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VG München, Urteil v. 23.10.2024 – M 5 K 24.30905
Titel:

Asylklage Uganda, Minderjähriges Kind, Keine eigenen Asylgründe, Keine gesundheitlichen Abschiebungshindernisse nachgewiesen

Normenketten:
VwGO § 92 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7
Schlagworte:
Asylklage Uganda, Minderjähriges Kind, Keine eigenen Asylgründe, Keine gesundheitlichen Abschiebungshindernisse nachgewiesen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 32412

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

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Der Kläger wurde am *. Juli 2022 in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Er ist ugandischer Staatsangehöriger. Für den Kläger wurde am … November 2022 ein Asylantrag gestellt. Der Asyl- und Schutzantrag der Mutter der Klägerin wurde mit Bescheid vom *. März 2024 abgelehnt, die hiergegen erhobene Klage wurde mit Urteil vom 23. Oktober 2024 (M 5 K 24.31001) abgewiesen. Der Vater des Klägers ist ein ugandischer Staatsangehöriger, der in Polen lebt. Eine Aufenthaltsrecht für die Bundesrepublik Deutschland besteht für diesen Ausländer nach Aktenlage nicht.
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Eigene Asylgründe wurden für den Kläger nicht vorgetragen.
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Mit Bescheid vom *. März 2024 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte die Klagepartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Uganda oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Die Klagepartei hat am 15. März 2024 Klage erhoben und zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und/oder § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) vorliegen und den Bescheid des Bundesamtes vom … März 2024 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht. Im Übrigen wird die Klage zurückgenommen.
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Nach einem Arztbrief einer Klinik – Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin – vom … Juni 2023 wurden als Diagnosen beim Kläger mitgeteilt: Makrocephalie, Hydrocephalus externus sowie der hochgradige Verdacht auf heterozygote Sichelzellanlage. Als Behandlungsempfehlung ist dort angegeben: Entwicklungsneurologische Kontrollen und ärztliche Wiedervorstellung bei Verschlechterung des Allgemeinzustands. Nach einem Anmeldebogen für ein Sozialpädiatrisches Zentrum für den Kläger, der von dessen Mutter am … August 2024 gestellt wurde, hat eine Kinderarztpraxis angegeben, dass beim Kläger vorliegen: Sprachentwicklungsverzögerung, Sprachverständnis vorhanden, kaum aktive Sprache (etwas Englisch), Makrozephalie bei Hydrocephalus externus. Diese Dokumente wurden dem Gericht in der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 2024 von der Klagepartei übergeben.
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Das Bundesamt hat die Akten vorgelegt und beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Am 21. Oktober 2024 fand mündliche Verhandlung statt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren, die vorgelegte Behördenakte sowie auf das Protokoll vom 21. Oktober 2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
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2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und/oder Abs. 7 AufenthG unter Aufhebung der entgegenstehenden Nr. 4 des Bescheids vom *. März 2024. Das Bundesamt hat zu Recht das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt.
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a) Nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG liegt eine erkrankungsbedingtes Abschiebungshindernis nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Die Gefahr muss zudem konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr in das Heimatland eintreten würde (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 1 C 3.11 – BVerwGE 142, 179, juris Rn. 34 m.w.N.; U.v. 25.11.1997 – 9 C 58/96 – juris). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes liegt nicht schon dann vor, wenn von einer Heilung der Erkrankung im Zielland der Abschiebung wegen der dortigen Verhältnisse nicht auszugehen ist, die Erkrankung sich aber auch nicht gravierend zu verschlimmern droht. Das Abschiebungsverbot dient nämlich nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen Systems der Bundesrepublik Deutschland zu eröffnen; vielmehr stellt es alleine den Schutz vor einer gravierenden Beeinträchtigung von Leib und Leben im Zielland einer Abschiebung oder Rückkehr sicher. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende Gefährdung verbunden ist (OVG NRW, B.v. 15.9.2003 – 13 A 3253/03.A – juris). Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat gleichwertig ist mit derjenigen in der Bundesrepublik Deutschland (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG).
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b) Eine solche Erkrankung ist aus dem Arztbrief vom … Juni 2023 nicht zu entnehmen. Soweit dort eine Makrocephalie, Hydrocephalus externus sowie der hochgradige Verdacht auf eine heterozygote Sichelzellanlage angegeben sind, folgen daraus keine akut behandlungsbedürftigen lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen. Dieser Arztbericht nennt als Empfehlungen für die weitere Behandlung entwicklungsneurologische Kontrollen sowie eine ärztliche Wiedervorstellung bei einer Verschlechterung des Allgemeinzustands. Danach liegen beim Kläger schon keine akut behandlungsbedürftigen Erkrankungen vor. Das gilt auch für Feststellungen der Kinderarztpraxis im Antrag auf Betreuung in einem sozialpädiatrischen Zentrum vom … August 2024 (Sprachentwicklungsverzögerung, Sprachverständnis vorhanden, kaum aktive Sprache (etwas Englisch), Makrozephalie bei Hydrocephalus externus). Insbesondere die Therapie einer Sprachentwicklungsverzögerung erfüllt nicht den Maßstab des § 60 Abs. 7 AufenthG.
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Es liegen auch keine Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 AufenthG vor. Die Mutter des Klägers konnte ihren Lebensunterhalt ohne weiteres in Uganda bestreiten. Ebenso war ihr die Aufbringung der nicht unerheblichen Mittel für ihre Ausreise nach Deutschland möglich. Daher ist zu erwarten, dass sie den lebensnotwendigen Unterhalt auch für den Kläger bei einer Rückkehr nach Uganda bestreiten kann. Zudem kann sie entsprechend den örtlichen Gewohnheiten auf die Unterstützung ihrer (Groß-) Familie verwiesen werden. Hierzu wird auf die entsprechenden Ausführungen im Urteil vom 23. Oktober 2024 (M 5 K 24.31001) betreffend die Mutter des Klägers verwiesen.
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3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, folgt die Kostentragung der Klagepartei aus § 155 Abs. 2 VwGO.
I. 1444
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.