.2010)
EGBGB Art. 247 § 2 Abs. 2 S. 2 (idF bis zum 12.6.2014)
Leitsätze:
1. Die Kündigung eines Darlehensvertrages ist grundsätzlich formlos möglich, bedarf insbesondere nicht der Schriftform und muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich konkludent aus den Umständen ergeben. Die Kündigung muss hinreichend deutlich in dem Sinne sein, dass sich daraus für den Kündigungsempfänger klar der Wille des Kündigenden ergibt, dass das Darlehen nicht mehr ratierlich, sondern vorzeitig in einem Betrag zurückgezahlt und der Darlehensvertrag beendet werden solle. (Rn. 43 – 47) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Ersuchen des einen Immobilienverkauf beurkundenden Notares bei der Bank um Übersendung einer Löschungsbewilligung für eine zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld samt Erfragung des hierfür erforderlichen Ablösungsbetrags kann eine Kündigung des besicherten Darlehens durch die Immobilienverkäufer und Darlehensnehmer darstellen. Im hiesigen Fall konnte die Bank die ihr gegenüber abgegebenen Erklärung schon deshalb nur als Kündigung des 2009 abgeschlossenen Darlehensvertrages gemäß § 490 Abs. 2 S. 1, 2 BGB in der hier nach Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB maßgeblichen, vom 01.01.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung verstehen, weil den Darlehensnehmern nach der damals maßgeblichen Rechtslage ein Recht auf vorzeitige Erfüllung – ohne Kündigung – nach § 500 Abs. 2 BGB in der ab 11.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) nicht zustand, weil diese Vorschrift noch nicht existierte. (Rn. 48 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wenn ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen zur Finanzierung eines Wohnanwesens nach dessen Verkauf aufgrund einer einverständlichen Vertragsaufhebung vorzeitig getilgt wird, ohne dass eine Einigung über eine zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung erzielt werden kann, liegt eine Regelungslücke vor, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahingehend zu schließen ist, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss. (Rn. 56 – 58) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Unterrichtungspflicht nach § 491a Abs. 1 BGB, Art. 247 § 1 i.V.m. § 4 Nr. 3 EGBGB über den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung und dessen Berechnungsmethode gilt nur dann, falls der Darlehensgeber im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens ohne Kündigung nach § 500 Abs. 2 BGB eine Vorfälligkeitsentschädigung i.S.v. § 502 BGB geltend machen will. Eine Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 490 Abs. 2 S. 3 BGB wegen außerordentlicher Kündigung des Darlehensvertrages nach § 490 Abs. 2 S. 1, 2 BGB ist hiervon nicht erfasst. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der Gesetzeshistorie. (Rn. 60 – 76) (redaktioneller Leitsatz)
5. Falls die Bank ausführliche und detaillierte Informationen über die Ermittlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nebst ausführlicher Darstellung und Erläuterung der Rechenwege und -parameter vorlegt, ist der Verbraucher gehalten, die Richtigkeit der Berechnung nicht nur pauschal zu bestreiten, sondern deren Grundlagen konkret zu bestreiten bzw. Fehler zu benennen, will er die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung angreifen. (Rn. 77 – 84) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Darlehensvertrag, Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, Kündigung, Abschnittsfinanzierung, Kapitalnutzungsrecht, Informationspflichten, Novation, Prolongation
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 04.09.2023 – 35 O 16098/22
Fundstellen:
ZBB 2024, 265
LSK 2024, 3290
BeckRS 2024, 3290
BKR 2024, 476

Tenor

I. Der Senat weist nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 04.09.2023, Az. 35 O 16098/22, gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
II. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer von der Beklagten vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigung für die vorzeitige Rückführung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehens.
2
Die Kläger sind Verbraucher.
3
Die Beklagte ist ein Kreditinstitut in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft mit Sitz in München.
4
Im Dezember 2009 erwarben die Kläger eine Eigentumswohnung in dem Anwesen (im Folgenden: Eigentumswohnung) zu einem Kaufpreis von 463.300 €.
5
Zur Finanzierung des Erwerbs der Eigentumswohnung schlossen die Kläger mit der Beklagten am 07./14.12.2009 einen Darlehensvertrag über einen Kreditbetrag von 466.000 € mit der Darlehens-Nummer (Anlage K 1; im Folgenden: Darlehen). Die Vertragslaufzeit lief bis 30.12.2031. Es waren variable, vierteljährlich zu zahlende Zinsen vereinbart. Die Tilgung sollte in einer Summe von 466.000 €, spätestens zum Laufzeitende erfolgen. Als Sicherheit wurde der Beklagten von den Klägern neben anderem eine Buchgrundschuld in Höhe von 466.000 € auf die Eigentumswohnung eingeräumt.
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Am 27.03./07.04.2014 schlossen die Parteien einen weiteren, als „Verbraucherdarlehensvertrag gemäß §§ 491 ff. BGB (befristetes, grundpfandrechtlich gesichertes Zinszahlungsdarlehen)“ bezeichneten Kreditvertrag über einen Kreditbetrag von 463.300 € mit der Darlehens-Nummer (Anlage K 3; im Folgenden: Fortsetzungsvereinbarung). Die Vertragslaufzeit lief bis 30.12.2031. Es wurde ein bis 28.02.2029 gebundener Sollzinssatz von 3,61% p. a. vereinbart. Die Zinsen waren jeweils zum Monatsende fällig. Die Tilgung sollte in einer Summe von 463.300 € am 30.12.2031, frühestens jedoch am Ende der Sollzinsbindung erfolgen.
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Als „Verwendungszweck“ war vereinbart: „Umschuldung Ihrer Immobilienfinanzierung, Darlehen “ Außerdem war geregelt: „Die Darlehenszusage für Konto erledigt sich hiergegen.“
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Unter der Überschrift „Sicherstellung“ war folgendes angeführt:
„Alle der Bank zustehenden Sicherheiten sichern alle bestehenden, künftigen und bedingten Ansprüche der Bank aus der Geschäftsverbindung mit dem Kreditnehmer, soweit nicht im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Dies gilt auch für bereits bestellte, hier nicht aufgeführte oder aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen' der Bank haftende Sicherheiten.“
9
In den beigefügten „Kredit- und Darlehensbedingungen“ der Beklagten (ebenso Anlage K 3; im Folgenden: AGB) ist neben anderem folgendes geregelt:
„9 Ordentliche Kündigung oder vorzeitige Erfüllung des Kreditnehmers (…)
9.5 Vorzeitige Rückzahlung Unabhängig von den dargestellten Kündigungsregelungen kann der Kreditnehmer seine Verbindlichkeiten aus dem Verbraucherdarlehensvertrag jederzeit ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen. Dies gilt nicht für Immobiliardarlehen gemäß § 503 Abs. 1 BGB. (…)
10. Außerordentliche Kündigung des Kreditnehmers (…)
Der Kreditnehmer kann einen Kreditvertrag, bei dem ein gebundener Sollzinssatz vereinbart und der Kredit durch ein Grundpfandrecht gesichert ist, nach Ablauf von sechs Monaten nach vollständigem Empfang des Kredits unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Kreditnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Kredits beliehenen Sache hat.
13. Verfahren und Abwicklung im Kündigungsfall
13.1 Kündigung
Die Kündigung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertrags – teil. Die Kündigung der Bank erfolgt durch Erklärung in Textform.
(…)
14. Schadensersatz (…)
14.1 Vorfälligkeitsentschädigung/-entgelt bei Immobiliarkreditverträgen Im Fall der vorzeitigen Kündigung eines Immobiliarkreditvertrags (vgl. Nr. 10 Absatz 2) hat der Kreditnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Kündigung entsteht. (…) Die Höhe des daraus entstehenden Schadens bestimmt die Bank nach den dann bestehenden Marktverhältnissen.
14.2 Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbraucherkreditverträgen (ausgenommen Immobiliarkreditverträge)
Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Verbraucherkreditvertrags (vgl. Nr. 9.5) ist der Schaden zu ersetzen, der aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht.
Diesen Schaden wird der Kreditgeber nach den vom Bundesgerichtshof für die Berechnung vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen berechnen, die insbesondere
- ein zwischenzeitlich gesunkenes Zinsniveau,
- die für den Kredit ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme,
- den dem Kreditgeber entgehenden Gewinn,
- den mit der vorzeitigen Rückzahlung verbundenen Verwaltungsaufwand
- sowie die infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko- und Verwaltungskosten berücksichtigen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung wird folgende Beträge nicht überschreiten:
- ein Prozent beziehungsweise, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung weniger als ein Jahr beträgt, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags,
- den Betrag der Sollzinsen, den der Kreditnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätte.
Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung im Kreditvertrag abgeschlossen wurde.“
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Mit notariellem Kaufvertrag vom 21.04.2021 (Anlage K5; im Folgenden: Kaufvertrag) veräußerten die Kläger die Eigentumswohnung an einen Erwerber zum einem Kaufpreis von 670.000 €.
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Darin war in Ziffer IV Abs. 1 unter anderem vereinbart:
„IV. Kaufpreisfälligkeit
(1) Der Erwerber schuldet die Gutschrift des Kaufpreises mit dessen Fälligkeit, d.h. an dem auf den Ablauf einer 14 Tagesfrist folgenden Monatsletzten nach Zugang der Fälligkeitsmitteilung des Notars gemäß nachfolgendem Satz 2 beim Erwerber. Der Notar wird beauftragt, die Fälligkeit per Einschreiben/Rückschein mitzuteilen, sobald folgende Voraussetzungen eingetreten sind:
- der Notar verfügt in grundbuchtauglicher Form über alle Unterlagen zur Freistellung von solchen Belastungen, die im Grundbuch vor oder mit der Auflassungsvormerkung eingetragen und vom Erwerber nicht zu übernehmen sind. (…) Der Notar wird allseits bevollmächtigt, diese Unterlagen anzufordern, für alle am Vertrag und dessen Finanzierung Beteiligten auch gern. § 875 Abs. 2 BGB entgegenzunehmen und zu verwenden.
(…)"
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Am 29.04.2021 richtete der beurkundende Notar an die Beklagte ein Schreiben mit folgendem Inhalt (Anlage B 2):
„ Grundbuch von Gemarkung
Blattstelle:
Objekt: S /Fist.:
Kaufvertrag vom 21.04.2021, URNr.:
Vorgangsbezeichnung:
hier: Anforderung Löschungsunterlagen beim Gläubiger Eigentümer: Frau und Herr
Sehr geehrte Damen und Herren,
in vorbezeichneter Angelegenheit ist für ihre Bank ein Grundpfandrecht in Abt. Ill Nr. I in Höhe von 466.000,00 eingetragen. Ihr Darlehnsnehmer hat das Pfandobjekt veräußert und sich verpflichtet dafür zu sorgen, dass die für Sie eingetragene Grundschuld abgelöst wird. Eine einfache Abschrift der Kaufvertragsurkunde füge ich diesem Schreiben bei.
Für die Zeit bis zur Löschung hat der Darlehnsnehmer dem Erwerber sicherheitshalber seine sämtlichen Eigentümer-, Rückgewähr- und Löschungsansprüche aus allen auf dem Pfandobjekt eingetragenen Belastungen abgetreten. Diese Abtretung zeigen wir Ihnen hiermit an.
Das für Sie eingetragene Recht soll im Grundbuch gelöscht werden. Ich bitte Sie deshalb im Namen aller Vertragsteile, also auch von Darlehnsnehmer und Erwerber, um Ihre Löschungsbewilligung in grundbuchtauglicher Form.
Bitte teilen Sie mir – ggfs. mit entsprechendem Treuhandauftrag – den erforderlichen Ablösungsbetrag (einschließlich sämtlicher Nebenkosten wie Bearbeitungsgebühr oder Beglaubigungskosten) und evtl, anfallende Tageszinsen nebst Zahlungstermin mit. Geben Sie auch das Konto an, auf das gezahlt werden soll. Dem Eigentümer bitte ich eine Kopie Ihres Treuhandauftrages zuzuleiten.
Ich werde die Freistellungsunterlagen aufgrund Vollmacht im Namen der Vertragsteile entgegennehmen und über diese nur Zug um Zug gegen Zahlung des Ablösebetrages verfügen.“
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Mit Schreiben vom 09.07.2021 (Anlage B 3) übersandte die Beklagte dem Notar die Löschungsbewilligung für die zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen Grundschuld an der Eigentumswohnung. Sie führte dazu aus:
„Über die Unterlagen dürfen Sie nur verfügen, wenn sichergestellt wird, dass ein Betrag in Höhe von € 361.000,00 auf unser Konto (…) überwiesen wird.“
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Laut Beklagter habe sie erstmal nur 361.000 € angefordert, da die Kläger zunächst ein weiteres Darlehen bei der Beklagten mit der Darlehens-Nummer hätten tilgen wollen, das sie zum Erwerb einer Eigentumswohnung am Barbarossaplatz in Dresden aufgenommen hatten.
15
Mit Schreiben vom 26.08.2021 (Anlage K 7) erklärte die Beklagte gegenüber den Klägern:
wir sind bereit, in die vorzeitige Rückführung Ihres Darlehens in voller Höhe zum 31.08.2021 einzuwilligen, sofern unser Vorfälligkeitsschaden gemäß beigefügter Rechnung erstattet wird:
Vorfälligkeitsentschädigung 62.478,41 €
Bearbeitungskosten 100,00 €
Zurückzuzahlender Gesamtbetrag 525.878,41 €
zuzüglich Zinsen in Höhe von 3,61% p. a. ab 01.09.2021
Diese Änderungsvereinbarung tritt zum 26.08.2021 in Kraft. (…)“
16
Dem Schreiben war eine mehrseitige, detaillierte Darstellung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung von 62.478,41 € beigefügt.
17
Am 02.12.2021 (s. Anlage K 9) buchte die Beklagte vom Konto der Kläger zu ihren Gunsten einen Betrag von 516.322,76 € unter folgendem Verwendungszweck ab:
„Wertstellung: 30.12.2021
Rückzahlung inkl. Kosten (für Darlehen).“
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Unstreitig wurde damit das Darlehen vollständig zurückgeführt.
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Mit Schreiben vom 03.12.2021 (Anlage K 8) erklärte die Beklagte gegenüber den Klägern:
wir sind bereit, in die vorzeitige Rückführung Ihres Darlehens in voller Höhe zum 30.12.2021 einzuwilligen, sofern unser Vorfälligkeitsschaden gemäß beigefügter Rechnung erstattet wird:
Vorfälligkeitsentschädigung 51.529,00 €
Bearbeitungskosten 100,00 €
Zurückzuzahlender Gesamtbetrag 516.327,76 €
zuzüglich Zinsen in Höhe von 3,61% p. a. bis zum 30.12.2021
Diese Änderungsvereinbarung tritt zum 03.12.2021 in Kraft. (…)“
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Auch diesem Schreiben war eine mehrseitige, detaillierte Darstellung der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, nunmehr in Höhe von 51.529 €, beigefügt.
21
In der folgenden Korrespondenz mit dem vormaligen anwaltlichen Vertreter der Kläger erklärte die Beklagte in einem Schreiben vom 17.01.2022 (Anlage K 4):
können wir nur konstatieren, dass es auf Grund einer Fehleinschätzung zu unterschiedlich mitgeteilten Ergebnissen und auch zum Vorschlag der Bank gekommen ist, eine Aufhebungsvereinbarung zu schließen. Es wurde versehentlich in der Bewertung übersehen, dass Ihre Mandantschaft nach Verkauf der Immobilie nach § 490 Absatz 2 BGB die Möglichkeit der vorzeitigen Darlehensrückführung hat, so dass es letztlich keiner Aufhebungsvereinbarung bedarf. An der bei einer solchen Rückführung, also vor Ablauf von vereinbarten Zinsbindungen, geschuldeten Vorfälligkeitsentschädigung ändert dies indessen nichts.
(…) Sie fragten danach, wie es zu dem Unterschied zwischen der im August 2021 und der im Dezember 2021 angestellten Berechnung kommt. Zwischen den beiden Berechnungen liegen mehrere Monate. Zum Einen wurden seit August weitere Zinsen gezahlt, zum Anderen wurden im Dezember 2021 für die Berechnung des Vorfälligkeitsschadens andere, weil tagesaktuelle Wiederanlagezinssätze zugrunde gelegt, die auch das Ergebnis entsprechend beeinflussten.“
22
Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger die Rückzahlung oder -buchung der einbehaltenen Vorfälligkeitsentschädigung und der „Bearbeitungskosten“.
23
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO) und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Die verfahrensgegenständliche Abbuchung sei nicht rechtsgrundlos im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 BGB erfolgt. Der Anspruch der Beklagten auf die Vorfälligkeitsentschädigung folge vielmehr aus § 490 Abs. 2 S. 3 BGB.
24
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 11.09.2023 (BI. 1 f. d. OLGeAkte) eingelegte und mit Schriftsatz vom 31.10.2023 (BI. 5 ff. d. OLGeAkte) begründete Berufung der Kläger. Sie beantragen, dass Urteil des Landgerichts abzuändern und zu erkennen wie folgt:
„Die Beklagte wird verurteilt wird, an die Kläger als Gesamtgläubiger 51.620 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.02.2022 zu bezahlen.“
25
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
26
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 31.10.2023 (BI. 5 ff. d. OLGeAkte), die Berufungserwiderung vom 19.01.2024 (BI. 27 ff. d. OLGeAkte) sowie die weiteren Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
27
Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Berufung der Kläger offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
28
Das verfahrensrechtlich bedenkenfreie und somit zulässige Rechtsmittel der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
29
Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts ist richtig. Dessen Urteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Die Ausführungen der Kläger in der Berufungsinstanz vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil, auf das Bezug genommen wird, nicht erschüttern.
30
Ergänzend ist nur Folgendes auszuführen:
31
Die Kläger haben keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte.
32
Wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, hatte die Beklagte nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB in der hier nach Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB maßgeblichen, vom 01.01.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) sowie Ziffer 14.2 der AGB einen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 51.529 € gegen die Kläger.
33
Die Vereinnahmung der Vorfälligkeitsentschädigung in dieser Höhe durch die Beklagte erfolgte infolgedessen mit Rechtsgrund i.S.v. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.
34
1. Die Parteien schlossen am 07./14.12.2009 einen Verbraucherdarlehensvertrag i.S.v. § 491 Abs. 1 BGB in der vom 01.08.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.), der durch den Abschluss des Vertrages vom 27.03./07.04.2014 (nur) prolongiert wurde.
35
Für die rechtliche Beurteilung ist somit grundsätzlich auf das Darlehen und die für dieses geltende (Verbraucherschutz-)Rechtslage und nicht auf die Fortsetzungsvereinbarung abzustellen. Die Fortsetzungsvereinbarung von 2014 ist nicht insgesamt als „neuer“ Darlehensvertrag, sondern lediglich als bloße teilweise Konditionenänderung des Darlehens aus dem Jahr 2009 zu behandeln.
36
a) Auf die Fortsetzungsvereinbarung wäre nur abzustellen, falls den Klägern infolge der Vertragsänderung zugleich ein neues, im ursprünglichen Darlehensvertrag weder geregeltes noch angelegtes Kapitalnutzungsrecht eingeräumt worden wäre (BGH, Urteil v. 24.09.2019, Az. XI ZR 322/18, Rz. 17; Urteil v. 16.07.2019, Az. XI ZR 426/18, Rz. 19; Urteil v. 28.05.2013, Az. XI ZR6/12, Rz. 21; Urteil v. 07.10.1997, Az. XI ZR 233/96, juris Rz. 25; Beschluss v. 06.12.1994, Az. XI ZR 99/94, juris Rz. 2).
37
Das trifft auf eine unechte Abschnittsfinanzierung jedoch nicht zu; dabei handelt es sich um Kredite, bei denen dem Verbraucher bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Periode getroffen wird (BGH, Urteil v. 24.09.2019, Az. XI ZR 322/18, Rz. 17; Urteil v. 28.05.2013, Az. XI ZR 6/12, Rz. 22). Eine dann erfolgte Änderung der Zins- und/oder Tilgungskonditionen lässt den ursprünglichen Vertrag regelmäßig unberührt (BGH, Urteil v. 15.11.2004, Az. II ZR 375/02, juris Rz. 10).
38
Anders als bei einer echten Abschnittsfinanzierung, wird dem Verbraucher mithin bei einer unechten Abschnittsfinanzierung kein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt, wenn lediglich neue Konditionen für die Zukunft vereinbart werden und die Konditionenvereinbarung entsprechend dem ursprünglichen Darlehensvertrag vollzogen wird (BGH, Urteil v. 24.09.2019, Az. XI ZR 322/18, Rz. 17; Urteil vom 16.7.2019, XI ZR 426/18, Rz. 19; Beschluss v. 06.12.1994, Az. XI ZR 99/94, juris Rz. 2). Das ist auch bei einer zeitlich vorgezogenen Neuregelung des Zins- und/oder Tilgungskonditionen der Fall, wenn dem Darlehensnehmer damit kein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt wird (BGH, Urteil vom 24.09.2019, Az. XI ZR 322/18, Rz. 17; Beschluss v. 07.06.2016, Az. XI ZR 385/15).
39
Ob eine Novation oder lediglich eine Prolongation des Darlehensvertrags vorliegt, ist Auslegungsfrage (BGH, Urteil vom 24.09.2019, Az. XI ZR 322/18, Rz. 19; Urteil v. 16.07.2019, Az. XI ZR 426/18, Rz. 20; Urteil v. 27.11.2012, Az. XI ZR 144/11, Rz. 13; Urteil v. 26.10.2010, Az. XI ZR 367/07, Rz. 28).
40
Wegen der einschneidenden Rechtsfolgen einer Novation ist bei der Feststellung des Willens, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes zu ersetzen, Vorsicht geboten und daher im Zweifel nur von einer bloßen Vertragsänderung auszugehen (BGH, Urteil vom 24.09.2019, Az. XI ZR 322/18, Rz. 19; Urteil v. 16.07.2019, Az. XI ZR 426/18, Rz. 20; Urteil v. 27.04.1993, Az. XI ZR 120/92, juris Rz. 16). Dies gilt ungeachtet der Bezeichnung der Fortsetzungsvereinbarung, weil entscheidend für die Qualifikation als Prolongation oder Novation nicht die von den Parteien gewählte Bezeichnung oder die formale Gestaltung der Vereinbarung ist, sondern deren materieller Inhalt (BGH, Urteil v. 16.07.2019, Az. XI ZR 426/18, Rz. 29).
41
b) Unter Anwendung dieser Maßstäbe werden mit Abschluss der Fortsetzungsvereinbarung 2014 lediglich die Zukunft betreffende, neue (feste) Zins- und etwas geänderte Tilgungsabreden getroffen und nicht (teilweise) ein „neues“ Darlehen geschlossen.
42
Dabei ist zu sehen, dass den Klägern 2014 das Kapitalnutzungsrecht für die Summe, welche sie für den Erwerb der Eigentumswohnung 2009 benötigten, wenn auch in einem geringfügig herabgesetzten Umfang, weiterhin langfristig eingeräumt bleiben sollte. Die Vertragslaufzeit bis 30.12.2031 blieb unangetastet. Zudem blieb es bei einer endfälligen Tilgung des Darlehens in einer Summe. Es wurde lediglich statt der variablen Verzinsung eine Festzinsabrede mit einer Laufzeit bis 28.02.2029 für die Zukunft vereinbart und die Zinsfälligkeit von vierteljährlich auf monatlich umgestellt. Weiterhin sollten bestehende Sicherheiten, insbesondere die bereits 2009 für die Beklagte bestellte Buchgrundschuld in Höhe von 466.000 € auf die Eigentumswohnung, das Darlehen über 2014 hinaus besichern. Dass auch ab 2014 lediglich der Darlehensvertrag aus dem Jahr 2009 unter geänderten Konditionen weiter vollzogen wird, wird an der zweimaligen Bezugnahme auf diesen, z.B. im Verwendungszweck, ebenso deutlich wie an den Darlehens-Nummern, bei denen sich von „“ auf „0 “ nur eine einzige Ziffer ändert. Alleine die Bezeichnung der Fortsetzungsvereinbarung als „Verbraucherdarlehensvertrag gemäß §§ 491 ff. BGB (befristetes, grundpfandrechtlich gesichertes Zinszahlungsdarlehen)“ ändert an dessen rechtlicher Einstufung nichts.
43
2. Entgegen Klägeransicht liegt hier eine konkludente Kündigung ihrerseits des prolongierten Darlehensvertrags vor.
44
a) Eine Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, ein Schuldverhältnis beendigen zu wollen, also beim Darlehen die Erklärung, dass das hingegebene Geld nunmehr zurückgezahlt werden solle (BGH, Urteil v. 25.03.1965, Az. Ill ZR 227/64, BeckRS 1965, 106700; KG, Urteil v. 26.01.2004, Az. 8 U 117/03, juris Rz. 18; Freitag in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rz. 323).
45
Entsprechend den allgemeinen Regeln wird die Kündigungserklärung mit Zugang bei der anderen Partei des Darlehensvertrags als dem richtigen Kündigungsempfänger wirksam, § 130 Abs. 1 S. 1 BGB (Freitag in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rz. 320).
46
Die Kündigung eines Darlehensvertrages ist grundsätzlich formlos möglich (BGH, Urteil v. 04.05.1999, Az. XI ZR 137/98, juris Rz. 16; Rohe in: BeckOK BGB, 68. Ed., Stand: 01.11.2023, § 488 Rz. 38; Nietsch in: Erman, BGB, 17. Aufl., § 488 Rz. 74), bedarf insbesondere nicht der Schriftform (Reppenthien in: Beck'sches Formularbuch Zivil-, Wirtschafts- und Unternehmensrecht, D-E, Kap. S. 1. Anm. 11; Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, 4. Aufl., § 23 Rz. 24). Sie muss nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern sie kann sich konkludent aus den Umständen ergeben (Senatsbeschluss vom 25.10.2023, Az. 19 U 1861/23 e, juris Rz. 77; Weber in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.11.2023, § 488 BGB Rz. 324; Freitag in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 488 Rz. 323; Berger in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 488 Rz. 229; Samhat in: Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 54 Rz. 25; Krepold in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., § 490 Rz. 275).
47
Die Kündigung muss hinreichend deutlich (Rohe in: BeckOK BGB, 68. Ed., Stand: 01.11.2023, § 488 Rz. 39) in dem Sinne sein, dass sich daraus für den Kündigungsempfänger klar der Wille des Kündigenden ergibt, dass das Darlehen nicht mehr ratierlich, sondern vorzeitig in einem Betrag zurückgezahlt (Nietsch in: Erman, BGB, 17. Aufl., § 488 Rz. 75; Berger in: Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl., § 488 Rz. 229) und der Darlehensvertrag beendet werden solle (BGH, Urteil v. 26.11.1964, Az. VII ZR 75/63, juris Rz. 19).
48
b) Gemessen an diesen Vorgaben war in dem Schreiben des Notars vom 29.04.2021 an die Beklagte eine konkludente Kündigung des Darlehens durch die Kläger i.S.v. § 490 Abs. 2 S. 1,2 BGB a.F. sowie Ziffer 10 Abs. 2 der AGB zu erblicken.
49
aa) Nach § 490 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. sowie Ziffer 10 Abs. 2 S. 1 der AGB kann ein Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag, bei dem für einen bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB in der vom 01.01.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat, § 490 Abs. 2 S. 2 BGB a.F., Ziffer 10 Abs. 2 S. 2 der AGB.
50
Der Darlehensvertrag war – auch nach seiner Prolongation 2014 weiterhin – durch eine der Beklagten eingeräumt Grundschuld besichert und für den Zeitraum ab 2014 bis 2029 ein fester Zinssatz vereinbart. Die dreimonatige Kündigungsfrist des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. war jedenfalls im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Vorfälligkeitsentschädigung durch die Beklagte am 02.12.2021 längst verstrichen. Das berechtigte Kündigungsinteresse der Kläger i.S.v. § 490 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. sowie Ziffer 10 Abs. 2 S. 2 der AGB gründete in der Weiterveräußerung der besicherten Eigentumswohnung.
51
bb) Bei der rechtlichen Beurteilung ist es im Ergebnis gleichgültig, ob der Notar als Erklärungsbote i.S.v. § 120 BGB oder – mit Blick auf Ziffer IV Abs. 1 des Kaufvertrages – sogar als insoweit Bevollmächtigterder Kläger gemäß § 164, § 167 BGB handelte.
52
cc) Das Schreiben konnte jedenfalls aus der allein maßgeblichen Sicht eines objektiven vernünftigen Dritten in der Position der Beklagten als Erklärungsempfängerin unter Berücksichtigung der Verkehrssitte nach Treu und Glauben (stRspr., z.B. BGH, Urteil v. 19.07.2023, Az. VIII ZR 416/21, Rz. 24; Urteil v. 28.09.2022, Az. VIII ZR 300/21, Rz. 19; Urteil v. 25.02.1983, Az. V ZR 290/81, juris Rz. 8; BAG, Urteil v. 27.08.2020, Az. 8 AZR 62/19, juris Rz. 19) nicht anders verstanden werden, denn als – vollumfängliche – Kündigung des Darlehens.
53
Darin ist ausgeführt, dass die Kläger die Eigentumswohnung veräußert und sich verpflichtet hatten, dafür zu sorgen, dass die für die Beklagte eingetragene Grundschuld abgelöst wird. Das für die Beklage eingetragene Recht sollte im Grundbuch gelöscht werden. Der Notar bat die Beklagte im Namen der Kläger um ihre Löschungsbewilligung in grundbuchtauglicher Form. Er bat daher um Mitteilung des erforderlichen Ablösungsbetrags einschließlich sämtlicher Nebenkosten und eventuell anfallende Tageszinsen nebst Zahlungstermins und Angabe des Kontos, auf das gezahlt werden sollte. Zudem sagte der Notar zu, über die nur Zug um Zug gegen Zahlung des Ablösebetrages zu verfügen.
54
Darin kommt deutlich zum Ausdruck, dass die Kläger aufgrund der bereits erfolgten Veräußerung der Eigentumswohnung das Darlehensverhältnis mit der Beklagten vorzeitig mit Wirkung für die Zukunft beenden und den zu diesem Zeitpunkt noch offenen Restsaldo begleichen wollten. In dem Schreiben wird zudem das berechtigte Kündigungsinteresse der Kläger i.S.v. § 490 Abs. 2 S. 2 BGB a.F. sowie Ziffer 10 Abs. 2 S. 2 der AGB dargelegt.
55
Die Beklagte konnte die ihr gegenüber abgegebene Erklärung schon deshalb nur als Kündigung des Darlehensvertrages gemäß § 490 Abs. 2 S. 1,2 BGB a.F. sowie Ziffer 10 Abs. 2 S. 1,2 der AGB verstehen, weil den Klägern nach der damals maßgeblichen Rechtslage ein Recht auf vorzeitige Erfüllung – ohne Kündigung – nach § 500 Abs. 2 BGB in der ab 11.06.2010 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) nicht zustand, weil diese Vorschrift noch nicht existierte. Selbst nach § 503 Abs. 1 BGB in der – danach – vom 11.06.2010 bis 20.03.2016 geltenden Fassung ist § 500 Abs. 2 BGB a.F. nicht anzuwenden auf Verträge wie den vorliegenden, bei denen die Zurverfügungstellung des Darlehens von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wird und zu Bedingungen erfolgt, die für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge und deren Zwischenfinanzierung üblich sind (s. auch Ziffer 9.5 S. 2 der AGB). Da ein objektiver Erklärungsempfänger in der Position der Beklagten, der über das Wissen verfügt, welches im Rechtsverkehr auch von ihm erwartet werden kann, wusste, dass eine Kündigung damals zwingende Notwendigkeit für eine vorzeitige Rückführung des Darlehens durch die Kläger war, musste er die Beauftragung des Notars durch die Kläger mit der Ertragung der Ablösebeträge und der entsprechenden Zahlungsmodalitäten redlicherweise als Kündigung und nicht lediglich als eine reine Abwicklungstätigkeit im Zuge der Durchführung des notariellen Kaufvertrags auslegen.
56
Anders mag dies unter Geltung der aktuellen Rechtslage ab dem 21.03.2016 zu beurteilen sein, bei der nach § 500 Abs. 2 S. 2 BGB g.F. nun auch der Darlehensnehmer eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags, für den ein gebundener Sollzinssatz vereinbart wurde, seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung dann ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen kann, wenn hierfür ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht (s. OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 01.07.2020, Az. 17 U 810/19, juris Rz. 67, wobei im dortigen Fall die beklagte Bank den Darlehensnehmern zudem ausdrücklich mitteilte, dass sie das Darlehen für eine vorzeitige Rückzahlung nicht kündigen müssten; vgl. auch OLG Saarbrücken, Urteil v. 26.01.2023, Az. 4 U 134/21, juris Rz. 43, zum Einstufung eines Notarschreibens als Angebot zum Abschluss einer vertraglichen Vereinbarung über die vorzeitige Ablösung des Darlehens).
57
Wenn die Kläger in der Berufungsbegründung ausführlich darauf rekurrieren, dass offensichtlich auch Mitarbeiter der Beklagten – jedenfalls zunächst (s. Anlage K4) – nicht von einer Kündigungsmöglichkeit der Kläger ausgingen, sondern noch eine Einigung über die Darlehensablösung für erforderlich hielten – was auch die Anlagen K 7 und K 8 nahe legen –, so ist dies unbehelflich. Auch bei konkludenten Willenserklärungen ist der objektive Empfängerhorizont maßgeblich, nicht das subjektive Verständnis des Erklärungsgegners (BGH, Urteil v. 10.05.2022, Az. EnZR 54/21, Rz. 13; Ellenberger in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 133 Rz. 11).
58
Doch selbst falls man ungeachtet dessen in dem Notarschreiben lediglich ein Angebot auf einverständliche Vertragsaufhebung sehen wollte, würde dies dem klägerischen Begehren nicht zum Erfolg verhelfen. Es würde dann zwar (bislang) an einer Einigung über das – nach der Rechtsprechung in diesem Fall bis zur Grenze des § 138 BGB frei aushandelbaren (BGH, Urteil v. 19.01.2016, Az. XI ZR 388/14, Rz. 23; Urteil v. 06.05.2003, Az. XI ZR 226/02, juris Rz. 13)-Vorfälligkeitsentgelts fehlen. Dies führte aber nicht zu einem Entfallen desselben. Wenn ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen zur Finanzierung eines Wohnanwesens nach dessen Verkauf vorzeitig getilgt wird, ohne dass eine Einigung über eine zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung erzielt werden kann, liegt eine Regelungslücke vor, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahingehend zu schließen ist, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss (OLG Brandenburg, Urteil v. 10.12.2014, Az. 4 U 96/12, juris Rz. 73 ff.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 21.08.2008, Az. 17 U 334/08, juris Rz. 32 f.; LG Flensburg, Urteil v. 02.11.2012, Az. 2 O 205/11, juris Rz. 25).
59
dd) Die Kündigung war formlos möglich, da Ziffer 13.1 S. 2 der AGB nur für die Kündigung der Beklagten eine Erklärung in Textform (§ 126b BGB) vorschreibt.
60
3. Daher hatte die Beklagte einen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 51.529 € gegen die Kläger.
61
a) Ein solcher Anspruch bestand dem Grunde nach. aa) Aufgrund der wirksamen Darlehenskündigung hatten die Kläger der Beklagten denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Kündigung entstand, § 490 Abs. 2 S. 3 BGB a.F., Ziffer 14.2 der AGB.
62
bb) Dieser Anspruch ist auch nicht aufgrund § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen unzureichender Angaben im Darlehensvertrag über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen, da § 502 BGB in der vom 01.01.2002 bis 10.06.2010 geltenden Fassung diese Regelung noch nicht enthielt und selbst § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB in der – danach – ab 11.06.2010 geltenden Fassung nach § 503 Abs. 1 BGB a.F. auf den hiesigen Darlehensvertrag nicht anwendbar war.
63
cc) Wenn die Kläger hier meinen, eine Verletzung der Informationspflichten nach § 493 Abs. 5 BGB zu erkennen, so geht dies fehl, da diese Regelung erst in der ab 21.03.2016 geltenden und damit vorliegend nicht einschlägigen Fassung der Norm enthalten ist.
64
dd) Auch die unstreitige Nichtübergabe eines Europäischen Standardisierten Merkblatt bei Darlehensvertragsschluss 2009 ist rechtlich unbeachtlich.
65
Die Möglichkeit der Verwendung eines solchen Merkblattes und Vorgaben für dieses wurden erst durch die Einführung von Art. 247 § 2 EGBGB und dessen Anlage 5 mit Wirkung zum 11.06.2010 mittels Art. 2 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufsund Rückgaberecht vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2355; im Folgenden: VerbrKrRL-UG) geschaffen.
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ee) Die zwischen den Parteien strittige Frage, ob bei Abschluss der Fortsetzungsvereinbarung im März/April 2014 den Klägern von der Beklagte ein Europäisches Standardisiertes Merkblatt übergeben wurde, kann offenbleiben.
67
Selbst im Falle der unterbliebenen Übergabe liegt der von den Klägern vorgetragene Informationspflichtenverstoß nicht vor.
68
Im Kern rügen sie, dass über Anfall und Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Ziffer 14.2 der AGB nur unzureichende Angaben für den Fall der vorzeitigen Kündigung nach Ziffer 10 Abs. 2 der AGB (bzw. § 490 Abs. 2 S. 1,2 BGB a.F.) gemacht würden, wenn dort lediglich stehe: „Die Höhe des daraus entstehenden Schadens bestimmt die Bank nach den dann bestehenden Marktverhältnissen.“ Nur für den Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Verbraucherkreditvertrags nach Ziffer 9.5 der AGB (bzw. § 500 Abs. 2 BGB a.F.) würden in Ziffer 14.3 der AGB detaillierte Informationen insoweit gegeben.
69
aaa) Nach § 491a Abs. 1 BGB, Art. 247 § 1 i.V.m. § 4 Nr. 3 EGBGB jeweils in der vom 11.06.2010 bis 20.03.2016 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) hatte die Beklagte die Kläger über den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung und dessen Berechnungsmethode, soweit der Darlehensgeber diesen Anspruch geltend macht, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt, zu unterrichten.
70
Nach Art. 247 § 2 Abs. 2 S. 2 EGBGB in der vom 30.07.2010 bis 12.06.2014 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) konnte die Beklagte bei einem Vertrag nach § 503 BGB a.F. – wie hier – dabei das Europäische Standardisierte Merkblatt gemäß dem Muster in Anlage 5 in der vom 11.06.2010 bis 12.06.2014 geltenden Fassung verwenden, musste es aber nicht.
71
Verwendete sie die Muster nicht, so hatte sie bei der Unterrichtung unter anderem die nach Art. 247 § 4 Nr. 3 EGBGB a.F. erforderlichen Angaben gleichartig zu gestalten und hervorzuheben.
72
bbb) Art. 247 § 4 Nr. 3 EGBGB a.F. gilt indes nur dann, falls der Darlehensgeber im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens ohne Kündigung nach § 500 Abs. 2 BGB a.F. eine Vorfälligkeitsentschädigung i.S.v. § 502 BGB a.F. geltend machen will. Dann hat er hat er – in Ergänzung zu Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 14 BGB in der vom 11.06.2010 bis 20.03.2016 geltenden Fassung – gemäß Art. 247 § 4 Nr. 3 EGBGB a.F. diesen Umstand und die Berechnungsmethode anzugeben (Gerlach/Kuhle/Scharm in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 15.08.2020, Art. 247 § 4 EGBGB Rz. 12; Weber in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., Art. 247 § 4 EGBGB Rz. 3; Roth in: Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, 3. Aufl., Art. 247 § 4 EGBGB Rz. 3; Wittig in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bankrecht und Kapitalmarktrecht, 2. Hauptteil, 5. Teil, 4. Abschnitt, Kap. I. 4., Rz. 5.113).
73
Vorliegend steht aber keine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 BGB a.F. aufgrund – hier wegen der damaligen Gesetzeslage überhaupt nicht möglicher, s.o. – vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens nach § 500 Abs. 2 BGB a.F. in Rede, sondern eine Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 490 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. wegen außerordentlicher Kündigung des Darlehensvertrages nach § 490 Abs. 2 S. 1, 2 BGB a.F. Und diese ist von Art. 247 § 4 Nr. 3 EGBGB a.F. nicht erfasst.
74
Dies ergibt sich bereits aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 247 § 4 Nr. 3 EGBGB a.F., dass die Unterrichtung über den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung und dessen Berechnungsmethode nur für den Fall erforderlich ist, dass der Darlehensnehmer das Darlehen „vorzeitig zurückzahlt“ und nicht „vorzeitig kündigt“.
75
Diese Unterscheidung ist mit Blick auf die Gesetzeshistorie nachvollziehbar. Die Einführung der Möglichkeit vorzeitiger Rückzahlung eines Verbraucherdarlehens nach § 500 Abs. 2 BGB a.F. durch Art. 1 VerbrKrRL-UG fußt auf Art. 16 Abs. 1 S. 1 der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2008 Überverbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates (im Folgenden: VerbrKrRL 2008). Der Anspruch des Darlehensgebers auf eine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 BGB a.F. beruht auf Art. 16 Abs. 2 VerbrKrRL 2008. Die Einführung einer vorvertraglichen Informationspflicht hierübergemäß Art. 247 § 4 Nr. 3 EGBGB a.F. durch Art. 2 VerbrKrRL-UG setzt somit den Art. 5 Abs. 1 UAbs. 2 lit. p Hs. 2 VerbrKrRL 2008 um (Gerlach/Kuhle/Scharm in: beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 15.08.2020, Art. 247 § 4 EGBGB Rz. 12).
76
Hingegen beruht die Einführung der außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit nach § 490 Abs. 2 S. 1, 2 BGB a.F. und ein daraus resultierender Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung nach § 490 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. nicht auf europarechtlichen Vorgaben. Ins BGB kamen diese Regelungen durch Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138; im folgenden SMG). Der Gesetzgeber wollte mit § 490 Abs. 2 BGB a.F. die damalige Rechtsprechung des BGH (grundlegend Urteil v. 01.07.1997, Az. XI ZR 267/96, juris Rz. 13 ff.) zu der zuvor lange umstrittenen Frage kodifizieren, ob und unter welchen Voraussetzungen der Darlehensnehmer bei einem Festzinskredit gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung eine vorzeitige Kreditabwicklung verlangen kann (vgl. RegE SMG BT-Drs. 14/6040, S. 254). Eine Pflicht der Beklagten zu Vorabaufklärung hierüber oder die dann anzuwendende Berechnungsmethode ergibt sich – im Gegensatz zur Auffassung der Kläger – in diesem Zusammenhang aus nichts, auch nicht aus nebenvertraglichen Pflichten.
77
b) Die Höhe der von der Beklagten vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigung von 51.529 € ist nicht zu beanstanden.
78
aa) Für die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs trifft nach allgemeinen Regeln grundsätzlich den Gläubiger die subjektive und objektive Beweislast (stRspr., vgl. für die Leistungskondiktion z.B. BGH, Urteil v. 05.02.2003, Az. VIII ZR 111/02, juris Rz. 10; Urteil v. 14.12.1994, Az. IV ZR 304/93, juris Rz 16; Urteil v. 06.12.1990, Az. VII ZR 98/89, juris Rz. 19; OLG München, Urteil v. 10.11.2009, Az. 5 U 5130/08, juris Rz. 14; vgl. für die Eingriffskondiktion bspw. BGH, Urteil v. 14.11.2006, Az. XZR 34/05, Rz. 9; OLG München, Urteil v. 14.07.2009, Az. 5 U 2344/07, juris Rz. 13).
79
Namentlich braucht der Bereicherungsschuldner nicht zu beweisen, dass er eine Leistung mit Rechtsgrund erhalten hat; vielmehr trifft den Gläubiger des Bereicherungsanspruchs die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, diese sei ohne Rechtsgrund erbracht worden (BGH, Urteil v. 06.12.1994, Az. XI ZR 19/94, juris Rz. 14, Urteil v. 09.06.1992, Az. VI ZR 215/91, juris Rz. 21).
80
Dem als Bereicherungsschuldner in Anspruch Genommenen obliegt aber eine – nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls gesteigerte – sekundäre Behauptungslast dahingehend, dass von ihm im Rahmen des Zumutbaren die Darlegung der für das Vorliegen eines Rechtsgrundes sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden kann (BGH, Urteil v. 14.07.2003, Az. II ZR 335/00, juris Rz. 8; Urteil v. 18.05.1999, Az. X ZR 158/97, juris Rz. 15; OLG München, Urteil v. 14.07.2009, Az. 5 U 2344/07, juris Rz. 12).
81
Der Bereicherungsgläubiger kann sich dann darauf beschränken, vom Schuldner behaupteten Rechtsgründe auszuräumen (BGH, Urteil v. 06.12.1990, Az. VII ZR 98/89, juris Rz. 19).
82
bb) Nach diesen Maßstäben haben die Kläger die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung durch die Beklagte nicht konkret angegriffen, indem sie etwa Berechnungsfehler aufgeführt hätten.
83
aaa) Die Kläger wären nach den am 03.12.2021 durch die Beklagte schriftliche übermittelten, ausführlichen und detaillierten Informationen über die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung nebst ausführlicher Darstellung und Erläuterung der Rechenwege und -parameter aber gehalten gewesen, die Richtigkeit der im Übrigen nachvollziehbaren und plausibel erscheinenden Berechnung nicht nur pauschal zu bestreiten, sondern deren Grundlagen konkret zu bestreiten bzw. Fehler zu benennen (Senatsbeschluss vom 18.01.2024, Az. 19 U 3956/23 e, juris Rz. 90; OLG Stuttgart, Urteil v. 23.02.2022, Az. 9 U 168/21, juris Rz. 82).
84
Die unterschiedlichen Ergebnisse der Berechnungen in den Schreiben vom 26.08.2021 und vom 03.12.2021 hat die Beklagte bereits im Schreiben vom 17.01.2022 plausibel erklärt. Ein entsprechendes beachtlichen Bestreiten der Richtigkeit der Berechnung lassen die Kläger indes vermissen. Der klägerische Vortrag erschöpft sich im Kern darin, dass ausgeführt wird, es gebe „Anlass (…), an den Berechnungen zu zweifeln“.
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bbb) Dies gilt entsprechend für die Berechnung von „Bearbeitungskosten“ i.H.v. 100 €.
86
Es ist nach der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Teil des mit der vorzeitigen Rückführung verbundenen Schadens und daher im Rahmen der Vorfälligkeitsentschädigung zu erstatten ist. Da dieser Aufwand sich kaum exakt berechnen lässt, ist seine Ermittlung im Wege der Schätzung zulässig (BGH, Urteil v. 07.11.2000, Az. XI ZR 27/00, juris Rz. 43; Urteil v. 01.07.1997, Az. XI ZR 267/96, juris Rz. 36; Senatsbeschluss vom 18.01.2024, Az. 19 U 3956/23 e, juris Rz. 88).
III.
87
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht oder die Zulassung der Revision (§§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).
88
Wie dargestellt, liegen den vorstehenden Ausführungen die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Leitlinien zugrunde.
89
Zudem handelt es sich hier um eine Einzelfallentscheidung (vgl. BGH, Beschluss v. 14.08.2013, Az. XII ZB 443/12, Rz. 6), über welche hinaus die Interessen der Allgemeinheit nicht nachhaltig berührt werden, weswegen eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig wäre (s. dazu BGH, Beschluss v. 25.05.2003, Az. VI ZB 55/02, juris Rz. 8; Beschluss v. 29.05.2002, Az. V ZB 11/02, juris Rz. 10).
90
Dazu ist keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO), da keine besonderen Gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich sind, bei denen nur die Durchführung einer mündlichen Verhandlung der prozessualen Fairness entspräche.
IV.
91
Bei dieser Sachlage wird schon aus Kostengründen empfohlen, die Berufung zurückzunehmen, was eine Ermäßigung der Gebühren für das „Verfahren im Allgemeinen“ von 4,0 (Nr. 1220 GKG-KV) auf 2,0 (Nr. 1222 GKG-KV) mit sich brächte.
92
Zu diesen Hinweisen besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
93
Der Senat soll nach der gesetzlichen Regelung die Berufung unverzüglich durch Beschluss zurückweisen, falls sich Änderungen nicht ergeben. Mit einer einmaligen Verlängerung dieser Frist um maximal drei weitere Wochen ist daher nur bei Glaubhaftmachung konkreter, triftiger Gründe zu rechnen (vgl. OLG Rostock, Beschluss v. 27.05.2003, Az. 6 U 43/03, juris Rz. 7 ff.).
94
Eine Fristverlängerung um insgesamt mehr als einen Monat ist daneben entsprechend § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO nur mit Zustimmung des Gegners möglich.